EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 10. Dezember 2024 über die Umsetzung des 14. EU-Sanktionspakets gegen Russland in EPÜ-bezogenen Verfahren und die damit verbundenen Änderungen der Ausführungsordnung zum EPÜ
1. Gestützt auf Artikel 5s (3) der durch die Verordnung (EU) 2024/1745 geänderten Verordnung (EU) Nr. 833/2014 des Rates vom 31. Juli 2014 über restriktive Maßnahmen angesichts der Handlungen Russlands, die die Lage in der Ukraine destabilisieren, hat der Verwaltungsrat mit Beschluss CA/D 13/24 vom 10. Dezember 20241 beschlossen, die Regeln 39, 36 und 160 EPÜ zu ändern.
2. Nach der neuen Regel 39 (2a) EPÜ gilt die Benennung in einer europäischen Patentanmeldung von EPÜ-Vertragsstaaten, die auch EU-Mitgliedstaaten sind, als zurückgenommen, wenn der Anmelder oder einer der Mitanmelder eine unter die spezifische restriktive Maßnahme gemäß Artikel 5s (3) der geänderten Verordnung (EU) Nr. 833/2014 fallende Person ist. Diese Bestimmung findet keine Anwendung auf Staatsangehörige eines EPÜ-Vertragsstaats und natürliche Personen mit einer unbefristeten oder befristeten Aufenthaltsgenehmigung in einem der EPÜ-Vertragsstaaten; mit dieser Ausnahme wird die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen aller EPÜ-Vertragsstaaten und Personen mit Wohnsitz in diesen Staaten sichergestellt.
3. Bei Eingang einer europäischen Patentanmeldung prüft das EPA, ob die Anmeldung die Erfordernisse für die Zuerkennung eines Anmeldetags erfüllt. Wenn ein Anmeldetag zuerkannt werden kann, aber der Anmelder oder mindestens ein Mitanmelder der neuen Regel 39 (2a) EPÜ unterliegt, gilt die Benennung der EU-Mitgliedstaaten mit Wirkung vom Anmeldetag als zurückgenommen. Die Benennung von Vertragsstaaten, die nicht Mitglied der EU sind, bleibt davon unberührt. Die neue Regel 39 (2a) EPÜ entbindet die betroffenen Anmelder nicht von der Verpflichtung, die Benennungsgebühr nach Regel 39 (1) EPÜ zu entrichten, und wenn sie nicht rechtzeitig entrichtet wird, gilt die Anmeldung als zurückgenommen (Regel 39 (2) EPÜ). Unbeschadet der Regel 37 (2) Satz 2 EPÜ und ungeachtet der neuen Regel 39 (2a) EPÜ wird die Benennungsgebühr nicht zurückerstattet.
4. Wenn das EPA der Auffassung ist, dass die neue Regel 39 (2a) EPÜ zur Anwendung kommt, informiert es die Anmelder zunächst gemäß der gängigen Praxis im Hinblick auf den Anspruch auf rechtliches Gehör nach Artikel 113 EPÜ über den drohenden Rechtsverlust. Hält es nach Berücksichtigung etwaiger Stellungnahmen, die die Anmelder in Erwiderung eingereicht haben, die neue Regel 39 (2a) EPÜ weiterhin für anwendbar, erlässt es eine Mitteilung nach Regel 112 (1) EPÜ über den Rechtsverlust, in der es die Anmelder davon unterrichtet, dass die Benennung der EU-Mitgliedstaaten als zurückgenommen gilt. Anmelder, die die Feststellung des EPA für nicht zutreffend halten, können innerhalb von zwei Monaten nach der Mitteilung eine Entscheidung beantragen (Regel 112 (2) EPÜ).
5. In Bezug auf die neue Regel 39 (2a) EPÜ werden die Anmelder daran erinnert, dass sie nach Regel 41 (2) c) EPÜ verpflichtet sind, im Erteilungsantrag ihre Anschrift und Staatsangehörigkeit(en) sowie den/die Staat(en) ihres/ihrer Wohnsitze(s) oder ihres Sitzes anzugeben. Werden diese Angaben nicht fristgerecht gemacht, ist dies ein Grund für die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung (Artikel 90 (5) und Regeln 57 b) und 58 EPÜ). Euro-PCT-Anmeldungen werden ebenso zurückgewiesen, wenn die Angaben zu Anschrift, Staatsangehörigkeit(en) oder Staat(en) des/der Wohnsitze(s) oder des Sitzes eines Anmelders zum Zeitpunkt des Eintritts in die europäische Phase vor dem EPA fehlen und nach Aufforderung durch das EPA nicht eingereicht werden (Regel 163 (4) und (6) EPÜ).
6. Die neue Regel 36 (5) EPÜ sieht vor, dass die neue Regel 39 (2a) EPÜ auch für Teilanmeldungen gilt.
7. Bei Euro-PCT-Anmeldungen gilt die Benennung von EPÜ-Vertragsstaaten, die auch EU-Mitgliedstaaten sind, mit dem Eintritt in die europäische Phase, d. h. mit Beginn der Bearbeitung durch das EPA als Bestimmungsamt oder ausgewähltes Amt, als zurückgenommen, wenn einer der Anmelder eine Person ist, die unter die spezifische restriktive Maßnahme nach Artikel 5s (3) der geänderten Verordnung (EU) Nr. 833/2014 fällt (neue Regel 160 (3) in Verbindung mit der neuen Regel 39 (2a) EPÜ). Die Fiktion der Zurücknahme gilt mit Wirkung vom Tag des Eintritts in die europäische Phase.
8. Die neuen Bestimmungen sind am 16. Dezember 2024 in Kraft getreten und gelten für europäische Patentanmeldungen, die am oder nach dem 25. Juni 2024 eingereicht werden, für internationale Patentanmeldungen nach dem PCT, die am oder nach dem 25. Juni 2024 in die europäische Phase vor dem EPA eintreten, und für europäische Teilanmeldungen, die am oder nach dem 25. Juni 2024 eingehen. Die vorsorgliche Aussetzung der Verfahren für am 25. Juni 2024 bereits anhängige Anmeldungen, die von unter die EU-Sanktionen fallenden natürlichen oder juristischen Personen alleine oder zusammen mit anderen Personen eingereicht wurden, wurde mit Inkrafttreten der Änderungen der Ausführungsordnung aufgehoben, und die Verfahren zu diesen Anmeldungen wurden daher wieder aufgenommen.
9. Die neuen Regeln 39 (2a), 36 (5) und 160 (3) EPÜ werden an dem Tag automatisch aufgehoben, d. h. außer Kraft gesetzt, an dem Artikel 5s (3) der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 außer Kraft tritt.
1 Beschluss des Verwaltungsrats vom 10. Dezember 2024 zur Änderung der Regeln 36, 39 und 160 der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen (ABl. EPA 2024, A105).