AUS DEN VERTRAGS- / ERSTRECKUNGSSTAATEN
NL Niederlande
Patentgesetz 1995
Am 1. April 1995 ist in den Niederlanden ein neues Patentgesetz (PatG 95)1 in Kraft getreten. Die Änderungen gegenüber dem alten Recht betreffen im wesentlichen das Patenterteilungsverfahren, das mit der Abschaffung der Sachprüfung und dem Übergang zu einem Registriersystem eine völlig neue Struktur erhielt. Praktisch unverändert blieben dagegen die materiellrechtlichen Vorschriften über die Patentierbarkeit und die Wirkungen des Patents. Zuständige Behörde für das Patentwesen ist nunmehr das "Amt für Gewerblichen Rechtsschutz" (BIE)2, das mit dem neuen Recht an die Stelle des früheren Octrooiraad getreten ist (vgl. Art. 15 PatG 95).
Im einzelnen ist zu dem neuen Gesetz folgendes hervorzuheben:
Erteilungsverfahren
Während die Prüfung der Patentanmeldungen hinsichtlich der Formerfordernisse (vgl. Art. 24-26, Art. 30 PatG 95) dem alten Recht weitgehend entspricht, gibt es nach dem PatG 95 in den Niederlanden keine Sachprüfung mehr. Die Erteilung des Patents erfolgt im Wege der Eintragung in das Patentregister (vgl. Art. 33 (1), 36 (1) PatG 95), eine Prüfung der Erfindung in bezug auf die materiellrechtlichen Voraussetzungen der Patentierbarkeit findet dabei nicht statt. Inwieweit und in welchem Umfang das so registrierte Patent den materiellrechtlichen Erfordernissen tatsächlich entspricht, haben die Gerichte im Streitfall zu entscheiden.
Hinsichtlich der Schutzdauer kann der Anmelder in den Niederlanden zwischen einem Patent mit kurzer Laufzeit (6 Jahre) oder der üblichen Laufzeit von 20 Jahren wählen. Entscheidet er sich für die längere Schutzdauer, so muß er innerhalb von 13 Monaten nach dem Anmelde- bzw. Prioritätstag beim BIE die Durchführung einer Neuheitsrecherche beantragen (vgl. Art. 32 (1), 36 (1), (5) PatG 95). Diese Recherche wird derzeit im Auftrag des BIE vom EPA erstellt3 (vgl. Art. 34 (1) PatG 95).
Entspricht die Patentanmeldung den Formerfordernissen, erfolgt ihre Veröffentlichung 18 Monate nach dem Anmelde- bzw. Prioritätstag durch Eintragung in das Patentregister. Auf Antrag des Anmelders wird die Anmeldung vor diesem Zeitpunkt eingetragen (vgl. Art. 31 PatG 95). Auf die Eintragung wird im Amtsblatt des BIE hingewiesen (vgl. Art. 20, 21 PatG 95).
Die Erteilung des Patents erfolgt in der Regel im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Anmeldung, d. h. mit ihrer Eintragung in das Register (vgl. Art. 33 (1) PatG 95). Ist ein Recherchenbericht beantragt (Patent mit langer Laufzeit), darf das Patent jedoch erst zwei Monate (vgl. Art. 36 (1) PatG 95) nach Mitteilung der Recherchenergebnisse an den Anmelder erteilt werden, damit dieser Gelegenheit hat, die Anmeldung im Lichte der Recherchenergebnisse zu ändern. Die Frist beträgt vier Monate, wenn auf Antrag des Anmelders (der zu begründen ist) eine Verlängerung der Frist zur Änderung der Anmeldung gewährt wurde (vgl. Art. 28 (5) PatG 95). Auf die Eintragung der Erteilung in das Patentregister wird im Amtsblatt des BIE hingewiesen (vgl. Art. 20, 21 PatG 95).
Durchsetzung des Patents
Die Vorlage eines amtlichen Recherchenberichts ist Voraussetzung für die gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen aus einem national erteilten Patent (vgl. Art. 70 (2) PatG 95). Ist ein Recherchenbericht zu dem Patent nicht vorhanden, wie z. B. bei einem Patent mit kurzer Laufzeit, wird er vom BIE auf Antrag erstellt (vgl. Art. 37 (1) PatG 95).
Nichtigkeitsverfahren
Eine Nichtigkeitsklage oder Nichtigkeitswiderklage gegen ein niederländisches Patent kann wirksam nur erhoben werden, wenn dem Gericht mit Einreichung der Klage ein vom BIE erstelltes Gutachten zu den geltend gemachten Nichtigkeitsgründen vorgelegt wird (vgl. Art. 76 (1), Art. 84 (1) PatG 95).
PCT
Mit Artikel 18 des PatG 95 haben die Niederlande von der Möglichkeit des Artikels 45 (2) PCT Gebrauch gemacht und vorgesehen, daß die Bestimmung der Niederlande in einer internationalen Anmeldung als Antrag auf Erteilung eines europäischen Patents für die Niederlande zu betrachten ist.
Übergangsvorschriften
Für Patentanmeldungen, die vor dem 1. April 1995 eingereicht wurden, die dazu eingereichten Teilanmeldungen und darauf erteilte Patente gilt das alte Patentgesetz weiter. Die Frist zur Stellung des Prüfungsantrags läuft jedoch für sämtliche Altanmeldungen am 31. März 1996 ab (vgl. Art. 105 PatG 95).
Das alte Patentgesetz 1987 gilt auch für europäische Patente weiter, die vor dem 1. April 1995 veröffentlicht worden sind (vgl. Art. 103 PatG 95).
Nationales Recht zum EPÜ
Die in den Niederlanden für europäische Patentanmeldungen und Patente geltenden Rechtsvorschriften und Erfordernisse haben durch das neue Gesetz nur geringfügige sachliche Änderungen erfahren, so daß die in der 9. Auflage der vom EPA herausgegebenen Broschüre "Nationales Recht zum EPÜ" enthaltenen Angaben, ausgenommen die Hinweise auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen, zum überwiegenden Teil weiterhin zutreffen. Was die Jahresgebühren angeht, wird darauf hingewiesen, daß nach dem neuen Patentgesetz Jahresgebühren erst ab dem 5. Patentjahr zu entrichten sind (vgl. Art. 61 PatG 95). Die Vorschriften des niederländischen PatG 95 werden in die nächste Ausgabe der Broschüre eingearbeitet.
1 Rijksoctrooiwet 1995 vom 15. Dezember 1994; Staatsblad 1995, 51.
2 Bureau voor de Industriële Eigendom (BIE), Patentlaan 2, Postbus 5820, 2280 HV Rijswijk.
3 Bei Erstanmeldungen gewährleistet die frühzeitige Stellung des Recherchenantrags, daß der Recherchenbericht vorliegt, wenn die Entscheidung über Nachanmeldungen zu treffen ist. Hier ist auch darauf hinzuweisen, daß im Falle einer europäischen Nachanmeldung die europäische Recherchengebühr ganz oder teilweise erstattet wird.