MITTEILUNGEN DES EPA
Mitteilung vom 9. Januar 2002 über die Änderung der Regeln 25 (1), 29 (2) und 51 EPÜ
Mit Beschlüssen vom 18. Oktober 20011 und 13. Dezember 20012 hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation die Ausführungsordnung zum EPÜ geändert.
Diese Mitteilung enthält nähere Angaben zu den Änderungen und den anzuwendenden Übergangsbestimmungen.
1. Nach der geänderten Regel 25 (1) EPÜ kann eine Teilanmeldung zu jeder anhängigen früheren europäischen Patentanmeldung eingereicht werden. Der Begriff "jeder" wurde eingefügt, um klarzustellen, daß es unwesentlich ist, welcher Art die Stammanmeldung ist. Diese kann daher auch eine frühere Teilanmeldung sein. Eine Teilanmeldung zu einer Euro-PCT-Anmeldung kann erst eingereicht werden, wenn diese beim EPA als Bestimmungsamt oder ausgewähltem Amt anhängig ist, d. h. in die regionale Phase eingetreten ist.
Eine Anmeldung ist bis zu (damit aber nicht mehr an) dem Tag anhängig, an dem im Europäischen Patentblatt auf die Erteilung des europäischen Patents hingewiesen wird oder an dem die Anmeldung zurückgewiesen oder zurückgenommen wird oder als zurückgenommen gilt; wird gegen den Zurückweisungsbeschluß Beschwerde eingelegt, kann auch noch während des Beschwerdeverfahrens eine Teilanmeldung eingereicht werden (siehe Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt, Kapitel A-IV, 1.1.4).
Regel 25 (1) n. F. EPÜ gilt ab dem 2. Januar 2002. Das bedeutet, daß zu jeder an diesem Tag noch anhängigen Anmeldung eine Teilanmeldung eingereicht werden kann, unabhängig davon, ob vor diesem Tag eine Einverständniserklärung nach der derzeitigen Regel 51 (4) EPÜ vorliegt.
2. Mit der Änderung von Regel 29 (2) EPÜ wird der Grundsatz "ein unabhängiger Anspruch pro Kategorie" bekräftigt und gesetzlich präzisiert. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind nur dann zulässig, wenn eine der nun ausdrücklich aufgeführten Ausnahmesituationen vorliegt. Die neue Regel 29 (2) EPÜ soll zu demselben Ergebnis führen wie eine strikte Anwendung des Artikels 84 EPÜ und der bisherigen Fassung der Regel 29 (2) EPÜ, allerdings ohne die bisher erforderliche langwierige inhaltliche Diskussion. Ein Anmelder, der mehr als einen unabhängigen Anspruch derselben Kategorie wünscht, muß auf einen entsprechenden Einwand des EPA nunmehr überzeugend darlegen, daß sämtliche weiteren unabhängigen Ansprüche unter eine der in der Regel aufgeführten Ausnahmesituationen fallen. Somit liegt die Darlegungslast in dieser Frage beim Anmelder.
In die Richtlinien für die Prüfung im Europäischen Patentamt werden Beispielsfälle zu diesen Ausnahmesituationen aufgenommen werden. Beispielsfälle für Ausnahmen nach Regel 29 (2) a) sind Stecker und Steckdose, Sender und Empfänger, Zwischenprodukt(e) und Endprodukt, Gen-Genkonstrukt-Host-Protein-Medikament. Ausnahmen nach Regel 29 (2) b) sind insbesondere zweite oder weitere medizinische Verwendungen in der Form eines Anspruchs, der auf eine zweite medizinische Indikation gerichtet ist. Beispielsfälle für Ausnahmen nach Regel 29 (2) c) sind zwei oder mehr Verfahren zur Herstellung einer chemischen Verbindung bei Erfindungen, die sich auf eine Gruppe neuer chemischer Verbindungen beziehen.
Regel 29 (2) n. F. EPÜ ist am 2. Januar 2002 in Kraft getreten und gilt für alle europäischen Patentanmeldungen, zu denen das EPA an diesem Tag noch keine Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ abgesandt hat.
3. Die geänderte Regel 51 EPÜ tritt erst am 1. Juli 2002 in Kraft, um dem Amt ausreichend Zeit zu geben, seine Arbeitsverfahren und EDV-Programme entsprechend umzustellen. Gemäß der Neufassung werden die bislang getrennten Mitteilungen nach Regel 51 (4) und 51 (6) EPÜ verknüpft. Der Anmelder wird sofort aufgefordert, die Übersetzungen der Ansprüche einzureichen und die Erteilungs- und die Druckkostengebühr zu entrichten.
Mit der Einreichung der Übersetzungen und der Entrichtung der Gebühren bringt der Anmelder konkludent sein Einverständnis mit der für die Erteilung vorgesehenen Fassung zum Ausdruck. Ein ausdrückliches Nichteinverständnis ist nicht mehr vorgesehen. Reicht der Anmelder die Übersetzungen nicht ein und/oder entrichtet er die Erteilungs- und die Druckkostengebühr nicht, so gilt die Anmeldung nach Artikel 97 (3) und (5), Regel 51 (8) EPÜ als zurückgenommen. Die Anmeldung wird somit nicht mehr zurückgewiesen, wenn keine ausdrückliche Einverständniserklärung eingereicht wird.
Es kann sein, daß der Anmelder nach Überprüfung der für die Erteilung vorgeschlagenen Fassung geringfügige Änderungen vornehmen möchte und/oder Fehler entdeckt. Er hat in diesem Fall Gelegenheit, innerhalb der nach Regel 51 (4) EPÜ bestimmten Frist diese Änderungen oder Berichtigungen einzureichen. Stimmt die Prüfungsabteilung den Änderungen oder Berichtigungen zu, so kann sie sofort ein Patent erteilen, da der Anmelder verpflichtet ist, Übersetzungen der geänderten oder berichtigten Ansprüche einzureichen, vorausgesetzt, daß der Anmelder auch die Erteilungs- und die Druckkostengebühr innerhalb der bestimmten Frist entrichtet hat. Reicht der Anmelder Änderungen oder Berichtigungen und Übersetzungen der Ansprüche fristgerecht ein, ohne jedoch die Gebühren zu entrichten, so gilt die Anmeldung nach Artikel 97 (3) und Regel 51 (8) EPÜ als zurückgenommen.
Stimmt die Prüfungsabteilung den beantragten Änderungen oder Berichtigungen nicht zu, so wird dem Anmelder Gelegenheit gegeben, Stellung zu nehmen und diese Änderungen oder Berichtigungen entweder zurückzunehmen oder erneut zu ändern. Im letzteren Fall müssen noch einmal geänderte Übersetzungen der Ansprüche eingereicht werden. Da solche Änderungen in der Regel geringfügiger Art sein werden, sollte dies für den Anmelder keinen wesentlichen Aufwand bedeuten.
Räumt der Anmelder die erhobenen Einwände nicht aus, so muß die Prüfungsabteilung die Anmeldung nach Artikel 97 (1) EPÜ zurückweisen, da sie den Anforderungen des Übereinkommens nicht genügt. Da der Anmelder immer die Erteilungs- und die Druckkostengebühr sowie gegebenenfalls Anspruchsgebühren innerhalb der nach Regel 51 (4) EPÜ bestimmten Frist entrichten muß, wurde eine Rechtsgrundlage für deren Rückerstattung geschaffen, wenn kein Patent erteilt wird. Das Verfahren nach Absatz 6 wird nur durchgeführt, wenn diese Gebühren entrichtet worden sind. Andernfalls gilt die Anmeldung nach Artikel 97 (3) und Regel 51 (8) EPÜ als zurückgenommen.
Das neue Verfahren machte es erforderlich, Regel 51 (4) - (6) EPÜ zu ändern. Die übrigen Bestimmungen in Regel 51 EPÜ sind im Interesse der Kohärenz redaktionell überarbeitet worden.
Regel 51 EPÜ n. F. gilt für europäische Patentanmeldungen, zu denen das EPA am 1. Juli 2002 noch keine Mitteilung nach der geltenden Regel 51 (4) EPÜ abgesandt hat.
1 Siehe Amtsblatt EPA 2001, 488.
2 Siehe Amtsblatt EPA 2002, 2.