Kapitel III – Mündliche Verhandlung
1. Allgemeines
Eine revidierte Fassung dieser Publikation ist in Kraft getreten. |
Unter "mündlicher Verhandlung" ist eine förmliche Verhandlung im Sinne des Art. 116 zu verstehen. Davon zu unterscheiden sind Rücksprachen, wie sie im Prüfungsverfahren und im Beschränkungs- bzw. Widerrufsverfahren vorkommen (siehe C‑VII, 2). Rücksprachen sind im Hinblick auf Regel 81 (2) nicht im Einspruchsverfahren mit mehreren Beteiligten zulässig, es sei denn, die Rücksprache betrifft Angelegenheiten, die nicht in die Belange der anderen Beteiligten eingreifen, z. B. bei Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit eines Einspruchs, soweit sich dieses lediglich zwischen dem EPA und dem betreffenden Einsprechenden abspielt.
Die mündliche Verhandlung findet vor dem zuständigen Organ statt, z. B. in der Eingangsstelle vor dem zugewiesenen Sachbearbeiter und im Prüfungs- bzw. Einspruchsverfahren vor der ganzen Abteilung. In Angelegenheiten, die in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen, kann die mündliche Verhandlung auch vor der Rechtsabteilung stattfinden. Das Recht auf eine mündliche Verhandlung ist ein maßgeblicher Aspekt des in Art. 113 verankerten Anspruchs auf rechtliches Gehör.
Mündliche Verhandlungen können in den Räumlichkeiten des EPA oder, sofern zulässig, als Videokonferenz durchgeführt werden. Eine als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlung und eine in den Räumlichkeiten des EPA abgehaltene mündliche Verhandlung sind gleichwertig (ABl. EPA 2020, A134, Art. 1 (3); ABl. EPA 2020, A121, Art. 2 (3)).
Mündliche Verhandlungen vor Prüfungsabteilungen, der Eingangsstelle und der Rechtsabteilung werden in der Regel auf Antrag des Anmelders oder auf Veranlassung der Prüfungsabteilung zuständigen Abteilung als Videokonferenz durchgeführt, sofern nicht ernsthafte Gründe dagegen sprechen (ABl. EPA 2020, A134, Art. 1 (2); ABl. EPA 2021, A49, Art. 1 (2); ABl. EPA 2021, A50, Art. 1 (2)). Dazu zählen insbesondere Gründe, die einen Teilnehmer der mündlichen Verhandlung individuell betreffen (z. B. eine nachgewiesene Sehschwäche, aufgrund deren ein Vertreter die mündliche Verhandlung nicht auf dem Bildschirm verfolgen kann), sowie Gründe, die mit Art und Sachverhalt des Verfahrens zu tun haben (etwa die Vorführung oder Augenscheinseinnahme eines Objekts, dessen haptische Merkmale essenziell sind, soweit dies nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen möglich ist). Pauschale Einwände gegen die Zuverlässigkeit der Videokonferenztechnologie oder die Nichtverfügbarkeit einer Videokonferenzanlage gelten in der Regel nicht als ernsthafte Gründe.