3. Arten der Patentansprüche
Eine revidierte Fassung dieser Publikation ist in Kraft getreten. |
Im EPÜ werden verschiedene "Kategorien" von Patentansprüchen genannt ("Erzeugnis, Verfahren, Vorrichtung oder Verwendung"). Bei vielen Anmeldungen sind für den vollen Schutz Patentansprüche in mehr als einer Kategorie erforderlich. In Wirklichkeit gibt es nur zwei grundlegende Arten von Patentansprüchen, nämlich Patentansprüche für Gegenstände (Erzeugnis, Vorrichtung) und Patentansprüche für Tätigkeiten (Verfahren, Verwendung). Die erste grundlegende Art von Patentansprüchen ("Erzeugnisansprüche") umfasst sowohl Stoffe bzw. Stoffgemische (beispielsweise eine chemische Verbindung oder ein Gemisch von Verbindungen) als auch alle körperlichen Dinge (beispielsweise Gegenstand, Ware, Vorrichtung, Maschine oder Anordnung zusammenwirkender Vorrichtungen), die durch menschliche technische Fertigkeit hergestellt worden sind. Beispiele hierfür sind: "eine Steuervorrichtung mit automatischer Rückführung ...", "ein gewebtes Kleidungsstück aus ...", "ein Insektenvernichtungsmittel, bestehend aus X, Y, Z" oder "ein Nachrichtensystem, bestehend aus einer Vielzahl von Sende- und Empfangsstationen". Die zweite grundlegende Art von Patentansprüchen ("Verfahrensansprüche") bezieht sich auf alle Arten von Tätigkeiten, in die die Verwendung von etwas Gegenständlichem für die Durchführung des Verfahrens einbezogen ist; die Tätigkeit kann in Verbindung mit Gegenständen, Energie, anderen Verfahren (wie bei Steuerungsverfahren) oder Lebewesen (siehe jedoch G‑II, 4.2 und G‑II, 5.4) ausgeübt werden.
Regel 43 (2) in Verbindung mit Regel 44 (1) ist so auszulegen, dass jede der folgenden Kombinationen von Patentansprüchen verschiedener Kategorien in derselben Anmeldung enthalten sein darf:
i)neben einem unabhängigen Anspruch für ein bestimmtes Erzeugnis ein unabhängiger Anspruch für ein speziell angepasstes Verfahren zur Herstellung dieses Erzeugnisses und ein unabhängiger Anspruch für eine Verwendung dieses Erzeugnisses oder
ii)neben einem unabhängigen Anspruch für ein bestimmtes Verfahren ein unabhängiger Anspruch für eine Vorrichtung oder ein Mittel, die zur Ausführung dieses Verfahrens besonders entwickelt wurden, oder
iii)neben einem unabhängigen Anspruch für ein bestimmtes Erzeugnis ein unabhängiger Anspruch für ein speziell angepasstes Verfahren zur Herstellung dieses Erzeugnisses und ein unabhängiger Anspruch für eine Vorrichtung oder ein Mittel, die zur Ausführung dieses Verfahrens besonders entwickelt wurden.
Während eine einzige Gruppe unabhängiger Patentansprüche gemäß einer der vorstehend genannten Kombinationen i), ii) oder iii) stets zulässig ist, sind mehrere solcher Gruppen von unabhängigen Ansprüchen in ein und derselben europäischen Patentanmeldung nur dann gewährbar, wenn die in Regel 43 (2) a) bis Regel 43 (2) c) genannten besonderen Umstände vorliegen und die Erfordernisse der Art. 82 und Art. 84 erfüllt sind. Eine Vielzahl von unabhängigen Patentansprüchen, die durch eine derartige Kombination zustande käme, kann daher nur in Ausnahmefällen zugelassen werden.
Der Schutz aus einem europäischen Patent, dessen Gegenstand ein Verfahren ist, erstreckt sich auch auf die durch das Verfahren unmittelbar hergestellten Erzeugnisse.