TAGUNGSBERICHT
Ulrich JOOS - Jurist, EPA, Internationale Rechtsangelegenheiten, GD 5 - Fabienne GAUYE - Juristin, EPA, Internationale Rechtsangelegenheiten, GD 5 - Tagungsbericht
Vom 15. bis 17. September 2010 kamen 120 Patentrichter aus Europa und Gäste aus den USA und Japan im altehrwürdigen Festsaal des obersten portugiesischen Gerichts, dem Salão Nobre des Supremo Tribunal de Justiça, in Lissabon zusammen, um aktuelle Entwicklungen des Patentrechts in Europa zu diskutieren. Sie beschäftigten sich mit einer Vielzahl von Themen und nutzten die Gelegenheit, die jeweiligen nationalen Ansätze miteinander zu vergleichen.
I. Die Eröffnungssitzung moderierte Eurico José Marques dos Reis, Richter am Berufungsgericht in Lissabon, der zunächst dem Präsidenten des obersten portugiesischen Gericht, Herrn Luís Noronha do Nascimento, das Wort erteilte. Herr Noronha do Nascimento hieß die Teilnehmer des Symposiums herzlich willkommen und verwies darauf, dass sein Gericht auf 177 Jahre Geschichte zurückblicken könne.1Alberto Martins, portugiesischer Justizminister, begrüßte die Richter im Namen der Regierung. Er betonte, dass auch in seinem Land das Patentrecht und ein gutes Gerichtssystem für gewerblichen Rechtsschutz als essentiell für die Innovationsförderung angesehen würden.2Benoît Battistelli, Präsident des Europäischen Patentamts, befürwortete die Schaffung eines einheitlichen EU-Patents und eines europäischen Patentgerichts für die europäischen und die zukünftigen EU-Patente und versicherte, dass das EPA diese Pläne nach Kräften unterstützen werde.3António Campinos, damals noch Leiter des portugiesischen INPI (Nationales Institut für gewerblichen Rechtsschutz), jetzt Präsident des HABM, konnte in seiner Begrüßungsansprache nicht nur auf die europäischen Initiativen verweisen, sondern auch auf die dynamische Entwicklung des gewerblichen Rechtsschutzes und die verstärkte Innovationstätigkeit in Portugal.4Peter Messerli, mit der Leitung der Generaldirektion 3 (Beschwerde) des EPA beauftragter Vizepräsident des EPA und Vorsitzender der Großen Beschwerdekammer des EPA, berichtete über die Entwicklungen in den Beschwerdekammern und die Arbeit der Großen Beschwerdekammer in den vorangegangenen zwei Jahren.5
II. Die erste Arbeitssitzung unter dem Vorsitz von Eurico José Marques dos Reis war dem zukünftigen Patentgerichtssystem in Europa gewidmet. Frau Margot Fröhlinger, Direktorin der Direktion D "Wissensbestimmte Wirtschaft" in der Generaldirektion Binnenmarkt der EU-Kommission, referierte über den Stand der Projekte EU-Patent und European and European Union Patents Court (EEUPC).6 Sie beklagte die ungenügende Nutzung des gewerblichen Rechtsschutzes in Europa und dass die Interessen innovativer KMU bei der Diskussion um die Verbesserung des Patentschutzes in Europa im Allgemeinen zu wenig berücksichtigt würden. Bezüglich des Projekts eines europäischen Patentgerichts für europäische und zukünftige EU-Patente betonte sie, dass dessen Unabhängigkeit von den Strukturen des EU-Gerichtshofs, die Dezentralisierung der ersten Instanz und ein einheitliches Verfahrensrecht unverzichtbare Elemente seien. Die kürzlich an die Öffentlichkeit gelangte Stellungnahme der Generalanwälte für das Gutachten des EU-Gerichtshofs über den EEUPC-Vertragsentwurf, das Verfahren Avis 1/09, weise zwar auf gemeinschaftsrechtliche Probleme dieses Vorhabens hin, zeige aber auch Lösungsmöglichkeiten auf. Entscheidend sei jedoch das voraussichtlich Ende 2010 vorliegende Gutachten des Gerichtshofs, der an die Stellungnahme der Generalanwälte nicht gebunden sei.
Der Bericht von Frau Fröhlinger gab Anlass zu einer lebhaften und langen Diskussion. In deren Verlauf stellte nur ein Teilnehmer aus Dänemark das Projekt eines europäischen Patentgerichts infrage mit der Begründung, dass viele Rechtsanwaltsvereinigungen in Europa dem EEUPC-Projekt gegenüber kritisch eingestellt seien. Zwar seien deutsche und englische Vertreter für das Projekt, jedoch befürchteten viele Anwälte aus kleineren Ländern, dass sie in Zukunft keine Arbeit mehr haben werden. Die dänische Industrie habe sich zwar offiziell für ein europäisches Streitregelungssystem ausgesprochen, aber KMU sähen einem europäischen System mit Sorge entgegen. Auch seien vor dem Inkrafttreten eines EEUPC-Vertrags zumindest in einigen Ländern hohe verfassungsrechtliche Hürden zu überwinden; so dürfte die Übertragung von Zuständigkeiten nationaler Gerichte auf ein europäisches Gericht in einigen Staaten nur aufgrund eines Referendums möglich sein. Eine andere Stimme aus dem Auditorium bedauerte dagegen, dass in Europa nicht zur Kenntnis genommen werde, was in anderen wichtigen IP-Ländern wie China und Japan bezüglich der Verbesserung der Patentgerichtsbarkeit geschehe. Wenig erörtert wurde die Struktur des geplanten europäischen Patentgerichts. Positiv gesehen wurde, dass die Eingangsinstanz dezentralisiert, die Richterbank aber international besetzt sein soll. Der Vorsitzende verwies in diesem Zusammenhang auf die Situation von Richtern aus Ländern, in denen - wie in seinem Heimatland Portugal - die Gerichte nur selten mit Patentrechtsstreitigkeiten befasst werden. Auch Richter aus solchen Ländern würden dem Richterpool des europäischen Patentgerichts angehören; das einzige, was ihnen fehle, sei Erfahrung, die sie jedoch im Zuge einer Zusammenarbeit mit den erfahrenen Patentrichtern erwerben könnten.
Die meisten Diskussionsbeiträge beschäftigten sich mit der Stellungnahme der Generalanwälte zum EEUPC-Vertragsentwurf. Allgemein wurde bedauert, dass die Stellungnahme durch eine wohl gezielte Indiskretion vorzeitig bekannt geworden sei, und festgestellt, dass die Art und Weise, wie sich die Generalanwälte den gemeinschaftsrechtlichen Problemen annäherten, ein negatives Presseecho zum Projekt eines europäischen Patentgerichts begünstigt habe.
Die Diskussion konzentrierte sich zunächst auf die Bedenken der Generalanwälte hinsichtlich der Vereinbarkeit des EEUPC-Vertragsentwurfs mit dem Gemeinschaftsrecht. Es geht insbesondere um folgende Einwände:
(1) Der Vorrang des Gemeinschaftsrechts sei in dem neuen Gerichtssystem nicht ausreichend gesichert;
(2) die Rechtsbehelfe im Fall der Missachtung des Vorrangs des Gemeinschaftsrechts, insbesondere wenn entgegen Artikel 48 des Vertragsentwurfs keine Vorabentscheidung des EU-Gerichtshofs eingeholt werde, seien nicht ausreichend;
(3) das für die zentrale Kammer des erstinstanzlichen Gerichts vorgesehene Sprachenregime verletze das Recht auf angemessene Verteidigung;
(4) in den Verfahren vor dem EPA und dessen Beschwerdekammern gebe es gegen Entscheidungen, die zur Nichterteilung oder zum Widerruf von EU-Patenten führten, keine effektive gerichtliche Kontrolle betreffend die korrekte Anwendung von Gemeinschaftsrecht.
Der erste Einwand der Generalanwälte, so die mehrfach geäußerte Ansicht, könne leicht ausgeräumt werden, da schon bisher klar sei, dass das europäische Patentgericht Gemeinschaftsrecht zu beachten habe; schließlich müsse jeder nationale Richter schon jetzt den Vorrang des EU-Rechts beachten. Das gelte insbesondere für die Verpflichtung, gegebenenfalls Vorabentscheidungen des EU-Gerichtshofs einzuholen. Die schon jetzt im EEUPC-Vertragsentwurf enthaltene Regel, die das Gericht an unmittelbar anwendbares EU-Recht binde, könne ohne Weiteres ausgebaut werden.
Der Vorsitzende merkte an, dass bei Patentstreitigkeiten Zeit ein wichtiger Faktor sei. Rechtsmittel zum EU-Gerichtshof sollten nicht deshalb beschränkt sein, weil dessen Entscheidungen nicht gut seien, sondern weil die Verlängerung des Instanzenzugs zu langwierigen Prozessen führe.
Eine Stimme aus der Schweiz wandte sich - schon im Interesse eines zügigen Verfahrens - gegen Vorlagen an den EU-Gerichtshof. Man entferne sich von der Idee, etwas speziell für Patente zu schaffen, wenn man einen Beschwerdeweg zu einer Institution öffne, die einer viel allgemeiner und politisch ausgerichteten Organisation angehöre. Die Vertreterin der Kommission wies darauf hin, dass die EU-Mitgliedstaaten insoweit keine Wahlmöglichkeit hätten, da deren nationale Gerichte zur Vorlage verpflichtet seien, wo es um die Auslegung von Gemeinschaftsrecht gehe. Diese Verpflichtung könne nicht durch die Schaffung eines internationalen Gerichts umgangen werden. Eine andere eidgenössische Stimme war weniger skeptisch und vertrat die Auffassung, wenn der EuGH nur den EEUPC-Vertrag auslege, sei das für Nicht-EU-Staaten vermutlich kein Problem. Ein paralleles System bestehe schon beim Lugano-Abkommen, bei dem die Nicht-EU-Mitglieder die Auslegung des EuGH anerkennen würden. Allerdings sei eine solche Lösung nur bezüglich eines spezifischen Vertrags möglich, aber nicht für EU-Recht allgemein.
Beim zweiten Problemkreis, den Rechtsbehelfen gegen die Nichtbeachtung von EU-Recht durch das geplante europäische Patentgericht, ergab sich kein einhelliges Meinungsbild.
Die Generalanwälte sahen drei Gestaltungsmöglichkeiten:
(1) Eine auf Rechtsfragen beschränkte Beschwerde der Verfahrensbeteiligten zum EU-Gerichtshof. Hierzu wurde angemerkt, dass es keine solche Beschwerde für europäische Bündelpatente geben könne und entgegen den Intentionen des EEUPC-Projekts die Verfahren bezüglich der EU-Patente sich verlängern würden. Auch würde dem nicht auf Patentrecht spezialisierten EU-Gerichtshof eine kaum zu bewältigende Arbeitslast aufgebürdet.
(2) Die erneute Überprüfung einer Entscheidung des Patentgerichts durch den Gerichtshof - ein Rechtsmittel, das aber nur in engen Grenzen zulässig wäre.
(3) Eine Beschwerde im Interesse des Rechts, die der Kommission und eventuell EU-Mitgliedstaaten offenstehen könnte. Mit dieser Lösung würde eine Verlängerung des Instanzenzugs vermieden, da eine solche Beschwerde in der Praxis wohl sehr selten sein würde. Andererseits wurden Probleme befürchtet, wenn zwar ein Verfahrensbeteiligter eine Entscheidung angreifen will, aber kein Staat noch die Kommission von der nur ihm bzw. ihr offenstehenden Beschwerdemöglichkeit Gebrauch macht.
Als eine bessere Lösung sahen etliche Teilnehmer es an, wenn der Kommission die Beschwerde zum Gerichtshof eröffnet würde und die Verfahrensparteien Schadensersatzansprüche gegen die EEUPC-Mitgliedstaaten hätten. Das, so wurde vorgebracht, würde dem gegenwärtigen System bei der Verletzung von EU-Recht durch nationale Gerichte entsprechen und würde keine allzu großen praktischen Probleme aufwerfen. Schließlich sei das geplante europäische Patentgericht so etwas wie ein gemeinsames nationales Gericht. Eine Teilnehmerin ergänzte, dass bei Verletzung der Vorlagepflicht durch ein nationales Gericht Staatshaftungsansprüche entstünden, und erwog, dieses System auf die europäische Ebene zu übertragen, also eine Haftung der EU vorzusehen. Die Vertreterin der Kommission pflichtete bei, dass ein Sanktionsmechanismus da sein müsse. Im Fall der Verletzung der Vorlagepflicht sollte eine private Verfahrenspartei Schadensersatzansprüche geltend machen können. Die Frage sei, gegen wen? Gegen das Patentgericht selbst, das ja Rechtspersönlichkeit besitzen werde? Gegen den Sitzstaat? Oder, so eine andere Stimme, gegen alle EEUPC-Vertragsstaaten zusammen?
Ein Richter war der Auffassung, dass das europäische Patentgericht bezüglich der Pflicht zur Vorlage an den EU-Gerichtshof nicht mit einem nationalen Gericht gleichgesetzt werden könne. Denn dieses neue Gericht sei ein europäisches Gericht. Die Vorstellung, dass es vom EU-Gerichtshof überwacht werden müsse, sei etwas befremdlich. Das Gemeinschaftsrecht durchdringe mittlerweile alle Rechtsbereiche, und jedes nationale Gericht sei aufgefordert, seine Regeln anzuwenden. Gemeinschaftsrecht sei nichts mehr, was nur dem EU-Gerichtshof überlassen werden könne. Man müsse dem zukünftigen Gericht insoweit auch Vertrauen entgegenbringen.
Ein anderer Teilnehmer führte aus, die Generalanwälte hätten die Vorlage an den Gerichtshof zur Vorabentscheidung für ausreichend erachtet. Damit sei klar, dass nur abstrakte Rechtsfragen vom EU-Gerichtshof zu behandeln seien, dass es aber nicht, wie es bei einem Kassations- oder Überprüfungsverfahren der Fall wäre, patentrechtliche Vorschriften direkt in einem konkreten Fall anwenden müsse.
Weitere Diskussionsbeiträge thematisierten den Umfang der Vorlagepflicht durch die Gerichte der EU-Staaten. So wurde die Auffassung vertreten, nicht jede gemeinschaftsrechtliche Frage müsse vorgelegt werden. Auch die nationalen Gerichte seien in der Lage, EU-Recht anzuwenden und auszulegen. Der EuGH sei jene Instanz, die dafür Sorge trage, dass das europäische Recht in ganz Europa ausgelegt und verstanden werde. Zu erwägen sei, in Zukunft Vorlagen auf den Fall divergierender Entscheidungen von Obergerichten zu beschränken. Solche Divergenzen seien bei einem europäischen Gericht, das dafür Sorge trage, dass das Patentrecht einheitlich ausgelegt werde, kaum zu befürchten. Vorzulegen wären somit nur nicht spezifisch patentrechtliche Fragen, die sich in anderen rechtlichen Zusammenhängen stellten. Dieser Ansatz könnte die Bedenken der Patentrechtler zerstreuen. Die Vertreterin der Kommission stimmte dieser Sichtweise insoweit zu, als schon jetzt die nationalen Gerichte einen großen Beurteilungsspielraum bezüglich der Vorlagen an den EU-Gerichtshof hätten. Die Kommission werde nur bei gravierender Verletzung der Vorlagepflicht gegen den betroffenen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren anstrengen.
Zu klären ist dennoch, welche Fragen in einem Verfahren vor dem geplanten europäischen Patentgericht gemeinschaftsrechtlichen Charakter haben und daher gegebenenfalls dem EU-Gerichtshof vorgelegt werden müssen. Ein Richter hielt es für schwierig, nach einem Beitritt der EU zum EPÜ - womit letzteres auch Gemeinschaftsrecht werde - dem Begehren insbesondere auch der Industrie zu entsprechen, den EU-Gerichtshof nicht mit patentrechtlichen Fragen zu befassen. Ein anderer stimmte zu, dass mit der Schaffung des EU-Patents jeder Aspekt des europäischen Patentrechts zum Gemeinschaftsrecht werde, auch Fragen der Neuheit, erfinderischen Tätigkeit und gewerblichen Anwendbarkeit.
Im Gegensatz dazu waren andere bestrebt, Grenzlinien zu ziehen. Mit Fragen der Patentierbarkeitserfordernisse, der Anspruchsauslegung, der Verletzung seien die Richter vertraut und würden sie kaum dem EuGH vorlegen. Grundsätzliche Fragen der Patentierbarkeit oder des Schutzumfangs und Patentierungsausschlüsse seien bisher nie als EU-Recht angesehen worden, sondern als Materie des EPÜ, das alle seine Vertragsstaaten insoweit zu nationalem Recht gemacht hätten. Allerdings gebe es ein Vordringen der EU in den Bereich des EPÜ durch die Biotechnologie-Richtlinie. Nun erkläre ein Generalanwalt und der Gerichtshof, wie ein Patentanspruch auszulegen ist, wenn der Anspruch eine biotechnologische Erfindung betreffe. Es bestehe die Gefahr, dass der EuGH entscheide, was durch schleichende Ausdehnung des acquis communautaire Gemeinschaftsrecht geworden sei. Dem könne nur durch die Festlegung (im Vertrag oder einem anderen Dokument) dessen begegnet werden, was nicht zum EU-Recht, sondern allein zum Recht des EPÜ gehöre.
Die Vertreterin der Kommission führte aus, dass es nur ein einziges europäisches Patent-Obergericht geben werde, das für eine einheitliche Auslegung und Anwendung des europäischen Patentrechts durch die lokalen und regionalen Kammern sorgen könne. Heute würden dem EU-Gerichtshof viele Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, aber es gehe meist um Fragen des freien Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs usw., also die Auslegung der EU-Verträge selbst. Beim sekundären Gemeinschaftsrecht seien es in der Regel Richtlinien, die durch Vorabentscheidungen ausgelegt werden müssten. In beiden Bereichen gebe es viel Raum für Fragen und Unklarheiten. Wo aber direkt anwendbares Recht wie z. B. das EPÜ betroffen sei, das darüber hinaus von einem einzigen Gericht ausgelegt und angewendet werde, sollte es nur wenig Veranlassung für Vorlagen an den EuGH geben.
Die dritte Problematik, das Sprachenregime vor der zentralen Kammer, könnte nach allgemeiner Ansicht der Teilnehmer leicht in zufriedenstellender Weise gelöst werden: Das Recht auf angemessene Verteidigung sei etwa durch das Angebot von Übersetzungsmöglichkeiten auf Antrag praxisgerecht zu garantieren. Nach anderer Ansicht solle in dem Fall, dass ein Staat weder eine örtliche Kammer habe, noch sich an einer regionalen beteilige, sondern die zentrale Kammer des EEUPC als Eingangsinstanz vorsehen wolle, die zentrale Kammer Streitigkeiten aus diesem Staat in dessen Sprache verhandeln, es sei denn, beide Parteien einigen sich auf eine andere Sprache.
Der vierte Einwand der Generalanwälte betrifft die gerichtliche Kontrolle von Beschwerdekammerentscheidungen. Sie bemängeln, dass Entscheidungen der Beschwerdekammern, mit denen EU-Patente nicht erteilt oder für nichtig erklärt werden, nicht im Hinblick auf die richtige Anwendung des EU-Rechts überprüft werden könnten. Als mögliche Lösung wurde angesehen, gegen solche Entscheidungen die Beschwerde zum zukünftigen europäischen Patentgericht zu eröffnen, das die Entscheidung überprüfen oder dem EU-Gerichtshof vorlegen könnte. Es wurde aber zu bedenken gegeben, dass hier zwei verschiedene Rechtsordnungen betroffen seien, nämlich das EU-Recht und das vom EPÜ geschaffene System. Entscheidungen auf der Grundlage des EU-Rechts können nicht ohne weiteres auch für EPÜ-Vertragsstaaten verbindlich sein, die nicht der EU angehören. Hierfür eine Lösung zu finden sei nicht einfach.
Ein Teilnehmer erinnerte daran, dass die wichtigste Frage, die der EU-Gerichtshof in seinem Gutachten klären müsse, sei, ob das europäische Patentgericht durch einen internationalen Vertrag errichtet werden könne. Diese Frage hätten die Generalanwälte positiv beantwortet. Wenn man den völkerrechtlichen Ansatz billige, sei es konsequent, dass auch die EU Vertragspartei des EPÜ werde. Das Rechtsmittelsystem des EPÜ, insbesondere die Unanfechtbarkeit von Entscheidungen der Beschwerdekammern des EPA, würde dann auch für deren Entscheidungen bezüglich der EU-Patente gelten; die EPÜ-Mechanismen müssten von der EU so akzeptiert werden, wie sie sind.
Für das Gelingen des Projekts "europäisches Patentgericht", so fasste ein Teilnehmer zusammen, sei es entscheidend, ob es den EU-Mitgliedstaaten gelinge, den gemeinsamen politischen Willen für die Errichtung eines europäischen Gerichts für Privatrechtsstreitigkeiten herzustellen. Dem stimmte die Vertreterin der Kommission zu. Es sei auch klar, dass sich hinter vielen rechtlichen Argumenten, die vorgebracht würden, politische Überlegungen verbergen. Das sei aber nicht mehr möglich, wenn der Gerichtshof grünes Licht für das EEUPC-Projekt geben sollte. Es sei aber auch entscheidend, wie das Verfahren für europäische Patentstreitigkeiten ausgestaltet sei, denn einige der Lösungsvorschläge der Generalanwälte seien in der Praxis nicht durchführ- oder politisch nicht durchsetzbar.
III. Auch bei der nächsten Arbeitssitzung ging es um die zukünftige europäische Patentgerichtsbarkeit. Unter dem Vorsitz von Sophie Darbois, Conseiller an der Cour d'appell de Paris, wurde der Entwurf einer Verfahrensordnung des geplanten Gerichts für europäische und EU-Patente (EEUPC) vorgestellt. Dieser Entwurf ist kein EU-Dokument, sondern ein noch nicht veröffentlichtes Arbeitsdokument, das von einer Gruppe von Richtern erstellt wurde und an dem weiter gearbeitet wird.
Klaus Grabinski, Richter am deutschen Bundesgerichtshof, gab einen Überblick über die erste Phase eines Verfahrens vor dem EEUPC-Gericht nach der Verfahrensordnung, die in Zukunft vielleicht europäisches Recht werden könnte. Diese schriftliche Phase, geleitet vom "judge rapporteur", beginnt mit der Einreichung der Klageschrift, die den Klageantrag, die relevanten Tatsachen, insbesondere bezüglich der angeblichen Verletzungshandlungen und der verletzten Patentansprüche, enthalten soll. Auch schriftliche Beweismittel sollten schon zu diesem Zeitpunkt vorgelegt und weitere Beweismittel wie Zeugen, Gutachten usw. angeboten werden. Die Idee sei, dass von Anfang an ein vollständiger Sachvortrag vorliege. Der Beklagte hat nach Zustellung der Klageschrift zwei Monate Zeit, um Einwände gegen die Zuständigkeit des Gerichts zu erheben, und vier Monate für die Klageerwiderung, die ebenfalls den kompletten Sachvortrag des Beklagten enthalten soll und eine Widerklage auf Widerruf des Patents umfassen kann. Der Kläger muss dann innerhalb von drei Monaten auf die Widerklage reagieren, gegebenenfalls durch Einreichen geänderter Ansprüche und mit Hilfsanträgen. Das Einreichen von Änderungen in letzter Minute soll nicht zugelassen werden. Was noch in den Entwurf eingebaut werden müsse, sei das Recht des Klägers, auf die Klageerwiderung zu reagieren, sowie das Recht des Beklagten, sich zur vom Kläger beantragten Änderung der Ansprüche zu äußern.
Robert van Peursem, Richter am District Court in Den Haag, gab einen Überblick über die zweite Phase des Verfahrens vor dem geplanten EEUPC-Gericht, die Interimsphase, in der der "judge rapporteur" aktives "case management" betreiben soll. Der "judge rapporteur" soll die Parteien nach Abschluss der schriftlichen Phase zu einer Interimskonferenz zusammenrufen, in der der Fall nach dem Austausch aller Argumente eventuell schon verglichen werden kann. Das Interimsverfahren sollte nicht länger als zwei Monate dauern und dient der effizienten Vorbereitung der mündlichen Verhandlung - immer unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Das kann unter Umständen auch den Austausch weiterer Schriftsätze beinhalten, die Aufforderung zur Vorlage von Beweismitteln, zur Klarstellung bestimmter Punkte. Der "judge rapporteur" lädt am Ende der Interimsphase zur mündlichen Verhandlung und gibt den Fall an den Vorsitzenden Richter ab, der die mündliche Verhandlung leitet. Der "judge rapporteur" hat umfangreiche Befugnisse, die ihm ein effektives "case management" ermöglichen. Er kann z. B. die Frist zur Klageerwiderung verlängern, wenn es dafür Gründe gibt. Er entscheidet darüber, ob Zuständigkeitsrügen sofort behandelt, der Kammer vorgelegt oder im Hauptverfahren aufgegriffen werden. Sowohl der "judge rapporteur" wie auch jede Partei kann jede Frage an die Kammer überweisen, wobei allerdings die Anordnung des "judge rapporteur" zunächst bestehen bleibt. Zusammenfassend könne gesagt werden, dass das "case management" nach dem Konzept des Entwurfs für die EEUPC-Verfahrensordnung eine schwierige Aufgabe für sehr erfahrene Patentrichter sei.
Lord Justice Robin Jacob, Richter am englischen Court of Appeal, widmete seinen Vortrag der mündlichen Verhandlung, erinnerte aber zunächst daran, dass das Projekt eines Europäischen Patentgerichts mindestens bis zur Europaratsinitiative des Jahres 1949 zurückverfolgt werden könne. Auch spätere Pläne scheiterten an der Sprachenfrage (obwohl es hier pragmatische Lösungen gebe), insbesondere aber daran, dass Politiker und Juristen ohne Kenntnis des Patentsystems nicht verstünden, was in diesem Bereich für die Industrie wesentlich sei. In den späten 90er-Jahren habe eine Gruppe von Richtern die Idee geboren, ein gemeinsames Patentgericht für diejenigen EPÜ-Vertragsstaaten zu schaffen, die sich daran beteiligen wollten. Dieses European Patent Litigation Agreement (EPLA) sei dann durch Entwicklungen in der EU in den Hintergrund gedrängt worden, habe dort aber als Basis gedient. Schließlich hätten einige Richter vor ein paar Jahren bei einem Treffen in Venedig Grundzüge eines Verfahrensrechts für das neue Gericht entwickelt, die in den hier präsentierten Entwurf eingeflossen seien.
Sich der mündlichen Verhandlung zuwendend, führte Sir Robin aus, dass sie normalerweise nicht länger als einen Tag dauern sollte, es aber genügend Flexibilität gebe, wenn das für umfangreiche Fälle nicht ausreichen sollte. Entscheidend sei, dass das Gericht die zu behandelnden Punkte definiere und das Verfahren insoweit streng kontrolliere. Das Verfahren müsse fair geführt werden und umfasse die Möglichkeit, Tatsachenbeweise zu überprüfen. Cross-examination englischen Zuschnitts gebe es aber nur, wenn gute Gründe dafür sprechen - etwa bei Unstimmigkeiten bei der Bewertung von Beweisen für eine Vorbenutzung oder für allgemeines Fachwissen. Im Gegensatz zum heutigen englischen Verfahren dürften einander widersprechende Gutachten selten Anlass für mündliche Einvernahmen geben. Bei Gutachten sei der Begründung mehr Beachtung zu schenken als dem Ergebnis. Überraschungszeugen würden nicht zugelassen. Vertagungen der mündlichen Verhandlung sollten bei guter Vorbereitung des Falles die absolute Ausnahme sein. Weitere Punkte seien die gegebenenfalls erforderliche Simultanübersetzung, die Aufzeichnung der mündlichen Verhandlung sowie die Verkündung der schriftlich begründeten Entscheidung sobald wie möglich nach Schluss der mündlichen Verhandlung. Bei einem solchen Verfahren sei die Fähigkeit des Richters entscheidend, die Verhandlung straff zu führen; das erfordere gute Vorbereitung. Das erfordere aber gleichermaßen eine Ausbildung der Anwälte.
Eurico José Marques dos Reis erläuterte abschließend, welche Regeln für den Erlass von einstweiligen Maßnahmen vorgesehen sind. Das sind nach Artikel 37 EEUPC-Vertragsentwurf insbesondere die einstweilige Unterlassungsverfügung gegen den vermeintlichen Patentverletzter oder Dritte, deren Dienste als Mittelsperson letzterer in Anspruch genommen hat, die Anordnung der Beschlagnahme oder Herausgabe von mutmaßlich verletzenden Waren, und die vorsorgliche Beschlagnahme von beweglichem oder unbeweglichem Vermögen des angeblichen Patentverletzers oder die Sperrung seiner Bankkonten, wenn die Erfüllung einer Schadensersatzforderung fraglich erscheint.
Nach dem Entwurf der EEUPC-Verfahrensordnung muss die Partei, die eine einstweilige Maßnahme beantragt, eine Antragsschrift einreichen, deren Inhalt mutatis mutandis einer Klageschrift entspricht. Der Antragsteller muss die beantragte Maßnahme genau bezeichnen und außerdem genau beschreiben, welche Klage vor dem Gericht bereits anhängig ist oder in Kürze anhängig gemacht wird; er muss den Nachweis erbringen, dass eine einstweilige Maßnahme erforderlich ist, um eine drohende oder andauernde Verletzung zu unterbinden. Wird der Erlass inaudita altera parte beantragt, sind die Gründe dafür darzulegen. Hat der Antragsteller von der Handlung erfahren, gegen die sich sein Antrag richtet, muss er seinen Antrag innerhalb einer angemessenen Frist stellen und die vorgeschriebene Gebühr entrichten. Wer befürchtet, dass demnächst eine einstweilige Maßnahme gegen ihn beantragt werden wird, kann beim Gericht eine Schutzschrift einreichen, die im Gerichtsregister eingetragen wird. Dieser Eintrag wird gelöscht, wenn nach drei Monaten noch kein Verfahren auf Erlass einstweiliger Maßnahmen eingeleitet wurde.
Herr Eurico José Marques dos Reis erläuterte weiter, dass im Interesse eines zügigen Verfahrens die Entscheidung über Anträge auf einstweilige Maßnahmen in der Regel vom Einzelrichter getroffen werde. Das Gericht habe ein Ermessen, ob es den Antragsgegner über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Maßnahme informiere, ob es ihn zur Einreichung einer Antragserwiderung auffordere, ob es eine mündliche Verhandlung mit dem Antragsteller allein oder mit beiden Parteien anberaume oder ob es sogleich eine Entscheidung erlasse. Bei der Ausübung des Ermessens sei die Dringlichkeit des Falles ein entscheidender Gesichtspunkt. Das Gericht könne die Parteien auch dazu auffordern, vor oder während der mündlichen Verhandlung weiteres Material vorzulegen, aufgrund dessen mit ausreichender Wahrscheinlichkeit z. B. auf die Gültigkeit des Patents oder die Verletzung geschlossen werden könne. Bei der Entscheidung über einstweilige Maßnahmen sei immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und der Schaden zu berücksichtigen, der einer der Parteien durch den Erlass bzw. Nicht-Erlass der einstweiligen Maßnahme erwachsen könne. Das Gericht müsse dafür Sorge tragen, dass alle einstweiligen Maßnahmen auf Antrag des Antragsgegners aufgehoben werden, wenn der Antragsteller nicht innerhalb von 31 Tagen das Hauptsacheverfahren beginne. Die Entscheidungen des erstinstanzlichen Gerichts würden auf Antrag durch das Berufungsgericht überprüft.
In der Diskussion wurde bemängelt, dass das Gericht erst in der Interimsphase direkten Kontakt mit den Parteivertretern aufnehme; es erscheine nützlich, schon in einer sehr frühen Phase, etwa nach dem ersten Austausch von Schriftsätzen, mit den Parteivertretern zu telefonieren oder sogar eine frühe mündliche Verhandlung zu planen. Die Referenten erklärten, dass der "judge rapporteur" im Rahmen seiner Case-management-Befugnisse ohne Weiteres schon während der schriftlichen Phase die Parteien kontaktieren könne, wenn ihm das sinnvoll erscheine.
Es wurde befürchtet, die Möglichkeit, eine Entscheidung des "judge rapporteur" durch die Kammer überprüfen zu lassen, könne zu einem Mittel der absichtlichen Verfahrensverschleppung werden. Wenn aber der "judge rapporteur" in der Interimsphase von einem technischen Experten unterstützt werde, würde die Autorität seiner Entscheidungen gestärkt; bei einer Entscheidung auf breiter Grundlage könnte man auf die Überprüfung durch die Kammer verzichten. Besser sei es, wenn der "judge rapporteur" die Beschwerde zum Berufungsgericht zulassen könnte - entweder direkt oder nur zusammen mit der Endentscheidung. Nach Auffassung der Verfasser der EEUPC-Verfahrensordnung soll jedoch immer die Kammer und nicht das Berufungsgericht Entscheidungen des "judge rapporteur" überprüfen. Wo er es für notwendig erachte, könne er einen technischen Experten aus dem Richterpool hinzuziehen, sich informell mit seinen Kollegen aus der Kammer abstimmen oder die Frage der Kammer vorlegen.
Eine weitere Frage war, ob das Gericht oder der "judge rapporteur" angehalten ist, die Parteien über die vorläufige Einschätzung des Falls zu informieren. Die Referenten hielten es für durchaus erwägenswert, eine solche Vorschrift in den Entwurf aufzunehmen, wobei es eher als Aufgabe der Kammer denn als Aufgabe des Einzelrichters angesehen wurde, eine solche Mitteilung zu erlassen. Das Verfahrensrecht des deutschen Bundespatentgerichts und der EPA-Beschwerdekammern könnte als Modell dienen.
Schließlich wiesen die Referenten noch darauf hin, dass spätes Vorbringen zugelassen werden solle, wenn der Einreichende überzeugend dartun könne, dass er das Beweismittel nicht früher vorlegen konnte. Bezüglich des Zeitpunkts der Verkündung der Entscheidung erinnerten einige Teilnehmer daran, dass nach deutschem Verfahrensrecht die Entscheidung - wie bei den Beschwerdekammern des EPA - in der Regel am Ende der mündlichen Verhandlung verkündet, die schriftliche Begründung aber erst später zugestellt werde.
IV. Eine Arbeitssitzung unter dem Vorsitz von Boleslaw Bialkowicz, Mitglied des Judicial Affairs Department des polnischen Patentamts, befasste sich mit Ausschlüssen von der Patentierbarkeit unter besonderer Berücksichtigung des medizinischen Bereichs.7
Sylvie Mandel, Conseiller an der französischen Cour de cassation, resümierte die französische Rechtsprechung zum Ausschluss von der Patentierbarkeit der heute in Artikel 53 c) EPÜ genannten Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und von Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden. Brigitte Günzel, Vorsitzende der Juristischen Beschwerdekammer des EPA, konzentrierte sich auf zwei kürzlich ergangene Entscheidungen der Großen Beschwerdekammer. Die eine betraf den Begriff des chirurgischen Verfahrens i. S. d. Artikels 53 c) EPÜ8 und die andere die Frage, ob neue Dosierungsanleitungen für bekannte Arzneimittel nach Artikel 54 (5) EPÜ als weitere medizinische Indikationen geschützt werden können9. Peter Meier-Beck, Vorsitzender Richter am deutschen Bundesgerichtshof, führte in die Problematik der Patentierung menschlicher Stammzellen ein, die sein Gericht dem EU-Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt hat10, und schloss mit Anmerkungen zur Patentierbarkeit zweiter und weiterer medizinischer Indikationen.
In der Diskussion wandte sich Frau Günzel gegen Kritik an der Patentierbarkeit neuer Dosierungsanleitungen und konnte klarstellen, dass für die Patentierung einer weiteren medizinischen Indikation eine rein verbale Änderung der Dosierungsanleitung nicht ausreiche. Entscheidend sei, dass die Veränderung der Dosierung oder der Art der Verabreichung eine andere physiologische Wirkung in den Patienten hervorrufe und somit ein anderer technischer Effekt erzielt werde. Neue Dosierungsempfehlungen könnten Vorteile bringen wie die Vermeidung von Nebenwirkungen oder die Reduzierung des Wirkstoffanteils. In dem konkreten Fall klinge die Anweisung "vor dem Schlafengehen einzunehmen" banal, beruhe aber auf Erkenntnissen über den Leberstoffwechsel, nach denen die Wirksubstanz nachts weniger toxisch auf die Leber wirke. Eine solche Erfindung könne ebenso wertvoll sein wie der Einsatz eines bekannten Arzneimittels zur Behandlung einer Krankheit, die bisher nicht damit bekämpft wurde.
Ein Teilnehmer griff die Frage auf, wie die Verletzung eines Anspruchs auf eine neue Dosierungsanleitung festgestellt werden kann, und vertrat die Auffassung, es werde auf die Herrichtung des Präparats ankommen, d. h. darauf, ob z. B. auf dem Beipackzettel die neue Dosierung vom Hersteller empfohlen werde. Wenn ein Arzt seinem Patienten ein altes auf dem Markt befindliches Produkt mit dem fraglichen Wirkstoff verschreibe und empfehle, es entsprechend der neuen Dosierungsanleitung einzunehmen, so stünde ihm das frei.
V. Eine weitere Arbeitssitzung, geleitet von Tomas Norström, Richter am Stockholm City Court, war der Patentierbarkeit computer-implementierter Erfindungen gewidmet11. Dai Rees, Vorsitzender einer Technischen Beschwerdekammer des EPA, umriss zunächst die Problematik des Patentierungsausschlusses für Computerprogramme. Er erläuterte sodann, mit welchen Schlussfolgerungen die Große Beschwerdekammer zu dem Ergebnis gelangte, die entsprechende Fragen thematisierende Vorlage der Präsidentin des EPA nach Artikel 112 (1) b) EPÜ sei unzulässig.12Randall R. Rader, Chief Judge am US-amerikanischen CAFC, berichtete über die vor kurzem ergangene Entscheidung des US Supreme Court "In re Bilski".13 Den vom CAFC entwickelten "machine or transformation test" für die Unterscheidung von "abstract ideas" und Patentierbarem habe der Supreme Court zwar als in vielen Fällen nützliches Hilfsmittel angesehen; für maßgeblich erachte er jedoch die Definition des Begriffs "abstrakt".
In der Diskussion wurde die Frage gestellt, ob nicht der Ausschluss der Programme für Datenverarbeitungsanlagen als solche zu einem Ausschluss ohne sachlichen Gehalt werde. Denn erstens werde ein Anspruch noch nicht allein deshalb neu und erfinderisch, weil er durch ein Computerprogramm implementiert werde. Und zweitens müsse man ja alles außer Acht lassen, was anderweitig, etwa als Geschäftsmethode, ausgeschlossen sei. Welchen Test solle daher ein Richter anwenden, wenn er dem EPA-Ansatz folgen wolle. Herr Rees entgegnete, dass man den Akzent nicht auf den Ausschluss legen sollte; das EPA versuche, von dieser Denkweise wegzukommen. Zwar würde das EPA in einem Fall wie Bilski vermutlich den Anspruch als auf einen nach Artikel 52 (2) EPÜ nicht patentierbaren Gegenstand gerichtet ansehen. Wenn jedoch z. B. irgendein Verwaltungsverfahren auf einem Computer ausgeführt werde, sei das keine Frage des Patentierungsausschlusses, sondern etwas, was offensichtlich im Rahmen der allgemeinen Entwicklung liege und daher nicht erfinderisch sei. Die Ausschlussbestimmung sei im Übereinkommen vorhanden und habe nach dem Willen des Gesetzgebers eine bestimmte Bedeutung. Aber in der täglichen Praxis spiele sie eine geringe Rolle, da selbst die Anmelder bei einer computer-implementierten Prozesssteuerung die Implementierung auf einem Computer nicht als erfinderisch betrachteten.
Ein anderer Teilnehmer nahm auf eine schon ältere englische Entscheidung Bezug, nach der kein Patent für den beanspruchten Taschenrechner gewährt wurde, weil das, was der Anmelder nach Auffassung des Court of Appeal14 tatsächlich erfunden hatte, ein besserer Algorithmus für die Berechnung einer Quadratwurzel war. Er fragte, ob im Lichte des heutigen EPA-Ansatzes der technische Beitrag zur Herstellung eines besseren Taschenrechners anerkannt werden könnte. Herr Rees hielt das für möglich, warnte aber zugleich, dass die Beurteilung von Algorithmen delikate Fragen aufwerfe. Ein Richter ergänzte, dass in einem kürzlich in England entschiedenen Fall ein Patent gewährt wurde, weil der Algorithmus den Computer schneller machte. Die angemessene Anwendung der aus der Frühzeit der elektronischen Datenverarbeitung stammenden Ausschlussbestimmungen des EPÜ sei heutzutage schwierig.
Der Anspruch Bilskis wurde aus englischer Sicht charakterisiert als Versuch, ein unangemessenes Monopol auf Verfahren zur Absicherung von Wetten zu bekommen; aber das sei ein zu breiter Anspruch oder es fehle die ausreichende Offenbarung. Judge Rader wurde daher mit der Frage konfrontiert, was an dem Anspruch abstrakt sei. Er gab zu, dass das eine berechtigte Frage sei. Aber in diesem Rechtsbereich habe sich eine Rechtsprechung entwickelt, die der Anspruchsform mehr Gewicht beimesse als dem materiellen Gehalt. Da es sich um einen Ausschluss bestimmter Gegenstände handle, müsse "abstrakt" nicht definiert werden, wenn diese Gegenstände verständlich, konkret und in irgendeiner Weise nützlich seien; weiter führe dann die Frage, ob sie im Stand der Technik vorweggenommen seien. Wenn aber der Begriff "abstrakt" zum entscheidenden Punkt einer Entscheidung werde, müsse man sich um Grenzziehungen bemühen. Am ehesten könne man als abstrakt bezeichnen, was so vage sei, dass es sich als unmöglich erweise, einen Stand der Technik zu identifizieren, in dem recherchiert werden könne.
Ein Teilnehmer resümierte, dass man die Zeit nicht damit zubringen solle, zu definieren, was eine abstrakte Idee oder ein ausgeschlossener Gegenstand sei. Zielführender sei es, einen Fall, wann immer möglich, danach zu entscheiden, ob eine erfinderische Tätigkeit vorliege.
VI. Pieter-Paul Bracke, Vorsitzender einer Technischen Beschwerdekammer des EPA, leitete die Arbeitssitzung, in der die Frage erörtert wurde, welche Rolle die Absicht in Patentansprüchen spielt15. Dieter Brändle, Ersatzoberrichter am Handelsgericht des Kantons Zürich und designierter Präsident des schweizerischen Bundespatentgerichts, untersuchte - ausgehend von der Feststellung, dass Patente Willenserklärungen sind, in denen der Anmelder erklärt, welche technische Lehre er für sich geschützt haben will - ob und gegebenenfalls wo subjektive Elemente im Patentrecht zu beachten sind. Er berührte Fragen wie: Kommt es auf den Willen des Anmelders oder des Erfinders an? Welche Rolle spielen Willensäußerungen im Erteilungsverfahren? Nach wessen Verständnis ist ein Anspruch oder eine Beschreibung auszulegen? Rainer Moufang, rechtskundiges Mitglied der Beschwerdekammern des EPA, ging in seinem Vortrag auf die Bedeutung von Verwendungs- und Zweckangaben in Patentansprüchen ein. Christopher Floyd, Richter am Patents Court in London, berichtete, wie Ansprüche auf neu erkannte Verwendungsmöglichkeiten eines bekannten Stoffes von englischen Gerichten vor Inkrafttreten des EPÜ und in der jüngeren Vergangenheit gesehen wurden, und überlegte, wie bessere Anspruchsformulierungen für derartige Erfindungen aussehen könnten.
In der Diskussion stimmte ein Richter Herrn Moufang zu und bestätigte, dass in Deutschland ein Anspruch auf eine Vorrichtung für einen bestimmten Zweck in der Regel so zu lesen sei, dass die Vorrichtung für einen bestimmten Zweck geeignet sei, und diese Eignung Einfluss auf die räumlich-körperliche Ausgestaltung des Gegenstandes haben könne, weil er für den Zweck z. B. eine bestimmte Größe haben müsse. Ein anderer Richter berichtete, in Deutschland würde die Verletzung eines Verwendungsanspruchs danach beurteilt, ob das Produkt (auch) für die patentgegenständliche Verwendung hergerichtet sei, z. B. durch Angaben über diese Verwendung in der Gebrauchsanweisung; solche Angaben seien ein objektivierbares Unterscheidungsmerkmal. Bei einem Anspruch auf die Verwendung eines an sich schon bekannten Verfahrens zu einem neuen Zweck könne in der Praxis fast nur eine mittelbare Patentverletzung vorliegen: Jemand stelle ein Produkt her, das in dem Verfahren verwendet werden könne, um den gewünschten neuen Zweck zu erreichen, und er schreibe explizit in die Gebrauchsanweisung, dass der neue Verfahrenszweck erreicht werden könne. Denn anders als bei einem Verwendungsanspruch auf ein Produkt, bei dem sich die Einsetzbarkeit zur neuen Verwendung z. B. durch entsprechende Angaben in der Gebrauchsanweisung manifestiere, sei bei einem Anspruch auf eine neue Verwendung eines Verfahrens eine solche objektiv feststellbare Manifestation der neuen Verwendung kaum denkbar. Ein mutmaßlicher Verletzer könne immer sagen, er verwende das Verfahren nur im Hinblick auf den schon lange bekannten Zweck. Von deutscher Seite wurden auch Zweifel an der Mobil-Entscheidung der Großen Beschwerdekammer16 geäußert, weil für eine Patentierung die Entdeckung nicht ausreiche, dass ein Gegenstand, der im selben technischen Kontext in schon bisher üblicher Weise verwendet werde, einen bisher nicht erkannten Effekt hervorrufe. Denn hier gebe es im Verletzungsprozess keine objektiven Unterscheidungsmöglichkeiten, sodass es auf die Absicht des Anwenders ankommen würde, welchen Effekt er herbeiführen wolle (und damit notwendigerweise auch den anderen erziele).
Ein anderer Teilnehmer sah in Verwendungsansprüchen den wünschenswerten und sinnvollen Anreiz, nach weiteren Verwendungsmöglichkeiten schon bekannter Stoffe zu forschen. Wieder ein anderer warf die Frage auf, ob es angemessen sei, dem, der eine Funktion eines natürlich vorkommenden Proteins entdecke, dessen Existenz bekannt sei und das aus seiner natürlichen Umgebung isoliert werden könne, dessen Funktion aber bisher unbekannt gewesen sei, ein Patent zu erteilen, das sich auf alle - auch die erst später bekannt werdenden - Funktionen des Proteins erstrecke. Er nahm dabei auch auf die Monsanto-Entscheidung des EU-Gerichtshofs Bezug,17 gemäß der auch ein Produktanspruch als auf die vom Patentinhaber offenbarte Funktion beschränkt ausgelegt werden müsse. Müsse dieses Prinzip nicht breiter auf natürlich vorkommende Proteine und Nukleinsäuren angewendet werden, und sollte nicht schon im Erteilungsverfahren eine derartige Beschränkung expressis verbis in den Anspruch aufgenommen werden? Während diese Auffassung im Auditorium Unterstützung fand, erläuterte Herr Moufang, dass bei der Implementierung der EU-Biotechnologie-Richtlinie in der Ausführungsordnung zum EPÜ keine solche Schutzbereichsbeschränkung vorgesehen, eine solche Vorschrift aber ins deutsche und ins schweizerische Patentgesetz aufgenommen worden sei. Diese Situation könne dazu führen, dass ein europäisches Patent von Land zu Land ganz unterschiedlich ausgelegt werde. Abgesehen davon sei es gelegentlich schwer, genau festzustellen, was die vom Anmelder offenbarte Funktion sei - z. B. ob die Erfindung die Bekämpfung von Krebs allgemein oder nur einer bestimmten Krebsart betreffe.
Von anderer Seite wurde darauf hingewiesen, dass diese Frage nicht auf den Bereich der Biotechnologie beschränkt sei, sondern sich das Prinzip des absoluten Stoffschutzes für alle neuen chemischen Verbindungen im letzten Jahrhundert herausgebildet habe. Heute habe man damit Schwierigkeiten, die es zu lösen gelte; in Beschränkungen des Anspruchs nach nicht präzise definierbaren verschiedenen Verwendungsmöglichkeiten liege aber kaum die Lösung. Diesem Kommentar wurde entgegengehalten, dass er einen ganz anderen Fall betreffe. Wenn man eine neue chemische Verbindung oder eine neue Maschine mache, habe man den Stand der Technik um diese Gegenstände und die beschriebenen Verwendungsmöglichkeiten bereichert. Gehe es jedoch um natürlich vorkommende Substanzen, von deren Existenz man wisse, bestehe der Beitrag zum Stand der Technik nur in der aufgefundenen Verwendungsmöglichkeit. Hier gebe es Raum für eine Rechtsentwicklung und eine präzisere Definition des erfinderischen Beitrags bei der Abfassung des Anspruchs.
VII. Die Fallstudie "Klappbare Dachbodentreppe" bildete den Abschluss des zweiten Tages des Richtersymposiums.18João Bernardo, Juiz-Conselheiro am portugiesischen Obersten Gerichtshof, moderierte Beginn und Abschluss dieser Arbeitssitzung. Ulrich Joos, Jurist am EPA, und Dieter Stauder, emeritierter Professor der Universität Robert Schuman in Straßburg, führten in den Fall ein, bevor die Teilnehmer - aufgeteilt in eine englischsprachige, eine deutschsprachige und eine französischsprachige Gruppe - den Fall bearbeiteten. Zum Abschluss der Arbeitssitzung wurden dem Plenum die erarbeiteten Falllösungen vorgestellt.
Robin Jacob berichtete über die Diskussionen in der englischsprachigen Gruppe. Sie hielt das Patent für ungültig, bejahte aber - für den Fall, dass man es als gültig ansieht - die Verletzung. Die Auslegung zweier Anspruchsmerkmale wurde für wichtig erachtet: Erstens "Deckenöffnung gegebener Größe", was wohl einfach bedeute "Deckenöffnung, in die die Dachbodenleiter eingepasst werden muss". Das zweite relevante Merkmal "sodass die Längsträger des Innenrahmens zu den Längselementen des Außenrahmens in einem vorgegebenen Abstand nach innen versetzt sind" sei problematischer. Was bedeute vorgegeben? Von wem wird der Abstand vorgegeben? Aus der Beschreibung lasse sich ableiten, dass es eigentlich um die Vermeidung zu großer Belastung der Gelenke der Stützarme gehe.
Bezüglich der Neuheitsfrage war das Ergebnis, dass das Foto nichts zeige und daher nicht neuheitsschädlich sei. Was die Zugänglichmachung der Erfindung gegenüber dem Minister und dem Fotografen betrifft, seien die Meinungen geteilt gewesen; war es von Bedeutung, ob der Minister oder der Fotograf die Konstruktion verstehen konnten, weil sie entsprechendes Fachwissen hatten? Letztlich müsse aber diese Konstruktion nach dem gesetzlich vorgegebenen Maßstab als vorweggenommen gelten. Damit sei aber noch nicht geklärt, ob auch das beanspruchte Herstellungsverfahren vorweggenommen war. Hier sei zu entscheiden gewesen, ob der Anspruch so zu verstehen sei, dass die beanspruchten Verfahrensschritte nur in der aufgeführten Reihenfolge ausgeführt werden können, oder dass auch eine andere (technisch denkbare) Reihenfolge möglich ist. Die Entscheidung sei zugunsten der zweiten Auslegungsalternative gefallen. Im Ergebnis war durch die Zugänglichmachung für den Minister, den Fotografen und in den Privathäusern das Herstellungsverfahren vorweggenommen, da jeder Fachkundige nun eine solche Treppe nachbauen konnte.
Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit vertraten etliche die Meinung, die Verbesserung der offensichtlich schlechten Konstruktion des Standes der Technik sei eine naheliegende Lösung gewesen.
Der erste Einwand gegen die Verletzungsklage, nämlich dass der Verletzer nicht die Größe der Deckenöffnung vorgebe, wurde aufgrund der oben genannten Auslegung des Anspruchs als unerheblich verworfen. Der zweite Einwand, er wähle zufällig dieselben Abstände zwischen Außen- und Innenrahmen wie der Kläger, um die jeweils breitestmögliche seiner Leitern einbauen zu können, überzeugte die Gruppe ebenfalls nicht.
Aufgefallen sei ein Widerspruch in der Argumentation des Beklagten, was seine Einwände gegen die Gültigkeit des Patents einerseits und die Einwände gegen die Verletzungsklage andererseits angehe. Bezüglich der Verletzung leugne er jede Bedeutung des Vorgegebenseins von bestimmten Maßen, während für den Angriff auf die Gültigkeit des Patents diese Merkmale relevant seien; d. h. der Beklagte stütze sich auf eine enge Auslegung, um dem Vorwurf der Verletzung zu entgehen, und auf eine etwas weitere für die Zwecke seines Nichtigkeitseinwandes.
Irmgard Griss, Präsidentin des österreichischen Obersten Gerichtshofs, stellte die Falllösung der deutschsprachigen Gruppe vor. Auch hier wurde die Neuheit verneint, aber, wenn das Patent gültig wäre, der Eingriff bejaht. Mehrheitlich habe man jedoch die erfinderische Tätigkeit bejaht. Die Möglichkeit der neuheitsschädlichen Kenntnisnahme i. S. d. Artikels 54 (1) EPÜ war nicht durch das Foto des Ministers gegeben, aber jedenfalls durch den Einbau der Dachbodenleitern in den Privathäusern: die Möglichkeit, von den konstruktiven Details Kenntnis zu nehmen, sei ausreichend, ob es tatsächlich geschehe, sei unerheblich.
Bei der erfinderischen Tätigkeit ging die Gruppe davon aus, dass die Dachbodentreppe nach dem Stand der Technik eine in aller Regel zufriedenstellende Lösung war und nur in besonderen Konstellationen Funktionsstörungen auftraten. Zwar wurde das Problem der Stützarmbelastung, wenn diese stark gebogen sind, als offensichtlich bewertet, die gefundene Lösung sei jedoch mehrheitlich als nicht naheliegend angesehen worden.
Der Eingriff in Anspruch 1 sei bejaht worden. Bezüglich des Eingriffs in Anspruch 6 habe man überlegt, dass Anspruch 1 in der Auslegung durch die deutschsprachige Gruppe die Abfolge der Verfahrenschritte offen lässt - dann bräuchte man Anspruch 6 nicht. Würde man jedoch Anspruch 1 so auslegen, dass er die Abfolge der Verfahrensschritte zwingend vorgibt, dann könnte man Anspruch 6 als Sachanspruch lesen, der jedes Herstellungsverfahren erfasst.
Bernard Corboz, Bundesrichter am schweizerischen Bundesgericht, fasste die Ergebnisse der französischsprachigen Richter zusammen. Die Veröffentlichung des Fotos sei nicht neuheitsschädlich gewesen. Zwar seien Minister und Fotograf direkt mit dem Prototyp der Dachbodentreppe in Berührung gekommen; aber als fachfremde Personen hätten sie das Herstellungsverfahren nicht erkennen können. Das Foto selbst enthalte nicht genügend Informationen zur Ausführung der Erfindung. Bezüglich des Einbaus der Dachbodentreppe habe man sich gefragt, ob sie vorgefertigt geliefert oder vor Ort zusammengebaut werde, da letzteres das Verständnis, worin die Erfindung bestehe, erleichtert hätte. Bezüglich der Angestellten des Klägers, die den Einbau vornahmen, ging die französischsprachige Gruppe davon aus, dass sie zur Geheimhaltung verpflichtet seien. Bezüglich des Anspruchs 1 wurde die Auffassung vertreten, dass die Installation der in einer Fabrik vorgefertigten Treppe das Verfahren für deren fabrikmässige Fertigung nicht offenbare. Bezüglich des Produktanspruchs 6 war man geteilter Auffassung darüber, ob durch den Einbau in Privathäuser die Treppe im Prinzip jedermann, z. B. Gästen der Hausbesitzer, zugänglich geworden ist, oder ob das anders zu bewerten sei als die Situation, dass ein Buch in eine öffentliche Bibliothek gestellt werde, weil nicht jedem der Zugang zu den Privathäusern offenstehe.
Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit folgte die französischsprachige Gruppe ihrem technisch sachverständigen Mitglied, das deren Vorliegen bejahte. In einem wirklichen Prozess hätten zwar die Parteien durch eigene Gutachten weitere Argumente ins Verfahren einbringen können; hier jedoch gab es keine Gründe, an der Einschätzung des Fachmanns aus der Gruppe zu zweifeln.
Die Verletzung des Patents des Klägers durch die Herstellung und den Vertrieb baugleicher Dachbodentreppen wurde bejaht; die Einwände der Beklagten kamen nicht zum Tragen. Der auf die Treppe selbst gerichtete Anspruch 6 wurde in dem Sinne ausgelegt, dass er nur Dachbodentreppen erfasst, die nach dem Verfahren nach Anspruch 1 hergestellt sind, während auf andere Weise hergestellte Treppen nicht in den Schutzbereich fallen würden. Daher wurde kein wesentlicher Unterschied zwischen der (bejahten) Verletzung des Anspruchs 1 und der Frage der Verletzung von Anspruch 6 angenommen.
Bevor Ulrich Joos die der Fallstudie zugrundeliegende englische Entscheidung19 kurz zusammenfasste, legte Dieter Stauder noch ein paar persönliche Gedanken zum Fall dar. Es sei eine kleine Erfindung aus einem kleinen Betrieb und die Abnehmer der Treppe sind kleine Leute, die für möglichst wenig Geld etwas Brauchbares erwerben wollen - das sei, sozusagen, der soziale Hintergrund des Falles. Der juristische Witz des Neuheitsproblems sei, ob man aus dem Foto oder durch die Untersuchung der Treppe den Kern des Verfahrens erkennen könne und die Vorteile der Standardisierung wesentlicher Bauteile. Wohl eher nein. Beim Einbau in die Privathäuser zeige sich die Härte des absoluten Neuheitsbegriffs, der dem verständlichen Wunsch, neue Konstruktionen erst einmal in der Praxis auszuprobieren, entgegenstehe. Auch widerstrebe es gelegentlich einem natürlichen Gerechtigkeitsempfinden, einen am Ende der Welt aufgefundenen Stand der Technik, den nie ein fachkundiger Mensch zur Kenntnis genommen habe, plötzlich als neuheitsschädlich oder der erfinderischen Tätigkeit entgegenstehend anzusehen. Aber unser Patentrecht ist jetzt so, wie es ist, und eine Neuheitsschonfrist - die in unserem Dachbodentreppenfall geholfen hätte - könne der Richter nicht einführen.
VIII. Die letzte Arbeitssitzung unter dem Vorsitz von Johannes Karcher war zum einen den Entwicklungen des nationalen Patentrechts und zum anderen der neueren nationalen Rechtsprechung gewidmet.20
Tobias Bremi hielt einen kurzen Vortrag über die Schaffung des neuen schweizerischen Bundespatentgerichts, die eine wichtige Entwicklung im Bereich der schweizerischen Patentgerichtsbarkeit darstellt. Aufgrund des föderalistischen Systems bestimmt bislang jeder der 26 Kantone jeweils ein Gericht als zuständig für Patentangelegenheiten, und in jedem Kanton ist ein eigenes Zivilprozessrecht für Patentstreitigkeiten anwendbar. 60 % aller Patentstreitigkeiten, das sind im Durchschnitt ca. 30 - 40 Fälle jährlich, werden vor vier Handelsgerichten verhandelt, die mangels technisch vorgebildeter Richter im Spruchkörper in der Regel die Hilfe von Gutachtern in Anspruch nehmen. Dies ist weder der schnellen Durchführung der Verfahren noch der konsistenten Rechtsprechung zuträglich und wird schon lange als Missstand kritisiert.
Im Zuge der jüngsten Justizreform wurde es möglich, verschiedene verfassungsrechtliche Hindernisse zu überwinden und insbesondere ein schweizerisches Bundespatentgericht zu schaffen. Dieses Gericht wird ausschließlich zuständig sein für Nichtigkeits- und Verletzungsklagen, für Klagen auf Erteilung einer Lizenz sowie für die Anordnung von vorsorglichen Maßnahmen und für die Vollstreckung derartiger Entscheidungen. Die Gerichtsleitung umfasst zwei hauptamtliche Richter: Dieter Brändle als Präsidenten mit juristischem Hintergrund und Tobias Bremi als Richter mit technischem Hintergrund. Daneben wurden ca. 20 technisch vorgebildete und ca. 10 juristisch vorgebildete Fachrichter gewählt, die jeweils von Fall zu Fall als nebenamtliche Richter hinzugezogen werden sollen. Es wird also für Patentstreitigkeiten in der ganzen Schweiz bald nur noch ein einziges nationales erstinstanzliches Gericht, das Bundespatentgericht, und nur eine einzige Rechtsmittelinstanz, das Bundesgericht, geben. Damit wird der Instanzenweg verkürzt und der Weg zu einem rechtskräftigen Urteil beschleunigt. Das neue Gericht wird seinen Sitz in St. Gallen haben und seine Tätigkeit voraussichtlich am 1. Januar 2012 aufnehmen.
Richard Arnold berichtete über die Änderungen am britischen Patentlandgericht, das vor rund zwanzig Jahren geschaffen wurde, um über einfache Fälle von begrenzter wirtschaftlicher Bedeutung zu entscheiden, sein Ziel aber leider nicht erreicht hat. Aus diesem Grund wurden verschiedene Reformvorschläge vorgelegt, die das System effizienter und auch wirtschaftlicher machen sollen. So ist insbesondere eine radikale gerichtliche und verfahrensrechtliche Reform nach dem Vorbild des Entwurfs einer Verfahrensordnung des Gerichts für europäische Patente und EU-Patente vorgesehen. Die Höhe des zuzuerkennenden Schadenersatzes soll auf 500 000 GBP und die (bisher unbegrenzte) Kostenerstattung an die obsiegende Partei auf 50 000 GBP beschränkt werden, sodass das Risiko für den Beklagten von Anfang an überschaubar bleibt. Zudem wird das Verfahren grundlegend vereinfacht, indem die Parteien ihre Sache weitgehend schriftlich vortragen sollen. Damit wird laut diesem Reformvorschlag für Patentstreitigkeiten, bei denen es um relativ niedrige Summen geht, ein völlig gesondertes Forum geschaffen.
Sylvie Mandel teilte mit, dass das Landgericht Paris und das Berufungsgericht Paris seit Anfang 2010 für Patentsachen ausschließlich zuständig sind. Die Bearbeitungsdauer beträgt rund 15 Monate bzw. ein Jahr (Kassationsgericht).
Ulrika Stenback Gustavson gab bekannt, dass im November 2008 verschiedene Änderungen der schwedischen Zivilprozessordnung in Kraft getreten sind. Insbesondere ist bei Zivilklagen in Patentsachen eine Berufung nur mit Genehmigung des Berufungsgerichts zulässig. In Schweden ist nur ein Gericht mit Patentstreitigkeiten befasst, nämlich das Amtsgericht Stockholm.
Raimund Lutz hob aus deutscher Sicht hervor, dass die Arbeiten an der Schaffung des künftigen Gerichts für europäische Patente und EU-Patente, die derzeit die Diskussion beherrschen, nicht den Blick dafür verstellen dürfen, dass für Patentstreitigkeiten in Europa bislang noch die nationalen Gerichte zuständig sind. Selbst wenn das neue europäische Gericht sofort geschaffen würde, dauerte es sicherlich noch 10 bis 15 Jahre, bis der erste Fall vor diesem Gericht verhandelt würde. Bis dahin werden noch die nationalen Patentgerichte tätig sein, und das optimale Funktionieren dieser nationalen Patentgerichtsbarkeit muss unbedingt sichergestellt werden. Der deutsche Gesetzgeber hat deshalb ein Patentrechtsmodernisierungsgesetz verabschiedet, mit dem die Verfahrensregeln in Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundespatentgericht und vor dem Bundesgerichtshof verbessert wurden, sodass die Beweiserhebung auf der Ebene des Bundespatentgerichts konzentriert und der Bundesgerichtshof davon weitgehend entlastet wird. Dieses Gesetz, das am 1. Oktober 2009 in Kraft getreten ist, sieht außerdem vor, dass das Bundespatentgericht den Parteien vor der mündlichen Verhandlung seine vorläufige Meinung mitteilt: so erhalten diese einen Überblick über alle Vorbringen, und zugleich wird das Verfahren beschleunigt.
Ari Wiren teilte mit, dass in Finnland eine ähnliche Gesetzesänderung eingeführt wurde wie 2008 in Schweden, wonach über die Zulässigkeit von Berufungen bei Patentstreitigkeiten das Berufungsgericht entscheidet. Die größte Neuerung besteht jedoch darin, dass Verletzungs- und Nichtigkeitsklagen nunmehr zusammen behandelt werden.
Im zweiten Teil der Arbeitssitzung berichteten mehrere nationale Richter über Fälle, die in letzter Zeit von den Gerichten ihres Landes entschieden wurden. Die meisten Beiträge sind ab Seite 149 dieser Sonderausgabe des ABl. EPA vollständig wiedergegeben. An dieser Stelle soll kurz über den einen oder anderen wesentlichen Punkt der Beiträge berichtet werden.
David Kitchin berichtete aus dem Vereinigten Königreich über die Entscheidung Virgin Atlantic gegen Premium Aircraft des Berufungsgerichts, wo es um die Frage ging, welche Anordnungen ein nationales Gericht treffen sollte, das ein europäisches Patent abschließend für gültig erklärt hat, wenn gegen dieses Patent eine Beschwerde vor einer Technischen Beschwerdekammer des EPA anhängig ist. Das Gericht musste sich insbesondere mit den zwei Fragen auseinandersetzen, wie bei einer beantragten Unterlassungsanordnung und wie bei einer Schadenersatzklage zu verfahren ist.
Bezüglich der Unterlassungsanordnung befand das Berufungsgericht, dass der Anspruch des Klägers festgestellt wurde und ihm eine Unterlassungsanordnung nur aus ganz gewichtigen Gründen versagt werden kann, auch wenn das Patent natürlich noch vor der Beschwerdekammer des EPA widerrufen werden könnte. Hinsichtlich der Schadenersatzklage erachtete das Berufungsgericht seine Rechtsprechung als für sich bindend, d. h. wenn das nationale Gericht die Fragen der Verletzung und der Gültigkeit abschließend geklärt hat, sind diese Fragen zwischen den Parteien rechtskräftig entschieden. Der nachträgliche Widerruf des Patents durch das EPA wirkt sich insofern für die Zukunft aus, als eine etwaige Unterlassungsanordnung hinfällig wird. Der Anspruch auf Schadenersatz bleibt allerdings bestehen.
Hier stellt sich die schwierige Frage, ob es gerecht ist, dem Kläger für die fortgesetzte Verletzung nach der Entscheidung des Berufungsgerichts und bis zum Widerruf des Patents durch das EPA Schadenersatz zu gewähren, wenn doch das Patent im Falle eines Widerrufs als von Anfang an nichtig gilt.
Peter Messerli merkte hierzu an, dass die Beschwerdekammern des EPA nicht die Möglichkeit haben zu überprüfen, ob vor nationalen Gerichten Klagen anhängig sind. Die betroffenen Gerichte können jedoch beim EPA beispielsweise eine Beschleunigung des Verfahrens beantragen. Die Beschwerdekammern sind solchen Anträgen gegenüber durchaus aufgeschlossen.
Rian Kalden aus den Niederlanden ging auf drei der rund hundert Fälle ein, die das Landgericht Den Haag im Jahr 2010 behandelt hat.
In der Sache Solvay S.A. gegen Honeywell stellte das Gericht fest, dass es in Fällen, in denen unterschiedliche Gerichte über eine grenzüberschreitende Verletzung derselben (ausländischen) Patente durch zwei Parteien zu entscheiden haben, die in die gerichtliche Zuständigkeit verschiedener Länder (NL und BE) fallen, zu einander widersprechenden Entscheidungen über die Verletzung ein und desselben Patents durch das gleiche Produkt kommen kann. Wichtig ist daher die Auslegung des Begriffs "widersprechende Entscheidungen" in Artikel 6 (1) der Verordnung Brüssel I, über die vom EuGH zu befinden ist. Auch hinsichtlich Artikel 22 (4) der europäischen Verordnung befand das Gericht, dass es Unsicherheiten bezüglich der richtigen Auslegung gibt, und entschied, den EuGH mit entsprechenden Fragen zu befassen.
Im zweiten Fall, Mundipharma Pharmaceuticals gegen Sandoz, ging es um die Zulässigkeit von Disclaimern. Das Streitpatent betrifft Rezepturen für die kontrollierte Freisetzung von Oxycodon, einem Schmerzmittel. Das Streitpatent war aus einer Teilanmeldung hervorgegangen. Die Stammanmeldung beanspruchte eine Acrylharzmatrix zur kontrollierten Wirkstofffreisetzung als bevorzugte Ausführungsform. Zur Unterscheidung von der Stammanmeldung und zur Vermeidung einer Doppelpatentierung enthält das Streitpatent einen Anspruch, der eine Dosierungsmatrix zur kontrollierten Freisetzung umfasst, bei der es sich nicht um eine Acrylharzmatrix handelt. Die Gültigkeit dieses Anspruchs wurde von der Beklagten angefochten, weil damit ein Gegenstand hinzugefügt werde. Die Beklagte behauptet, dass der Disclaimer als solcher in der ursprünglich eingereichten Anmeldung nicht offenbart gewesen sei und deshalb als "nicht offenbarter Disclaimer" im Sinne der Entscheidung G 1/0321 der Großen Beschwerdekammer des EPA betrachtet werden müsse. Die Verhinderung der Doppelpatentierung falle nicht unter die in dieser Entscheidung aufgeführten Kriterien für die Zulässigkeit von Disclaimern.
Das Gericht kam insbesondere zu dem Schluss, dass es sich nur dann um einen "nicht offenbarten Disclaimer" im Sinne der Entscheidung G 1/03 handeln kann, wenn weder der Disclaimer noch sein Gegenstand aus der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung herleitbar ist, also nur dann, wenn der Gegenstand des Disclaimers weder im positiven noch im negativen Sinne in der ursprünglichen Anmeldung offenbart wurde.
Im dritten Fall, Philips gegen SK Kassetten/FRAND, urteilte das Gericht, dass die Beklagte, SK Kassetten, mehrere grundlegende Patente der Klägerin, Philips, auf dem Gebiet der CD- und DVD-Technologie verletzt hat, die unter den Orange Book Standard fallen. Das Gericht befand, dass es keinen Rechtsgrund dafür gibt, SK Kassetten die Nutzung der patentierten Technologie zu gestatten oder Philips die Durchsetzung seiner Patente zu verweigern, solange SK Kassetten nicht im Besitz einer Lizenz ist. Für eine FRAND-Lizenz ist im Allgemeinen die Zustimmung des Patentinhabers erforderlich. Aus diesem Grund hätte SK Kassetten vor der Nutzung der Technologie eine FRAND-Lizenz beantragen müssen.
Massimo Scuffi aus Italien berichtete über eine Entscheidung des Berufungsgerichts Turin vom 4. Dezember 2008, mit der die Teilnichtigkeit eines europäischen Patents der Firma Mars, Inc. für ein Verfahren zur Herstellung von Schnellkoch- oder Instantreis erklärt wurde. Im vorliegenden Fall wurde entdeckt, dass die Deformierung der Struktur eines Reiskorns - die erforderlich ist, damit Öffnungen entstehen, die eine schnellere Wasseraufnahme und so ein schnelleres Garen ermöglichen - ohnehin bereits während der Phase des Schleifens erreicht wird, sodass sich die Phase der leichten Kompression der Körner, die den Stand der Technik kennzeichnet, erübrigt. Dieser Schritt wurde von den Richtern in Turin nicht als Erfindung gewertet, sondern lediglich als nicht patentfähige Entdeckung, da nur der offensichtliche und triviale Grundsatz befolgt wurde, dass etwas Unnötiges stets weggelassen werden kann, und keine "Bauregel" hinzugefügt wurde.
Sophie Darbois berichtete aus Frankreich über die Grundzüge der Entscheidung des Berufungsgerichts Paris vom 2. Juli 2010 in der Sache SA TREVES gegen SA RENAULT, SILAC, SIMOLDES PLASTICOS. Die Firma TREVES, die Erzeugnisse für die Automobilindustrie entwickelt, herstellt und vertreibt, hielt für dieselbe Erfindung ein französisches Patent und ein europäisches Patent mit Benennung Frankreichs, für das die Priorität der französischen Anmeldung in Anspruch genommen worden war. TREVES hat die erste Jahresgebühr für den französischen Teil des europäischen Patents nicht entrichtet, sodass dieser Teil auf Beschluss des Direktors des INPI erlosch. Danach entdeckte TREVES, dass Konkurrenten Komponenten zur Ausstattung des Automodells Renault Clio lieferten, die ihrer Ansicht nach den Ansprüchen ihres französischen Patents entsprachen, und erhob daher eine Verletzungsklage gegen diese Konkurrenten. Nun war zu klären, ob das französische Patent seine Wirkungen weiterhin entfalten konnte, obwohl das europäische Patent mit Benennung Frankreichs an seine Stelle getreten und dessen französischer Teil wegen Nichtzahlung der Jahresgebühr erloschen war, und wann der Rechtsverlust eingetreten ist. Das Berufungsgericht stellte insbesondere fest, dass das europäische Patent an die Stelle des französischen Patents getreten war, bevor das Erlöschen des französischen Teils des europäischen Patents festgestellt wurde, und die Firma TREVES somit keine Rechte aus ihrem französischen Patent mehr geltend machen konnte.
Zum Ausklang dieser letzten Arbeitssitzung verfolgten die Teilnehmer mit Interesse den Beitrag der Direktorin des Ausbildungszentrums für Richter, Ana Luisa Geraldes, über die Tätigkeit dieser im Jahr 2008 geschaffenen Einrichtung. In seinem Schlusswort unterstrich José Magalhães, Staatssekretär für Justiz und die Justizreform, anschließend die Bedeutung des 15. Symposiums europäischer Patentrichter für Portugal: Das Symposium gebe Impulse nicht nur für den Prozess der Modernisierung des portugiesischen Patentrechts, sondern auch für das Projekt der Schaffung eines nationalen, spezialisierten Patentgerichts. Er dankte den Organisatoren und beglückwünschte sie zum Erfolg dieser Veranstaltung.
Im Namen der europäischen Richter ergriff der dienstälteste unter ihnen, Pierre Gehlen, abschließend das Wort und bedankte sich bei den portugiesischen Gastgebern herzlich für ihre liebenswürdige Gastfreundschaft und die ausgezeichnete Organisation des 15. Richtersymposiums. Ferner dankte er dem EPA für dessen Unterstützung bei der Durchführung der Konferenz und den Dolmetschern für ihre Arbeit.
1 In diesem Heft, S. 1.
2 In diesem Heft, S. 2.
3 In diesem Heft, S. 6.
4 In diesem Heft, S. 11.
5 In diesem Heft, S. 19.
6 In diesem Heft, S. 59.
7 Siehe S. 66.
8 G 1/07 vom 15.2.2010, ABl. EPA 2011, 134.
9 G 2/08 vom 19.2.2010, ABl. EPA 2010, 456.
10 BGH vom 17.12.2009, GRUR Int 2010, 236 - Neurale Vorläuferzellen.
11 Siehe S. 93.
12 Entscheidung G 3/08 vom 12.5.2010, ABl. EPA 2011, 10.
13 561 U.S. (2010).
14 Gale's application [1991] R.P.C. 305 - 333.
15 Siehe S. 108.
16 G 2/88 vom 11.12.1989, ABl. EPA 1990, 93 - reibungsverringernder Zusatz/MOBIL OIL III.
17 Rechtssache C-428/08, ABl. EPA 2010, 428.
18 Der vollständige Text der Fallstudie ist im Anhang dieser Tagungsmaterialien abgedruckt (S. 209 ff.).
19 Siehe S. 257.
20 Siehe S. 149.