EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 22. November 2022 betreffend das Format mündlicher Verhandlungen vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen, der Rechtsabteilung und der Eingangsstelle
Der Präsident des Europäischen Patentamts,
gestützt auf die Artikel 10 (2) a) und 116 des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ),
in der Erwägung, dass eine als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlung eine mündliche Verhandlung im Sinne des Artikels 116 EPÜ ist,
beschließt:
Artikel 1
Format mündlicher Verhandlungen vor Prüfungsabteilungen, Einspruchsabteilungen, der Rechtsabteilung und der Eingangsstelle
(1) Mündliche Verhandlungen vor Prüfungsabteilungen, Einspruchsabteilungen, der Rechtsabteilung und der Eingangsstelle (nachstehend "Abteilung" genannt) sind als Videokonferenz durchzuführen.
(2) Ungeachtet des Absatzes 1 können mündliche Verhandlungen in den Räumlichkeiten des Europäischen Patentamts durchgeführt werden, entweder auf Antrag eines Beteiligten oder auf Veranlassung der Abteilung, wenn ernsthafte Gründe gegen eine Durchführung der mündlichen Verhandlung als Videokonferenz sprechen. Wird ein Antrag auf mündliche Verhandlung in den Räumlichkeiten des Europäischen Patentamts abgelehnt, werden den Beteiligten die Gründe dafür mitgeteilt; eine solche Ablehnung ist nicht separat mit der Beschwerde anfechtbar.
Artikel 2
Teilnahme an als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlungen, Ort
(1) Die Mitglieder einer Prüfungs- oder Einspruchsabteilung können von unterschiedlichen Orten aus per Fernverbindung an der als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung teilnehmen.
(2) Die Beteiligten, ihre Vertreter und Begleitpersonen der Beteiligten oder Vertreter sowie Zeugen und Sachverständige können von unterschiedlichen Orten aus per Fernverbindung an der Videokonferenz teilnehmen.
(3) Als Ort der als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung gilt der Ort, an dem die Abteilung konstituiert ist.
Artikel 3
Einreichung und Übermittlung von Unterlagen in als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlungen
(1) In einer als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung sind Unterlagen anhand von elektronischen Kommunikationsmitteln nach Maßgabe des Beschlusses des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 13. Mai 2020 über die Einreichung von Unterlagen bei telefonischen Rücksprachen und als Videokonferenz durchgeführten Rücksprachen und mündlichen Verhandlungen (ABl. EPA 2020, A71) einzureichen.
(2) In Verfahren mit mehr als einem Beteiligten werden die von einem Beteiligten nach Absatz 1 eingereichten Unterlagen an die anderen in der mündlichen Verhandlung anwesenden Beteiligten per E-Mail an die von jedem Beteiligten angegebene E-Mail-Adresse übermittelt.
Artikel 4
Technische Probleme
Verhindern technische Probleme, dass die als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlung im Einklang mit den Rechten eines Beteiligten nach den Artikeln 113 und 116 EPÜ durchgeführt wird, und können diese während der Videokonferenz nicht ausgeräumt werden, so erlässt die Abteilung eine neue Ladung zur mündlichen Verhandlung.
Artikel 5
Nichterscheinen in einer als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung
(1) Nimmt ein Beteiligter aus anderen Gründen als wegen technischer Probleme nicht per Fernverbindung an der als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung teil, so kann das Verfahren gemäß Regel 115 (2) EPÜ fortgesetzt werden.
(2) Ein ordnungsgemäß zur Vernehmung vor dem Europäischen Patentamt geladener Beteiligter, Zeuge oder Sachverständiger, der nicht wie angewiesen an der als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung teilnimmt, gilt als nicht erschienen.
Artikel 6
Öffentlichkeit der mündlichen Verhandlung vor Einspruchsabteilungen
Mitglieder der Öffentlichkeit können eine mündliche Verhandlung per Fernverbindung verfolgen, wenn sie dies vorab ankündigen.
Artikel 7
Aufhebung früherer Beschlüsse
Mit Inkrafttreten dieses Beschlusses treten die folgenden Beschlüsse außer Kraft:
- Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 10. November 2020 über die Änderung und Verlängerung des Pilotprojekts zur Durchführung mündlicher Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen als Videokonferenz (ABl. EPA 2020, A121);
- Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 17. Dezember 2020 über als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen vor Prüfungsabteilungen (ABl. EPA 2020, A134);
- Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 9. Juni 2021 über als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen vor der Eingangsstelle (ABl. EPA 2021, A49);
- Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 9. Juni 2021 über als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen vor der Rechtsabteilung (ABl. EPA 2021, A50);
- Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 4. April 2022 über eine weitere Verlängerung des Pilotprojekts zur Durchführung mündlicher Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen als Videokonferenz (ABl. EPA 2022, A43).
Artikel 8
Inkrafttreten
Dieser Beschluss tritt am 1. Januar 2023 in Kraft. Er gilt für alle mündlichen Verhandlungen vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen, der Rechtsabteilung und der Eingangsstelle, die an oder nach diesem Datum stattfinden sollen.
Geschehen zu München am 22. November 2022
António CAMPINOS
Präsident