EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Programm "Patent Prosecution Highway" zwischen den IP5-Ämtern auf der Grundlage von PCT- und nationalen Arbeitsergebnissen
I. Hintergrund
Die fünf größten Patentämter weltweit ("IP5") – das Europäische Patentamt (EPA), das japanische Patentamt (JPO), das koreanische Amt für geistiges Eigentum (KIPO), die Chinesische Nationalbehörde für geistiges Eigentum (CNIPA) und das Patent- und Markenamt der Vereinigten Staaten (USPTO) – beschließen, das umfassende Programm "Patent Prosecution Highway" zu verlängern.
Mit dem "Patent Prosecution Highway" werden die in den Ämtern bereits praktizierten beschleunigten Patentprüfungsverfahren so gebündelt, dass die Anmelder schneller und effizienter korrespondierende Patente erlangen können. Die Ämter können ihrerseits die Arbeitsergebnisse des jeweils anderen Amts nutzen.
Diese Mitteilung ersetzt die in ABl. EPA 2016, A106 abgedruckte Version.
II. IP5-PPH-Programm
Im Rahmen des PPH können Anmelder, deren Patentansprüche für patentierbar/gewährbar befunden wurden, beantragen, dass eine bei einem PPH-Partneramt eingereichte korrespondierende Anmeldung beschleunigt bearbeitet wird; die beteiligten Ämter können ihrerseits von bereits vorliegenden Arbeitsergebnissen profitieren.
Beim IP5-PPH-Programm kann ein PPH-Antrag gestützt werden auf:
das letzte PCT-Arbeitsergebnis (schriftlicher Bescheid der ISA (WO-ISA) oder internationaler vorläufiger Prüfungsbericht (IPER)), das von einem der IP5-Ämter als ISA oder IPEA erstellt wurde,
oder auf das nationale Arbeitsergebnis, das auf die Bearbeitung einer nationalen Anmeldung oder einer in die nationale Phase eingetretenen PCT-Anmeldung in einem der IP5-Ämter zurückgeht,
wenn darin Ansprüche für patentierbar/gewährbar befunden wurden.
Enthält das EPA-Arbeitsergebnis Ansprüche, die für patentierbar/gewährbar befunden wurden, kann der Anmelder bei einem der IP5-Partnerämter (JPO, KIPO, CNIPA, USPTO) die Teilnahme am PPH-Programm beantragen. Informationen über das Verfahren zur Beantragung der Teilnahme am IP5-PPH-Programm bei diesen Ämtern und die Teilnahmevoraussetzungen sind auf den Websites der Ämter zu finden.
Für die Zwecke dieser Mitteilung
wird das IP5-Amt (d. h. JPO, KIPO, CNIPA oder USPTO) – auch in seiner Eigenschaft als ISA und/oder IPEA –, dessen Arbeitsergebnis als Grundlage für den PPH-Antrag dient, als früher prüfendes Amt (OEE) bezeichnet,
während das Amt, bei dem die Teilnahme am PPH-Programm beantragt wird (d. h. das EPA), als später prüfendes Amt (OLE) gilt.
A. Zeitraum für das IP5-PPH-Programm
Mit Wirkung vom 6. Januar 2023 wird das PPH-Programm zwischen dem EPA und den IP5-Ämtern auf unbestimmte Zeit verlängert. Die nachstehend genannten Teilnahmevoraussetzungen gelten für PPH-Anträge, die ab 6. Januar 2023 beim EPA eingereicht werden.
Bei zu hohem Aufkommen, aber auch aus anderen Gründen kann das EPA das Programm vorzeitig beenden. Für den Fall, dass es beendet werden sollte, ergeht eine entsprechende Bekanntmachung.
B. Voraussetzungen für die Teilnahme am IP5-PPH-Programm
Eine Teilnahme am IP5-PPH-Programm beim EPA ist möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
(1) Die EP-Anmeldung, für die die Teilnahme am PPH-Programm beantragt wurde, und die korrespondierende Anmeldung müssen denselben frühesten Prioritäts-/Anmeldetag haben, und zwar unabhängig davon, ob es sich um den Prioritäts-/Anmeldetag einer bei einem anderen IP5-Amt eingereichten korrespondierenden nationalen Anmeldung (siehe Anlage 1) oder um den einer korrespondierenden PCT-Anmeldung handelt, für die eines der IP5-Ämter ISA und/oder IPEA1 war (siehe Anlage 2).
(2) Die korrespondierende(n) Anmeldung(en) muss/müssen mindestens einen Patentanspruch enthalten, der von einem der IP5-Ämter in seiner
Eigenschaft als nationales oder regionales Amt, ISA und/oder IPEA für patentierbar/gewährbar befunden wurde.2, 3 Von der ISA und/oder IPEA für neu, erfinderisch und gewerblich anwendbar befundene Ansprüche gelten für die Zwecke dieser Mitteilung als patentierbar/gewährbar.
(3) Alle Ansprüche einer EP-Anmeldung, für die die Teilnahme am PPH-Programm beantragt wurde, müssen den patentierbaren/gewährbaren Ansprüchen in der/den korrespondierenden OEE-Anmeldung(en) in ausreichendem Maße entsprechen. Die Ansprüche gelten dann als ausreichend korrespondierend, wenn sie abgesehen von formatbedingten Unterschieden denselben oder einen ähnlichen Schutzumfang haben oder wenn die Ansprüche in der EP-Anmeldung einen engeren Schutzumfang haben als die Ansprüche in der/den OEE-Anmeldung(en). In diesem Zusammenhang hat ein Anspruch dann einen engeren Schutzumfang, wenn ein OEE-Anspruch so abgeändert wird, dass er durch ein von der Patentschrift (Beschreibung und/oder Ansprüche) gestütztes zusätzliches Merkmal weiter beschränkt wird. Als nicht ausreichend korrespondierend gilt ein Anspruch in der EP-Anmeldung, der eine neue/andere Anspruchskategorie einführt als die der vom OEE für patentierbar/gewährbar befundenen Ansprüche. Umfassen die OEE-Ansprüche beispielsweise nur Ansprüche auf ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses, so gelten die Ansprüche in der EP-Anmeldung als nicht ausreichend korrespondierend, wenn damit Erzeugnisansprüche eingeführt werden, die von den korrespondierenden Verfahrensansprüchen abhängen. Der Anmelder muss erklären, dass die Ansprüche der EP-Anmeldung denen der OEE-Anmeldung in ausreichendem Maße entsprechen.
(4) Die Sachprüfung der EP-Anmeldung, die im Rahmen des PPH-Programms bearbeitet werden soll, darf noch nicht begonnen haben. Das Datum, das den Beginn der Sachprüfung markiert, ist
bei noch nicht veröffentlichten Anmeldungen nur auf Antrag des Anmelders oder seines Vertreters oder über die Akteneinsicht bzw. den Dienst My Files einsehbar;
bei veröffentlichten Patentanmeldungen im Europäischen Patentregister für jedermann einsehbar.
C. Erforderliche Unterlagen für die Teilnahme am IP5-PPH-Programm
Zur Teilnahme am PPH-Programm beim EPA muss der Anmelder:
(1) einen Antrag auf Teilnahme am PPH-Programm einreichen. Das Antragsformblatt
EPA/EPO/OEB 1009 (Teilnahme am Programm "Patent Prosecution Highway" (PPH))
ist auf der EPA-Website (epo.org) erhältlich;
(2) eine Anspruchskorrespondenzerklärung einreichen (Bestandteil des Antragsformblatts EPA/EPO/OEB 1009);
(3) folgende Unterlagen in Kopie und als Übersetzung in einer der Amtssprachen des EPA vorlegen:
alle amtlichen Bescheide zu jeder korrespondierenden OEE-Anmeldung, in der die dem PPH-Antrag zugrunde liegenden patentierbaren/gewährbaren Ansprüche enthalten sind,
oder
das letzte Arbeitsergebnis in der internationalen Phase einer PCT-Anmeldung, d. h. den WO-ISA bzw., wenn ein Antrag nach Kapitel II PCT gestellt wurde, den WO-IPEA oder den IPER;
(4) die patentierbaren/gewährbaren Ansprüche der OEE-Anmeldung(en) in Kopie und als Übersetzung in einer der Amtssprachen des EPA vorlegen;
(5) in Kopie alle Veröffentlichungen einreichen, die in den Bescheiden des OEE oder in dem vorstehend unter (3) genannten PCT-Arbeitsergebnis angeführt sind, mit Ausnahme von Patentunterlagen.
Sind alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt, wird dem Antrag auf Teilnahme am PPH-Programm stattgegeben, und die EP-Anmeldung wird beschleunigt bearbeitet. Sind nicht alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt, wird der Anmelder auf die in seinem Antrag festgestellten Mängel hingewiesen. Der Anmelder erhält einmal die Gelegenheit, formale Mängel im Antrag zu berichtigen. Wird der Antrag nicht berichtigt, wird die Anmeldung aus dem PPH-Programm genommen, und der Anmelder wird entsprechend informiert.
Sind einige der unter (3) und (4) genannten Unterlagen
a) mit der EP-Anmeldung bereits eingereicht worden, bevor eine Teilnahme am PPH-Programm beantragt wurde, so muss der Anmelder diese Unterlagen bei Antragstellung nicht erneut übermitteln. In diesem Fall braucht er lediglich auf diese Unterlagen zu verweisen und in seinem PPH-Antrag anzugeben, wann er sie mit der EP-Anmeldung eingereicht hat;
b) über das jeweilige Aktenzugriffssystem (Dossier Access System - DAS)4 oder Patentscope abrufbar, so muss der Anmelder keine Kopien einreichen, sondern legt stattdessen eine Liste der abzurufenden Unterlagen vor. Für die unter (3) und (4) genannten Unterlagen können maschinelle Übersetzungen eingereicht werden. Ist in DAS keine maschinelle Übersetzung für die unter (3) und (4) genannten Unterlagen verfügbar, fordert das EPA den Anmelder auf, entsprechende Übersetzungen einzureichen. Sind die maschinellen Übersetzungen unzureichend, so kann das EPA den Anmelder auffordern, eine korrekte Übersetzung nachzureichen. Ist/sind die OEE-Anmeldung(en) unveröffentlicht, so muss der Anmelder die unter (3) und (4) genannten Unterlagen bei Stellung des PPH-Antrags einreichen.
D. Beschleunigte Bearbeitung
Wird dem Antrag auf Bearbeitung einer EP-Anmeldung im Rahmen des PPH-Programms stattgegeben, so wird die EP-Anmeldung beschleunigt bearbeitet. Die Bedingungen für die Teilnahme am PACE-Programm5 gelten entsprechend für die Bearbeitung von EP-Anmeldungen im Rahmen des IP5-PPH-Programms.
Anfragen in Zusammenhang mit dieser Mitteilung können direkt an die Direktion Europäische und internationale Rechtsangelegenheiten, PCT, gerichtet werden unter:
international_legal_affairs@epo.org
Anlage 1
Anlage 2
A) Die Anmeldung ist eine Anmeldung in der nationalen Phase, die zu der korrespondierenden internationalen Anmeldung gehört.
A') Die Anmeldung ist eine Anmeldung in der nationalen Phase, die zu der korrespondierenden internationalen Anmeldung gehört.
(Die korrespondierende internationale Anmeldung beansprucht die Priorität einer nationale Anmeldung.)
A'') Die Anmeldung ist eine Anmeldung in der nationalen Phase, die zu der korrespondierenden internationalen Anmeldung gehört.
(Die korrespondierende internationale Anmeldung beansprucht die Priorität einer internationale Anmeldung.)
B) Die Anmeldung ist eine nationale Anmeldung, die dem Prioritätsanspruch der korrespondierenden internationalen Anmeldung zugrunde liegt.
C) Die Anmeldung ist eine Anmeldung in der nationalen Phase, die zu einer internationalen Anmeldung gehört, die ihrerseits die Priorität der korrespondierenden internationalen Anmeldung beansprucht.
D) Die Anmeldung ist eine nationale Anmeldung, die eine äußere/innere Priorität der korrespondierenden internationalen Anmeldung beansprucht.
E1) Die Anmeldung ist eine Teilanmeldung zu einer Anmeldung, die das Erfordernis A) erfüllt.
E2) Die Anmeldung ist eine Anmeldung, die eine innere Priorität einer Anmeldung beansprucht, die das Erfordernis B) erfüllt.
1 Entweder das JPO, das KIPO, die CNIPA oder das USPTO muss als ISA und/oder IPEA tätig gewesen sein. Anmeldungen, für die das EPA ISA und/oder IPEA war, können vor dem EPA als Bestimmungsamt/ausgewähltem Amt nicht nach dem PPH bearbeitet werden. Das EPA versteht den PPH so, dass er die Bearbeitung einer Anmeldung auf der Grundlage einer von einem anderen Amt vorgenommenen Beurteilung der Patentierbarkeit beschleunigt. War das EPA ISA und/oder IPEA, so hat der WO/ISA oder IPER nach dem PCT effektiv denselben Status wie ein Erstbescheid in der Sachprüfung vor dem EPA als Bestimmungsamt/ausgewähltem Amt. Damit liegt kein Arbeitsergebnis vor, das als Arbeit eines "anderen Amts" erachtet werden kann. Unter Umständen kann der Anmelder in diesem Fall jedoch die Bearbeitung nach dem regulären Programm zur beschleunigten Bearbeitung europäischer Patentanmeldungen (PACE) beantragen.
2 Für das JPO gelten Ansprüche als gewährbar/patentierbar, wenn der JPO-Prüfer sie im letzten Prüfungsbescheid eindeutig als gewährbar/patentierbar bezeichnet hat. Der Prüfungsbescheid umfasst:
a) Erteilungsbeschluss
b) Mitteilung über die Zurückweisungsgründe
c) Zurückweisungsentscheidung
d) Beschwerdeentscheidung
Mit folgender Standardformulierung in der Mitteilung über die Zurückweisungsgründe werden die betreffenden Ansprüche eindeutig als gewährbar/patentierbar bezeichnet:
"<Anspruch/Ansprüche, für den/die kein Zurückweisungsgrund besteht>
Derzeit besteht für die durch Anspruch _ bestimmte Erfindung kein Zurückweisungsgrund."
3 Für die CNIPA gelten Ansprüche als gewährbar/patentierbar, wenn der CNIPA-Prüfer sie im letzten Prüfungsbescheid ausdrücklich als gewährbar/patentierbar bezeichnet hat, selbst wenn noch kein Patent für die Anmeldung erteilt wurde. Der Prüfungsbescheid umfasst:
a) Erteilungsbeschluss
b) Erster/Zweiter/Dritter/... Prüfungsbescheid
c) Zurückweisungsentscheidung
d) Nachprüfungsentscheidung
e) Nichtigkeitsbeschluss
Ansprüche gelten auch unter den folgenden Bedingungen als gewährbar/patentierbar: Wenn aus dem Bescheid der CNIPA nicht ausdrücklich hervorgeht, dass ein bestimmter Anspruch gewährbar/patentierbar ist, muss der Anmelder dem Antrag auf Teilnahme am PPH-Programm eine Erklärung beifügen, dass dieser Anspruch von der CNIPA nicht zurückgewiesen, sondern für gewährbar/patentierbar befunden wurde. Wenn beispielsweise Ansprüche in der ersten Stellungnahme der CNIPA zur Prüfung nicht unter Nr. 6 bzw. in der zweiten oder weiteren Stellungnahme zur Prüfung nicht unter Nr. 5 ("Stellungnahme zum Abschluss der Prüfung in Bezug auf die Ansprüche") genannt werden, können diese Ansprüche implizit als gewährbar/patentierbar gelten; in diesem Fall muss der Anmelder die vorstehend genannte Erklärung beifügen.
4 JPO: AIPN; KIPO: K-PION; CNIPA: China Patent Enquiry System; USPTO: PAIR.
5 Mitteilung des EPA vom 30. November 2015 über das Programm zur beschleunigten Bearbeitung europäischer Patentanmeldungen – "PACE", ABl. EPA 2015, A93.