EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Mitteilung des EPA vom 18. Januar 2018 über nach dem EPÜ und dem PCT zur Verfügung stehende Absicherungen bei Nichtverfügbarkeit von Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung
1. In den vergangenen zehn Jahren hat das EPA die den Anmeldern zur Verfügung gestellten Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung beständig erweitert und verbessert, um der steigenden Nachfrage Rechnung zu tragen. Derzeit werden folgende Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung im Sinne von Regel 2 (1) EPÜ und Regel 89bis PCT vom EPA bereitgestellt bzw. zugelassen: Web-Einreichung, Online-Einreichung, CMS, ePCT und PCT-SAFE.1
Um die Online-Dienste weiter zu verbessern und den Nutzern die bestmögliche IT-Umgebung zu bieten, müssen die elektronischen Systeme des EPA regelmäßig gewartet werden. In Ausnahmefällen kann das dazu führen, dass die Systeme den Nutzern nur eingeschränkt zur Verfügung stehen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit werden daher in der vorliegenden Mitteilung die bestehenden Absicherungen für den Fall klargestellt, dass eine Einrichtung zur elektronischen Nachrichtenübermittlung aus vom EPA zu vertretenden Gründen nicht zur Verfügung steht.
2. Wartungsarbeiten werden in der Regel am Wochenende durchgeführt, um Unannehmlichkeiten für die Nutzer der Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung zu vermeiden. Die Zeiten, zu denen die Systeme aufgrund dieser Arbeiten nicht verfügbar sein werden, veröffentlicht das EPA in der Regel mehrere Tage im Voraus in einem eigens dafür vorgesehenen Bereich seiner Website.2 Den Parteien wird empfohlen, die Website regelmäßig zu konsultieren, um nicht von vorab angekündigten wartungsbedingten Ausfallzeiten überrascht zu werden.
Euro-Direkt-Verfahren und europäische Phase
3. Im Euro-Direkt-Verfahren und in der europäischen Phase schützt Regel 134 (1) EPÜ die Nutzer, falls eine Einrichtung zur elektronischen Nachrichtenübermittlung am letzten Tag der Frist für die Vornahme einer Verfahrenshandlung nicht zur Verfügung steht. Sie sieht vor, dass sich die Frist in diesem Fall auf den nächstfolgenden Werktag verlängert, an dem wieder alle Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung verfügbar sind. Voraussetzung für eine Fristverlängerung ist, dass das EPA die Nichtverfügbarkeit zu vertreten hat.
Dies ergibt sich aus Regel 134 (1) Satz 2 EPÜ, wonach Satz 1 entsprechend anzuwenden ist, wenn eine Frist an einem Werktag abläuft, an dem eine der vom Präsidenten des EPA gemäß Regel 2 (1) EPÜ zugelassenen Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung nicht für die Entgegennahme von Schriftstücken zur Verfügung steht.3
Die Fristverlängerung nach Regel 134 (1) EPÜ gilt für alle vom EPA nach Regel 2 (1) EPÜ bereitgestellten Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung (installierte Software und webbasierte Anwendungen) und für alle elektronisch einreichbaren Dokumente, ungeachtet etwaiger Einschränkungen, denen die jeweilige Einrichtung zur elektronischen Nachrichtenübermittlung unterliegt.4 Für andere elektronische Dienste, wie z. B. das Mailbox-Pilotprojekt, gelten unter Umständen spezielle Regelungen für die Fristverlängerung.5
Beispiel 1: Aufgrund außergewöhnlicher Wartungsarbeiten, die das EPA vorher auf seiner Website angekündigt hat, ist die Web-Einreichung an einem Montag (Werktag) nicht verfügbar; alle anderen Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung (z. B. Online-Einreichung, CMS) sind verfügbar. Die neunmonatige Einspruchsfrist nach Artikel 99 (1) EPÜ endet an diesem Montag. Am Dienstag (Werktag) sind alle Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung – einschließlich der Web-Einreichung – verfügbar. Nach Regel 134 (1) Satz 2 EPÜ erstreckt sich jede Frist, die an diesem Montag abläuft, auf Dienstag. Folglich gilt ein am Dienstag eingelegter Einspruch als rechtzeitig eingelegt.
4. Ist eine Einrichtung zur elektronischen Nachrichtenübermittlung für vier Stunden oder länger nicht verfügbar und hat das EPA dies im Voraus angekündigt, findet Regel 134 (1) Satz 2 EPÜ trotzdem Anwendung, um die erforderliche Ausgewogenheit zwischen den Interessen der Öffentlichkeit und denen der Parteien (insbesondere Parteien in anderen Zeitzonen als der mitteleuropäischen Zeit (MEZ)) herzustellen.
Beispiel 2: Wie auf der Website des EPA angekündigt, ist die EPA-Software für die Online-Einreichung an einem Montag (Werktag) von 18.00 bis 22.00 Uhr MEZ nicht verfügbar; alle anderen Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung sind den gesamten Tag verfügbar. Am Dienstag (Werktag) sind alle Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung den gesamten Tag verfügbar. Nach Regel 134 (1) Satz 2 EPÜ erstreckt sich jede Frist, die an diesem Montag abläuft, auf Dienstag.
5. Parteien, die ein Dokument an einem Tag einreichen, auf den eine Frist gemäß Regel 134 (1) Satz 2 EPÜ verlängert wurde, sollten die jeweilige Ankündigung auf der Website anführen, wenn sie sich auf diese Bestimmung berufen.
Internationale Phase
6. In der internationalen Phase gilt die Fristverlängerung nach Regel 134 (1) EPÜ gemäß Artikel 150 (2) EPÜ entsprechend für alle Unterlagen, die beim EPA als Anmeldeamt, Internationaler Recherchenbehörde, für die ergänzende internationale Recherche bestimmter Behörde oder mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragten Behörde eingereicht werden. Voraussetzung für eine Fristverlängerung ist, dass eine vom EPA nach Regel 89bis PCT bereitgestellte oder zugelassene Einrichtung zur elektronischen Nachrichtenübermittlung, d. h. die Web-Einreichung, die Online-Einreichung, CMS, ePCT oder PCT-SAFE (vgl. Nr. 1, Absatz 1), vorübergehend aus einem vom EPA zu vertretenden Grund nicht verfügbar ist. Nummer 4 gilt entsprechend.
Nichtverfügbarkeit aus einem anderen Grund als Wartung
7. In Ausnahmefällen kann eine Einrichtung zur elektronischen Nachrichtenübermittlung aus anderen als den vorgenannten Gründen nicht zur Verfügung stehen (z. B. wegen einer technischen Störung). Obwohl die Beweislast bei der Partei liegt, die eine rechtzeitige Einreichung geltend macht, wird das EPA jeder behaupteten Nichtverfügbarkeit einer Einrichtung zur elektronischen Nachrichtenübermittlung nachgehen. Hat ein Nutzer Zweifel an der ordnungsgemäßen Übermittlung eines Dokuments, sollte er die EPA-Kundenbetreuung kontaktieren. Ihm entstehen keinerlei Nachteile, wenn sich bestätigt, dass die Nichtverfügbarkeit dem EPA zuzurechnen ist. Um negative Folgen sicher zu vermeiden, empfiehlt es sich jedoch, vorsichtshalber den verfügbaren Rechtsbehelf einzulegen.
1 Siehe die Beschlüsse des Präsidenten des EPA vom 10. November 2015 über die elektronische Einreichung von Unterlagen (ABl. EPA 2015, A91), vom 11. März 2015 über die Einreichung von Unterlagen mittels des Case-Management-Systems des EPA (ABl. EPA 2015, A27), vom 10. September 2014 über die Einreichung von Unterlagen mittels des EPA-Dienstes zur Web-Einreichung (ABl. EPA 2014, A98) und vom 24. Oktober 2014 über die Einreichung internationaler Anmeldungen beim EPA als Anmeldeamt mittels ePCT-Filing (ABl. EPA 2014, A107). Siehe auch die Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 23. September 2016 über die Online-Einreichung nachgereichter Unterlagen nach dem PCT einschließlich des Antrags nach Kapitel II PCT (ABl. EPA 2016, A78).
2 www.epo.org/applying/online-services/online-filing-outages_de.html
3 Regel 134 (1) Satz 1 EPÜ kommt zum Tragen, wenn eine Frist an einem Tag abläuft, an dem eine der Annahmestellen des EPA (Berlin, München oder Den Haag) zur Entgegennahme von Schriftstücken nicht geöffnet ist oder an dem die Post dort nicht zugestellt wird. Die Frist verlängert sich dann auf den nächstfolgenden Tag, an dem alle Annahmestellen zur Entgegennahme von Schriftstücken geöffnet sind und an dem die Post zugestellt wird. Dasselbe gilt definitionsgemäß auch für Wochenenden sowie die Feiertage, an denen das EPA geschlossen ist. Eine Übersicht über die Tage, an denen die Annahmestellen des EPA und die nationalen Patentbehörden der EPÜ-Vertragsstaaten geschlossen sind, wird jeweils im Januar im Amtsblatt veröffentlicht.
4 Siehe Artikel 2 des Beschlusses des Präsidenten des EPA vom 10. September 2014 über die Einreichung von Unterlagen mittels des EPA-Dienstes zur Web-Einreichung (ABl. EPA 2014, A98), Artikel 3 des Beschlusses des Präsidenten des EPA vom 10. November 2015 über die elektronische Einreichung von Unterlagen (ABl. EPA 2015, A91) und Artikel 2 des Beschlusses des Präsidenten des EPA vom 11. März 2015 über die Einreichung von Unterlagen mittels des Case-Management-Systems des EPA (ABl. EPA 2015, A27).
5 Siehe z. B. den Beschluss des Präsidenten des EPA vom 11. März 2015 über das Pilotprojekt zur Einführung neuer Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung für Verfahren vor dem EPA (ABl. EPA 2015, A28).