5. Feststellung von Unterschieden
Übersicht
T 2117/17 × View decision
a) Besonders strenge Bedingungen sind an ein verspätetes Vorbringen einer offenkundigen Vorbenutzung geknüpft, insbesondere dann, wenn die Vorbenutzung durch die Verfahrensbeteiligten selbst erfolgt sein soll. Gerade in einem solchen Fall wäre von der Einsprechenden zu erwarten gewesen, Informationen über die eigenen Produkte schon vor der Einspruchsabteilung vorzubringen, um eine Zurückverweisung zu vermeiden (Punkt 4.2.8).
b) Obwohl zwar die Verfahrensschritte als solche in einem Vorrichtungsanspruch nicht unmittelbar Teil des Schutzumfangs sind, versteht die Fachperson aber, dass die Vorrichtung dazu eingerichtet sein muss, die Verfahrensschritte auszuführen (Punkt 5.2.3).
T 32/17 × View decision
The deposit of a hybridoma under Rule 31 EPC for compliance with the disclosure requirement of Article 83 EPC does not in itself convey any technical information about the molecular structure of the monoclonal antibody produced by said hybridoma, such as its amino acid sequence (see points 5 to 17 of the Reasons).
In T 1930/14 ging es um ein Verfahren zur Aufreinigung von Antikörpern. Die Einspruchsabteilung hatte unter anderem befunden, dass der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags nicht neu sei. Der Beschwerdeführer (Patentinhaber) brachte vor, dass Anspruch 1 nur für Verfahren gelte, in denen die Trennung monomerer Antikörper von Aggregaten mit dem Schritt eines schwachen CM-Kationenaustausches erzielt werde. Er brachte weiter vor, dass der Anspruch gemäß den in T 1931/14 beschriebenen Grundsätzen auszulegen sei. Seiner Auffassung nach definierte der im Anspruch genannte Zweck, d. h. die "Aufreinigung eines monoklonalen Antikörpers von Aggregaten davon" die Anwendung oder Nutzung des beanspruchten Verfahrens (im Gegensatz zu seiner Wirkung). In Einklang mit der Entscheidung T 1931/14 sei dieser Zweck als funktionelles technisches Merkmal des Anspruchs zu betrachten, d. h. er stelle eine Beschränkung des Verfahrens dar. Nach Meinung der Kammer kann die Feststellung in T 1931/14 "Wenn die Zweckangabe die spezifische Verwendung des Verfahrens definiert, sind bestimmte zusätzliche Schritte erforderlich, die nicht in den übrigen im Anspruch definierten Schritten impliziert oder inhärent enthalten sind und ohne die das beanspruchte Verfahren nicht das angegebene Ziel erreichen würde" (Nr. 2.2.4 der Gründe) nur in Fällen Bestand haben, in denen es unmissverständlich klar ist, dass der Zweck solche Schritte impliziert, und in denen es ebenfalls unmissverständlich klar ist, wie diese Schritte tatsächlich aussehen. In T 1930/14 konnte die Kammer weder im Anspruch selbst noch in der Beschreibung eine Angabe ermitteln, aufgrund deren der Fachmann verstehen würde, dass der genannte Zweck "zur Aufreinigung eines monoklonalen Antikörpers von Aggregaten davon" impliziere, dass das beanspruchte Verfahren zusätzliche Schritte umfasse. Das beanspruchte Verfahren enthielt keine durch seinen Zweck begründeten impliziten zusätzlichen Schritte. Daher gab es entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers keine angeblich durch den Zweck implizierten Schritte, die dazu dienten, das beanspruchte Verfahren von dem in Dokument D1 offenbarten zu unterscheiden. Anspruch 1 erfüllte nicht die Erfordernisse des Art. 54 EPÜ.
Die Kammer in T 1931/14 entschied, dass im Kontext eines Verfahrens zwischen verschiedenen Arten von Zweckangaben zu unterscheiden ist, nämlich denen, die die Verwendung eines Verfahrens definieren, und denen, die eine Wirkung definieren, die sich aus den Verfahrensschritten ergibt. Wenn die Zweckangabe die spezifische Verwendung des Verfahrens definiert, sind bestimmte zusätzliche Schritte erforderlich, die nicht in den übrigen Merkmalen implizit enthalten sind und ohne die das beanspruchte Verfahren nicht das angegebene Ziel erreichen würde. Wenn hingegen der Zweck nur eine technische Wirkung angibt, die bei Ausübung der übrigen Schritte des beanspruchten Verfahrens zwangsläufig eintritt und die somit in diesen Schritten inhärent enthalten ist, hat eine solche technische Wirkung keine beschränkende Wirkung, weil sie nicht dazu geeignet ist, das beanspruchte Verfahren von einem bekannten zu unterscheiden.
5. Feststellung von Unterschieden
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Ist der Stand der Technik nach den oben beschriebenen Kriterien festgestellt und sein Gehalt ermittelt worden, so ist als letzter Schritt festzustellen, ob sich die in Frage stehende Erfindung vom Stand der Technik unterscheidet.
- T 2117/17
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