2.4. Mitteilungen nach Regel 71 (1) und (2) EPÜ
T 2558/18 × View decision
Verweist eine Beschwerdekammer eine Angelegenheit zur Erteilung eines Patents in genau bestimmter Fassung, d.h. mit genau bezeichneten Ansprüchen, Beschreibung und Zeichnungen, an die Prüfungsabteilung zurück, so beruht die Entscheidung über die Fassung des Patents auf Artikel 111 (1) Satz 2, Variante 1, EPÜ. Diese Patentfassung ist für die Prüfungsabteilung in Anwendung des in Artikel 111 (2) EPÜ verankerten Rechtsgrundsatzes bindend (res iudicata, rechtskräftig), in deren Anwendung auch die Zurückverweisung erfolgt. Das Verfahren nach Regel 71 (6) EPÜ findet im Hinblick auf die sich aus Artikel 111 (2) EPÜ ergebende bindende Wirkung gemäß Artikel 164 (2) EPÜ keine Anwendung.
2.4.1 Aufforderung zur Behebung von Mängeln und zur Einreichung von Änderungsvorschlägen (Regel 71 (1) EPÜ)
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Die in R. 70a EPÜ geforderte Erwiderung des Anmelders auf die Stellungnahme zur Recherche (oder eine Erwiderung, die der Anmelder von sich aus auf eine Stellungnahme zur Recherche hin eingereicht hat, auf die er nicht hätte reagieren müssen) wird von der Prüfungsabteilung bei der Erstellung des ersten Bescheids berücksichtigt (Richtlinien C‑II, 3.1 – Stand November 2018).
Ergibt die Prüfung, dass die Anmeldung oder die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, den Erfordernissen dieses Übereinkommens nicht genügt, so fordert die Prüfungsabteilung gemäß Art. 94 (3) EPÜ den Anmelder so oft wie erforderlich auf, eine Stellungnahme einzureichen und, vorbehaltlich des Art. 123 (1) EPÜ, die Anmeldung zu ändern.
Außerdem fordert die Prüfungsabteilung gemäß R. 71 (1) EPÜ (früher R. 51 (2) EPÜ 1973) den Anmelder in den Mitteilungen nach Art. 94 (3) EPÜ gegebenenfalls auf, die festgestellten Mängel zu beseitigen und die Beschreibung, die Patentansprüche und die Zeichnungen innerhalb einer zu bestimmenden Frist zu ändern.
In T 301/10 stellte die Kammer fest, dass der ständigen Rechtsprechung zu Art. 96 (2) EPÜ 1973 zufolge, die auch auf Art. 94 (3) EPÜ anwendbar ist, aus den Worten "so oft wie erforderlich" hervorgeht, dass die Prüfungsabteilung über einen Ermessensspielraum verfügt, von dem sie nach Lage des Einzelfalles objektiv Gebrauch machen muss (s. T 162/82, ABl. 1987, 533; T 300/89, ABl. 1991, 480; T 726/04. S. auch T 1734/10.
Nach Art. 113 (1) EPÜ ist es jedoch nicht erforderlich, dem Anmelder wiederholt Gelegenheit zu geben, sich zu dem Vorbringen der Prüfungsabteilung zu äußern, wenn die entscheidenden Einwände gegen die Erteilung des europäischen Patents bestehen bleiben. Eine weitere Aufforderung zur Stellungnahme nach einem begründeten Bescheid, bei dem Mängel festgestellt wurden, ist nur dann angebracht, wenn es in Anbetracht der Erwiderung des Anmelders aussichtsreich erscheint, das Prüfungsverfahren durch die Erteilung eines Patents zu beenden (s. T 84/82, ABl. 1983, 451; T 161/82, ABl. 1984, 551; T 162/82, ABl. 1987, 533; T 243/89; T 300/89, ABl. 1991, 480; T 793/92; T 516/93).
- T 2558/18