Kapitel III – Erste Prüfungsphase
6. Anfordern von Auskünften zum Stand der Technik (nicht auf Prioritätsansprüche beschränkt)
Eine revidierte Fassung dieser Publikation ist in Kraft getreten. |
Das EPA kann den Anmelder auffordern, innerhalb einer Frist von zwei Monaten Auskünfte über den Stand der Technik zu erteilen, der in nationalen oder regionalen Patentverfahren in Betracht gezogen wurde und eine Erfindung betrifft, die Gegenstand der europäischen Patentanmeldung ist. Darunter fallen insbesondere Recherchenergebnisse zu Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldungen, deren Priorität nicht beansprucht wird. Außerdem kann das EPA unter anderem die in Regel 141 (1) EPÜ genannte Kopie der Recherchenergebnisse in Bezug auf die Priorität(en) in Fällen anfordern, in denen das Recherchenergebnis dem Anmelder zum Zeitpunkt der Anforderung nach Regel 70b (1) nicht vorlag (siehe Mitteilung des EPA vom 28. Juli 2010, ABl. EPA 2010, 410). Kommt der Anmelder dieser Aufforderung nicht nach, so gilt die Anmeldung nach Art. 124 (2) als zurückgenommen. Bei diesem Rechtsverlust besteht jedoch die Möglichkeit, die Weiterbehandlung zu beantragen (siehe E‑VIII, 2).
Da die Beantwortung solcher Aufforderungen für den Anmelder mit einem großen Aufwand verbunden ist, ergehen weitere Aufforderungen nach Regel 141 (3) nur in einzelnen Fällen, in denen zwingende Gründe vermuten lassen, dass es zusätzlichen, relevanten Stand der Technik gibt.
Diese Aufforderung ist eine unabhängige Mitteilung, und die vorstehend genannte Frist ist nicht verlängerbar. Die Aufforderung kann alleine oder zusammen mit einer Mitteilung nach Art. 94 (3) versandt werden. Bei gleichzeitigem Versenden der beiden Mitteilungen gelten die darin enthaltenen Fristen unabhängig voneinander. Alle vom Anmelder übermittelten Auskünfte zum Stand der Technik werden in die Akte aufgenommen und sind über die Akteneinsicht zugänglich (siehe A‑XI).