EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Programm "Patent Prosecution Highway" zwischen dem Europäischen Patentamt und dem Nationalen Institut für gewerblichen Rechtsschutz Brasiliens auf der Grundlage von nationalen Arbeitsergebnissen
Diese Mitteilung ersetzt die in ABl. EPA 2019, A95 abgedruckte Version.
I. Hintergrund
Das Europäische Patentamt (EPA) und Brasiliens Nationales Institut für gewerblichen Rechtsschutz (INPI) haben beschlossen, das Programm "Patent Prosecution Highway" (PPH) zu verlängern.
Mit dem PPH werden die in den Ämtern bereits praktizierten beschleunigten Patentprüfungsverfahren so gebündelt, dass die Anmelder schneller und effizienter korrespondierende Patente erlangen können. Die Ämter können ihrerseits die Arbeitsergebnisse des jeweils anderen Amts nutzen.
II. PPH-Programm
Im Rahmen des PPH können Anmelder, deren Patentansprüche für patentierbar/gewährbar befunden wurden, beantragen, dass eine bei einem PPH-Partneramt eingereichte korrespondierende Anmeldung beschleunigt bearbeitet wird; die beteiligten Ämter können ihrerseits von bereits vorliegenden Arbeitsergebnissen profitieren.
Beim PPH-Programm kann ein PPH-Antrag gestützt werden auf
das letzte PCT-Arbeitsergebnis (schriftlicher Bescheid der ISA (WO-ISA) oder internationaler vorläufiger Prüfungsbericht (IPER)), das von einem der teilnehmenden Ämter als ISA oder IPEA erstellt wurde,
oder auf das nationale Arbeitsergebnis, das auf die Bearbeitung einer nationalen Anmeldung oder einer in die nationale Phase eingetretenen PCT-Anmeldung in einem der teilnehmenden Ämter zurückgeht,
wenn darin Ansprüche für patentierbar/gewährbar befunden wurden.
Enthält das EPA-Arbeitsergebnis Ansprüche, die für patentierbar/gewährbar befunden wurden, kann der Anmelder beim INPI die Teilnahme am PPH-Programm beantragen. Informationen über die Antragstellung beim INPI und die Teilnahmevoraussetzungen sind unter gov.br/inpi/pt-br/servicos/patentes/pph zu finden. Besonders zu beachten sind die Einschränkungen, welche im Rahmen des Programms vor dem INPI anwendbar sind.
Für die Zwecke dieser Mitteilung
wird das INPI - auch in seiner Eigenschaft als ISA und/oder IPEA -, dessen Arbeitsergebnis als Grundlage für den PPH-Antrag dient, als früher prüfendes Amt (OEE) bezeichnet,
während das EPA als das Amt, bei dem die Teilnahme am PPH-Programm beantragt wird, später prüfendes Amt (OLE) genannt wird.
A. Zeitraum für das PPH-Programm zwischen EPA und INPI
Mit Wirkung vom 1. Dezember 2024 wird das PPH-Programm zwischen dem EPA und INPI für einen Zeitraum von fünf Jahren bis zum 30. November 2029 verlängert. Die nachstehend genannten Teilnahmevoraussetzungen gelten für PPH-Anträge, die ab 1. Dezember 2024 beim EPA eingereicht werden.
Bei zu hohem Aufkommen, aber auch aus anderen Gründen kann das EPA das PPH-Programm auch vorzeitig beenden. Für den Fall, dass es vor dem 30. November 2029 beendet werden sollte, ergeht eine entsprechende Bekanntmachung.
B. Voraussetzungen für die Teilnahme am PPH-Programm zwischen EPA und INPI
Eine Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beim EPA ist möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1) Die EP-Anmeldung, für die die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wurde, und die korrespondierende Anmeldung müssen denselben frühesten Prioritäts-/Anmeldetag haben, und zwar unabhängig davon, ob es sich um den Prioritäts-/Anmeldetag einer beim INPI eingereichten korrespondierenden nationalen Anmeldung (siehe Anlage 1) oder um den einer korrespondierenden PCT-Anmeldung handelt, für die das INPI ISA und/oder IPEA1 war (siehe Anlage 2).
2) Die korrespondierende(n) Anmeldung(en) muss/müssen mindestens einen Patentanspruch enthalten, der vom INPI in seiner Eigenschaft als nationales Amt, ISA und/oder IPEA für patentierbar/gewährbar befunden wurde. Von der ISA und/oder IPEA für neu, erfinderisch und gewerblich anwendbar befundene Ansprüche gelten für die Zwecke dieser Mitteilung als patentierbar/gewährbar.
3) Alle Ansprüche einer EP-Anmeldung, für die die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wurde, müssen den patentierbaren/gewährbaren Ansprüchen in der/den korrespondierenden OEE-Anmeldung(en) in ausreichendem Maße entsprechen. Die Ansprüche gelten dann als ausreichend korrespondierend, wenn sie abgesehen von formatbedingten Unterschieden denselben oder einen ähnlichen Schutzumfang haben oder wenn die Ansprüche in der EP-Anmeldung einen engeren Schutzumfang haben als die Ansprüche in der/den OEE-Anmeldung(en). In diesem Zusammenhang hat ein Anspruch dann einen engeren Schutzumfang, wenn ein OEE-Anspruch so abgeändert wird, dass er durch ein von der Patentschrift (Beschreibung und/oder Ansprüche) gestütztes zusätzliches Merkmal weiter beschränkt wird. Als nicht ausreichend korrespondierend gilt ein Anspruch in der EP-Anmeldung, der eine neue/andere Anspruchskategorie einführt als die der vom OEE für patentierbar/gewährbar befundenen Ansprüche. Umfassen die OEE-Ansprüche beispielsweise nur Ansprüche auf ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses, so gelten die Ansprüche in der EP-Anmeldung als nicht ausreichend korrespondierend, wenn damit Erzeugnisansprüche eingeführt werden, die von den korrespondierenden Verfahrensansprüchen abhängen. Der Anmelder muss erklären, dass die Ansprüche der EP-Anmeldung denen der OEE-Anmeldung in ausreichendem Maße entsprechen.
4) Die Sachprüfung der EP-Anmeldung, die im Rahmen des PPH-Pilotprogramms bearbeitet werden soll, darf noch nicht begonnen haben. Das Datum, das den Beginn der Sachprüfung markiert, ist bei noch nicht veröffentlichten Anmeldungen nur auf Antrag des Anmelders oder seines Vertreters oder über die Akteneinsicht bzw. den Dienst My Files einsehbar; bei veröffentlichten Patentanmeldungen im Europäischen Patentregister für jedermann einsehbar.
C. Erforderliche Unterlagen für die Teilnahme am PPH-Programm
Zur Teilnahme am PPH-Programm beim EPA muss der Anmelder:
1) einen Antrag auf Teilnahme am PPH-Programm einreichen. Das Antragsformblatt
EPA/EPO/OEB 1009 (Teilnahme am Programm "Patent Prosecution Highway" (PPH))
ist auf der EPA-Website (epo.org) erhältlich;
2) eine Anspruchskorrespondenzerklärung einreichen (Bestandteil des Antragsformblatts EPA/EPO/OEB 1009);
3) folgende Unterlagen in Kopie und als Übersetzung in einer der Amtssprachen des EPA vorlegen: alle amtlichen Bescheide zu jeder korrespondierenden OEE-Anmeldung, in der die dem PPH-Antrag zugrunde liegenden patentierbaren/gewährbaren Ansprüche enthalten sind,
oder
das letzte Arbeitsergebnis in der internationalen Phase einer PCT-Anmeldung, d. h. den WO-ISA bzw., wenn ein Antrag nach Kapitel II PCT gestellt wurde, den WO-IPEA oder den IPER;
(4) die patentierbaren/gewährbaren Ansprüche der OEE-Anmeldung(en) in Kopie und als Übersetzung in einer der Amtssprachen des EPA vorlegen;
(5) in Kopie alle Veröffentlichungen einreichen, die in den Bescheiden des OEE oder in dem vorstehend unter (3) genannten PCT-Arbeitsergebnis angeführt sind, mit Ausnahme von Patentunterlagen.
Sind einige der unter (3) und (4) genannten Unterlagen
a) mit der EP-Anmeldung bereits eingereicht worden, bevor eine Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wurde, so muss der Anmelder diese Unterlagen bei Antragstellung nicht erneut übermitteln. In diesem Fall braucht er lediglich auf diese Unterlagen zu verweisen und in seinem PPH-Antrag anzugeben, wann er sie mit der EP-Anmeldung eingereicht hat;
b) über das jeweilige Aktenzugriffssystem (Dossier Access System - DAS)2 oder Patentscope abrufbar, so muss der Anmelder keine Kopien einreichen, sondern legt stattdessen eine Liste der abzurufenden Unterlagen vor. Für die unter (3) und (4) genannten Unterlagen können maschinelle Übersetzungen eingereicht werden. Ist in DAS keine maschinelle Übersetzung für die unter (3) und (4) genannten Unterlagen verfügbar, fordert das EPA den Anmelder auf, entsprechende Übersetzungen einzureichen. Sind die maschinellen Übersetzungen unzureichend, so kann das EPA den Anmelder auffordern, eine korrekte Übersetzung nachzureichen. Ist/sind die OEE-Anmeldung(en) unveröffentlicht, so muss der Anmelder die unter (3) und (4) genannten Unterlagen bei Stellung des PPH-Antrags einreichen.
Sind alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt, wird dem Antrag auf Teilnahme am PPH-Programm stattgegeben, und die EP-Anmeldung wird beschleunigt bearbeitet. Sind nicht alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt, wird der Anmelder auf die in seinem Antrag festgestellten Mängel hingewiesen. Der Anmelder erhält einmal die Gelegenheit, formale Mängel im Antrag zu berichtigen. Wird der Antrag nicht berichtigt, wird die Anmeldung aus dem PPH-Programm genommen, und der Anmelder wird entsprechend informiert.
D. Beschleunigte Bearbeitung
Wird dem Antrag auf Bearbeitung einer EP-Anmeldung im Rahmen des PPH-Programms stattgegeben, so wird die EP-Anmeldung beschleunigt bearbeitet. Die Bedingungen für die Teilnahme am PACE-Programm3 gelten entsprechend für die Bearbeitung von EP-Anmeldungen im Rahmen des PPH-Programms zwischen EPA und INPI.
Anfragen in Zusammenhang mit dieser Mitteilung können direkt an die Direktion Entwicklungen im Patentwesen und IP-Laboratorium gerichtet werden unter: ip-lab@epo.org.
Anlage 1
Anlage 2
1 Anmeldungen, für die das EPA ISA und/oder IPEA war, können vor dem EPA als Bestimmungsamt/ausgewähltem Amt nicht nach dem PPH bearbeitet werden. Das EPA versteht den PPH so, dass er die Bearbeitung einer Anmeldung auf der Grundlage einer von einem anderen Amt vorgenommenen Beurteilung der Patentierbarkeit beschleunigt. War das EPA ISA und/oder IPEA, so hat der WO/ISA oder IPER nach dem PCT effektiv denselben Status wie ein Erstbescheid in der Sachprüfung vor dem EPA als Bestimmungsamt/ausgewähltem Amt. Damit liegt kein Arbeitsergebnis vor, das als Arbeit eines "anderen Amts" erachtet werden kann. Unter Umständen kann der Anmelder in diesem Fall jedoch die Bearbeitung nach dem regulären Programm zur beschleunigten Bearbeitung europäischer Patentanmeldungen (PACE) beantragen.
2 INPI: Busca Web; Recherchendatenbank von INPI.
3 Mitteilung des EPA vom 30. November 2015 über das Programm zur beschleunigten Bearbeitung europäischer Patentanmeldungen - "PACE", ABl. EPA 2015, A93.