5. Kollision mit anderen europäischen Patentanmeldungen
5.4 Doppelpatentierung
Eine revidierte Fassung dieser Publikation ist in Kraft getreten. |
Wie von der Großen Beschwerdekammer anerkannt, ist das Doppelpatentierungsverbot nach Art. 125 anwendbar (G 4/19). Es ist ein in den Vertragsstaaten allgemein anerkannter Grundsatz des Verfahrensrechts, dass ein und demselben Anmelder für denselben Gegenstand nicht zwei Patente erteilt werden können.Im EPÜ wird nicht eigens auf den Fall gleichzeitiger europäischer Patentanmeldungen gleichen wirksamen Datums eingegangen. Es ist jedoch ein anerkanntes Prinzip in den meisten Patentsystemen, dass ein und demselben Anmelder für eine Erfindung nicht zwei Patente erteilt werden. Die Große Beschwerdekammer hat in einem obiter dictum anerkannt, dass der Grundsatz des Doppelschutzverbots darauf basiert, dass der Anmelder kein legitimes Interesse an einem Verfahren hat, das zur Erteilung eines zweiten Patents für denselben Gegenstand führt, für den er bereits ein Patent besitzt (siehe G 1/05 und G 1/06).
Das Doppelpatentierungsverbot gilt für drei Kombinationen von europäischen Anmeldungen desselben Anmelders: dabei kann es sich um zwei am selben Tag eingereichte Anmeldungen, um Stamm- und Teilanmeldung oder um eine Anmeldung und ihre Prioritätsanmeldung handeln.
Ein Anmelder kann zwei Anmeldungen mit derselben Beschreibung prüfen lassen, die nicht denselben Gegenstand beanspruchen (siehe auch T 2461/10). Es könnte z. B. sein, dass er zunächst an einem raschen Schutz für eine bevorzugte Ausführungsform interessiert ist und die allgemeine Lehre in einer Teilanmeldung weiterverfolgen will (siehe G 2/10). In dem seltenen Fall In Fällen, in dem denen in zwei oder mehreren europäischen Patentanmeldungen des gleichen Anmelders derselbe Staat bzw. dieselben Staaten benannt werden, und die Patentansprüche dieser Anmeldungen denselben Anmelde- oder Prioritätstag haben und dieselbe Erfindung betreffen, ist dem der Anmelder aufzufordern, jedoch mitzuteilen, dass er entweder eine oder mehrere Anmeldungen so zu ändern muss, dass der Gegenstand der Ansprüche der beiden Anmeldungen nicht identisch ist, oder dass er sich überschneidende Benennungen zurückzunehmen zurücknehmen oder unter diesen Anmeldungen eine auszuwählen auswählen muss, die im Hinblick auf die Patenterteilung bearbeitet werden soll. Andernfalls wird/werden nach der Erteilung der ersten Anmeldung die andere(n) Anmeldung(en) nach Art. 97 (2) in Verbindung mit Art. 125 zurückgewiesen (G 4/19). Überschneiden sich die Ansprüche dieser Anmeldungen nur teilweise, sollte kein Einwand erhoben werden (siehe T 877/06). Sollten zwei derartige Anmeldungen mit demselben wirksamen Datum von zwei verschiedenen Anmeldern eingereicht werden, dann ist jedem zu gestatten, so zu verfahren, als würde es die andere Anmeldung nicht geben.