Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 26. April 2023 über die Einreichung von frühen Anträgen auf einheitliche Wirkung nach Inkrafttreten des Einheitspatentsystems
Nach Inkrafttreten des Einheitspatentsystems am 1. Juni 2023 wird das Europäische Patentamt (EPA) seinen Nutzern die Möglichkeit bieten, die einheitliche Wirkung zu beantragen, sobald die Entscheidung über die Erteilung des europäischen Patents ergangen ist.
1. Gemäß Regel 6 der Durchführungsordnung zum einheitlichen Patentschutz (DOEPS) sind Anträge auf einheitliche Wirkung spätestens einen Monat nach Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt beim EPA zu stellen. Für mehr Flexibilität wird das EPA den Nutzern die Möglichkeit bieten, die einheitliche Wirkung frühzeitig zu beantragen, d. h. sobald die Entscheidung über die Erteilung des europäischen Patents ergangen ist (EPA Form 2006A).
2. Gemäß der ständigen Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer sind mit der Abgabe des Erteilungsbeschlusses an die interne Poststelle des EPA sowohl das EPA als auch der Anmelder an diesen Beschluss gebunden. Ab diesem Zeitpunkt ist der Wortlaut des zu erteilenden Patents endgültig und kann nicht mehr geändert oder berichtigt werden (G 12/91 und G 1/10). Damit wird Rechtssicherheit hergestellt, denn durch den Erteilungsbeschluss wird der endgültige Wortlaut des Patents für die Zwecke aller folgenden Verfahren festgelegt. Gemäß Artikel 97 (1) und Regel 71a (1) EPÜ ist allein der dem Erteilungsbeschluss zugrunde gelegte Wortlaut für den verbindlichen Inhalt eines europäischen Patents maßgebend. Der Erteilungsbeschluss beruht auf den Unterlagen, die dem Anmelder zur Zustimmung übermittelt wurden; mit der Zustimmung des Anmelders nimmt der Beschluss auf diese Bezug und sie werden somit Bestandteil des Beschlusses. Der Wortlaut der Patentschrift hat keinen bindenden Charakter, denn seine Funktion beschränkt sich darauf, der Öffentlichkeit den Zugang zum Inhalt des erteilten Patents zu erleichtern.
3. Frühzeitig gestellte Anträge auf einheitliche Wirkung werden vom EPA nicht vor dem Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt bearbeitet und erscheinen auch erst ab diesem Tag im Einheitspatentregister. Sie können also zurückgenommen werden, solange das EPA noch keine Entscheidung getroffen hat, die einheitliche Wirkung einzutragen oder den Antrag zurückzuweisen.
4. Gemäß Regel 5 (1) DOEPS muss die einheitliche Wirkung vom Inhaber des europäischen Patents beantragt werden. Ändert sich der Patentinhaber, weil zwischen der Stellung des Antrags auf einheitliche Wirkung und der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt ein Rechtsübergang eingetragen wird, kann der Antrag zurückgewiesen werden, sofern der neue Patentinhaber, wenn er die Eintragung des Rechtsübergangs beantragt, den Antrag nicht ausdrücklich bestätigt.
5. In dem sehr unwahrscheinlichen Fall, dass das EPA das Erteilungsverfahren nach Eingang eines Antrags auf einheitliche Wirkung, aber vor Bekanntmachung des Erteilungshinweises gemäß Regel 14 EPÜ aussetzen sollte, wird diese Bekanntmachung verschoben, bis das zuständige nationale Gericht endgültig über den Anspruch auf die europäische Patentanmeldung entschieden hat.