BESCHWERDEKAMMERN
Entscheidungen der Technische Beschwerdekammern
Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.3.2 vom 18. Dezember 2001 - T 9/00 - 3.3.2
(Verfahrenssprache)
Zusammensetzung der Kammer:
Vorsitzender: | P. A. M. Lançon |
Mitglieder: | S. U. Hoffmann |
| U. Oswald |
Patentinhaber/Beschwerdegegner: Beiersdorf Aktiengesellschaft
Einsprechender/Beschwerdeführer:
1) Henkel Kommanditgesellschaft auf Aktien
2) Cognis Deutschland GmbH
Stichwort: Einspruch/HENKEL
Artikel: 99 (1) und (4), 106 (1), 107, 108, 111 (1), 113 (1) EPÜ
Regel: 55 (1), 56 (1) und (3), 64 b), 67, 68 (1), 70 (1) und (2) EPÜ
Schlagwort: "Beschwerdeberechtigung, doppelte Einspruchseinlegung durch dieselbe Person, Übertragung der Stellung der Einsprechenden"
Leitsatz:
Legt eine (juristische) Person durch zwei verschiedene Schriftsätze Einspruch gegen ein erteiltes Patent ein, so erlangt sie nur einmal die Rechtsstellung als Einspruchspartei, auch wenn beide Schriftsätze die Voraussetzungen des Artikels 99 (1) und der Regel 55 EPÜ erfüllen (siehe Gründe 2.c.cc)).
Begründet der zuletzt gestellte Einspruch dieser Person keine Änderung des rechtlichen Rahmens im Einspruchsverfahren gegenüber dem zuerst gestellten Einspruch, so ist der später gestellte Einspruch mangels allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis kann für den zuletzt gestellten Einspruch nicht daraus abgeleitet werden, daß er einem anderen Geschäftsbereich zugeordnet wird als der zuerst eingelegte Einspruch und nur dieser Geschäftsbereich an einen Dritten übertragen wird.
Ist der Gegenstand eines Einspruchs zwei verschiedenen Geschäftsbereichen des Unternehmens der Einsprechenden zugeordnet, wie im vorliegenden Fall, kann die Parteistellung der Einsprechenden nur durch Übertragung beider Geschäftsbereiche oder des gesamten Unternehmens auf einen Dritten übergehen.
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die Euro-PCT-Anmeldung 94 906 172.5 wurde das europäische Patent 0 683 662 erteilt. Der Hinweis auf die Erteilung dieses Patents wurde am 17. Juni 1998 im Europäischen Patentblatt 98/25 bekanntgemacht.
II. Die Fa. Henkel KGaA reichte am 22. Januar 1999 einen von Dr. Foitzik und Dr. Glasl unterzeichneten Schriftsatz ein, in dem sie gegen das europäische Patent 0 683 662 in vollem Umfang Einspruch erhob (Einspruch 1). In Höhe der Einspruchsgebühr wurde gleichzeitig Abbuchungsauftrag vom laufenden Konto erteilt.
III. Mit Faxschreiben vom 10. März 1999 legte die Société L'Oréal Einspruch gegen das oben genannte Patent ein (Einspruch 2).
IV. Die Fa. Stada Arzneimittel AG legte mit Faxschreiben vom 16. März 1999 Einspruch gegen das erteilte Patent ein (Einspruch 3).
V. Die Fa. Henkel KGaA reichte am 16. März 1999 ein weiteres, diesmal von Dr. Maurer und Dr. Fabry unterzeichnetes (Fax-) Schreiben ein, mit dem gegen das europäische Patent 0 683 662 Einspruch eingelegt und der vollständige Widerruf des Patents beantragt wurde (Einspruch 4). Auf den früheren Einspruchsschriftsatz vom 22. Januar 1999 (Einspruch 1) wurde nicht Bezug genommen. In Höhe der Einspruchsgebühr wurde Abbuchungsauftrag vom laufenden Konto erteilt.
VI. In beiden Einspruchsschriftsätzen der Fa. Henkel KGaA wurde der Einspruch mit mangelnder Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit der patentierten Erfindung begründet. Jedoch wichen beide Schriftsätze sprachlich und inhaltlich voneinander ab und zitierten unterschiedlichen Stand der Technik.
VII. Die zuständige Formalprüferin wies die Fa. Henkel KGaA am 18. März 1999 telefonisch auf die Existenz zweier Einspruchsschriftsätze hin.
VIII. Mit Faxschreiben vom 18. März 1999 erläuterte die Fa. Henkel KGaA, daß die doppelte Einspruchseinlegung zwar versehentlich, aber zu Gunsten zweier verschiedener Unternehmensbereiche der Fa. Henkel KGaA mit unterschiedlichen Marktinteressen erfolgt sei. Der erste Einspruch sei im Interesse des Unternehmensbereichs Kosmetik, der zweite im Interesse des Unternehmensbereichs Chemie eingelegt worden. Da beabsichtigt sei, den Unternehmensbereich Chemie auszugliedern und als selbständiges Unternehmen zu führen, bestünde das Interesse, beide Einsprüche fortzuführen.
Es wurde daher beantragt, den zuletzt gestellten Einspruch auf die Fa. Henkel Corp., USA, zu übertragen, hilfsweise beide Einsprüche nebeneinander bestehen zu lassen, um mit der zukünftigen Übertragung des entsprechenden Geschäftsbereichs auch die zweite Einspruchsstellung übertragen zu können.
IX. Am 18. Mai 1999 teilte die Formalsachbearbeiterin der Einspruchsabteilung in einem von ihr unterzeichneten Schreiben an die Fa. Henkel KGaA mit, daß ein und dieselbe Person nur einmal Partei des Einspruchsverfahrens werden und diese Stellung nur mit dem Bereich des Geschäftsbetriebs oder Unternehmens eines Einsprechenden, auf den sich der Einspruch bezieht, übertragen werden kann.
Dieses Schreiben wurde gemeinsam mit dem Einspruchsschreiben der Fa. Henkel KGaA vom 16. März 1999 (Einspruch 4) am 18. Mai 1999 der Patentinhaberin mitgeteilt.
X. In der Einspruchsakte befindet sich nach dem unter IX. festgestellten Vorgang auf Blatt 17 eine nicht unterschriebene, aber mit einem gedruckten Siegel versehene und auf 10. September 1999 datierte Kopie einer Entscheidung über die Unzulässigkeit des Einspruchs der Einsprechenden, die durch handschriftlichen Eintrag im verwendeten Vordruck als "Henkel KG (16/3/99)" bezeichnet wurde.
Der Computerausdruck enthält als Adressat dieses Bescheids die Fa. Henkel KGaA und als Aussteller die ausgedruckten Namen der Mitglieder der Einspruchsabteilung. Die Unterschriften dieser Mitglieder befinden sich weder auf dem Computerausdruck noch auf einem Unterschriftenblatt. Im Bescheid wird ferner nach den beiden vorgedruckten Worten "Anlagen: Entscheidungsgründe" durch handschriftlichen Zusatz der Text "siehe Mitteilung vom 18/5/99" vermerkt.
Unter Datum 10. September 1999 erhielten jeweils die Fa. Henkel KGaA und die Patentinhaberin eine Kopie des vorgenannten Bescheids zugestellt.
XI. Mit am 20. Oktober 1999 eingegangenem Schreiben vom 15. Oktober 1999 legte die Fa. Cognis Deutschland GmbH durch ihren zugelassenen Vertreter Dr. Fabry Beschwerde (2) gegen die Entscheidung der Einspruchsabteilung über die Unzulässigkeit des Einspruchs ein und erteilte in Höhe der Beschwerdegebühr Abbuchungsauftrag vom laufenden Konto, der unter Datum 20. Oktober 1999 vom EPA vollzogen wurde.
XII. In diesem Beschwerdeschreiben verwies die Beschwerdeführerin Cognis Deutschland GmbH auf einen von der Fa. Henkel KGaA unter Datum 13. August 1999 beim EPA eingereichten Sammelantrag, in dem die Übertragung der Stellung als Einsprechende auf die Fa. Cognis Deutschland GmbH für eine Vielzahl von Verfahren begehrt wurde. In der als Anlage beigefügten Aufstellung dieser Verfahren wurde unter Nr. 33 auch das streitgegenständliche Verfahren genannt. Der Übertragungsantrag stützte sich darauf, daß die Fa. Henkel KGaA mit Stichtag 1. August 1999 alle Technologien und Schutzrechte des Unternehmensbereichs Chemieprodukte in das volle Eigentum der Fa. Cognis Deutschland GmbH übertragen habe. Hierzu wurde der zwischen den Firmen Henkel KGaA und Cognis Deutschland GmbH geschlossene Einbringungsvertrag vom 26. Juli 1999 vorgelegt. In § 13 dieses Vertrags wird festgelegt, daß die Wirksamkeit der Vereinbarung unter der aufschiebenden Bedingung steht, daß die Fa. Cognis Deutschland GmbH einen Beschluß zur Erhöhung des Stammkapitals um 9 974 400 Euro durchführt.
Im Verfahren zur Umschreibung der Einsprüche legte die Fa. Cognis Deutschland GmbH mit Schreiben vom 25. August 1999 einen Handelsregisterauszug zum Nachweis vor, daß Cognis Deutschland GmbH am 21. Mai 1999 als Firmenname und der Beschluß zur Erhöhung des Stammkapitals um 9 974 400 am 6. August 1999 im Handelsregister eingetragen wurde.
XIII. Zur Begründung der Beschwerde führte die Beschwerdeführerin Cognis Deutschland GmbH aus, die Fa. Henkel KGaA habe unter Zahlung zweier Einspruchsgebühren rechtswirksam zwei Einsprüche (21.11.1998 sowie 16.3.1999) eingelegt. Die Übertragung des Unternehmensbereichs Chemie auf die Fa. Cognis Deutschland GmbH sei von der Fa. Henkel KGaA noch vor Erlaß der Entscheidung der Einspruchsabteilung beantragt worden. Ein Einspruch könne nach der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 4/88 auf den Gesamtrechtsnachfolger übertragen werden, da ein Einspruch ein untrennbares Zubehör des Vermögensbestandteils eines Unternehmens darstelle.
XIV. Mit Schreiben vom 29. Oktober 1999, eingegangen am 4. November 1999, legte Dr. Fabry sowohl im Namen der Fa. Henkel KGaA (Beschwerdeführerin 1) als auch für die Fa. Cognis Deutschland GmbH (Beschwerdeführerin 2) Beschwerde ein, bestellte sich für beide Beschwerdeführer als gemeinsamer Vertreter, begründete beide Beschwerden ausdrücklich wortgleich und verwies hinsichtlich der Beschwerdegebühr auf den vorliegenden Abbuchungsauftrag der Fa. Cognis Deutschland GmbH. Diese Beschwerdebegründung ist im wesentlichen inhaltsgleich mit dem Text der Beschwerdebegründung der Cognis GmbH vom 20. Oktober 1999. Zusätzlich wurde ausgeführt, daß die erneute Einlegung der Beschwerde sowohl im Namen der Fa. Cognis Deutschland als auch für die Fa. Henkel KGaA geboten sei, weil über die beantragte Übertragung des Einspruchs der Fa. Henkel KGaA vom 16. März 1999 auf die Fa. Cognis noch nicht entschieden sei.
XV. Die Beschwerdeschriftsätze vom 20. Oktober 1999 und 29. Oktober 1999 wurden der Patentinhaberin und den Einsprechenden 2 und 3 mitgeteilt.
XVI. Mit Schreiben der Generaldirektion 2 des EPA vom 11. April 2000 wurde der Patentinhaberin und den Einsprechenden 1 bis 4 mitgeteilt, daß gemäß Antrag vom 13./25. August 1999 die Eintragung des Namens und der Adresse der Einsprechenden Henkel KGaA mit Wirkung vom 27. August 1999 auf Cognis Deutschland GmbH geändert wurde.
XVII. Zur Vorbereitung einer Entscheidung teilte die Beschwerdekammer in einer Mitteilung vom 6. September 2001 den bisher am Verfahren Beteiligten den Verfahrensstand, den sich aus den Akten ergebenden Sachverhalt und die wesentlichen zu entscheidenden Rechtsfragen mit. Ferner wies die Kammer darauf hin, daß die Fa. Henkel KGaA als Beschwerdeführerin 1 und die Fa. Cognis Deutschland GmbH als Beschwerdeführerin 2 sowie die Patentinhaberin Parteien des Beschwerdeverfahrens sind, wohingegen die Mitteilung an die Einsprechenden 2 und 3 lediglich zur Unterrichtung erfolgte.
XVIII. Mit Schreiben vom 22. Oktober 2001 trug die Fa. Henkel KGaA durch ihre zugelassenen Vertreter Dr. Foitzik und Dr. Augustin-Castro vor, daß die früher für Dr. Fabry erteilte allgemeine Vollmacht mit Schreiben vom 4. August 1999 gegenüber dem Europäischen Patentamt widerrufen worden sei und eine Genehmigung für dessen Handeln als Vertreter ohne Vertretungsmacht nicht erfolge. Die Übertragung der Stellung als Einsprechende von der Fa. Henkel KGaA auf die Fa. Cognis Deutschland GmbH sei vertraglich im Innenverhältnis wie im Außenverhältnis nur für den mit Schreiben vom 16. März 1999 eingelegten Einspruch geregelt worden.
XIX. Im von Dr. Fabry unterzeichneten Beschwerdeschriftsatz vom 29. Oktober 1999 wurde gleichlautend für beide Beschwerdeführerinnen beantragt:
1. Die angefochtene Entscheidung zurückzunehmen.
2. Die Übertragung des Einspruchs vom 16. März 1999 von der Henkel KGaA auf die Cognis Deutschland GmbH zu beschließen.
3. Die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
Im von Dr. Foitzik und Dr. Augustin-Castro unterzeichneten Schreiben vom 22. Oktober 2001 wurde für die Beschwerdeführerin 1 beantragt:
1. Amtlicherseits festzustellen, daß die Henkel KGaA aufgrund des mit Schreiben vom 22. Januar 1999 eingelegten Einspruchs Einsprechende 1 und Verfahrensbeteiligte ist und bleibt.
2. Festzustellen, daß die im Einspruchsschriftsatz der Henkel KGaA vom 16. März 1999 genannten Dokumente als im Verfahren befindlich angesehen werden.
Die Beschwerdegegnerin (Patentinhaberin) hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
1. Zulässigkeit der Beschwerden
a) Entscheidung als Gegenstand des Beschwerdeverfahrens
Gemäß Artikel 106 (1) EPÜ sind Entscheidungen der Eingangsstelle, der Prüfungsabteilungen, der Einspruchsabteilungen und der Rechtsabteilung mit der Beschwerde anfechtbar. Im vorliegenden Verfahren wenden sich die Beschwerdeführer 1 und 2 gegen die ihnen mitgeteilte Entscheidung der Einspruchsabteilung, mit der der Einspruch 4 der Fa. Henkel KGaA als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Aus den im Sachverhalt mitgeteilten Verfahrenstatsachen ergibt sich, daß sich in den Akten kein Originalschriftstück mit Unterschriften der zur Entscheidung berufenen Personen befindet. Die Zweifel, ob eine solche Entscheidung überhaupt gefaßt und damit existent wurde, schließt aber eine Beschwerde gemäß Artikel 106 EPÜ nicht aus. Die Beschwerdeführer haben aufgrund der zugestellten Ausfertigung der unter Umständen nicht existenten Entscheidung ein Rechtsschutzbedürfnis, daß gegebenenfalls im Beschwerdeverfahren sachlich darüber entschieden wird, ob die zugestellte Ausfertigung auf einer tatsächlichen Entscheidung der Einspruchsabteilung beruht oder nicht. Die Beschwerdeführer haben in diesen Fällen ein Recht auf den Ausspruch der Feststellung, daß der durch die zugestellte Ausfertigung gegebene Rechtsschein über die Existenz einer Entscheidung aufgehoben wird. Die Voraussetzung, ob eine Entscheidung von einem zuständigen Organ erlassen wurde, ist im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde zu prüfen (siehe hierzu unten) und kann die Zulässigkeit der Beschwerde nicht in Frage stellen.
b) Umfang des Beschwerdeverfahrens
Das Beschwerdeverfahren ist ein vom erstinstanzlichen Verfahren vollständig getrenntes Verfahren. Seine Aufgabe besteht vor allem darin, eine Überprüfung auf Richtigkeit der Entscheidung erster Instanz und gegebenenfalls deren Änderung oder Aufhebung vorzunehmen (Regel 64 (2) in Verbindung mit Artikel 111 (1) EPÜ). Die angegriffene Entscheidung erging zur Feststellung der Unzulässigkeit des Einspruchs der Fa. Henkel KGaA vom 16. März 1999 (Einspruch 4) gemäß Regel 56 (1) EPÜ. Die Entscheidung erging ohne Beteiligung der anderen Einsprechenden und des Patentinhabers im sogenannten einseitigen Vorschaltverfahren, weil der Wortlaut von Regel 56 (3) EPÜ eine Beteiligung des Patentinhabers erst nach Erlaß der Entscheidung über die Unzulässigkeit vorsieht. Das Beschwerdeverfahren wird im vorliegenden Fall die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs der Fa. Henkel KGaA vom 16. März 1999 (Einspruch 4) betreffen, weil auch das Verfahren der Vorinstanz auf diesen Verfahrensgegenstand begrenzt war. Welche Entscheidungstatsachen, insbesondere welche Dokumente dem Einspruch 1 zugrunde liegen, ist im anhängigen Beschwerdeverfahren nicht zu entscheiden.
c) Parteien des Beschwerdeverfahrens
aa) Die Kammer hat im vorliegenden Verfahren zu prüfen, ob eine (gemeinsame) oder zwei Beschwerden für die Beschwerdeführer 1 und 2 eingelegt wurden.
Die Zweifel ergeben sich daraus, daß, nachdem die Fa. Cognis Deutschland GmbH mit Schriftsatz vom 20. Oktober 1999 Beschwerde eingelegt hat, mit weiterem Schriftsatz vom 29. Oktober 1999 gleichzeitig für die Fa. Cognis Deutschland GmbH und für die Fa. Henkel KGaA Beschwerde eingelegt wurde. Die Beschwerdeführer verwenden im Schriftsatz vom 29. Oktober 1999 nicht den Begriff der gemeinsamen Beschwerde, stellen aber gemeinsam identische Anträge, beziehen sich auf eine inhaltsgleiche Begründung und verweisen für beide Beschwerden auf die am 20. Oktober 1999 durch Abbuchungsauftrag der Fa. Cognis Deutschland GmbH erbrachte Beschwerdegebühr. Dieses prozessuale Vorgehen wurde mit der Ungewißheit begründet, ob die Umschreibstelle des Europäischen Patentamts dem am 13. August 1999 von der Fa. Henkel KGaA u. a. auch für das vorliegende Verfahren zu zugunsten der Fa. Cognis Deutschland GmbH gestellten Umschreibungsantrag mit Rückwirkung zum Zeitpunkt der Antragstellung stattgeben würde oder nicht. Tatsächlich erfolgte die beantragte Umschreibung am 11. April 2000 mit einer Anordnung der Rückwirkung zum 27. August 1999 durch den zuständigen Formalsachbearbeiter der Generaldirektion 2 für vorliegende Patentanmeldung. Es konnte daher bis zum Ablauf der Frist zur Einlegung der Beschwerde ungewiß sein, ob die Fa. Henkel KGaA oder die Fa. Cognis Deutschland GmbH formell beschwerdeberechtigt sein würde.
Diese Prozeßsituation und die Tatsache, daß für beide Firmen auf die von der Fa. Cognis Deutschland GmbH eingezahlte Beschwerdegebühr verwiesen wurde, rechtfertigt aber nicht, den Beschwerdeschriftsatz vom 29. Oktober 1999 als eine gemeinsame Beschwerde zu behandeln. Gegen eine solche Auslegung spricht nicht nur der eindeutige Wortlaut des Schriftsatzes, nach dem die Beschwerde im Namen der Fa. Henkel KGaA wiederholt und hinsichtlich der Fa. Cognis Deutschland GmbH neu eingelegt wird, sondern auch die mitgeteilte prozessuale Interessenlage. Eine gemeinsame Beschwerde der Firmen Henkel KGaA und Cognis Deutschland GmbH könnte keine formelle Beschwerdeberechtigung im Sinn des Artikels 107 EPÜ begründen, da beide Gesellschaften zu keinem Zeitpunkt gemeinsam, sondern nur zeitlich nachfolgend Partei des Verfahrens gewesen sein können und nur entweder die Fa. Henkel KGaA oder die Fa. Cognis Deutschland unmittelbar durch die angefochtene Entscheidung beschwert werden konnte. Der Beschwerdeschriftsatz vom 29. Oktober 1999 beinhaltet daher zwei rechtlich getrennt zu behandelnde Beschwerden der Fa. Henkel KGaA einerseits und der Fa. Cognis Deutschland GmbH andererseits, die rechtlich getrennt auf ihre Zulässig- und Wirksamkeit zu untersuchen sind.
bb) Die Kammer hat ferner die Patentinhaberin als Partei förmlich am Beschwerdeverfahren beteiligt, obwohl diese bis zur Entscheidung der Vorinstanz nicht am Verfahren beteiligt war. Die nunmehrige Beteiligung der Patentinhaberin ist unter dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs (Artikel 113 (1) EPÜ) zwingend geboten, da die Entscheidung der Kammer, ob der Einspruch vom 16. März 1999 zulässig ist oder nicht, für den Fall des Ausspruchs der Zulässigkeit nachteilig für die Patentinhaberin ist und nur einheitlich auch gegenüber der Patentinhaberin festgestellt werden kann.
d) Wirksamkeit der Beschwerden
aa) Die am 20. Oktober 1999 im Namen der Fa. Cognis Deutschland erhobene Beschwerde 2 gilt gemäß Artikel 108 EPÜ als eingelegt, da mit der Beschwerdeschrift Abbuchungsauftrag vom laufenden Konto in Höhe der Beschwerdegebühr erteilt wurde. Soweit die Beschwerde mit Schriftsatz vom 29. Oktober 1999 erneut eingelegt wurde, werden die zuvor genannten Rechtswirkungen weder rückgängig gemacht noch aufgehoben.
bb) Die am 29. Oktober 1999 für die Fa. Henkel KGaA erhobene Beschwerde 1 gilt gemäß Artikel 108 Satz 2 EPÜ als nicht eingelegt, da für diese Beschwerde keine Beschwerdegebühr eingezahlt, sondern nur auf den für die Beschwerde der Fa. Cognis Deutschland GmbH erteilten Abbuchungsauftrag vom 20. Oktober 1999 verwiesen wurde. Diese ursprüngliche Zahlungsbestimmung, die zur sofortigen Wirksamkeit der Beschwerde der Fa. Cognis Deutschland GmbH führte, kann nicht nachträglich zugunsten der Fa. Henkel KGaA geändert werden, weil die Beschwerdegebühr schon mit Wirkung zum 20. Oktober 1999 für die Fa. Cognis Deutschland GmbH verbraucht war. Die Kammer hat daher auszusprechen, daß die von der Beschwerdeführerin Henkel KGaA eingelegte Beschwerde 1 als nicht eingelegt gilt.
Ein Eingehen auf die Frage, ob Dr. Fabry den Beschwerdeschriftsatz vom 29. Oktober 1999 auch unter dem Namen der Fa. Henkel KGaA zur Verfolgung der Rechte aus dem Einspruch vom 16. März 1999 einlegen durfte, erübrigt sich.
e) Zulässigkeit der Beschwerde 2
aa) Frist, Form, Inhalt der Beschwerde
Die Beschwerde der Fa. Cognis Deutschland GmbH entspricht hinsichtlich Frist, Form und Inhalt dem Artikel 108 und der Regel 64 EPÜ. Da die Beschwerdeführerin Cognis Deutschland GmbH ihre Beschwerde mit den Schriftsätzen vom 20. und 29. Oktober 1999 jeweils inhaltlich ausreichend begründete, ist auch die Frist der Beschwerdebegründung gewahrt.
bb) Formelle Beschwerdeberechtigung
Die Fa. Cognis Deutschland GmbH war nicht, wie Artikel 107 Satz 1 EPÜ vorschreibt, an dem einseitigen Verfahren beteiligt, das zu der angegriffenen Entscheidung geführt hat, obwohl vor der Entscheidung ein auf ihren Namen lautender Umschreibungsantrag gestellt worden war.
Die Kammer hat die formelle Parteistellung der Beschwerdeführerin 2 in eigener Zuständigkeit zu prüfen. Die von der Generaldirektion 2 des Europäischen Patentamts erklärte Umschreibung ist für die Kammer nicht bindend, da nur die Kammer über die Parteistellung im Beschwerdeverfahren entscheiden kann.
Die Kammer ist jedoch der Auffassung, daß der Beschwerdeführerin 2 kein Nachteil daraus erwachsen darf, daß über den schon anhängigen Umschreibungsantrag nicht in der angefochtenen Entscheidung, sondern erst nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung entschieden wurde. Die Kammer bejaht daher die formelle Beschwerdeberechtigung der Beschwerdeführerin 2.
cc) Materielle Beschwerdeberechtigung
Die angefochtene Entscheidung weicht in ihrem Inhalt vom gestellten Antrag ab, so daß die Einsprechende gemäß Artikel 107 Satz 1 EPÜ materiell beschwert ist.
f) Zusammenfassend ist festzustellen, daß die Beschwerde 2 zulässig ist, hingegen die Beschwerde 1 als nicht eingelegt gilt.
2. Begründetheit der Beschwerde 2
a) Zuständiges Organ nach Regel 56 (1) EPÜ
Eine Entscheidung des EPA ist nur rechtmäßig, wenn sie von einer nach dem EPÜ oder nach den Ausführungsvorschriften zuständigen Stelle in der für die Entscheidung vorgesehenen Form erlassen wurde.
Die angegriffene Entscheidung betrifft die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs vom 16. März 1999 der Fa. Henkel KGaA (Einspruch 4). Gemäß II, Nr. 6 der Mitteilung des Vizepräsidenten der Generaldirektion 2 des Europäischen Patentamts vom 28. April 1999 (ABl. EPA 1999, 504) wurde die Zuständigkeit, im sogenannten einseitigen Verfahren über die Unzulässigkeit eines Einspruchs zu entscheiden (mit Ausnahme der Fälle nach Regel 55 c) EPÜ), auf den Formalsachbearbeiter übertragen. Jedoch blieb das Recht der Einspruchsabteilung, selbst zu entscheiden, hiervon unberührt (vgl. III. der angeführten Mitteilung, in der auch der Begriff "einseitiges Verfahren" verwendet wird).
Ausweislich des ausgedruckten Texts der in der Akte befindlichen Kopie über die Entscheidung sind der Vorsitzende und die beiden Prüfer der Einspruchsabteilung namentlich genannt. Eine den Anforderungen der Regeln 68 (1) Satz 2, 70 (1) EPÜ entsprechende schriftliche Entscheidung mit Unterschriften der Genannten befindet sich nicht bei den Akten, so daß eine solche Entscheidung - sofern sie überhaupt getroffen wurde - formell unwirksam und aufzuheben ist.
Die Entscheidung kann aus denselben Gründen auch nicht in eine Entscheidung des Formalsachbearbeiters, der den Ausdruck der "Kopie" vorgenommen hat, umgedeutet werden, da auch dessen Unterschrift fehlt. Die Unterschrift des Formalsachbearbeiters kann nicht gemäß Regel 70 (2) Satz 2 EPÜ durch den Siegelaufdruck, der sich auf der in der Akte befindlichen Kopie befindet, ersetzt werden, da die Entscheidung nicht automatisch durch eine Datenverarbeitungsanlage erstellt wurde. Regel 70 (2) Satz 2 EPÜ setzt voraus, daß der für die Entscheidung verantwortliche Formalsachbearbeiter namentlich im Bescheid als Aussteller genannt wird und die Entscheidung vollständig mit Hilfe einer Datenverarbeitungsanlage hergestellt wird. Diesen Voraussetzungen wird die in der Akte befindliche Kopie der "Entscheidung" nicht gerecht.
Die Entscheidung vom 10. September 1999 ist daher allein wegen der aufgezeigten Formmängel unwirksam und aufzuheben.
Der Ausspruch zur Aufhebung der Entscheidung hat auch dann zu erfolgen, wenn der Formalsachbearbeiter irrtümlich davon ausging, daß die Einspruchsabteilung eine Entscheidung getroffen hat, und die von ihm versandten Ausfertigungen auf einer nicht getroffenen und damit nicht existenten Entscheidung beruhen. Der Ausspruch über die Aufhebung der Entscheidung umfaßt dann die Feststellung der Nichtexistenz der Entscheidung, was aus Gründen der Rechtssicherheit durch diesen Ausspruch festzustellen ist.
b) Entscheidungskompetenz der Kammer
Die Kammer hat in Ausübung ihres Ermessens gemäß Artikel 111 (1) Satz 2 EPÜ die Angelegenheit trotz des festgestellten Verfahrensmangels wegen der vorliegenden Besonderheiten nicht an die erste Instanz zurückverwiesen, sondern die weitere Sachprüfung selbst vorgenommen. Materieller Gegenstand der Beschwerde ist ausschließlich die Frage der Zulässigkeit des Einspruchs 4. Zur Entscheidung hierüber bedarf es weder weiteren Tatsachenvortrags noch einer Beweiserhebung, so daß aus Gründen der Prozeßökonomie die Kammer sogleich selbst entscheiden kann.
c) Zulässigkeit des Einspruchs 4
aa) Die Zulässigkeit eines Einspruchs ist Voraussetzung dafür, daß von der Einspruchsabteilung eine Sachentscheidung getroffen werden kann.
Eine isolierte Prüfung des Einspruchs vom 16. März 1999 ergibt, daß dieser alle Zulässigkeitsvoraussetzungen nach Artikel 99 und Regel 55 EPÜ erfüllen würde.
Bedenken gegen die Zulässigkeit des Einspruchs können sich daher nur daraus ergeben, daß die Fa. Henkel KGaA zeitlich zuvor schon den Einspruch 1 eingelegt hat und der wiederholten Einlegung eines Einspruchs der Einwand des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses entgegenstehen kann.
Niemand hat einen Anspruch darauf, eine Angelegenheit (mit abgeschlossenem Sachverhalt) von einer Verwaltungsbehörde oder einem Gericht sachlich zweimal entscheiden zu lassen (ne bis in idem). Ist ein zuerst gestellter Antrag zulässig und kann hierauf gestützt eine sachliche Entscheidung ergehen, sind nachfolgende auf denselben Rechtsausspruch gerichtete Anträge mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Das Vorliegen eines Rechtsschutzbedürfnisses als allgemeine Zulässigkeitsvoraussetzung korrespondiert mit der Rechtskraftwirkung einer Entscheidung. Ist über einen ersten Antrag sachlich in letzter Instanz entschieden, erwächst diese Entscheidung zwischen den am Verfahren beteiligten Parteien in Rechtskraft und macht jeden neuen, denselben Gegenstand beanspruchenden Antrag ebenfalls unzulässig.
Der Einwand der Unzulässigkeit einer Prozeßhandlung mangels Rechtsschutzbedürfnisses kann aber nicht erhoben werden, wenn die Regelungen des EPÜ ausdrücklich von diesem Einwand absehen (siehe unten Ziffer 2.c.bb)) oder die zuerst vorgenommene Prozeßhandlung eine weitergehende Rechtswirkung der zweiten Prozeßhandlung nicht vorwegnimmt (siehe unten Ziffer 2.c.cc)) oder aber die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zum Einspruchsrecht eine Ausnahme rechtfertigen (siehe unten Ziffer 2.c.dd)).
bb) Der Wortlaut des Artikels 99 (1) Satz 1 EPÜ, nach dem jedermann gegen ein erteiltes europäisches Patent Einspruch einlegen kann, setzt für die Zulässigkeit der Einspruchseinlegung kein rechtliches Interesse voraus, gibt aber andererseits keinen Hinweis darauf, ob eine wiederholte, rechtlich selbständige Einspruchseinlegung derselben Person ausgeschlossen oder möglich sein soll.
Nach Artikel 99 (4) EPÜ sind im Einspruchsverfahren neben dem Patentinhaber auch alle Einsprechenden beteiligt. Die Zusammenfassung mehrerer Einsprüche in einem gemeinsamen Verfahren läßt ebenfalls keinen zwingenden Schluß zu, ob ein und dieselbe Person mehrfach als Einsprechende am Verfahren beteiligt sein kann.
Aus dem Wortlaut der Vorschriften des EPÜ kann sich daher kein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis für die Zulässigkeit einer wiederholten Einspruchseinlegung ableiten.
cc) Ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis zur Bejahung der Zulässigkeit des Einspruchs 4 könnte ausnahmsweise dann bejaht werden, wenn die Einsprechende Henkel KGaA durch die Einlegung des Einspruchs 1 keine Parteistellung erlangt hätte, aufgrund derer sie eine Sachentscheidung beantragen kann. Die Wiederholung einer Prozeßhandlung kann durchaus geboten sein, wenn die Zulässigkeit der zuerst vorgenommenen Prozeßhandlung unklar ist. Die Erlangung einer zulässigen Parteistellung kann dann sowohl auf die erste als auch auf die wiederholende Prozeßhandlung gestützt werden, ohne daß sich die Parteistellung durch die Wiederholung der Prozeßhandlung verdoppelt. Die zweite Prozeßhandlung ist dann nur bedingt für den Fall gestellt, daß die erste Prozeßhandlung unzulässig ist.
Die Kammer hat daher inzident die Zulässigkeit des Einspruchs 1 der Fa. Henkel KGaA geprüft und diese bejaht, weil die Voraussetzungen des Artikels 99 (1) und der Regel 55 EPÜ erfüllt sind. Sowohl Einspruch 1 als auch Einspruch 4 stützen sich auf die Einspruchsgründe fehlender Neuheit und fehlender erfinderischer Tätigkeit und haben somit denselben rechtlichen Rahmen.
Durch den Einspruch 4 konnte die Einsprechende Henkel KGaA daher keine andere Parteistellung erlangen, als sie durch den Einspruch 1 schon erlangt hatte. Ein Rechtsschutzbedürfnis zur Vornahme des Einspruchs 4 aus Gründen der formalen Unsicherheit über die formelle Wirksamkeit des Einspruchs 1 war daher nicht gegeben und die Zulässigkeit des Einspruchs 4 unter diesem Gesichtspunkt zu verneinen.
dd) Die Entscheidung G 4/88 (a. a. O.) bestimmte, daß der Einspruch ein untrennbares Zubehör des Vermögensbestandteils eines Unternehmens ist und mit dem Geschäftsbereich (Teilbetrieb) übertragen werden kann, auf den sich der Gegenstand des Einspruchs bezieht.
Aus der in dieser Entscheidung getroffenen Zuordnung eines Einspruchs zum Vermögensbestandteil eines Teilbetriebs des Einsprechenden schließt die Beschwerdeführerin, daß eine wiederholte Einspruchseinlegung durch ein und dieselbe Person möglich ist, wenn jeder Einspruch einem eigenen Teilbetrieb der Einsprechenden zugeordnet werden kann, und daß dieses "Einspruchsrecht" dann mit dem zugeordneten Teilbetrieb getrennt auf den jeweiligen Erwerber des Teilbetriebs übertragen werden kann.
Der Anerkennung eines mehrfachen, einzeln übertragbaren Einspruchsrechts einer individuellen (juristischen) Person stehen aber die Grundsätze der Rechtsprechung zur Natur des Einspruchsverfahrens entgegen.
Die Große Beschwerdekammer hat in ihrer Entscheidung vom 31. März 1993 (G 9/91, ABl. EPA 1993, 408) das Einspruchsverfahren im Rahmen des EPÜ grundsätzlich als streitiges Verfahren zwischen Parteien angesehen. Am Verfahren sind daher die Parteien immer als Rechtssubjekte in ihrer Gesamtheit und nicht nur beschränkt mit einem ihrer Vermögensbestandteile (Geschäftsbereiche) beteiligt, unabhängig davon welches Recht ihrer Prozeßführung zugrunde liegt. Auch die Rechtskraft einer Entscheidung der Beschwerdekammer wirkt zwischen den beteiligten Parteien und nicht zwischen Vermögensbestandteilen der Parteien.
Die Entscheidung G 4/88 (a. a. O.) stellt nicht die Übertragbarkeit des nach Artikel 99 (1) EPÜ jedermann zustehenden Rechts auf Einlegung eines Einspruchs fest, was schon deshalb keinen Sinn machen würde, weil dieses Recht kraft dieser Vorschrift von jedermann wahrgenommen werden kann. Die Einspruchseinlegung als Prozeßhandlung ist von dem hierdurch angestrebten prozessualen Erfolg, nämlich der Erlangung einer Parteistellung im Einspruchsverfahren, zu unterscheiden. Wenn von der Übertragbarkeit des "Einspruchsrechts" gesprochen wird, ist dies also ungenau, da damit nicht das jedermann zustehende Recht auf Einlegung eines Einspruchs, sondern die Übertragbarkeit der durch diese Prozeßhandlung erlangten Parteistellung gemeint ist.
Die oben zitierte Entscheidung G 4/88 stellt klar, daß die jedermann offenstehende Möglichkeit, einen Einspruch einzulegen, sich erst durch die tatsächliche Einleitung des Verfahrens in ein subjektives Recht, bestehend aus einem Bündel von Verfahrensrechten, verwandelt (Ziffer 2 der Gründe). Übertragbar im Sinne dieser Entscheidung ist daher nur die Parteistellung als Einsprechende, nicht aber ein Recht, "Einspruch im Interesse eines Teilbereichs eines Unternehmens (als Rechtsperson) einlegen zu dürfen".
Die Parteistellung, die einen Anspruch auf Sachentscheidung begründet, kann daher auch nach dem Sinn der zitierten Entscheidung nur einmal erworben werden. Ist eine solche Parteistellung, die das zitierte Bündel von Verfahrensrechten gewährt, durch einen zulässigen Antrag erlangt, sind nachfolgende Anträge auf neuerliche Gewährung dieser Parteistellung mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, da die begehrte Rechtsstellung als Einsprechende schon gewährt ist.
Dieses Ergebnis könnte dadurch in Frage gestellt sein, daß es im Hinblick auf die von G 4/88 festgestellte Akzessorietät des Einspruchs mit einem (Teil-) Geschäftsbereich unklar ist, welche der beiden im vorliegenden Fall beteiligten Beschwerdeführer nach der Übertragung des Teilbereichs Chemie von der Fa. Henkel KGaA auf die Fa. Cognis Deutschland GmbH zur Führung des Einspruchsverfahrens berufen ist, da dieses sowohl im Interesse des Teilbereichs Chemie als auch des bei der Fa. Henkel KGaA verbliebenen Teilbereichs Kosmetik eingeleitet werden sollte und der Gegenstand des Patents beiden Bereichen zugeordnet werden kann.
Die Notwendigkeit der unter Umständen auch von subjektiven Entscheidungen abhängigen Zuordnung eines Einspruchs zu einem bestimmten Geschäftsbereich begründet im Einzelfall auch bei anderen Sachverhalten Schwierigkeiten in der rechtlichen Bewertung.
Hätte die Beschwerdeführerin 1 (Henkel KGaA) von Anfang an die Interessen der Teilbereiche Kosmetik und Chemie koordiniert, wäre auch nur ein Einspruch eingelegt worden, und es bliebe fraglich, wer nach der Übertragung des Teilbereichs Chemie zur Führung des Einspruchsverfahrens befugt ist. Die Ansicht der Beschwerdeführerin 2 müßte auch in diesem Fall zu der Möglichkeit der Verdoppelung der Parteistellung führen.
Solche Einspruchsverfahren können nur dem Unternehmen insgesamt zugeordnet und folgerichtig nur mit diesem insgesamt oder mit allen Teilbereichen, die dem Einspruch zugeordnet werden, übertragen werden.
Die Notwendigkeit einer solchen Gesamtbetrachtungsweise gilt auch im vorliegenden Fall, in dem das Einspruchsverfahren sogleich im Interesse zweier unterschiedlicher Geschäftsbereiche geführt werden sollte, aber die Einspruchseinlegung (versehentlich) doppelt erfolgte. Es besteht kein rechtlicher Grund, beide Fallgestaltungen unterschiedlich zu behandeln.
Da die Beschwerdeführerin 2 (Cognis Deutschland GmbH) nicht beide Geschäftsbereiche, denen der Gegenstand des Einspruchsverfahrens zugeordnet war, übertragen erhalten hat, verblieb die Beschwerdeführerin 1 (Henkel KGaA) aufgrund des von ihr eingelegten Einspruchs 1 allein Partei im Einspruchsverfahren.
Die Zuordnung eines oder mehrerer Einsprüche zu verschiedenen Geschäftsbereichen einer (Rechts-) Person führt daher nicht zu einer Ungewißheit über die Parteistellung im Einspruchsverfahren, die es rechtfertigen könnte, ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis für die Zulässigkeit des Einspruchs 4 anzunehmen.
Der Einspruch 4 ist daher mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
d) Übertragung des Einspruchs 4 auf die Beschwerdeführerin 2
Die Beschwerdeführerin 2 beantragte ferner, die Übertragung des Einspruchs vom 16. März 1999 auf die Cognis Deutschland GmbH zu beschließen. Die oben unter 2.c) getroffene Feststellung über die Unzulässigkeit des Einspruchs 4 beinhaltet zwangsläufig auch die Feststellung, daß aus dieser Prozeßhandlung kein Anspruch auf eine Parteistellung im weiteren vor der ersten Instanz zu führenden Einspruchsverfahren erwächst. Die Beschwerdeführerin 2 kann durch die geltend gemachte Übertragung des Einspruchs 4 nicht mehr Rechte erworben haben, als die Rechtsvorgängerin hinsichtlich des Einspruchs 4 selbst besaß. Der Antrag, die Übertragung des Einspruchs vom 16. März 1999 (Einspruch 4) von der Henkel KGaA auf die Cognis Deutschland zu beschließen, ist daher unbegründet und zurückzuweisen.
e) Zusammengefaßt ergeben die obigen rechtlichen Ausführungen zur Begründetheit der Beschwerde 2 folgendes Ergebnis:
Die Entscheidung der Einspruchsabteilung vom 10. September 1999 ist mangels Unterschriften nichtig. Statt eine Zurückverweisung des Verfahrens vorzunehmen, hat die Kammer die Befugnis zur Entscheidung über die Zulässigkeit des Einspruchs 4 gemäß Artikel 111 (1) EPÜ selbst wahrgenommen.
Die Fa. Henkel KGaA hat durch die doppelte Einspruchseinlegung 1 und 4 vom 22. Januar 1999 bzw. vom 16. März 1999 kein doppeltes "Einspruchsrecht", sondern aufgrund des zuerst eingelegten Einspruchs 1 nur eine Parteistellung als Einsprechende erworben. Der am 16. März 1999 eingelegte Einspruch 4 war mangels allgemeinen Rechtsschutzinteresses unzulässig und begründete keine weitere Parteistellung der Fa. Henkel KGaA.
Nach der Entscheidung G 4/88 ist nicht ein "Einspruchsrecht", sondern die durch die Einlegung eines Einspruchs erworbene Parteistellung übertragbar. Durch die von der Fa. Henkel KGaA vorgenommene Zuordnung des Einspruchsverfahrens zu den Geschäftsbereichen Kosmetik und Chemie hätte die Stellung als Einsprechende auch nur durch die gleichzeitige Übertragung beider Geschäftsbereiche bewirkt werden können. Die Übertragung nur des Teilbetriebs Chemie auf die Beschwerdeführerin 2 bewirkte keine Übertragung einer Stellung als Einsprechende auf diese.
f) Da die Beschwerde 2 im Ergebnis keinen Erfolg hat, liegen die Voraussetzungen der Regel 67 EPÜ zur Rückerstattung der Beschwerdegebühr nicht vor.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin 1 gilt als nicht eingelegt.
3. Der von der Beschwerdeführerin 2 geltend gemachte Einspruch 4 wird als unzulässig verworfen.
4. Der Antrag, die Übertragung des Einspruchs vom 16. März 1999 von der Henkel KGaA auf die Cognis Deutschland GmbH zu beschließen, wird zurückgewiesen.