7. Das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung auf dem Gebiet der Biotechnologie
Übersicht
T 2015/20 × View decision
Claims in patent applications typically involve generalisations which inherently include an aspect of speculation. Patent applications in the field of medicine represent in this respect no exception. The approaches developed in the jurisprudence of the Boards of Appeal of the EPO for the assessment of sufficiency of disclosure and inventive step specifically take account of the technical contribution actually disclosed in a patent application to avoid patent protection resulting from unreasonable speculation on the basis of propositions that are prima facie implausible (see also points 2.6, 2.7 and 5 of the Reasons).
T 2218/16 × View decision
Sufficiency of disclosure - burden of proof, Novelty - new clinical situation
Die Kammer in T 1338/12 wandte anders als die Prüfungsabteilung das EPÜ 1973 auf die strittige Anmeldung an, und zwar die Regel 28 EPÜ 1973 betreffend die Hinterlegung biologischen Materials. Nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist es zur Erfüllung der Bedingungen des Art. 83 EPÜ 1973 nicht erforderlich, biologisches Material zu hinterlegen, wenn dieses Material für den Fachmann und die Öffentlichkeit ohne Vorbehalte oder Beschränkungen zugänglich ist, d. h. wenn das biologische Material auf andere Weise ausreichend offenbart wird (s. T 2068/11). Im vorliegenden Fall musste also festgestellt werden, ob die in R. 28 (3) EPÜ 1973 (bzw. R. 33 (1) EPÜ) vorgesehene Bedingung tatsächlich erfüllt war, d. h. ob der Stamm T. thermophilus, Variante GY1211 dem Fachmann oder der Öffentlichkeit zum maßgeblichen Zeitpunkt ohne Vorbehalte oder Beschränkungen zugänglich war. Nach Auffassung der Kammer war die Bedingung nicht schon dadurch erfüllt, dass der betreffende Stamm in zwei wissenschaftlichen Veröffentlichungen offenbart wurde. Die Kammer teilte nämlich nicht die Meinung des Beschwerdeführers, wonach die Verfasser einer wissenschaftlichen Veröffentlichung der Wissenschaftsgemeinde das biologische Material zugänglich machen müssten, das Gegenstand der Veröffentlichung ist, damit die Angaben in der Veröffentlichung überprüft werden könnten. Es gebe keine allgemeine Übereinkunft für alle wissenschaftlichen Veröffentlichungen und die Herausgeber wissenschaftlicher Zeitschriften. Auch seien keine Beweismittel dazu vorgelegt worden, welche Anforderungen die Herausgeber der betreffenden Zeitschriften stellten. Und selbst wenn die Herausgeber einer wissenschaftlichen Zeitschrift von den Verfassern eines wissenschaftlichen Artikels verlangen könnten, der Öffentlichkeit das biologische Material zugänglich zu machen, das Gegenstand der Veröffentlichung ist, könnten sie sich nicht vergewissern, dass dies immer der Fall ist. Ein Antrag auf Herausgabe einer Probe des biologischen Materials sei direkt an die Verfasser des wissenschaftlichen Artikels zu richten; somit liege die Weitergabe dieses biologischen Materials schlussendlich immer im Ermessen dieser Verfasser.
7. Das Erfordernis der ausreichenden Offenbarung auf dem Gebiet der Biotechnologie
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
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