5.5 Einspruchsverfahren
5.5.007Nach Abschluss dieser Vorarbeiten prüft die Einspruchsabteilung, ob die Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegenstehen. Gegebenenfalls fordert sie die Beteiligten auf, innerhalb einer von ihr zu bestimmenden Frist Stellungnahmen zu ihren Bescheiden oder zu den Schriftsätzen anderer Beteiligter einzureichen.
Art. 101
R. 81
RL D‑V, D‑VI
RL E‑VIII, 1.2
Der Patentinhaber kann nach Erhalt eines Bescheids, der auf diese Weise an ihn ergeht, soweit erforderlich die Beschreibung, die Patentansprüche und die Zeichnungen in geänderter Form einreichen. Werden Änderungsanträge jedoch verspätet eingereicht, so brauchen sie nicht berücksichtigt zu werden.
Ist auf Antrag eines Beteiligten oder, weil das EPA dies für sachdienlich erachtet, von Amts wegen eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, so werden die Beteiligten hierzu so rasch wie möglich geladen. Mündliche Verhandlungen im Einspruchsverfahren werden per Videokonferenz durchgeführt.
Der Ladung wird ein Bescheid beigefügt, in dem die Einspruchsabteilung die Punkte anführt und erläutert, die sie für die zu treffende Entscheidung als erörterungsbedürftig ansieht. Der Bescheid enthält in der Regel auch die vorläufige, unverbindliche Auffassung der Einspruchsabteilung zu den Standpunkten der Beteiligten und insbesondere zu den vom Patentinhaber vorgelegten Änderungen des Patents. Gleichzeitig wird ein Zeitpunkt bestimmt, bis zu dem Schriftsätze oder Änderungen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung eingereicht werden können. Nach diesem Zeitpunkt vorgebrachte neue Tatsachen und Beweismittel brauchen nicht berücksichtigt zu werden, soweit sie nicht wegen einer Änderung des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts zuzulassen sind.
5.5.008Kommt die Einspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des europäischen Patents entgegenstehen, so widerruft sie das Patent. Stehen ihrer Auffassung nach die Einspruchsgründe der Aufrechterhaltung des Patents in der erteilten Fassung nicht entgegen, so weist sie den Einspruch zurück.
5.5.009Ist die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass das Patent in geändertem Umfang aufrechterhalten werden kann, so erlässt sie eine Zwischenentscheidung, in der festgestellt wird, dass das Patent und die Erfindung, die es zum Gegenstand hat, unter Berücksichtigung der vom Patentinhaber vorgenommenen Änderungen den Erfordernissen des EPÜ genügen. Gegen eine solche Zwischenentscheidung ist eine gesonderte Beschwerde zulässig.
5.5.010Sobald die unter 5.5.009 genannte Entscheidung rechtskräftig geworden ist, wird der Patentinhaber aufgefordert, innerhalb von drei Monaten die Veröffentlichungsgebühr für eine neue europäische Patentschrift zu entrichten und eine Übersetzung der geänderten Patentansprüche in den beiden Amtssprachen einzureichen, die nicht die Verfahrenssprache sind.
Hat der Patentinhaber während der mündlichen Verhandlung handschriftliche Änderungen eingereicht, wird er aufgefordert, den geänderten Text innerhalb der oben erwähnten Frist von drei Monaten in einer Form einzureichen, die der Regel 49 (2) entspricht.
5.5.011Werden die erforderlichen Handlungen nicht rechtzeitig vorgenommen, so können sie noch innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung einer Mitteilung, in der auf die Fristversäumung hingewiesen wird, wirksam nachgeholt werden, sofern innerhalb dieser Frist eine Zuschlagsgebühr entrichtet wird. Wird eine der Handlungen auch innerhalb dieser Frist nicht vorgenommen, so wird das Patent widerrufen.
5.5.012Die Vertragsstaaten stellen an die geänderte Fassung dieselben Anforderungen hinsichtlich der Übersetzung wie an die Patentschrift (vgl. 5.4.023).