MITTEILUNGEN DES EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 20. August 2009 über die Änderung der Regel 36 (1) und (2) EPÜ (europäische Teilanmeldungen) und Folgeänderungen der Regeln 57 a) und 135 (2) EPÜ
Mit Beschluss vom 25. März 20091 hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation Regel 36 (1) und (2) EPÜ über die Erfordernisse für die Einreichung europäischer Teilanmeldungen und die Sprache, in der sie einzureichen sind, geändert. Daraus haben sich Folgeänderungen ergeben, nämlich erstens der Regel 57 a) EPÜ, um die Einreichung der Übersetzung einer Teilanmeldung in die Liste der Formerfordernisse aufzunehmen, die geprüft werden müssen, nachdem der Anmeldetag einer Anmeldung feststeht, und zweitens der Regel 135 (2) EPÜ, um die für die Einreichung von Teilanmeldungen eingeführten Fristen von der Weiterbehandlung auszuschließen.
Die vorliegende Mitteilung enthält weitere Informationen zu diesen Änderungen und den Übergangsbestimmungen, die anwendbar sind, bis die überarbeiteten Richtlinien für die Prüfung im EPA zur Verfügung stehen.
I. Erfordernisse für die Einreichung von Teilanmeldungen
Hinsichtlich der Frist, in der eine Teilanmeldung eingereicht werden kann, müssen zwei Erfordernisse erfüllt sein:
i) Die Anmeldung, die geteilt werden soll (die "Stammanmeldung", auf der die Teilanmeldung beruht) muss anhängig sein, und
ii) mindestens eine der beiden nachstehenden Fristen darf noch nicht abgelaufen sein:
a) die Frist für die freiwillige Teilung nach Regel 36 (1) a) EPÜ oder
b) gegebenenfalls die Frist für die obligatorische Teilung nach Regel 36 (1) b) EPÜ.
Der Begriff "frühere Anmeldung" in Regel 36 (1) EPÜ bezieht sich auf die unmittelbar vorangehende Stammanmeldung, auf der die Teilanmeldung beruht. Er ist zu unterscheiden von der Formulierung "früheste Anmeldung", die ebenfalls in Regel 36 (1) EPÜ erscheint; handelt es sich um eine Teilanmeldung erster Generation (d. h. eine Anmeldung, deren unmittelbar vorangehende Stammanmeldung nicht selbst eine Teilanmeldung ist), so beziehen sich beide Begriffe auf dieselbe Anmeldung.
a) Freiwillige Teilung
Die geänderte Regel 36 (1) a) EPÜ sieht vor, dass eine Teilanmeldung auf der Grundlage einer früheren, anhängigen Anmeldung eingereicht werden kann, sofern sie vor Ablauf einer Frist von 24 Monaten nach dem ersten Bescheid der Prüfungsabteilung zu der frühesten Anmeldung eingereicht wird, zu der ein Bescheid ergangen ist.
Unter dem "ersten Bescheid der Prüfungsabteilung" ist eine Mitteilung nach Artikel 94 (3) und Regel 71 (1) und (2) EPÜ oder gegebenenfalls Regel 71 (3) EPÜ zu verstehen. Mit der Zustellung der Stellungnahme zur Recherche beginnt diese 24-Monatsfrist nicht zu laufen, weil die Prüfungsabteilung noch nicht für die Anmeldung verantwortlich ist. Hat der Anmelder jedoch auf sein Recht verzichtet, die Mitteilung nach Regel 70 (2) EPÜ zu erhalten, so ergeht keine Stellungnahme zur Recherche, sondern eine Mitteilung nach Artikel 94 (3) und Regel 71 (1) und (2) EPÜ. Mit der Zustellung dieser Mitteilung beginnt die 24-Monatsfrist zu laufen.
Die frühere (Stamm)Anmeldung, auf der die Teilanmeldung beruhen muss, muss zu dem Zeitpunkt, zu dem die Teilanmeldung eingereicht wird, noch anhängig sein. Erlischt sie oder wird sie zurückgenommen, bevor im Prüfungsverfahren der erste sie betreffende Bescheid ergeht, so kann keine Teilanmeldung mehr eingereicht werden. Dasselbe gilt, wenn die Anhängigkeit der früheren (Stamm)Anmeldung nach der Zustellung des vorstehend erwähnten ersten Bescheids, aber vor Ablauf der 24-Monatsfrist endet.
Im Fall einer Kette von europäischen Teilanmeldungen muss die 24-Monatsfrist ab dem Tag berechnet werden, an dem die Prüfungsabteilung den ersten Bescheid zur frühesten Anmeldung der Kette erlassen hat, z. B. zur ursprünglichen Stammanmeldung.
b) Obligatorische Teilung
Gemäß der neuen Regel 36 (1) b) EPÜ kann eine Teilanmeldung auf der Grundlage einer früheren, anhängigen Anmeldung eingereicht werden, sofern sie vor Ablauf einer Frist von 24 Monaten nach einem Bescheid eingereicht wird, in dem die Prüfungsabteilung einen Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit nach Artikel 82 EPÜ erhoben hat, vorausgesetzt, sie hat diesen Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit im genannten Bescheid zum ersten Mal erhoben.
Ein Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit wird in der Regel im ersten Bescheid der Prüfungsabteilung nach Artikel 94 (3) und Regel 71 (1) und (2) EPÜ erhoben oder - wenn er bereits in der Recherchenphase erhoben wurde - bestätigt. Mit der Bestätigung der Feststellung einer mangelnden Einheitlichkeit in einer späteren Mitteilung der Prüfungsabteilung beginnt die Frist für die obligatorische Teilung nicht erneut zu laufen. Eine neue 24-Monatsfrist kann nur dann in Gang gesetzt werden, wenn die Prüfungsabteilung in einer Mitteilung einen neuen, anderen Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit erhebt.
Die Frist für eine obligatorische Teilung kann auch mit der Zustellung einer Ladung zur mündlichen Verhandlung oder der Niederschrift einer telefonischen oder persönlichen Rücksprache, aber auch dem Tag einer mündlichen Verhandlung oder einer telefonischen oder persönlichen Rücksprache (je nachdem, ob die Niederschrift zu einem späteren Zeitpunkt oder unmittelbar zugestellt wird) in Gang gesetzt werden, sofern die mangelnde Einheitlichkeit bei der jeweiligen Gelegenheit zum ersten Mal festgestellt wurde.
Hingegen kann eine Mitteilung nach der neuen Regel 137 (5) EPÜ die Frist für die obligatorische Teilung nicht auslösen, weil ein solcher Einwand nicht als Einwand nach Artikel 82 EPÜ gilt.
Die Frist für die obligatorische Teilung beginnt nach Regel 36 (1) b) EPÜ auch nicht mit der Zustellung der Stellungnahme zur Recherche zu laufen, in der ein Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit erhoben wird, weil die Prüfungsabteilung zu diesem Zeitpunkt noch nicht für die Anmeldung verantwortlich ist. Hat der Anmelder jedoch auf sein Recht verzichtet, die Mitteilung nach Regel 70 (2) EPÜ zu erhalten, so ergeht keine Stellungnahme zur Recherche, sondern eine Mitteilung nach Artikel 94 (3) und Regel 71 (1) und (2) EPÜ. Wird in dieser Mitteilung ein Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit erhoben, so beginnt mit ihrer Zustellung die 24-Monatsfrist für die obligatorische Teilung zu laufen. Bei Teilanmeldungen erster Generation (d. h. Teilanmeldungen, bei denen die frühere Anmeldung, auf der sie beruhen, nicht selbst eine Teilanmeldung ist) kann die Frist für die obligatorische Teilung nicht vor der Frist für die freiwillige Teilung ablaufen. In den meisten Fällen laufen die beiden Fristen gleichzeitig ab, weil der Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit in der Regel im ersten Bescheid der Prüfungsabteilung erhoben oder - wenn er bereits in der Recherchenphase erhoben wurde - bestätigt wird.
c) Allgemeiner Hinweis
Für die Berechnung sowohl der 24-Monatsfrist für die freiwillige Teilung als auch der für die obligatorische Teilung von Anmeldungen gilt die in Regel 126 (2) EPÜ vorgesehene Zehn-Tage-Regel.
II. Spracherfordernisse
Gemäß der geänderten Regel 36 (2) EPÜ ist eine Teilanmeldung in der Verfahrenssprache der früheren (Stamm)Anmeldung einzureichen. Sie kann, wenn Letztere nicht in einer Amtssprache des Europäischen Patentamts abgefasst war, in der Sprache der früheren Anmeldung eingereicht werden; eine Übersetzung in der Verfahrenssprache der früheren Anmeldung ist innerhalb von zwei Monaten nach Einreichung der Teilanmeldung nachzureichen. Gemäß Regel 57 a) EPÜ wird geprüft, ob die Übersetzung ordnungsgemäß eingereicht wurde.
III. Rechtsmittel
Ein Versäumnis der 24-Monatsfrist hat zur Rechtsfolge, dass die Anmeldung nicht als europäische Teilanmeldung behandelt werden kann.
Aufgrund der beträchtlichen Länge der betreffenden Fristen hat der Verwaltungsrat beschlossen, sie von der Weiterbehandlung auszuschließen, und Regel 135 (2) EPÜ entsprechend geändert. Dem Versäumnis jeder der beiden 24-Monatsfristen kann jedoch durch Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Artikel 122 und Regel 136 (1) und (2) EPÜ abgeholfen werden.
IV. Übergangsbestimmungen
Die geänderte Fassung der Regel 36 EPÜ gilt nur für europäische Teilanmeldungen, die nach ihrem Inkrafttreten eingereicht werden, d. h. ab dem 1. April 2010.
Sind die in der geänderten Regel 36 (1) EPÜ vorgesehenen Fristen vor dem 1. April 2010 abgelaufen, so kann eine Teilanmeldung noch innerhalb von sechs Monaten nach diesem Datum eingereicht werden, d. h. bis zum 1. Oktober 2010.
Laufen die betreffenden Fristen am 1. April 2010 noch, so werden sie mindestens sechs Monate weiterlaufen. Mit anderen Worten: Für Anmeldungen, die am 1. April 2010 anhängig sind und für die die Prüfungsabteilung einen ersten Bescheid erstellt oder (später) einen Einwand wegen mangelnder Einheitlichkeit erhoben hat, sodass die Fristen am genannten Tag noch laufen, endet die Frist nicht vor dem 1. Oktober 2010.
1 CA/D 2/09 vom 25.3.2009, ABl. EPA 2009, 296.