MITTEILUNGEN DES EPA
Pilotprogramm "Patent Prosecution Highway" zwischen dem Europäischen Patentamt und dem Japanischen Patentamt
I. Hintergrund
Am 13. November 2009 kündigten das Europäische Patentamt (EPA) und das Japanische Patentamt (JPO) ihre Absicht an, ein zweiseitiges Pilotprogramm "Patent Prosecution Highway" in die Wege zu leiten.
Mit diesem "Patent Prosecution Highway" werden die in beiden Ämtern bereits praktizierten beschleunigten Patentprüfungsverfahren so gebündelt, dass die Anmelder schneller und effizienter korrespondierende Patente erlangen können. Die beiden Ämter können ihrerseits die Arbeitsergebnisse des jeweils anderen Amts nutzen. Dadurch dürfte sich die Qualität der Patente verbessern und der Arbeitsanfall im Prüfungsbereich verringern.
II. Pilotprogramm "Patent Prosecution Highway"
Im Rahmen des PPH-Pilotprogramms können Anmelder, deren Patentansprüche vom Amt der Erstanmeldung für patentierbar/gewährbar befunden wurden, beantragen, dass die beim Amt der Nachanmeldung eingereichte korrespondierende Anmeldung bei der Prüfung vorgezogen wird; das Nachanmeldeamt kann seinerseits von den Arbeitsergebnissen des Erstanmeldeamts profitieren.
Wenn das EPA als Erstanmeldeamt tätig war und die EP-Anmeldung Ansprüche enthält, die für patentierbar/gewährbar befunden wurden, kann der Anmelder beim JPO als Nachanmeldeamt beantragen, dass die dort eingereichte korrespondierende Anmeldung beschleunigt geprüft wird. Wie die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beim JPO beantragt werden kann und welche Teilnahmevoraussetzungen zu erfüllen sind, ist der JPO-Website unter www.jpo.go.jp zu entnehmen. Wenn das JPO als Nachanmeldeamt tätig wird, muss der Anmelder dem JPO alle für die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm erforderlichen Unterlagen übermitteln oder beantragen, dass das JPO diese Unterlagen über das epoline®-System des EPA erhält. Wurde die EP-Anmeldung nicht veröffentlicht, so ist der Anmelder dafür zuständig, dem JPO die erforderlichen Unterlagen zu übermitteln.
Wenn das EPA als Nachanmeldeamt tätig wird und die beim JPO als Erstanmeldeamt eingereichte korrespondierende Anmeldung Ansprüche enthält, die für patentierbar/gewährbar befunden wurden, kann der Anmelder beim EPA die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragen. Das ab 29. Januar 2010 geltende Verfahren zur Beantragung der Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beim EPA und die Teilnahmevoraussetzungen werden nachstehend unter II.B erläutert. Dieses Verfahren gilt für PPH-Anträge auf der Grundlage von Arbeitsergebnissen, die auf die Bearbeitung einer nationalen Anmeldung im Erstanmeldeamt oder einer vor dem Erstanmeldeamt in die nationale/regionale Phase eingetretenen PCT-Anmeldung zurückgehen. Soweit dem PPH-Pilotprogramm des EPA und des JPO PCT-Arbeitsergebnisse (d. h. WO/ISA, WO/IPEA und IPER) zugrunde liegen, wird auf das PCT-PPH-Pilotprogramm der trilateralen Ämter verwiesen.
A. Versuchszeitraum für das PPH-Pilotprogramm
Das PPH-Pilotprogramm beginnt am 29. Januar 2010 für einen Versuchszeitraum von zwei Jahren bis 28. Januar 2012. Die Ergebnisse werden vom EPA und vom JPO ausgewertet, die dann entscheiden, ob und wie das Programm nach dem Probelauf implementiert werden soll. Bei zu hohem Aufkommen, aber auch aus anderen Gründen können die Ämter das Pilotprogramm auch vorzeitig beenden. Für den Fall, dass es vor dem 28. Januar 2012 beendet werden sollte, ergeht eine entsprechende Bekanntmachung.
B. Voraussetzungen für die Beantragung einer Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beim EPA
Eine Teilnahme am PPH-Pilotprogramm ist möglich, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
1) Die EP-Anmeldung ist
a) eine europäische Direktanmeldung/eine nach der Pariser Verbandsübereinkunft eingereichte Anmeldung, die die Priorität einer oder mehrerer Anmeldungen beim JPO wirksam in Anspruch nimmt,
oder
b) eine PCT-Anmeldung, die vor dem EPA in die regionale Phase eingetreten ist (Euro-PCT),
und wurde ab dem 29. Januar 2010 eingereicht bzw. ist ab diesem Datum in die regionale Phase eingetreten. Beispiele für europäische Patentanmeldungen, die diese Voraussetzung erfüllen, enthält die Anlage.
Die Teilnahme ist auch möglich im Falle einer europäischen Teilanmeldung zu einer früheren beim Nachanmeldeamt eingereichten Anmeldung, die die Priorität einer oder mehrerer beim JPO eingereichter Anmeldungen wirksam beansprucht.
2) Die JPO-Anmeldung(en) muss/müssen mindestens einen Patentanspruch enthalten, der vom JPO für patentierbar/gewährbar befunden wurde. Der Anmelder muss die patentierbaren/gewährbaren Ansprüche der JPO-Anmeldung(en) in Kopie sowie eine Übersetzung in einer der Amtssprachen des EPA vorlegen1.
3) Alle Ansprüche einer EP-Anmeldung, für die die Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wurde, müssen den patentierbaren/gewährbaren Ansprüchen in der/den JPO-Anmeldung(en) in ausreichendem Maße entsprechen oder so geändert werden, dass dies der Fall ist. Die Ansprüche gelten dann als ausreichend korrespondierend, wenn sie abgesehen von formatbedingten Unterschieden denselben oder einen ähnlichen Schutzumfang haben oder wenn die Ansprüche in der EP-Anmeldung einen engeren Schutzumfang haben als die Ansprüche in der/den JPO-Anmeldung(en). Als nicht ausreichend korrespondierend gilt auch ein Anspruch in der EP-Anmeldung, der eine neue/andere Anspruchskategorie einführt, als die der vom JPO für patentierbar/gewährbar befundenen Ansprüche. Der Anmelder muss außerdem eine Anspruchskorrespondenztabelle in englischer Sprache einreichen. Aus dieser Anspruchskorrespondenztabelle muss hervorgehen, inwiefern jeder einzelne Anspruch der EP-Anmeldung den patentierbaren/gewährbaren Ansprüchen der JPO-Anmeldungen(en) entspricht.
4) Die Prüfung der EP-Anmeldung, die im Rahmen des PPH-Pilotprogramms bearbeitet werden soll, darf noch nicht begonnen haben.
5) Der Anmelder muss einen Antrag auf Teilnahme am PPH-Pilotprogramm einreichen. Das Antragsformblatt (EPA/EPO/OEB 1009 JP) ist auf der EPA-Website unter http://www.epo.org erhältlich.
6) Darüber hinaus muss der Anmelder alle (die Patentierbarkeit betreffenden) amtlichen Bescheide zu jeder JPO-Anmeldung, in der die dem Antrag zugrunde liegenden patentierbaren/gewährbaren Ansprüche enthalten sind, in Kopie einreichen sowie Übersetzungen in einer der Amtssprachen des EPA vorlegen.
7) Der Anmelder muss ferner alle in den Bescheiden des JPO angeführten Veröffentlichungen mit Ausnahme von Patentunterlagen in Kopie einreichen.
Wird dem Antrag auf Teilnahme am PPH-Pilotprogramm stattgegeben, so wird der Anmelder entsprechend benachrichtigt, und die Prüfung der EP-Anmeldung wird vorgezogen. Sind nicht alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt, so wird der Anmelder auf die in seinem Antrag festgestellten Mängel hingewiesen. Der Anmelder erhält einmal die Gelegenheit, Mängel im Antrag zu berichtigen. Allerdings setzt der Prüfer die Bearbeitung der Anmeldung nicht aus, bis der Anmelder einen erneuten Antrag auf Teilnahme gestellt hat. Wird der Antrag nicht berichtigt, so ergeht eine Mitteilung an den Anmelder, und die Anmeldung wird regulär bearbeitet.
Sind einige der unter 2) und 6) genannten Unterlagen
a) mit der EP-Anmeldung bereits eingereicht worden, bevor eine Teilnahme am PPH-Pilotprogramm beantragt wurde, so muss der Anmelder diese Unterlagen bei Antragstellung nicht erneut übermitteln. In diesem Fall braucht er lediglich auf diese Unterlagen zu verweisen und in seinem Antrag anzugeben, wann er diese mit der EP-Anmeldung eingereicht hat;
b) über das AIPN (Advanced Industrial Property Network) abrufbar, so muss der Anmelder keine Kopien einreichen, sondern legt stattdessen eine Liste der abzurufenden Unterlagen vor. Sind die Übersetzungen von über das AIPN bereitgestellten Unterlagen unzureichend, so kann der Prüfer des Nachanmeldeamts den Anmelder auffordern, eine korrekte Übersetzung nachzureichen. Ist/sind die JPO-Anmeldung(en) unveröffentlicht, so muss der Anmelder bei Stellung des PPH-Antrags die unter 2) und 6) genannten Unterlagen sowie eine Übersetzung davon einreichen.
Das EPA kann beglaubigte Abschriften der unter 2) und 6) genannten Unterlagen verlangen.
C. Bearbeitung im Rahmen von PACE
Wird dem Antrag auf Bearbeitung einer EP-Anmeldung im Rahmen des PPH-Pilotprogramms stattgegeben, so wird die EP-Anmeldung nach dem PACE-Programm2 beschleunigt bearbeitet.
Anfragen in Zusammenhang mit dieser Mitteilung können direkt an Eugen Stohr, Direktor Internationale Rechtsangelegenheiten, gerichtet werden (international_legal_affairs@epo.org).
Anlage
Aus technischen Gründen sind die Tabellen innerhalb dieses Artikels nur in der PDF Version dieses Artikels verfügbar.
Aus technischen Gründen sind die Formblätter innerhalb dieses Artikels nur in der PDF Version dieses Artikels verfügbar.
1 Ansprüche gelten als gewährbar/patentierbar, wenn der Prüfer im JPO sie im letzten Prüfungsbescheid eindeutig als gewährbar/patentierbar bezeichnet hat. Der Prüfungsbescheid umfasst:
a) Erteilungsbeschluss
b) Mitteilung über die Zurückweisungsgründe
c) Zurückweisungsentscheidung
d) Beschwerdeentscheidung
Mit folgender Standardformulierung in der Mitteilung über die Zurückweisungsgründe werden die betreffenden Ansprüche eindeutig als gewährbar/patentierbar bezeichnet:
"<Anspruch/Ansprüche, für den/die kein Zurückweisungsgrund besteht>
Derzeit besteht für die durch Anspruch _ bestimmte Erfindung kein Zurückweisungsgrund."
2 Mitteilung des EPA vom 14. Juli 2007 über das Programm zur beschleunigten Bearbeitung europäischer Patentanmeldungen - "PACE", Sonderausgabe 3, ABl. EPA 2007, 102.