BESCHWERDEKAMMERN
Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.2.05 vom 14. April 2016
(Übersetzung)
Zusammensetzung der Kammer:
Vorsitzender: | M. Poock |
Mitglieder: | H. Schram |
Patentinhaberin/Beschwerdeführerin: Tenaris Connections Ltd.
Einsprechende/Beschwerdegegnerin: Vallourec Oil and Gas France
Stichwort: Bestehen des Prioritätsrechts
Schlagwörter:
Zulassung verspätet eingereichter Unterlagen - verneint – Wiedereröffnung der sachlichen Debatte - Rüge nach Regel 106 EPÜ - zurückgewiesen – Mündliche Ausführungen einer Begleitperson - bejaht – Vorlage an die Große Beschwerdekammer - verneint – Wirksamkeit der Priorität - verneint – Zulassung des zweiten und des dritten Hilfsantrags - bejaht – Neuheit - bejaht (zweiter Hilfsantrag) – Erfinderische Tätigkeit - verneint (alle Anträge) – Rückzahlung der Beschwerdegebühr - verneint – Kostenverteilung - verneint
Orientierungssätze:
1. Die Fortsetzung des Beschwerdeverfahrens nach einer ersten mündlichen Verhandlung vor der Kammer unter Anberaumung einer zweiten mündlichen Verhandlung ist für sich genommen kein Grund für die Zulassung neuen Vorbringens, das nach der ersten mündlichen Verhandlung eingereicht wurde (s. Nr. 2.3 der Entscheidungsgründe).
2. Wenn die sachliche Debatte zu einem bestimmten Thema ohne Verkündung einer diesbezüglichen Entscheidung beendet wurde, liegt es im Ermessen der Kammer, ob und inwieweit sie die Debatte wieder eröffnet (s. Nr. 3.1 der Entscheidungsgründe).
3. Damit eine beanspruchte Priorität gemäß Artikel 87 (1) EPÜ 1973 wirksam ist, muss der Anmelder einer Nachanmeldung, der die Priorität einer früheren Anmeldung (Prioritätsanmeldung) beansprucht und nicht die Person ist, die die Prioritätsanmeldung eingereicht hat, bei Einreichung der Nachanmeldung der Rechtsnachfolger dieser Person in Bezug auf die Prioritätsanmeldung oder das Recht auf Inanspruchnahme der Priorität sein. Eine Rechtsnachfolge, die erst nach dem Tag der Einreichung der Nachanmeldung eintritt, reicht nicht aus, um die Erfordernisse des Artikels 87 (1) EPÜ 1973 zu erfüllen (s. Nr. 6.5 der Entscheidungsgründe).
4. Die vertragliche Vereinbarung zwischen dem Anmelder der Prioritätsanmeldung und dem Anmelder der Nachanmeldung, wonach (nur) das wirtschaftliche Eigentum ("economische eigendom" nach niederländischem Recht) an der Prioritätsanmeldung und dem Recht auf Inanspruchnahme ihrer Priorität auf den Nachanmelder übertragen wird, reicht nicht aus, um Letzteren als Rechtsnachfolger im Sinne des Artikels 87 (1) EPÜ 1973 betrachten zu können (s. Nr. 6.6.2 der Entscheidungsgründe).
1 Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Orientierungssätze nicht Bestandteil der Entscheidung sind. Sie dienen lediglich als Hinweis auf einige der entscheidungserheblichen Punkte in der Entscheidung. Die ungekürzte Entscheidung in der Verfahrenssprache ist kostenlos abrufbar auf der Website des EPA (http://www.epo.org/law-practice/case-law-appeals/recent/t110577eu1.html).