5. Kollision mit anderen europäischen Patentanmeldungen
5.4 Doppelpatentierung
Wie von der Großen Beschwerdekammer anerkannt, ist das Doppelpatentierungsverbot nach Art. 125 anwendbar (G 4/19). Es ist ein in den meisten Vertragsstaaten allgemein anerkannter Grundsatz des Verfahrensrechts, dass ein und demselben Anmelder für auf denselben Gegenstand gerichtete Ansprüche nicht zwei Patente erteilt werden können.
Entsprechend kann eine europäische Patentanmeldung nach Art. 97 (2) zurückgewiesen werden, wenn sie denselben Gegenstand beansprucht wie ein demselben Anmelder erteiltes europäisches Patent, das nicht zum Stand der Technik nach Art. 54 (2) und (3) gehört. Dies wäre vor allem in den folgenden typischen Situationen der Fall: bei zwei am selben Tag eingereichten Anmeldungen, bei Stamm- und Teilanmeldung oder bei einer Anmeldung und ihrer Prioritätsanmeldung.
Ein Anmelder kann zwei eine Anmeldung Anmeldungen mit derselben Beschreibung prüfen lassen, die dieselbe Beschreibung aufweist wie ein ihm bereits erteiltes Patent, solange sie nicht denselben Gegenstand beanspruchen beansprucht (siehe auch T 2461/10). Wenn jedoch z. B. der Anspruch 1 einer Anmeldung denselben Gegenstand enthält wie ein abhängiger Anspruch in einem erteilten Patent desselben Anmelders, so wird ein Einwand wegen Doppelpatentierung erhoben (siehe T 1128/19). In Fällen, in denen in zwei oder mehreren europäischen Patentanmeldungen des gleichen Anmelders derselbe Staat bzw. dieselben Staaten benannt werden, und die Patentansprüche dieser Anmeldungen denselben Anmelde- oder Prioritätstag haben und dieselbe Erfindung betreffen, ist muss der Anmelder aufzufordern, entweder eine oder mehrere Anmeldungen so zu ändern, dass der Gegenstand der ihrer Ansprüche der beiden Anmeldungen nicht mehr identisch ist, oder sich überschneidende Benennungen zurückzunehmen zurücknehmen oder unter diesen Anmeldungen eine auszuwählen auswählen, die im Hinblick auf die Patenterteilung bearbeitet werden soll. Andernfalls wird/werden nach der Erteilung der ersten Anmeldung die andere(n) Anmeldung(en) nach Art. 97 (2) in Verbindung mit Art. 125 zurückgewiesen (G 4/19). Überschneiden sich die Ansprüche dieser Anmeldungen nur teilweise, sollte kein Einwand erhoben werden (siehe T 877/06). Sollten Wenn zwei derartige Anmeldungen mit demselben wirksamen Datum von zwei verschiedenen Anmeldern eingereicht werden, dann ist jedem zu gestatten, so zu verfahren, als würde es die andere Anmeldung nicht geben.