Kapitel VII – Erfinderische Tätigkeit
12. Auswahlerfindungen
Der Gegenstand von Auswahlerfindungen unterscheidet sich vom nächstliegenden Stand der Technik darin, dass er ausgewählte Teilmengen oder Teilbereiche darstellt. Zur Beurteilung der Neuheit siehe G‑VI, 7. Ist diese Auswahl mit einer besonderen technischen Wirkung verbunden und gibt es keine Hinweise, die den Fachmann die Fachperson zu der Auswahl führen, so liegt erfinderische Tätigkeit vor (die in dem ausgewählten Bereich auftretende technische Wirkung kann auch dieselbe sein, wie sie in dem breiteren bekannten Bereich erzielt wird, jedoch in einem unerwarteten Ausmaß).
Der technische Effekt muss für den ganzen beanspruchten Bereich gelten. Tritt er nur in einem Teil dieses Bereiches auf, löst der Anspruch nicht die auf diesem Effekt beruhende Aufgabe, sondern nur eine allgemeinere Aufgabe, z. B. "ein weiteres Produkt X" oder "ein weiteres Verfahren Y" bereitzustellen (siehe T 939/92).
Ist mit der Auswahl kein offensichtlicher oder plausibler Effekt verbunden, ist eine weniger ehrgeizige Aufgabe zur Bereistellung einer Alternative zu formulieren (siehe T 2108/21, Nr. 3.3.10 der Entscheidungsgründe).
Das Kriterium des "ernsthaften Erwägens", das im Zusammenhang mit der Neuheitsprüfung bei sich überschneidenden Bereichen genannt wird, ist nicht zu verwechseln mit der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit ist zu ermitteln, ob der Fachmann die Fachperson die Auswahl getroffen bzw. den Überschneidungsbereich gewählt hätte, weil er sie sich davon eine Verbesserung oder einen Vorteil erwartete. Wird dies verneint, so weist der beanspruchte Gegenstand erfinderische Tätigkeit auf.
Der unerwartete technische Effekt muss für den ganzen beanspruchten Bereich gelten. Tritt er nur in einem Teil dieses Bereiches auf, löst der Anspruch nicht die auf diesem Effekt beruhende Aufgabe, sondern nur eine allgemeinere Aufgabe, z. B. "ein weiteres Produkt X" oder "ein weiteres Verfahren Y" bereitzustellen (siehe T 939/92).