Kapitel 5 – Das europäische Patenterteilungsverfahren
Eine revidierte Fassung dieser Publikation ist in Kraft getreten. |
5.1.001Das europäische Patenterteilungsverfahren ist ein Prüfungsverfahren, dem eine Formalprüfung und eine obligatorische Recherche vorausgehen.
Dieser erste Abschnitt endet mit der Veröffentlichung der europäischen Patentanmeldung und des Recherchenberichts auf dem Publikationsserver des EPA.
Als zweiter Verfahrensabschnitt folgt auf Antrag des Anmelders die Sachprüfung.
Nach der Patenterteilung kann sich gegebenenfalls ein Einspruchsverfahren oder – auf Antrag des Patentinhabers – ein Beschränkungs- oder Widerrufsverfahren anschließen.
5.1.002Der erste Verfahrensabschnitt umfasst die Eingangsprüfung, die Formalprüfung, die Erstellung des europäischen Recherchenberichts und der vorläufigen Stellungnahme zur Patentierbarkeit sowie die Veröffentlichung der Anmeldung und des Recherchenberichts. Zuständig dafür sind die Eingangsstelle und eine der Recherchenabteilungen.
5.1.003Der zweite Verfahrensabschnitt umfasst die Sachprüfung und die Patenterteilung. Eine Prüfungsabteilung setzt sich aus drei technisch vorgebildeten Prüfern zusammen, zu denen erforderlichenfalls ein rechtskundiger Prüfer hinzutreten kann. Bis zum Erlass der Entscheidung über die Anmeldung wird in der Regel nur ein einzelner technisch vorgebildeter Prüfer mit der Bearbeitung der Anmeldung beauftragt. Dieser Prüfer erlässt die erforderlichen Bescheide, und mit ihm steht der Anmelder schriftlich, telefonisch oder per Videokonferenz im Meinungsaustausch.
Beantragt der Anmelder eine mündliche Verhandlung oder wird eine solche von Amts wegen angeordnet, so findet diese vor der Prüfungsabteilung per Videokonferenz statt. Auch die abschließende Entscheidung über die Patenterteilung oder die Zurückweisung der Anmeldung ist der Prüfungsabteilung vorbehalten.
5.1.004Nach der Patenterteilung können Dritte Einspruch einlegen. Zuständig für die Prüfung von Einsprüchen sind die Einspruchsabteilungen. Ihre Zusammensetzung entspricht der der Prüfungsabteilungen, jedoch darf nur ein Mitglied der Einspruchsabteilung am vorausgegangenen Patenterteilungsverfahren mitgewirkt haben. Dieses Mitglied darf in der Einspruchsabteilung auch nicht den Vorsitz führen. Näheres zum Einspruchsverfahren enthalten die Punkte 5.5.001 - Punkte 5.5.012.
5.1.005Nach der Patenterteilung kann auf Antrag des Patentinhabers ein Widerrufs- oder ein Beschränkungsverfahren eingeleitet werden. Der Antrag auf Widerruf oder Beschränkung des Patents kann jederzeit gestellt werden, solange kein Einspruchsverfahren für das europäische Patent anhängig ist. Über den Widerruf oder die Beschränkung des Patents entscheidet die Prüfungsabteilung. Weitere Einzelheiten zum Widerrufs- und Beschränkungsverfahren sind den Punkten 5.6.001 - Punkten 5.6.008 zu entnehmen.
5.1.006Ein besonderes Verfahren3 stellt das Beschwerdeverfahren dar. Beschwerde kann gegen Entscheidungen der Eingangsstelle, der Prüfungsabteilungen, der Einspruchsabteilungen und der Rechtsabteilung eingelegt werden. Eine Entscheidung, die das Verfahren gegenüber einem Beteiligten nicht abschließt, ist nur zusammen mit der Endentscheidung anfechtbar, sofern nicht eine gesonderte Beschwerde in der Entscheidung zugelassen ist.
Entscheidungen über Beschwerden werden von der unabhängigen gerichtlichen Instanz der Beschwerdekammern des EPA getroffen.
5.1.007In bestimmten Fällen kann ein Antrag auf Überprüfung durch die Große Beschwerdekammer gestellt werden. Weitere Einzelheiten hierzu sind Punkt 5.7.012 zu entnehmen.
3Das EPA veröffentlicht jährlich die Amtsblattbeilage "Mitteilungen der Beschwerdekammern".