EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 2. Juli 2024 über eine Änderung der Praxis beim Zugang zu in Recherchen- und Prüfungsverfahren angeführten Dokumenten der Patentliteratur
Mit Beschluss vom 13. Oktober 20221 genehmigte der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation Änderungen der Regel 65 EPÜ betreffend die Übermittlung von in Recherchenberichten angeführten Schriftstücken. Ziel war es, sämtliche rechtlichen Beschränkungen der Digitalisierung zu beseitigen und so die Entwicklung technologischer Lösungen zu unterstützen, die durch die Verringerung des Papierverbrauchs ein nachhaltigeres Patenterteilungsverfahren ermöglichen.2
Um den angestrebten modernen, vollständig digitalisierten Patenterteilungsprozess zu etablieren, bietet das EPA über die Mailbox in MyEPO Portfolio einen verbesserten Zugang zu Mitteilungen in EP-, UP- und PCT-Verfahren. Die Mailbox deckt inzwischen 99 % der in Verfahren vor dem EPA erlassenen Mitteilungen ab und steht allen Nutzern zur Verfügung, d. h. auch internationalen Patentanwälten und Anmeldern, die ihren Wohnsitz oder Sitz nicht in einem EPÜ-Vertragsstaat haben, aber zur Vertretung vor dem EPA in Verfahren in der internationalen Phase nach dem PCT zugelassen sind. Infolgedessen werden fast 75 % aller Mitteilungen elektronisch zugestellt. Trotz dieser Entwicklungen bleibt das Volumen der durch Postdienste zugestellten Mitteilungen (d. h. die Anzahl der Seiten) insbesondere in der Recherchenphase hoch (per Post zugestellte Kopien von Patentdokumenten belaufen sich jährlich auf etwa sechs Millionen Seiten).
Weil das EPA sich dazu verpflichtet sieht, als Organisation nachhaltiger zu werden, MyEPO Portfolio sich kontinuierlich verbessert und Dokumente der Patentliteratur in Espacenet einfach zugänglich sind, hat das Amt beschlossen, wie nachstehend erläutert keine Papierkopien von in Recherchen- und Prüfungsverfahren angeführter Patentliteratur mehr zu übermitteln. Stattdessen werden die Anmelder und ihre Vertreter über Espacenet auf digitale Kopien dieser Dokumente zugreifen.3 Dokumente der Nichtpatentliteratur und Übersetzungen angeführter Patentliteratur werden nach wie vor auf Papier versandt.
Nutzer von MyEPO Portfolio erhalten weiterhin alle Arten von Dokumenten elektronisch über ihre Mailbox, sowohl in EPÜ- als auch in PCT-Verfahren. Das Kästchen im Formblatt PCT/ISA/210, das anzeigt, dass dem internationalen Recherchenbericht jeweils eine Kopie der genannten Unterlagen zum Stand der Technik beiliegt, bleibt daher standardmäßig markiert. Entsprechend erhalten Nutzer, die die Mailbox noch nicht als Zustellungsart ausgewählt haben, Kopien von Dokumenten der Nichtpatentliteratur weiterhin per Post.
Diese neue Praxis gilt für Patentdokumente, die in (ergänzenden) europäischen Recherchenberichten, (ergänzenden) internationalen Recherchenberichten, internationalen vorläufigen Prüfungsberichten und in Mitteilungen der Prüfungsabteilungen (Mitteilungen nach Artikel 94 (3), Regel 71 (3) und Regel 164 (2) b) EPÜ) angeführt werden. In der internationalen Phase können Anmelder im Einklang mit dem PCT-Rechtsrahmen nach wie vor Papierkopien der angeführten Patentdokumente anfordern.4
Recherchenberichte, Stellungnahmen zur Recherche, internationale vorläufige Prüfungsberichte und Mitteilungen der Prüfungsabteilungen werden den Anmeldern wie bisher elektronisch an die Mailbox oder per Post übermittelt.
Der Zugang zu angeführten Patentdokumenten ist über Espacenet gewährleistet, wo über 150 Millionen Patentdokumente aus aller Welt kostenlos zugänglich sind. Die intuitive Benutzeroberfläche ist in fast allen europäischen Sprachen verfügbar; angeführte Dokumente der Patentliteratur können durch Eingabe der betreffenden Veröffentlichungsnummer im entsprechenden Feld abgerufen werden. Spezielles Lernmaterial und eine Kurzanleitung zur Nutzung von Espacenet finden sich auf der EPA-Website.5 Darüber hinaus werden nach der Veröffentlichung einer Patentanmeldung alle in Espacenet verfügbaren angeführten Dokumente auch als Links im Europäischen Patentregister angezeigt.
Die neue Praxis gilt für ab dem 1. Oktober 2024 übermittelte europäische und internationale Recherchenberichte, internationale vorläufige Prüfungsberichte und Mitteilungen der Prüfungsabteilungen. Sie ist ein wichtiger Schritt in Richtung Digitalisierung und angesichts der erheblichen Verringerung des Papierverbrauchs auch in Richtung Umweltverantwortung.
1 CA/D 10/22 vom 13. Oktober 2022, ABl. EPA 2022, A101.
2 Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 25. November 2022 über rechtliche Änderungen zur Unterstützung der digitalen Transformation im Patenterteilungsverfahren, ABl. EPA 2022, A114.
4 Artikel 20 (3) PCT in Verbindung mit Regel 44.3 PCT, Regel 45bis.7 PCT und Artikel 36 (4) PCT in Verbindung mit Regel 71.2 PCT.