EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 10. Juli 2017 über die Änderung der Regeln 32 und 33 EPÜ (Sachverständigenlösung)
1. Mit Beschluss vom 28. Juni 20171 hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation die Regeln 32 und 33 EPÜ zur Sachverständigenlösung geändert, um den Zugang zu hinterlegtem biologischen Material über einen Sachverständigen zu erleichtern und die Flexibilität bei der Wahl eines geeigneten Sachverständigen zu erhöhen. Die vorliegende Mitteilung enthält Informationen zu den geänderten Bestimmungen und ersetzt mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 die in ABl. EPA 2010, 498, Abschnitt B, Nummer 22 veröffentlichten Informationen.
2. Die neu gefassten Regeln 32 und 33 EPÜ treten am 1. Oktober 2017 in Kraft. Sie gelten für europäische Patentanmeldungen, die zu diesem Zeitpunkt anhängig sind bzw. die nach diesem Zeitpunkt eingereicht werden. Dies bedeutet, dass für Anträge auf Herausgabe einer Probe hinterlegten biologischen Materials, bei denen die Sachverständigenlösung gewählt wird, nach dem 1. Oktober 2017 die neuen Regeln gelten, namentlich die geänderte Regel 32 (2) EPÜ.
3. Der Wortlaut von Regel 32 (1) EPÜ wurde an den Wortlaut von Artikel 13 (2) der Richtlinie 98/44/EG vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen angepasst, d. h. der Begriff "Sachverständiger" in der bisherigen Regel 32 (1) EPÜ wurde durch den Begriff "unabhängiger Sachverständiger" ersetzt.
4. Ferner wurde die bisherige Regel 32 (2) b) EPÜ gestrichen, d. h. das Verzeichnis der anerkannten Sachverständigen (zuletzt veröffentlicht im ABl. EPA 1992, 470) wurde abgeschafft. Die Regel 33 (6) EPÜ wurde entsprechend geändert.
5. Nach der geänderten Regel 32 (2) EPÜ kann jede natürliche Person als Sachverständiger benannt werden, sofern sie die vom Präsidenten des EPA festgelegten Anforderungen und Verpflichtungen erfüllt. Diese wurden im Beschluss des Präsidenten vom 10. Juli 20172 detailliert festgelegt. So ist es nicht mehr erforderlich, für die Benennung die Zustimmung des Anmelders einzuholen, wie es nach der bisherigen Regel 32 (2) a) der Fall war.
6. Die geänderte Regel 32 (2) EPÜ sieht außerdem vor, dass zusammen mit der Benennung eine Erklärung des Sachverständigen einzureichen ist, wonach er sich verpflichtet, die vorstehend genannten Anforderungen und Verpflichtungen zu erfüllen, und ihm keine Umstände bekannt sind, die geeignet wären, begründete Zweifel an seiner Unabhängigkeit zu wecken, oder die seiner Funktion als Sachverständiger anderweitig entgegenstehen könnten.
7. Mit dieser Erklärung gelten die vom Präsidenten des EPA festgelegten Anforderungen und Verpflichtungen als erfüllt, d. h. der Sachverständige gilt als unabhängiger Sachverständiger im Sinne der neu gefassten Regel 32 (1) EPÜ, und das EPA ist davon befreit, sich von der Eignung und Unabhängigkeit des Sachverständigen überzeugen zu müssen (s. auch Regel 11.3 a) iii) der Ausführungsordnung zum Budapester Vertrag). Nur in Fällen begründeter, d. h. ernstlicher Zweifel an der Unabhängigkeit des benannten Sachverständigen würde sich das EPA an den Antragsteller wenden, bevor es den Antrag bestätigt.
8. Für die Erklärung des benannten Sachverständigen nach Regel 32 (2) EPÜ ist das neue EPA-Formblatt 1142A zu verwenden. Diese Erklärung ist dem Antrag auf Zugänglichmachung hinterlegten biologischen Materials durch Herausgabe einer Probe an einen Sachverständigen (Formblatt 1142) beizufügen, der vom Antragsteller zu unterzeichnen ist, der den Sachverständigen in Anspruch nimmt. Mit seiner Unterschrift bestätigt der benannte Sachverständige, dass (1) er die Anforderungen und Verpflichtungen zur Kenntnis genommen hat, die vom Präsidenten des EPA für nach Regel 32 EPÜ benannte Sachverständige festgelegt wurden (s. ABl. EPA 2017, A60), (2) ihm keine Umstände bekannt sind, die geeignet wären, begründete Zweifel an seiner Unabhängigkeit zu wecken, oder die seiner Funktion als Sachverständiger anderweitig entgegenstehen könnten, und er verpflichtet sich (3), die vorstehend genannten Anforderungen und Verpflichtungen zu erfüllen.
9. Nähere Informationen dazu, welches Verfahren zu befolgen ist und welche Formblätter zu verwenden sind, um die Herausgabe einer Probe hinterlegten biologischen Materials über die Sachverständigenlösung zu erlangen, sind auch in Abschnitt B der in ABl. EPA 2010, 498 veröffentlichten Mitteilung zu finden, namentlich unter den Nummern 23 und 24.
1 Beschluss des Verwaltungsrats CA/D 3/17 vom 28. Juni 2017, ABl. EPA 2017, A55.
2 Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 10. Juli 2017 über die Anforderungen und Verpflichtungen für nach Regel 32 EPÜ benannte Sachverständige, ABl. EPA 2017, A60. Die Veröffentlichung in ABl. EPA 1981, 359 wird durch diesen Beschluss ersetzt.