II. Rechtlicher Rahmen
11Das EPGÜ ist die dritte Komponente des Pakets zum einheitlichen Patentschutz. Im Februar 2013 unterzeichneten 25 EU-Mitgliedstaaten das EPGÜ (veröffentlicht im ABl. EPA 2013, 287), das der Ratifikation nach Maßgabe der jeweiligen verfassungsrechtlichen Erfordernisse bedurfte. Das EPGÜ steht jedem anderen EU-Mitgliedstaat zum Beitritt offen. Staaten außerhalb der Europäischen Union steht es nicht offen. Bisher haben alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme von Kroatien, Polen und Spanien das Übereinkommen unterzeichnet. Das Vereinigte Königreich hat seine Ratifizierung des EPGÜ zurückgenommen. Einzelheiten der Ratifizierung des EPGÜ finden Sie auf der Website des Europäischen Rates.
12Das Einheitliche Patentgericht (EPG) ist ein gemeinsames Gericht der Vertragsstaaten des EPGÜ und somit Teil ihres Rechtswesens. Es ist mit einer ausschließlichen Zuständigkeit für Einheitspatente sowie für klassische europäische Patente ausgestattet, die in einem oder mehreren dieser Staaten validiert wurden. Das EPG, und nicht die EPA-Beschwerdekammern, besitzt außerdem die ausschließliche Zuständigkeit für alle Klagen gegen Entscheidungen der Abteilung für den einheitlichen Patentschutz, (s. Artikel 32 (1) i) EPGÜ und Artikel 47 (7) EPGÜ). Das EPG bietet Patentinhabern die Möglichkeit, die hohen Kosten, das Risiko und den Aufwand zu vermeiden, die mit parallelen Rechtsstreitigkeiten in verschiedenen Rechtssystemen verbunden sind. Seine spezialisierten und hoch qualifizierten Richter (darunter technisch vorgebildete Richter) schaffen eine harmonisierte Rechtsprechung und erhöhen damit die Rechtssicherheit.
13Bei den klassischen europäischen Patenten gibt es allerdings Ausnahmen von der ausschließlichen Zuständigkeit des EPG, und zwar für eine Übergangszeit von sieben Jahren, die um bis zu weitere sieben Jahre verlängert werden kann. Während dieser Zeit können Klagen wegen Verletzung bzw. auf Nichtigerklärung weiterhin bei nationalen Gerichten erhoben werden (s. Artikel 83 (1) EPGÜ). Außerdem kann ein Inhaber oder Anmelder eines europäischen Patents, das vor Ablauf dieser Übergangszeit erteilt oder beantragt worden ist, die Zuständigkeit des EPG für sein Patent bzw. seine Anmeldung ausschließen (sogenanntes "opt-out"), indem er der Kanzlei des EPG (nicht dem EPA) eine entsprechende Mitteilung zukommen lässt, sofern vor dem EPG noch keine Klage erhoben worden ist (s. Artikel 83 (3) EPGÜ). Informationen darüber, ob die Zuständigkeit des EPG für ein europäisches Patent ausgeschlossen wurde, können im Europäischen Patentregister abgerufen werden. Der Inhaber oder Anmelder kann von der Ausnahmeregelung auch jederzeit wieder zurücktreten, sofern noch keine Klage vor einem nationalen Gericht erhoben worden ist (s. Artikel 83 (4) EPGÜ). Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die Option der Ausnahmeregelung bzw. der Klageerhebung vor einem nationalen Gericht während der Übergangszeit nicht für Einheitspatente zur Verfügung steht.
14Die Entscheidungen des EPG sind wahrlich europaweite Entscheidungen: sie haben in den Hoheitsgebieten aller Mitgliedstaaten Wirkung, die das EPGÜ ratifiziert haben. Das EPG hat aber keine Zuständigkeit in Bezug auf nationale Patente. Nähere Informationen zum EPGÜ und zur Möglichkeit der Ausnahmeregelung sind auf der Website des EPG zu finden.
15Das EPG ist auch zuständig bei Klagen gegen Entscheidungen, die das EPA in Ausübung der in Artikel 9 der Verordnung (EU) Nr. 1257/2012 genannten Aufgaben getroffen hat. Das EPA ist im Falle von Klagen nach Artikel 32 (1) i) EPGÜ an die Entscheidungen des EPG gebunden (s. Regel 1 (1) DOEPS).