5.9 Ergänzende europäische Recherche
Overview
5.9.001Grundsätzlich muss für jede in die europäische Phase eintretende internationale Anmeldung eine ergänzende europäische Recherche durchgeführt und eine Recherchengebühr gezahlt werden. Zu Ausnahmeregelungen siehe 5.9.007 ff. Wie zu jedem europäischen Recherchenbericht ergeht gemäß Regel 62 EPÜ zum ergänzenden europäischen Recherchenbericht eine Stellungnahme (Stellungnahme zur europäischen Recherche, ESOP) dazu, ob die Anmeldung und die Erfindung, die sie zum Gegenstand hat, die Erfordernisse des EPÜ erfüllen. Als weitere Dienstleistung ist allen ergänzenden europäischen Recherchenberichten ein Informationsblatt "Informationen zur Recherchenstrategie" mit zusätzlichen Informationen zu der vom Prüfer durchgeführten Recherche beigefügt (vgl. 3.2.012). Der ergänzende europäische Recherchenbericht zusammen mit der Stellungnahme wird "erweiterter (ergänzender) europäischer Recherchenbericht" (EESR) genannt.
5.9.002Eine Stellungnahme nach Regel 62 EPÜ ergeht nicht, wenn der Anmelder:
–einen Prüfungsantrag gemäß Regel 159 (1) f) EPÜ eingereicht hat und
–auf das Recht verzichtet hat, gemäß Regel 70 (2) EPÜ gefragt zu werden, ob er die Anmeldung aufrechterhält (vgl. 5.10.002 und 5.10.005),
bevor ihm der ergänzende europäische Recherchenbericht übermittelt wurde. Stattdessen ergeht eine Mitteilung gemäß Regel 71 (1) oder (3) EPÜ, in der der Anmelder aufgefordert wird, die Anmeldung zu berichtigen und/oder zu ändern, bzw. in der ihm mitgeteilt wird, in welcher Fassung das EPA das Patent zu erteilen beabsichtigt.
5.9.003Der ergänzenden europäischen Recherche wird der letzte (geänderte) Anspruchssatz zugrunde gelegt, der dem EPA bei Ablauf der in der Mitteilung nach Regel 161 EPÜ/Regel 162 EPÜ festgesetzten Frist vorlag (vgl. 5.4.020 ff.). Dieser Anspruchssatz wird zum Zeitpunkt der Durchführung der Recherche als endgültiger Anspruchssatz betrachtet (vgl. 5.4.011). Zu Ansprüchen, für die fällige Anspruchsgebühren nicht entrichtet wurden, wird keine Recherche durchgeführt (vgl. 5.11.007 ff.).
5.9.004Wurden in der internationalen Phase Einwendungen Dritter eingereicht und dem EPA als Bestimmungsamt oder ausgewähltem Amt vom IB übermittelt, so werden diese im ergänzenden europäischen Recherchenbericht berücksichtigt, sofern sie substanziiert sind und alle Formerfordernisse erfüllen. Sofern die Einwendungen nicht anonym eingereicht wurden und der Dritte dies ausdrücklich beantragt hat, wird das EPA außerdem in der (europäischen) Prüfungsphase den ersten verfahrensrechtlichen Schritt beschleunigt vollziehen.
5.9.005Wird eine ergänzende europäische Recherche durchgeführt, so wird das Datum der Übermittlung des ergänzenden europäischen Recherchenberichts im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht. Der Bericht selbst wird nicht veröffentlicht, kann aber über die Akteneinsicht eingesehen werden.
5.9.006Kommt das EPA bei der ergänzenden europäischen Recherche zu dem Ergebnis, dass die Anmeldung mehr als einen unabhängigen Patentanspruch in der gleichen Kategorie enthält, der nicht unter die in Regel 43 (2) EPÜ genannten Ausnahmen fällt, kann es dazu auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Monaten anzugeben, auf welcher Grundlage die Recherche durchzuführen ist (Regel 62a (1) EPÜ). Wenn es unmöglich ist, auf der Grundlage des gesamten beanspruchten Gegenstands oder eines Teils desselben eine sinnvolle Recherche durchzuführen, erlässt das EPA eine Aufforderung, innerhalb einer Frist von zwei Monaten eine Erklärung mit Angaben zu dem zu recherchierenden Gegenstand einzureichen. Eine Erklärung, dass keine Recherche durchgeführt werden kann, ebenso wie ein teilweiser ergänzender europäischer Recherchenbericht, die ergehen, weil der Mangel nicht beseitigt wurde, gelten dann als ergänzender europäischer Recherchenbericht.