6.7 Abschrift der früheren Anmeldung (Prioritätsdokument)
6.7.2 Elektronische Abfrage von Prioritätsunterlagen
Auf Antrag des Anmelders nimmt das Europäische Patentamt eine über den digitalen Zugangsservice der WIPO (DAS) bereitgestellte Abschrift der früheren Anmeldung, deren Priorität in Anspruch genommen wird, gebührenfrei in die Akte der europäischen Patentanmeldung auf. Der DAS erlaubt den automatischen elektronischen Austausch von Prioritätsunterlagen zwischen den teilnehmenden Ämtern. Die teilnehmenden Ämter sind auf der Website der WIPO (wipo.int/das/en/participating_offices) veröffentlicht. Anmelder können beim Amt der Erstanmeldung beantragen, dass beglaubigte Abschriften früherer Patentanmeldungen im DAS-System bereitgestellt werden, und dann die Ämter der Nachanmeldung ersuchen, die Abschriften mittels der angegebenen Zugangscodes über den DAS abzurufen (siehe Beschluss des Präsidenten des EPA vom 13. November 2021, ABl. EPA 2021, A83 und Mitteilung des EPA vom 22. Februar 2019, ABl. EPA 2019, A27).
Kann eine Prioritätsunterlage nicht über den DAS abgerufen werden oder wurde der Abruf über den DAS nicht beantragt, nimmt das Das EPA nimmt eine Abschrift der früheren Anmeldung gebührenfrei in die Akte der europäischen Patentanmeldung auf, wenn die frühere Anmeldung
i)eine europäische Patentanmeldung
ii)eine beim EPA als PCT-Anmeldeamt eingereichte internationale Anmeldung
ist. Ein Antrag ist hierfür nicht erforderlich. Ist die frühere Anmeldung nicht in einer Amtssprache des EPA abgefasst, so kann weiterhin die Einreichung der Übersetzung oder die Erklärung nach Regel 53 (3) erforderlich sein (siehe A‑III, 6.8).
Hat der Anmelder im Zusammenhang mit dem Antrag, dass nachgereichten Teilen der Beschreibung oder nachgereichten Zeichnungen nach Regel 56 die beanspruchte Priorität zugrunde gelegt werden soll (siehe A‑II, 5.4 v)) oder dass richtigen Anmeldungsunterlagen oder Teilen nach Regel 56a die beanspruchte Priorität zugrunde gelegt werden soll (siehe A‑II, 6.4 v)), bereits eine Abschrift der Prioritätsunterlage eingereicht, so braucht er sie nicht noch einmal einzureichen. Fehlt bei der bereits eingereichten Abschrift jedoch die Beglaubigung im Hinblick auf Inhalt und/oder Tag der Einreichung, so hat der Anmelder die fehlende Beglaubigung eine beglaubigte Abschrift innerhalb der oben genannten Frist vorzulegen.
Legt der Anmelder innerhalb der oben genannten Frist keine beglaubigte Abschrift der Prioritätsunterlage vor (Regel 53 (1)), so fordert das EPA ihn nach Regel 59 auf, dies innerhalb einer Frist von zwei Monaten nachzuholen. Diese Frist kann gemäß Regel 132 (2) verlängert werden (siehe E‑IX, 2.3.5 zu Euro-PCT-Anmeldungen); die Weiterbehandlung ist jedoch durch Regel 135 (2) ausgeschlossen. Legt der Anmelder auch innerhalb dieser Frist die genannten Unterlagen nicht vor, erlischt der betreffende Prioritätsanspruch (Art. 90 (5)).
Wenn eine Abschrift der früheren Anmeldung nicht in die Akte der europäischen Patentanmeldung aufgenommen werden kann, gilt die Abschrift nicht nach Regel 53 (2) als ordnungsgemäß eingereicht. Das EPA setzt den Anmelder rechtzeitig darüber in Kenntnis und gibt ihm die Möglichkeit, die beglaubigte Abschrift gemäß Regel 53 (1) EPÜ nachzureichen (siehe Beschluss des Präsidenten des EPA vom 13. November 2021, ABl. EPA 2021, A83 und Mitteilung des EPA vom 13. November 2021, ABl. EPA 2021, A84).