EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 10. November 2020 über die Durchführung von mündlichen Verhandlungen vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen sowie von Rücksprachen als Videokonferenz
1. Seit 1. April 2020 werden mündliche Verhandlungen vor Prüfungsabteilungen als Videokonferenz durchgeführt.1 Ebenso können Rücksprachen im Prüfungsverfahren als Videokonferenz durchgeführt werden.
2. Mündliche Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen finden im Rahmen eines am 4. Mai 2020 gestarteten Pilotprojekts ebenfalls als Videokonferenz statt.2
3. Das Europäische Patentamt (EPA) hat seine Technologien und Tools für die Durchführung mündlicher Verhandlungen als Videokonferenz aufgerüstet und erweitert. Seit September 2020 ist es in der Lage, in mündlichen Verhandlungen eine Verdolmetschung – sofern beantragt – bereitzustellen und mündliche Verhandlungen mit einer größeren Teilnehmerzahl als Videokonferenz durchzuführen.
4. Gestützt auf die Erfahrungen aus der ersten Phase des am 4. Mai 2020 gestarteten Pilotprojekts hat der Präsident des Europäischen Patentamts beschlossen, das Pilotprojekt für mündliche Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen als Videokonferenz bis zum 15. September 2021 zu verlängern.3 Um den effektiven Zugang zum Recht zu gewährleisten und zu verhindern, dass die Zahl der unerledigten Einsprüche weiter steigt, wird im Rahmen des Pilotprojekts bei mündlichen Verhandlungen, die am oder nach dem 4. Januar 2021 stattfinden sollen, das Einverständnis der Beteiligten mit der Durchführung mündlicher Verhandlungen im Einspruchsverfahren als Videokonferenz nicht mehr erforderlich sein.
5. Die vorliegende Mitteilung enthält aktualisierte, konsolidierte Informationen über die neuen Bedingungen und die Praxis im Hinblick auf mündliche Verhandlungen vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen sowie von Rücksprachen als Videokonferenz. Sie hebt die entsprechenden früheren Mitteilungen auf, nämlich die Mitteilung vom 1. April 2020 über mündliche Verhandlungen und Rücksprachen als Videokonferenz (ABl. EPA 2020, A40) und die Mitteilung vom 14. April 2020 über das Pilotprojekt zur Durchführung mündlicher Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen als Videokonferenz (ABl. EPA 2020, A42) in der durch die Mitteilung vom 13. Mai 2020 (ABl. EPA 2020, A72) geänderten Fassung.
Mündliche Verhandlungen vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen als Videokonferenz
6. Wurde eine mündliche Verhandlung beantragt oder von der Prüfungsabteilung oder – im Rahmen des oben genannten Pilotprojekts – von der Einspruchsabteilung für zweckdienlich erachtet, so werden die Beteiligten in der Regel zu einer als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung geladen.
7. Mündliche Verhandlungen vor Prüfungs- und Einspruchsabteilungen können nur dann in den Räumlichkeiten des Europäischen Patentamts durchgeführt werden, wenn ernsthafte Gründe gegen eine Durchführung als Videokonferenz sprechen.4Dazu zählen insbesondere Gründe, die einen Teilnehmer der mündlichen Verhandlung individuell betreffen (z. B. eine nachgewiesene Sehschwäche, aufgrund deren ein Vertreter die mündliche Verhandlung nicht auf dem Bildschirm verfolgen kann), sowie Gründe, die mit Art und Sachverhalt des Verfahrens zu tun haben (etwa die Vorführung oder Augenscheinseinnahme eines Objekts, dessen haptische Merkmale essenziell sind, soweit dies nach Maßgabe der geltenden Bestimmungen möglich ist). Pauschale Einwände gegen die Zuverlässigkeit der Videokonferenztechnologie oder die Nichtverfügbarkeit einer Videokonferenzanlage gelten in der Regel nicht als ernsthafte Gründe.
Anträge auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung in den Räumlichkeiten des EPA
8. Ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausnahmsweise in den Räumlichkeiten des EPA sollte so früh wie möglich gestellt werden, vorzugsweise zusammen mit dem Antrag auf mündliche Verhandlung. Ob einem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung in den Räumlichkeiten des EPA stattgegeben wird, liegt im Ermessen der betreffenden Abteilung.
9. Kann dem Antrag auf mündliche Verhandlung in den Räumlichkeiten des EPA nicht stattgegeben werden und geht er nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung ein, so teilt die Abteilung den Beteiligten mit, dass die mündliche Verhandlung wie in der Ladung angegeben als Videokonferenz stattfindet, und begründet kurz, warum dem Antrag nicht stattgegeben werden kann. Geht der Antrag ein, bevor die Ladung ergangen ist, wird die Begründung der Ablehnung in der Anlage zur Ladung angegeben. In beiden Fällen kann eine Ablehnung nicht separat mit der Beschwerde angefochten werden.
10. Kann einem Antrag auf mündliche Verhandlung in den Räumlichkeiten des EPA stattgegeben werden und geht er ein, nachdem die Ladung zur mündlichen Verhandlung als Videokonferenz ergangen ist, so wird den Beteiligten mitgeteilt, dass die mündliche Verhandlung wie beantragt in den Räumlichkeiten des EPA durchgeführt wird; der Termin der mündlichen Verhandlung bleibt wenn möglich unverändert.
Status
11. Eine als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlung und eine in den Räumlichkeiten des EPA abgehaltene mündliche Verhandlung sind gleichwertig.5 Ein Antrag auf erneute mündliche Verhandlung vor demselben Organ kann somit (unabhängig davon, ob er sich auf eine Videokonferenz oder auf eine andere Form der Verhandlung bezieht) abgelehnt werden, wenn die Parteien und der dem Verfahren zugrunde liegende Sachverhalt unverändert geblieben sind (Artikel 116 (1) EPÜ).
Technische Informationen
12. Bei den Videokonferenzen kommt IP-Technologie zum Einsatz. Detaillierte Informationen über die vom EPA genutzten Technologien und Tools sowie über die technischen Mindestanforderungen sind auf der EPA-Website abrufbar und werden den Beteiligten mitgeteilt. Diese Informationen können von Zeit zu Zeit aktualisiert werden. Den Nutzern wird daher empfohlen, die Website regelmäßig zu konsultieren.
13. Alle Teilnehmer an mündlichen Verhandlungen oder Rücksprachen müssen dafür sorgen, dass ihre Videokonferenzanlage die spezifizierten technischen Anforderungen erfüllt. Es wird empfohlen, rechtzeitig vor der mündlichen Verhandlung einen Probelauf durchzuführen.
Datum und Uhrzeit von als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlungen und Rücksprachen
14. Als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen und Rücksprachen finden an einem Arbeitstag zu den Dienstzeiten des EPA statt.
Bestätigungs-E-Mail
15. Neben der Ladung erhalten die Teilnehmer eine E-Mail zur Bestätigung von Datum, Uhrzeit und den zum Verbindungsaufbau zu verwendenden Kontaktdaten für die Videokonferenz (in Form eines Links oder anderer geeigneter Mittel) unter Angabe weiterer sachdienlicher Informationen, u. a. zur Organisation der Videokonferenz.
Fernverbindung von Mitgliedern einer Abteilung
16. Die Mitglieder der Abteilung können von unterschiedlichen Orten aus per Fernverbindung an der als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung teilnehmen.
17. Den Teilnehmern wird die Fernteilnahme von Mitgliedern der Abteilung zu Beginn der mündlichen Verhandlung nach dem Verbindungsaufbau und vor der offiziellen Eröffnung der mündlichen Verhandlung mitgeteilt.
Teilnahme von Beteiligten und Vertretern von unterschiedlichen Orten aus
18. Einem Beteiligten und seinem Vertreter kann es gestattet werden, von unterschiedlichen Orten aus an der Videokonferenz teilzunehmen, sofern dies keine Auswirkung auf die Stabilität der Videokonferenzverbindung hat. Falls diese Absicht besteht, sollte sie so früh wie möglich mitgeteilt werden.
Aufzeichnungen
19. Von mündlichen Verhandlungen oder Rücksprachen, die als Videokonferenz durchgeführt werden, dürfen außer durch das EPA keinerlei Bild- oder Tonaufzeichnungen angefertigt und keine Weiterübertragungen vorgenommen werden.
Einreichung und Übermittlung von Unterlagen
20. In mündlichen Verhandlungen und Rücksprachen, die als Videokonferenz durchgeführt werden, sind Unterlagen per E-Mail einzureichen.6 Die betreffende Abteilung gibt den Beteiligten oder Vertretern die zu verwendende E-Mail-Adresse bekannt.
21. Von einem Beteiligten in einer mündlichen Verhandlung im Einspruchsverfahren eingereichte E-Mails und Anhänge werden vom EPA an die anderen Beteiligten weitergeleitet, es sei denn, der betreffende Beteiligte hat sie bereits direkt an die von den anderen Beteiligten angegebene E-Mail-Adresse geschickt. Deshalb muss jeder Beteiligte dem Vorsitzenden und nach Möglichkeit den anderen Beteiligten zu Beginn der mündlichen Verhandlung die E-Mail-Adresse übermitteln, unter der er die Kopien solcher Unterlagen erhalten möchte. Beteiligte und Vertreter müssen sicherstellen, dass sie Unterlagen, die an die von ihnen angegebene E-Mail-Adresse geschickt werden, unverzüglich zur Kenntnis nehmen können.
Technische Probleme
22. Wo technische Probleme ungeachtet der Bemühungen der Teilnehmer die Durchführung oder Fortsetzung der mündlichen Verhandlung als Videokonferenz verhindern, ergeht eine neue Ladung zur mündlichen Verhandlung. In der Regel wird die erneute mündliche Verhandlung als Videokonferenz durchgeführt, sofern nicht schwerwiegende Gründe dagegen sprechen.
Ausstattung und Kosten
23. Die Videokonferenzräume des EPA sind nur für den Gebrauch durch EPA-Bedienstete bestimmt.
24. Das EPA erhebt keine besondere Gebühr für die Durchführung von mündlichen Verhandlungen oder Rücksprachen als Videokonferenz. Die Teilnehmer tragen nur die Kosten für ihre Internetverbindung und die technischen Einrichtungen bzw. die Software bei ihnen.
Teilnahme von Mitgliedern der Öffentlichkeit an mündlichen Verhandlungen im Einspruchsverfahren
25. Mündliche Verhandlungen im Einspruchsverfahren sind öffentlich, sofern die Einspruchsabteilung nicht anderweitig entscheidet (Artikel 116 (4) EPÜ). Mitgliedern der Öffentlichkeit kann nach entsprechender Ankündigung ein Link für die Verbindung mit der Videokonferenz bereitgestellt werden. Alternativ können sie an einer als Videokonferenz durchgeführten, öffentlichen mündlichen Verhandlung in einem besonderen Saal in den Räumlichkeiten des EPA teilnehmen. In welcher Art und Weise Mitglieder der Öffentlichkeit an einer als Videokonferenz durchgeführten mündlichen Verhandlung teilnehmen können, wird auf der EPA-Website bekannt gegeben.
Weitere Angaben
26. Weitere Informationen über die Technik, die Vorgehensweise und die Etikette zur Durchführung von mündlichen Verhandlungen und Rücksprachen als Videokonferenz sind auf der EPA-Website verfügbar.
1 Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 1. April 2020 über als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen vor Prüfungsabteilungen (ABl. EPA 2020, A39).
2 Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 14. April 2020 über das Pilotprojekt zur Durchführung mündlicher Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen als Videokonferenz (ABl. EPA 2020, A41).
3 Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 10. November 2020 über die Änderung und Verlängerung des Pilotprojekts zur Durchführung mündlicher Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen als Videokonferenz (ABl. EPA 2020, A121).
4 Artikel 1 (2) des Beschlusses des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 1. April 2020 über als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen vor Prüfungsabteilungen (ABl. EPA 2020, A39); Artikel 2 (2) des Beschlusses des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 10. November 2020 über die Änderung und Verlängerung des Pilotprojekts zur Durchführung mündlicher Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen als Videokonferenz (ABl. EPA 2020, A121).
5 Artikel 1 (3) des Beschlusses des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 1. April 2020 über als Videokonferenz durchgeführte mündliche Verhandlungen vor Prüfungsabteilungen (ABl. EPA 2020, A39); Artikel 2 (3) des Beschlusses des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 10. November 2020 über die Änderung und Verlängerung des Pilotprojekts zur Durchführung mündlicher Verhandlungen vor Einspruchsabteilungen als Videokonferenz (ABl. EPA 2020, A121).
6 Artikel 1 (1) des Beschlusses des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 13. Mai 2020 über die Einreichung von Unterlagen bei telefonischen Rücksprachen und als Videokonferenz durchgeführten Rücksprachen und mündlichen Verhandlungen (ABl. EPA 2020, A71).