6.1. Festsetzung und Verlegung eines Termins zur mündlichen Verhandlung
6.1.5 Begründungspflicht bei Nichtersetzung des verhinderten Vertreters
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Gemäß den Mitteilungen von 2000 und 2007 (Nr. 2.5 bzw. 2.3) muss jeder Antrag auf Verlegung einer mündlichen Verhandlung eine Begründung enthalten, warum der verhinderte Vertreter nicht durch einen anderen Vertreter ersetzt werden kann. Steht für die Kammer fest, dass der Vertreter an der Verhandlung nicht wird teilnehmen können, muss somit geprüft werden, ob er durch einen anderer Vertreter ersetzt werden kann, der nicht unbedingt derselben Firma angehören muss (T 699/06, T 861/12). Wenn der Beschwerdeführer einer Anwaltskanzlei eine allgemeine Vollmacht erteilt hat, muss der Vertreter überzeugende Gründe vorlegen, warum er durch keinen der anderen Anwälte dieser Kanzlei vertreten werden kann (T 518/10).
In T 1067/03 beantragte der Vertreter aufgrund eines bestehenden Operationstermins die Verlegung der mündlichen Verhandlung. Der Vertreter brachte vor, dass seine Mandantin einen Vertreterwechsel ablehne, da neben der vorliegenden Beschwerdesache ein weiterer Einspruch und ein Patentverletzungsverfahren anhängig seien, die einen schwer überschaubaren Gesamtkomplex bildeten. Nach Ansicht der Kammer rechtfertigte dieser Sachverhalt die Verlegung der mündlichen Verhandlung.
In T 1011/09 führte die Kammer aus, dass die in Nr. 2.5 der Mitteilung von 2000 verlangte Begründung über einen für sich genommen nicht ausreichenden, allgemeinen Wunsch des Beschwerdeführers, sich in einer mündlichen Verhandlung von einem gewohnten Vertreter vertreten zu lassen, hinausgehen muss und dass besondere Gründe gegeben sein müssen, die eine Ersetzung des verhinderten Vertreters ausschließen oder zumindest unzumutbar erschweren (mit Verweis auf T 1080/99, ABl. 2002, 568; T 1067/03; T 300/04; T 178/03). Das in Nr. 2.5 der Mitteilung von 2000 enthaltene Erfordernis der Begründung setzt auch voraus, dass das Entstehen zusätzlicher Kosten in Kauf zu nehmen ist, da davon ausgegangen werden kann, dass derartige Kosten der Ersetzung durch einen anderen Vertreter wegen dessen Einarbeitungsaufwand generell entstehen. S. auch T 861/12.
In T 1610/08 stellte die Kammer fest, dass Nummer 2.1 der Mitteilung von 2007, in der ein bereits gebuchter Urlaub als möglicher Grund für eine Vertagung aufgeführt ist, gegen Nummer 2.3 abzuwägen sei, wonach jeder Antrag eine Begründung enthalten muss, warum der Vertreter nicht durch einen anderen Vertreter ersetzt werden kann. Nach Ansicht der Kammer trafen die vom Beschwerdegegner zu Nummer 2.3 der Mitteilung angeführten Umstände (nämlich, dass zwischen dem Mandanten und dem Vertreter ein langjähriges Vertrauensverhältnis bestehe, dass dieser als einziger mit den Geschäften und Technologien des Mandanten vertraut sei und dass seine Kenntnis des bisherigen Verfahrens vor der Einspruchsabteilung einzigartig und unersetzlich sei) auf alle Fälle der Verhinderung eines Vertreters zu. Nur außergewöhnliche Umstände, d. h. solche, die nicht auf alle Fälle der Verhinderung zuträfen, sollten zugelassen werden.
In T 861/12 befand die Kammer, dass der Einsprechende gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen hatte, indem er fünf der ursprünglich sechs bevollmächtigten Vertreter die Vollmacht entzogen hatte, ohne dafür ein schützenswertes Interesse geltend machen zu können, und obschon er wusste, dass der verbleibende Vertreter an der zuvor anberaumten mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen konnte. Ein solcher Entzug der Vollmachten war unter Nummer 2.3 der Mitteilung von 2007 unbeachtlich.