VERWALTUNGSRAT
Berichte über Tagungen des Verwaltungsrats
Bericht über die 89. Tagung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation (4. bis 7. Juni 2002 in Stockholm)
Der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation hielt seine 89. Tagung vom 4. bis 7. Juni 2002 unter dem Vorsitz von Herrn Roland GROSSENBACHER (CH) in Stockholm ab.
Der Präsident des Amts, Herr Ingo KOBER, erstattete Bericht über die Tätigkeit des Amts in der ersten Jahreshälfte 2002.
Beim Anmeldeaufkommen war nach den Ereignissen, die das Ende des Jahres 2001 überschatteten, ein deutlicher Rückgang der europäischen Patentanmeldungen zu verzeichnen. Durch die Unterbrechung des Postdiensts in den USA infolge der Anthrax-Krise wurde die Übermittlung der Anmeldeakten vor allem bei internationalen Anmeldungen erheblich beeinträchtigt. Dennoch kamen die endgültigen Anmeldezahlen für das Jahr 2001 mit 158 200 sehr nahe an die vom Amt prognostizierten 160 000 Anmeldungen heran. Wenn alle verspäteten Anmeldungen eingerechnet sind, könnten die Prognosen sogar übertroffen werden.
Seit Ende April scheint sich die Lage allmählich normalisiert zu haben; die Zahl der übermittelten Anmeldungen hat fast wieder den üblichen Stand erreicht. Nicht auszuschließen ist allerdings, daß sich die von der PCT-Versammlung bzw. vom EPA beschlossenen Änderungen des PCT-Verfahrens auf das Anmelderverhalten ausgewirkt haben.
In den ersten vier Monaten des Jahres 2002 wurden 52 900 europäische Patentanmeldungen eingereicht. Diese Zahl blieb um 2 % hinter dem Wert vom April 2001 und um 8 % hinter der Prognose zurück, bei deren Erstellung nicht abzusehen war, daß sich die Verzögerung bei der Aktenübermittlung über das Jahr 2001 hinaus fortsetzen würde. Was die Euro-PCT-Anmeldungen anbelangt, so lagen die vorläufigen Anmeldezahlen um 2,4 % über denen des Jahres 2001 und um 9,5 % unter der Planung, die von einer kräftigen Zunahme der PCT-Anmeldungen ausgegangen war. Bei den europäischen Direktanmeldungen fiel der Rückgang etwas deutlicher aus als erwartet.
In den zwölf Monaten bis Ende April 2002 wurden 156 600 europäische Patentanmeldungen eingereicht; 65,2 % davon waren Euro-PCT-Anmeldungen. Diese Werte liegen zwar etwas über denen vom April 2001, aber noch unter den Prognosen, die auf einer geschätzten Gesamtzahl von 180 000 Anmeldungen bis Ende 2002 mit einem Anteil der PCT-Anmeldungen von 69 % basieren.
Die Produktivität der Bediensteten war im Jahr 2001 bei den Kernprodukten - Recherchen, Prüfungen, Einsprüchen und Beschwerden - wie auch für das Amt insgesamt um 4,3 % höher als im Jahr 2000.
Ende April 2002 belief sich die Gesamtproduktion im Bereich der Recherche auf 43 900 Recherchen; dies entspricht einer Zunahme um 3 500 bzw. 9 % gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum.
Die Zahl der abschließenden Aktionen im Bereich der Prüfung lag Ende April 2002 mit 21 350 um 5 % über dem Wert vom April 2001. Aufgrund des neuen Verfahrens für die vorläufige Prüfung im Rahmen von Kapitel II PCT konnte die Zahl der in den ersten vier Monaten des Jahres durchgeführten einschlägigen Prüfungen um 40 % erhöht werden. Die Zahl der bearbeiteten Einsprüche war um 21 Akten, d. h. um fast 3 %, niedriger als im Jahr 2001.
Von Januar bis April 2002 wurden über 14 600 europäische Patente erteilt, d. h. mehr als doppelt so viele wie im gleichen Vorjahreszeitraum. Die Zahl der in den zwölf Monaten bis April 2002 erteilten europäischen Patente belief sich damit auf fast 43 000.
Von den technischen Beschwerdekammern wurden 481 Beschwerden erledigt - 103 mehr als im gleichen Zeitraum des Jahres 2001 und 32 mehr als geplant. Gleichzeitig wurden 428 technische Beschwerden eingelegt; im Vorjahr waren es noch 484.
Der Arbeitsanfall im Bereich der Recherche war in erster Linie durch die Unterbrechung des Postdiensts in den USA nach der Anthrax-Krise beeinflußt. Ende April lag er um 7 % hinter dem Wert vom April 2001 und um 11 % hinter der Planung zurück. Besonders betroffen waren die internationalen Recherchen, deren Zahl um 10 % unter dem Wert des Jahres 2001 und um 19 % unter Plan lag.
Im Bereich der Prüfung europäischer Anmeldungen blieb der Arbeitsanfall Ende März um 17 % hinter der Planung und um 2 % hinter dem Stand vom März 2001 zurück. Bei der Prüfung von PCT-Anmeldungen hat er um 13 % zugenommen, war aber um 12 % niedriger als geplant.
In den ersten vier Monaten des Jahres 2002 wurden 457 neue Beschwerden eingelegt - 46 weniger als erwartet und 50 weniger als im gleichen Vorjahreszeitraum.
Ende April waren 3 255 Beschwerden vor den technischen Beschwerdekammern anhängig. Dies entspricht gegenüber dem Vorjahreswert einer Verringerung um 39 Fälle bzw. 1,2 %.
Das Amt kämpft nach wie vor gegen seine Rückstände. Durch die jüngsten Maßnahmen des Amts in PCT-Fragen konnten aber Kapazitäten freigesetzt werden, mit denen dieses Problem angegangen werden soll. Interessanterweise konzentriert sich der Rückstand bei den Recherchen zu europäischen Direktanmeldungen auf fünf von vierzehn Gebieten der Technik, nämlich Computer, Telekommunikation, elektrische Maschinen, täglicher Lebensbedarf sowie Verkehrsmittel und allgemeine Technologien.
Ende April hatte der Rückstand im Bereich der Recherche 73 000 Akten erreicht; 45 000 davon waren europäische Recherchen. Im Vorjahr lagen diese Zahlen noch bei 55 600 bzw. 34 200.
Mit Hilfe der durch das rationalisierte PCT-Verfahren freigesetzten Personalkapazitäten sowie einer verstärkten Personaleinstellung in Bereichen mit hohen Rückständen soll diese Zahl bis 2003/2004 verringert werden.
Bei der Prüfung beliefen sich die Rückstände Ende April 2002 auf 69 000 Akten; 2001 waren es 51 600. Wie bei der Recherche sollen aber auch hier freigesetzte Kapazitäten genutzt werden, um sie bis 2004/2005 abzubauen.
Der Rückstand bei den technischen Beschwerdekammern summierte sich Ende April auf 1 207 Fälle, das waren etwa 10 % (134 Fälle) weniger als ein Jahr zuvor.
Die jüngsten Statistiken zum rationalisierten PCT-Verfahren zeigen, daß die Prüfer in 34 % der Fälle eingeschaltet wurden; dieser Wert lag etwas über dem vom Januar (31 %), aber noch deutlich unter der Prognose von 50 %. Damit können die geplanten Einsparungen von rund 250 Mannjahren mit Sicherheit erreicht werden. Die freigesetzten Kapazitäten sollen primär dem Abbau der Rückstände vor allem bei den europäischen Recherchen dienen. Zum Verfahren selbst ist festzustellen, daß der Text der Standardbescheide verbessert wurde, um der Aktenlage im Einzelfall besser Rechnung zu tragen, und daß die Rückerstattung nach einigen Anlaufschwierigkeiten nunmehr pünktlich erfolgt.
Die Ausweitung von BEST in der GD 1 geht planmäßig vonstatten (vollständige Einführung von BEST bis zum Jahr 2005). Etwa 770 GD1-Prüfer arbeiten mittlerweile als BEST-Prüfer (Stand: Mai 2002). Einige von ihnen werden dieses Jahr die Einspruchsarbeit aufnehmen. Bemerkenswert ist, welch beachtliche Leistung das Amt erzielt hat, obwohl enorme Personalkapazitäten für die Schulung von neu eingestellten Prüfern und BEST-Neulingen eingesetzt werden mußten; dieser Aufwand wird sich aber in einigen Jahren seinerseits bezahlt machen.
Die EUROTAB-Sitzung fand dieses Jahr auf Einladung des irischen Patentamts in Kilkenny statt. Zu den Tagesordnungspunkten gehörten der Begriff der technischen Erfindung, die Behandlung sogenannter "komplexer Anmeldungen" sowie der Begriff derselben Erfindung unter Prioritätsaspekten. Im nächsten Jahr wird Deutschland der Gastgeber sein.
Zum diesjährigen "Anmelderseminar" kamen etwa 70 in der Industrie tätige Teilnehmer aus 20 Ländern. Neben derzeitigen und künftigen Mitgliedstaaten waren auch die USA, Japan, Indien und Israel vertreten. Wie immer wurde ein vielfältiges Programm geboten; es umfaßte Vorträge (neue Themen waren dabei das Europäische Patentregister Online, die Online-Akteneinsicht und das Projekt zur automatischen Vorklassifizierung), Workshops, eine Diskussionsrunde sowie eine "freie Recherche" in direkter Interaktion mit einem Prüfer. Verschiedene Teilnehmer nutzten die Gelegenheit, um ihr Unternehmen den Prüfern vorzustellen, die in der Regel ihre Anmeldungen bearbeiten.
Die Große Beschwerdekammer erließ am 18. Februar 2002 die Entscheidung G 3/99, in der sie unter anderem befand, daß ein Einspruch, der von zwei oder mehr Personen gemeinsam eingelegt wird, zulässig ist, wenn nur eine Einspruchsgebühr entrichtet wird.
Die Beschwerdekammern haben verschiedene Besucher empfangen: finnische Patentfachleute der Technischen Universität Helsinki sowie eine Delegation aus Richtern des obersten Gerichtshofs und von Bezirksgerichten der Republik Slowenien.
In der GD 3, die seit langem nationale Entscheidungen zusammenstellt, läuft derzeit ein Projekt zur Veröffentlichung solcher Entscheidungen, das zu einer besseren Unterrichtung über die nationale Rechtsprechung beitragen soll.
Neu erschienen ist ferner die vierte Auflage der "Rechtsprechung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts" in den drei Amtssprachen, die auch auf CD-ROM erhältlich sein wird.
Bei den Teilnehmerzahlen für die europäische Eignungsprüfung hält die steigende Tendenz an. Mit 1 454 Kandidaten, die an der diesjährigen Prüfung teilnahmen, lag deren Zahl rund 20 % über dem Vorjahreswert (1 164). 671 Kandidaten traten zum ersten Mal zur Prüfung an.
Allerdings war die Erfolgsquote bei den letzten Prüfungen gering, und bislang deutet nichts darauf hin, daß sich dies in naher Zukunft grundlegend ändern wird. Als Lernhilfe und zusätzliche Möglichkeit für eine effiziente Prüfungsvorbereitung wird nun ein interaktiver Teil des Compendiums auf CD-ROM angeboten, mit dem sich Prüfungsbedingungen simulieren lassen. Diese CD-ROM enthält rund 11 200 Dokumente und etwa 9 000 Links. Im Dezember 2001 wurde das Compendium auf CD-ROM der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Rückmeldungen der Benutzer sind sehr positiv. Um der anhaltenden Nachfrage nachzukommen, sollen zusätzlich zu den 1 600 bereits abgegebenen CD-ROMS 500 weitere produziert werden.
Auf dem Gebiet der Dokumentation wurden die Bemühungen fortgesetzt, den Prüfern des EPA die besten und umfassendsten elektronischen Recherchenhilfsmittel zur Verfügung zu stellen.
Im Bereich der Nichtpatentliteratur ist mit MEDLINE eine bedeutende Datenbank in die über EPOQUE angebotene interne Sammlung aufgenommen werden. Mit 11,5 Millionen Zusammenfassungen stellt sie den bisher umfangreichsten NPL-Neuzugang in den internen Datenbanken dar.
Die EPOQUE-Volltextsammlung umfaßt mittlerweile über 10 Millionen Dokumente. Bei den EPOQUE-Datenbanken wurde der Meilenstein von 110 Millionen Datensätzen überschritten, und EPODOC - die Stammdatenbank des EPA für Patente - enthält nun 5 Millionen Patentzusammenfassungen. Über esp@cenet® kann in diesen Zusammenfassungen auch die breite Öffentlichkeit recherchieren.
Das im Rahmen der dreiseitigen Zusammenarbeit ins Leben gerufene HARMONY-Projekt zur Harmonisierung der Klassifikationssysteme der drei Ämter läuft weiter. Mit den ersten konkreten Ergebnissen ist auf dem Gebiet der Halbleiter zu rechnen, wo die Prüfer des USPTO die bei ihnen eingehenden Dokumente ab diesem Sommer nach dem Europäischen Klassifikationssystem klassifizieren.
epoline®, das System des EPA für die Online-Einreichung, das mittlerweile für über 1 100 Anmeldungen genutzt wurde, ist weiterentwickelt worden und unterstützt nun auch den Eintritt in die regionale Phase im Rahmen des PCT. Außerdem wurde mit dem epi eine Einigung über die Aufnahme von Textverarbeitungsdateien in die Anmeldung erzielt, die als Grundlage für etwaige künftige Berichtigungen dienen sollen. Das epi verfügt damit über die von ihm gewünschte Funktion und wird die Online-Einreichung nun aktiv unterstützen. Daneben wurden das bereits im Betrieb befindliche finnische System für die Online-Einreichung und die Entwicklung neuer Systeme für das spanische, das britische und das französische Amt unterstützt. Letztere planen, ab Ende dieses Jahres nationale, europäische und PCT-Anmeldungen auf diesem Wege entgegennehmen zu können.
Das Europäische Patentregister Online, mit dem inzwischen rund 3 000 Benutzer an die 35 000 Recherchen pro Woche durchführen, wurde weiter ausgebaut und bietet nun noch mehr Such- und Anzeigemöglichkeiten. In Zusammenarbeit mit verschiedenen externen Benutzern wurde ferner ein Tool entwickelt, mit dem sich die Benutzer per E-Mail über Änderungen in Akten informieren lassen können, an denen sie interessiert sind; es soll Ende des Jahres zur Verfügung gestellt werden.
Das System für die Online-Akteneinsicht, mit dem sich die 600 000 veröffentlichten Anmeldungen und der einschlägige Schriftwechsel konsultieren lassen, wird inzwischen über 2 000 Mal pro Tag genutzt. Derzeit arbeitet das Amt an der Erfassung des Altbestands an Einspruchs- und Beschwerdeakten, die bis Ende 2004 abgeschlossen sein soll. Zur Optimierung seines Dienstleistungsangebots räumt das EPA aber der Erfassung derjenigen Papierakten Priorität ein, zu denen Anträge auf Einsichtnahme eingehen, und wird den Termin für den Abschluß der Gesamtarbeiten je nach der Zahl der Online-Anträge zu Papierakten noch ändern.
Im Bereich der Automatisierung plant das Amt die Einrichtung einer neuen Einheit innerhalb der IS-Abteilung, die die nationalen Ämter bei der Installation und dem Einsatz der vom Europäischen Patentamt entwickelten Automatisierungssysteme unterstützen soll.
Die Rekrutierungsbemühungen wurden trotz des Einstellungsstopps in Den Haag fortgesetzt. Bis Mai haben 229 neue Bedienstete (darunter 144 Prüfer) ihren Dienst im Amt aufgenommen. Weitere 80 bereits verpflichtete Prüfer treten ihren Dienst in den Folgemonaten an. Darüber hinaus hat das Amt erneut eine großangelegte Einstellungskampagne gestartet, die sich natürlich auf die jetzigen Mitgliedstaaten, aber auch auf die Beitrittskandidaten erstreckt.
Die Finanzlage des Amts ist unverändert gesund. Das Jahr 2001 wurde mit einem Betriebsüberschuß von fast 308 Mio. DEM abgeschlossen, und das akkumulierte Nettoumlaufvermögen stieg auf 858 Mio. DEM bzw. 439 Mio. EUR. Im laufenden Jahr hat das Nettoumlaufvermögen weiter zugenommen. Am Ende des ersten Quartals belief es sich auf 457 Mio. EUR. Der Betriebsüberschuß lag mit rund 24 Mio. EUR über den Budgetannahmen.
Vor einiger Zeit hat der Verwaltungsrat zehn Staaten zum EPÜ-Beitritt eingeladen, und zwar Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, die Slowakei, Slowenien, die Tschechische Republik und Ungarn.
Im April hinterlegten vier dieser Länder (Bulgarien, Estland, die Slowakei und die Tschechische Republik) ihre Beitrittsurkunde bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Somit wird das EPÜ für diese Staaten am 1. Juli 2002 in Kraft treten. Mit dem Beitritt der übrigen Kandidaten wird in naher Zukunft gerechnet.
Mit sechs Staaten in Ost- und Südosteuropa ist die Europäische Patentorganisation derzeit durch Kooperations- und Erstreckungsabkommen verbunden. Die Abkommen mit Lettland, Litauen, Rumänien und Slowenien laufen jedoch mit dem Tag aus, an dem diese Staaten dem EPÜ beitreten.
Die Kooperations- und Erstreckungsabkommen mit Albanien und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien behalten ihre Gültigkeit. Ein weiteres Abkommen, das im November letzten Jahres mit der Bundesrepublik Jugoslawien geschlossen wurde, ist bislang noch nicht rechtskräftig. Die 1997 eingeleiteten, dann aber mehrere Jahre ausgesetzten Verhandlungen über ein Kooperations- und Erstreckungsabkommen mit Bosnien und Herzegowina wurden wiederaufgenommen.
Ein erster Entwurf der neuen Ausführungsordnung zum EPÜ 2000 wurde fertiggestellt und war Gegenstand eines umfassenden amtsinternen Konsultationsprozesses. Die Kommentare und Vorschläge der beteiligten EPA-Abteilungen werden nun geprüft, und der Entwurf wird entsprechend überarbeitet. Sobald diese Überarbeitung abgeschlossen ist, wird der Entwurf der neuen Ausführungsordnung zur Einholung der öffentlichen Meinung auf die Website des EPA gestellt und dem SACEPO vorgelegt. Eine Sitzung des Ausschusses "Patentrecht", in der dieser den endgültigen Entwurf erörtern wird, der im Anschluß an den öffentlichen Konsultationsprozeß nochmals überarbeitet wird, ist für Oktober dieses Jahres geplant.
Da im Dezember letzten Jahres keine Einigung über die Schlüsselelemente eines künftigen Gemeinschaftspatentsystems erzielt werden konnte, wurde der Vorschlag der Kommission vom August 2000 auf politischer wie fachlicher Ebene weiter diskutiert.
Das EPA hat aktiv in der WIPO-Arbeitsgruppe für die Reform des PCT mitgewirkt. In den Kernpunkten (Vereinfachung und Straffung des PCT-Verfahrens) konnten beachtliche Fortschritte unter anderem bei der Frage eines erweiterten internationalen Recherchenberichts erzielt werden. Man hofft, daß der Ausschuß für die Reform des PCT in seiner nächsten Sitzung Anfang Juli 2002 die Arbeiten abschließen und damit die Grundlage für einen Beschluß der nächsten PCT-Versammlung schaffen kann, durch den ein solches System dann schnellstmöglich als ein erster Schritt eingeführt würde. Dieses System stünde voll und ganz in Einklang mit dem BEST-Projekt, denn die Anmelder würden neben dem internationalen Recherchenbericht auch eine Stellungnahme zur internationalen Recherche (International Search Opinion - ISO) erhalten, durch die sich in den meisten Fällen das aufwendige Verfahren einer weiteren (aber nichtsdestotrotz vorläufigen) Sachprüfung nach Kapitel II PCT erübrigen würde. Für das EPA ließe sich dadurch der Arbeitsanfall im Rahmen des Kapitels II PCT deutlich verringern.
Im EPA wurde eine Task Force "PCT-Revision" aus Vertretern von GD 1, GD 2 und GD 5 eingesetzt, die sich mit der Frage der ISO befaßt. Sie legte auf der WIPO-Sitzung am 29. April ein erstes Dokument vor, in dem sich das EPA auf längere Sicht für die ISO anstelle des Kapitels II PCT in der heutigen Form ausspricht. Als Zwischenlösung könnte eine gewisse Interaktion während der PCT-Sachprüfung beibehalten werden, sei es in Form des jetzigen rationalisierten PCT-Verfahrens oder durch einen vorgezogenen Eintritt in die regionale Phase vor dem EPA. Die Ergebnisse werden zu gegebener Zeit dem Ausschuß für die Reform des PCT unterbreitet.
Mit Wirkung vom 1. März 2002 wurde die Zuständigkeit des EPA als internationale Behörde im Rahmen des PCT beschränkt. Auch wenn dadurch die Arbeitslast auf den betreffenden technischen Gebieten um 5 % zurückgehen dürfte, könnten sich doch weitere Maßnahmen als notwendig erweisen.
Seit dem 2. Januar gilt für Anmelder beim Eintritt in die europäische Phase nach Regel 107 EPÜ eine einheitliche Frist von 31 Monaten. Die entsprechende Änderung des Artikels 22 PCT trat am 1. April in den meisten PCT-Vertragsstaaten in Kraft (darunter auch die USA). Es fehlen noch 19 Staaten (u. a. China, Japan und Südkorea), die zunächst ihre nationalen Rechtsvorschriften angleichen müssen. Insofern ist es momentan verfrüht, die positiven Auswirkungen im Hinblick auf eine Arbeitsentlastung einschätzen zu wollen.
Der vom EPA veröffentlichte Euro-PCT-Leitfaden für Anmelder ist vor kurzem in einer neuen Auflage erschienen, in der die zahlreichen Änderungen, die sich für die internationale und die europäische Phase ergeben haben, berücksichtigt sind.
Das Amt hat ferner die laufenden Arbeiten an einem Protokoll über die Regelung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit europäischen Patenten unterstützt. Die neun Delegationen, die der Untergruppe der Arbeitsgruppe "Streitregelung" angehören, hatten in ihrer letzten Sitzung im Dezember 2001 entschieden, daß der dritte Entwurf eines Streitregelungsprotokolls, der 185 Artikel und 215 Regeln umfaßt, zunächst sprachlich verbessert werden muß, ehe er der gesamten Arbeitsgruppe oder einer Regierungskonferenz vorgelegt werden kann. Zu diesem Zweck wurde ein kleiner Lenkungsausschuß (mit Vertretern aus CH, DE, FR, GB und NL) gebildet, der die umfassende Überarbeitung des dritten Entwurfs überwachen sollte, die in den letzten Monaten vonstatten ging. Das EPA wurde hierfür um seine Hilfe gebeten: Zum einen war der gesamte Entwurf aus sprachlicher Sicht zu überprüfen, um den Wortlaut möglichst eng an den juristischen Sprachgebrauch anzugleichen. Zum anderen wurde der Entwurf in verschiedene Rechtsinstrumente untergliedert mit dem Ziel, im Protokoll selbst, das ratifiziert werden muß, nur die grundlegendsten Vorschriften zu verankern, und die zahlreichen ausführlicheren Bestimmungen in andere, leichter abzuändernde Rechtsinstrumente aufzunehmen.
Rechtzeitig zur nächsten Sitzung der Untergruppe im Juli 2002 wurde ein überarbeiteter Entwurf vorgelegt. In einem nächsten Schritt soll bis zum Jahresende ein endgültiger Entwurf in den drei Amtssprachen erstellt und der gesamten Arbeitsgruppe unterbreitet werden, die dann darüber zu entscheiden hat, ob 2003 eine Regierungskonferenz einberufen werden kann.
Ende März veranstaltete die WIPO in Genf eine Konferenz über das internationale Patentsystem. Aufgrund veränderter Rahmenbedingungen stehen die Patentsysteme in aller Welt vor enormen Herausforderungen. Die Konferenz gelangte zu dem Schluß, daß es dringende Probleme zu lösen gebe, man aber Schritt für Schritt und mit Bedacht an die Verbesserung und Reformierung des Patentsystems herangehen müsse, das es flexibler zu gestalten und stärker auf die Bedürfnisse der Benutzer abzustimmen gelte. Das EPA kann nur bekräftigen, daß die Schaffung eines internationalen Patentsystems, wenn sie als oberstes Ziel angestrebt wird, als Fundament eine Harmonisierung des materiellen Patentrechts voraussetzt. Im Augenblick ist es eindeutig sinnvoller, sich hauptsächlich auf eine Reform des PCT zu konzentrieren, weil sie schnellere Erfolge verspricht als andere Konzepte, die auf eine materiellrechtliche Harmonisierung setzen. In diesem Sinne ist der Vorschlag eines erweiterten internationalen Recherchenberichts sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Die WIPO wird ihrer Generalversammlung im Rahmen der "WIPO Patent Agenda" ein Folgedokument vorlegen, in dem die Probleme klarer herausgearbeitet und verschiedene Lösungswege untersucht werden sollen.
Der Ständige Ausschuß "Patentrecht" der WIPO kam Anfang Mai in Genf zusammen, um die Arbeit am Entwurf eines Abkommens über das materielle Patentrecht (Substantive Patent Law Treaty - SPLT) fortzusetzen, mit dem das Patentrecht auf der Grundlage der "optimalen Praxis" weltweit harmonisiert werden soll. Obwohl offenkundig greifbare Fortschritte erzielt wurden, müssen auch noch größere Hürden genommen werden, insbesondere in der Frage, was patentierbar ist. Während es aus europäischer Sicht denkbar ist, daß die USA und Europa diesen Punkt unterschiedlich handhaben, haben die Amerikaner klargestellt, daß der Export ihres Standards eines ihrer vordringlichsten Ziele in diesen Gesprächen ist. Zum jetzigen Zeitpunkt ist das Ergebnis noch nicht abzusehen, doch der politische Wille, dieses Vorhaben zum Erfolg zu führen, scheint in hohem Maß vorhanden zu sein. Im weiteren Verlauf der Arbeiten wird es für die europäischen Delegationen zunehmend darauf ankommen, geschlossen aufzutreten, um die im EPÜ verankerten Grundprinzipien zu verteidigen, die ihrerseits ja schon das Ergebnis einer Harmonisierung auf der Grundlage der "optimalen Praxis" sind.
Nach der Unterzeichnung eines Erstreckungsabkommens mit der Jugoslawischen Föderation im November 2001 ist ein Zusammenarbeitsprogramm mit dem Patentamt in Belgrad angelaufen, das großen Nachholbedarf hat.
Bei einem Treffen in Wien hat das EPA mit allen zukünftigen Mitgliedstaaten die Frage des Datentransfers nach dem Beitritt erörtert. In Berlin wurde ein ähnliches Treffen mit den Patentanwaltsverbänden abgehalten.
Im Rahmen der Zusammenarbeit mit Lateinamerika führte das Amt Gespräche mit dem Präsidenten des INPI in Brasilien über eine mögliche Unterstützung seitens des EPA bei der Modernisierung des Informationszentrums CEDIN. Dabei ging es auch um die mögliche Entwicklung eines brasilianischen esp@cenet®-Systems.
Das Hauptaugenmerk in Mexiko galt der weiteren Unterstützung des Projekts zur Einrichtung von "Patentierungszentren" im ganzen Land.
In Asien diente das von EG und ASEAN veranstaltete Symposium über die Vernetzung von Schulungszentren und Gerichten, das in Bangkok, Thailand, stattfand, als Anlaß für die offizielle Eröffnung des örtlichen Koordinationsbüros für das ECAP-II-Projekt. Das aus Geldern der Europäischen Kommission finanzierte Büro wird von einem EPA-Bediensteten geleitet, der von zwei thailändischen Mitarbeitern unterstützt wird.
Im Rahmen des Programms zur Zusammenarbeit zwischen der EU und China konzentrierten sich die Bemühungen vor allem darauf, die mit Fragen des geistigen Eigentums befaßten Stellen (rund zwanzig) bei der Erfüllung der Erfordernisse des TRIPS-Übereinkommens zu unterstützen und so den Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation vorzubereiten.
Die Common Software wurde von zwei weiteren EPO-Mitgliedstaaten in Betrieb genommen, nämlich Monaco und Griechenland.
Der dritte Kongreß des Netzwerks der europäischen Institute des geistigen Eigentums (EIPIN), der in London stattfand, wurde von über 100 Studenten besucht, die an Seminaren und an einer simulierten Gerichtsverhandlung teilnahmen.
Nachdem die Entwicklung einer Wissensgesellschaft in Europa mittlerweile Realität geworden ist, folgt die Internationale Akademie des EPA weiter dem Trend der Zeit, indem sie ihr Ausbildungsprogramm internationaler und bedarfsgerechter gestaltet. Das Programm für 2002 baut auf die wirksame und weitreichende Zusammenarbeit des EPA mit den Ämtern der derzeitigen und der künftigen Mitgliedstaaten. Die im Juli 2002 einsetzende Welle von Beitritten wird aktiv mit Seminaren begleitet, die den neuen Mitgliedsländern die Integration in die Organisation auf allen Ebenen erleichtern sollen. Das aktuelle Programm umfaßt 22 Seminare und verschiedene öffentliche Veranstaltungen.
Bei den INPADOC-Datenbanken sind weitere Länder hinzugekommen: Die bibliographische Datenbank umfaßt nun 71 Länder, die Rechtsstandsdatenbank 40.
Auf dem Gebiet der Patentinformation laufen derzeit zwölf bilaterale Zusammenarbeitsprogramme mit den Mitgliedstaaten. Drei Programme wurden 2001 erfolgreich abgeschlossen. Ein neues bilaterales Zusammenarbeitsprogramm mit Belgien wurde im April genehmigt, ein mehrseitiges Programm zur Ausbildung auf dem Gebiet der Patentinformation wurde vorgeschlagen.
Das PATLIB-Netz ist auf über 180 Zentren in den aktuellen Mitgliedstaaten angewachsen. Die PATLIB-Jahreskonferenz fand auf Sizilien statt und konnte einen neuen Teilnehmerrekord verbuchen. Außerdem wurde ein Verbindungsbeamter für alle Mitgliedstaaten bestellt, der seinen Sitz in Wien hat. An weiteren Maßnahmen ist insbesondere die Herausgabe einer interaktiven CD-ROM-Version des Compendiums zu nennen, die für die Teilnehmer an der europäischen Eignungsprüfung bestimmt ist.
Sehr rege waren auch die Aktivitäten im Rahmen der Post-Grant-Projekte. Der Abgleich der Daten über erloschene Patente zwischen den nationalen Ämtern und der Datenbank des EPA kommt gut voran.
Die EPA-Website wird viel genutzt. Sie wird pro Woche über eine Million mal aufgerufen. Jeden Monat werden auf diese Weise mehr als 50 Gigabyte Daten bereitgestellt.
Für ESPACE® GLOBALPat wurde der klassifizierte Altbestand auf CD-ROM aktualisiert, indem die Daten von Anfang 1997 bis Ende 2000 in die klassifizierte Sammlung integriert wurden. Die so aktualisierten Versionen wurden an die nationalen Ämter der Vertragsstaaten, die PATLIB-Zentren und die Mitgliedstaaten der WIPO verteilt. Die klassifizierte Sammlung wurde in 13 Cluster unterteilt, die separat erworben werden können. Die reguläre Produktion der monatlich erscheinenden CD-ROM mit den numerischen Frontfile-Beständen wurde ab Januar 2001 wieder aufgenommen.
Was die Software-Entwicklung betrifft, so hat sich die Benutzeroberfläche der MIMOSA-Version 4.15 faktisch zur weltweiten Standardanwendung im Patentwesen entwickelt.
Im Berichtszeitraum hat das EPA an 13 internationalen Ausstellungen und Messen teilgenommen. Auf geeigneten öffentlichen Veranstaltungen wirbt das Amt nach wie vor für epoline® und esp@cenet®, bemüht sich aber ebenso, den Bekanntheitsgrad aller seiner Neuentwicklungen zu steigern. Die vom EPA geplante Erhebung zu den Bedürfnissen der Patentinformationsbenutzer ist inzwischen in die Wege geleitet und eine entsprechende Ausschreibung veröffentlicht worden.
Neben seinem Tätigkeitsbericht legte der Präsident des Amts dem Rat auch den Jahresbericht 2001 vor.
Der Rat ernannte auf dieser 89. Tagung Herrn Lionel BARANES (FR) zum Nachfolger von Herrn Jaques MICHEL als Vizepräsident GD 1; er wird seine fünfjährige Amtszeit am 1. November 2002 antreten.
Der Rat wählte ferner Herrn Wim VAN DER EIJK (NL) für eine Amtszeit von drei Jahren ab 6. Juni 2002 zum Vorsitzenden des Ausschusses "Patentrecht".
Er bestätigte Herrn Lars BJÖRKLUND (SE) ab 26. Oktober 2002 für weitere drei Jahre in seinem Amt als Vorsitzender der Arbeitsgruppe "Technische Information".
Der Ratspräsident wurde ermächtigt, das Verfahren zur Wahl des nächsten Amtspräsidenten einzuleiten, der sein Amt am 1. Januar 2004 antreten soll.
Der Rat genehmigte außerdem eine überarbeitete und modernisierte Fassung seiner Geschäftsordnung.
Ebenfalls genehmigt wurde eine Änderung der Vorschriften über die Errichtung eines Instituts der beim EPA zugelassenen Vertreter (siehe S. 429 dieses Amtsblatts).