EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Pilotprogramm "Patent Prosecution Highway" zwischen dem Europäischen Patentamt und dem Nationalen Institut für gewerblichen Rechtsschutz Brasiliens auf der Grundlage von nationalen Arbeitsergebnissen
I. Hintergrund
Das Europäische Patentamt (EPA) und Brasiliens Nationales Institut für gewerblichen Rechtsschutz haben beschlossen, das Pilotprogramm "Patent Prosecution Highway" zu verlängern.
Mit dem "Patent Prosecution Highway" (PPH) werden die in den Ämtern bereits praktizierten beschleunigten Patentprüfungsverfahren so gebündelt, dass die Anmelder schneller und effizienter korrespondierende Patente erlangen können. Die Ämter können ihrerseits die Arbeitsergebnisse des jeweils anderen Amts nutzen.
Diese Mitteilung ersetzt die in ABl. EPA 2017, A96 abgedruckte Version.
II. PPH-Pilotprogramm
Im Rahmen des PPH können Anmelder, deren Patentansprüche für patentierbar/gewährbar befunden wurden, beantragen, dass eine bei einem PPH-Partneramt eingereichte korrespondierende Anmeldung beschleunigt bearbeitet wird; die beteiligten Ämter können ihrerseits von bereits vorliegenden Arbeitsergebnissen profitieren.
Beim PPH-Pilotprogramm kann ein PPH-Antrag gestützt werden auf das nationale Arbeitsergebnis, das auf die Bearbeitung einer nationalen Anmeldung oder einer in die nationale Phase eingetretenen PCT-Anmeldung in einem der teilnehmenden Ämter zurückgeht,
wenn darin Ansprüche für patentierbar/gewährbar befunden wurden.
Enthält das EPA-Arbeitsergebnis Ansprüche, die für patentierbar/gewährbar befunden wurden, kann der Anmelder beim INPI die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragen. Informationen über die Antragstellung beim INPI und die Teilnahmevoraussetzungen sind unter www.inpi.gov.br/menu-servicos/patente/projeto-piloto-pph zu finden. Besonders zu beachten sind die Einschränkungen, welche im Rahmen des Pilotprogramms vor dem INPI anwendbar sind.
Für die Zwecke dieser Mitteilung
wird das INPI, dessen Arbeitsergebnis als Grundlage für den PPH-Antrag dient, als früher prüfendes Amt (OEE) bezeichnet,
während das EPA als das Amt, bei dem die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wird, später prüfendes Amt (OLE) genannt wird.
A. Versuchszeitraum für das PPH-Pilotprogramm zwischen EPA und INPI
Das PPH-Pilotprogramm zwischen EPA und INPI beginnt am 1. Dezember 2019 und endet nach einer Laufzeit von fünf Jahren am 30. November 2024. Die nachstehend genannten Teilnahmevoraussetzungen gelten für PPH-Anträge, die ab 1. Dezember 2019 beim EPA eingereicht werden.
Das EPA und das INPI werten die Ergebnisse aus und entscheiden dann, ob und wie das Programm nach dem Versuchszeitraum implementiert werden soll. Dieser kann bei Bedarf verlängert werden, um die Umsetzbarkeit des PPH-Programms angemessen beurteilen zu können. Bei zu hohem Aufkommen, aber auch aus anderen Gründen kann das EPA das Pilotprogramm auch vorzeitig beenden. Für den Fall, dass das PPH-Pilotprogramm zwischen EPA und INPI vor dem 30. November 2024 beendet werden sollte, ergeht eine entsprechende Bekanntmachung.
B. Voraussetzungen für die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm zwischen EPA und INPI
Eine Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beim EPA ist möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1) Die EP-Anmeldung, für die die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wurde, und die korrespondierende Anmeldung müssen denselben frühesten Prioritäts-/Anmeldetag haben, und zwar unabhängig davon, ob es sich um den Prioritäts-/Anmeldetag einer beim INPI eingereichten korrespondierenden nationalen Anmeldung oder um den einer korrespondierenden PCT-Anmeldung handelt, die in die nationale Phase vor dem INPI eingetreten ist (siehe Anlage).
2) Die korrespondierende(n) Anmeldung(en) muss/müssen mindestens einen Patentanspruch enthalten, der vom INPI für patentierbar/gewährbar befunden wurde.1
3) Alle Ansprüche einer EP-Anmeldung, für die die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wurde, müssen den patentierbaren/gewährbaren Ansprüchen in der/den korrespondierenden OEE-Anmeldung(en) in ausreichendem Maße entsprechen. Die Ansprüche gelten dann als ausreichend korrespondierend, wenn sie abgesehen von formatbedingten Unterschieden denselben oder einen ähnlichen Schutzumfang haben oder wenn die Ansprüche in der EP-Anmeldung einen engeren Schutzumfang haben als die Ansprüche in der/den OEE-Anmeldung(en). In diesem Zusammenhang hat ein Anspruch dann einen engeren Schutzumfang, wenn ein OEE-Anspruch so abgeändert wird, dass er durch ein von der Patentschrift (Beschreibung und/oder Ansprüche) gestütztes zusätzliches Merkmal weiter beschränkt wird. Als nicht ausreichend korrespondierend gilt ein Anspruch in der EP-Anmeldung, der eine neue/andere Anspruchskategorie einführt als die der vom OEE für patentierbar/gewährbar befundenen Ansprüche. Umfassen die OEE-Ansprüche beispielsweise nur Ansprüche auf ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses, so gelten die Ansprüche in der EP-Anmeldung als nicht ausreichend korrespondierend, wenn damit Erzeugnisansprüche eingeführt werden, die von den korrespondierenden Verfahrensansprüchen abhängen. Der Anmelder muss erklären, dass die Ansprüche der EP-Anmeldung denen der OEE-Anmeldung in ausreichendem Maße entsprechen.
4) Die Sachprüfung der EP-Anmeldung, die im Rahmen des PPH-Pilotprogramms bearbeitet werden soll, darf noch nicht begonnen haben. Das Datum, das den Beginn der Sachprüfung markiert, ist
bei noch nicht veröffentlichten Anmeldungen nur auf Antrag des Anmelders oder seines Vertreters oder über die Akteneinsicht bzw. den Dienst MyFiles einsehbar;
bei veröffentlichten Patentanmeldungen im Europäischen Patentregister für jedermann einsehbar.
C. Erforderliche Unterlagen für die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm
Zur Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beim EPA muss der Anmelder:
1) einen Antrag auf Teilnahme am PPH-Pilotprogramm einreichen. Das Antragsformblatt
EPA/EPO/OEB 1009 (Teilnahme am Pilotprogramm "Patent Prosecution Highway" (PPH))
ist auf der EPA-Website (www.epo.org) erhältlich;
2) eine Anspruchskorrespondenzerklärung einreichen (Bestandteil des Antragsformblatts EPA/EPO/OEB 1009);
3) die amtlichen Bescheide zu jeder korrespondierenden OEE-Anmeldung, in der die dem PPH-Antrag zugrunde liegenden patentierbaren/gewährbaren Ansprüche enthalten sind, in Kopie und als Übersetzung in einer der Amtssprachen des EPA vorlegen;
4) die patentierbaren/gewährbaren Ansprüche der OEE-Anmeldung(en) in Kopie und als Übersetzung in einer der Amtssprachen des EPA vorlegen;
5) in Kopie alle Veröffentlichungen einreichen, die in den vorstehend unter 3) genannten Bescheiden des OEE angeführt sind, mit Ausnahme von Patentunterlagen.
Der Anmelder muss die unter 3) und 4) genannten Unterlagen in Papierform vorlegen, es sei denn, die Unterlagen sind mit der EP-Anmeldung bereits eingereicht worden, bevor eine Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wurde. In diesem Fall muss der Anmelder diese Unterlagen bei Antragstellung nicht erneut übermitteln, sondern lediglich auf diese Unterlagen verweisen und in seinem PPH-Antrag angeben, wann er sie mit der EP-Anmeldung eingereicht hat.
Sind alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt, wird dem Antrag auf Teilnahme am PPH-Pilotprogramm stattgegeben, und die EP-Anmeldung wird beschleunigt bearbeitet. Sind nicht alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt, wird der Anmelder auf die in seinem Antrag festgestellten Mängel hingewiesen. Der Anmelder erhält einmal die Gelegenheit, formale Mängel im Antrag zu berichtigen. Wird der Antrag nicht berichtigt, wird die Anmeldung aus dem PPH-Pilotprogramm genommen, und der Anmelder wird entsprechend informiert.
D. Beschleunigte Bearbeitung
Wird dem Antrag auf Bearbeitung einer EP-Anmeldung im Rahmen des PPH-Pilotprogramms stattgegeben, so wird die EP-Anmeldung beschleunigt bearbeitet. Die Bedingungen für die Teilnahme am PACE-Programm2 gelten entsprechend für die Bearbeitung von EP-Anmeldungen im Rahmen des PPH-Pilotprogramms zwischen EPA und INPI.
Anfragen in Zusammenhang mit dieser Mitteilung können direkt an Panagiotis Rigopoulos, Jurist, Europäische und internationale Rechtsangelegenheiten, PCT, gerichtet werden unter: international_legal_affairs@epo.org.
1 Für das INPI gelten Ansprüche als gewährbar/patentierbar, wenn der INPI-Prüfer sie im letzten Prüfungsbescheid ausdrücklich als gewährbar/patentierbar bezeichnet hat. Dieser Bescheid muss der vom INPI erlassene Erteilungsbeschluss sein ("decisão de deferimento").
2 Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 30. November 2015 über das Programm zur beschleunigten Bearbeitung europäischer Patentanmeldungen – "PACE", ABl. EPA 2015, A93.