3.3. Begriff der Öffentlichkeit
Übersicht
In T 1050/12 war umstritten, ob Abstracts der Präsentationen für eine künftige Konferenz, die in einer Beilage zu einem regulären Band einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht wurden, öffentlich zugänglich waren. Es gab unterstützendes Beweismaterial in Form von Exemplaren, die einen Zeitstempel für Eingang und/oder Katalogisierung trugen, und die Kammer hatte keine Veranlassung, an den Erklärungen der Bibliothekare zu ihren üblichen Arbeitsabläufen zu zweifeln. Umgekehrt enthielt die Akte keinerlei Beweise, um die Behauptungen des Beschwerdegegners (Patentinhabers) zu stützen, wonach die Zeitschriftenbeilage nicht frei verteilt werden sollte. Die Kammer stimmte der Auffassung nicht zu, dass die Schlussfolgerungen von T 834/09 der früheren Rechtsprechung widersprächen, und lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Befassung der Großen Beschwerdekammer ab. Die Kammer befand, dass unabhängig davon, ob der Bibliothekar als Mitglied der Öffentlichkeit zu sehen ist (was die Frage in T 834/09 war), überzeugende Beweise dafür vorlagen, dass die fraglichen Unterlagen vor dem Prioritätstag des vorliegenden Patents öffentlich zugänglich gemacht wurden.
3.3. Begriff der Öffentlichkeit
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In etlichen Entscheidungen befassten sich die Kammern mit dem Begriff der "Öffentlichkeit". Grundsätzlich ist nach der Rechtsprechung der Beschwerdekammern eine Information dann als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht anzusehen, wenn auch nur ein einziges Mitglied der Öffentlichkeit in der Lage ist, sich Zugang zu dieser Information zu verschaffen und sie zu verstehen, und wenn keine Geheimhaltungsverpflichtung besteht (T 1081/01, T 229/06, T 1510/06, T 1309/07, T 2/09, T 834/09, T 1168/09, T 239/16).
In T 1829/06 befand die Kammer, dass gemäß der ständigen Rechtsprechung Informationen selbst dann als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht zu betrachten sind, wenn nur ein einziges Mitglied der Öffentlichkeit Zugang dazu hatte, das nicht zur Geheimhaltung verpflichtet war und deshalb diese Kenntnis frei verwerten oder verbreiten konnte. Die Tatsache, dass dieses Mitglied der Öffentlichkeit als Strohmann handelte bzw. der Einsprechende selbst Schwierigkeiten gehabt hätte, die Informationen zu erhalten, ist unerheblich.
- Rechtsprechung 2019