ARBEITSSITZUNG
Die Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen
Dai REES - Vorsitzender einer Beschwerdekammer, EPA - Patentierbarkeit computerimplementierter Erfindungen im EPA
1. Maßgebende Bestimmungen des Europäischen Patentübereinkommens
1.1 Artikel 52 (2) und (3) EPÜ:
"Als Erfindungen … werden insbesondere nicht angesehen:
a) Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden;
b) ästhetische Formschöpfungen;
c) Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen;
d) die Wiedergabe von Informationen."
"Absatz 2 steht der Patentierbarkeit … nur insoweit entgegen, als sich die europäische Patentanmeldung oder das europäische Patent auf diese Gegenstände oder Tätigkeiten als solche bezieht."
1.2 Ferner wird in Artikel 18 und 19 auf "technisch vorgebildete Prüfer" und in Artikel 21 und 22 auf "technisch vorgebildete Mitglieder" der Beschwerdekammern verwiesen sowie in der Ausführungsordnung auf das "technische Gebiet", die "technische Aufgabe" und die "technischen Merkmale" der Erfindung (Regeln 42 (1) a) und c), 43 (1) und 44; entsprechend Regeln 27, 29 und 30 im EPÜ 1973).
1.3 Der in der Diplomatischen Konferenz 2000 revidierte Artikel 52 (1) EPÜ besagt, dass Patente für Erfindungen "auf allen Gebieten der Technik" erteilt werden. Da das revidierte Übereinkommen erst 2007 in Kraft trat, gilt diese Änderung eigentlich nicht unmittelbar für die hier erörterten Fälle. Es ist jedoch bedeutsam, dass dieser Punkt von der Diplomatischen Konferenz nicht als inhaltliche Änderung des Übereinkommens betrachtet wurde. Das heißt, es wurde die Auffassung vertreten, dass Patente nach dem EPÜ ohnehin bereits für Erfindungen auf "Gebieten der Technik" erteilt wurden.
2. Frühe Rechtsprechung
In der frühen Rechtsprechung der Beschwerdekammern wurden einige Grundsätze aufgestellt, von denen die meisten noch heute angewandt werden.
2.1 In frühen Entscheidungen wurden "nicht-technisch" und "ausgeschlossen nach Artikel 52 (2) EPÜ" synonym behandelt (mit der Ausnahme des schwierigen Falls der Programme für Datenverarbeitungsanlagen gilt dies noch heute). Außerdem wurde der Ausdruck "nicht-technische Merkmale" für alle Merkmale verwendet, die für sich genommen nur einen Gegenstand auf der Ausschlussliste bezeichnen.
2.2 Allerdings waren Ansprüche auf Erfindungen, in denen Merkmale angegeben wurden, die sich auf die in Artikel 52 (2) aufgeführten Gegenstände bezogen, insbesondere Programme für Datenverarbeitungsanlagen, aber beispielsweise auch mathematische Methoden, nicht automatisch von der Patentierbarkeit ausgeschlossen. Es galt zu entscheiden, ob der Gegenstand des Anspruchs insgesamt, ohne dass Merkmale gewichtet oder außer Betracht gelassen wurden, eine "technische Wirkung" hervorrief. Eine solche technische Wirkung konnte z. B. in der Verbesserung der Qualität aufgezeichneter Bilder (T 208/84, VICOM) oder der Verlängerung der Wartungsintervalle bei einem Röntgengerät (T 26/86, Koch & Sterzel) bestehen. Als Test diente in der frühen Rechtsprechung die hypothetische Überlegung, ob dieselbe Wirkung die Erteilung eines Patents rechtfertigen würde, wenn sie durch Mittel erzeugt würde, die keine Gegenstände auf der Ausschlussliste umfassten. Als derartige technische Wirkung konnte die verbesserte oder geänderte Funktionsweise eines Computers betrachtet werden (T 6/83, Datenprozessornetz/IBM).
2.3 In diesen frühen Entscheidungen wurde generell der sogenannte "Beitragsansatz" verfolgt. Das heißt, dass zwar alle Merkmale des Anspruchs berücksichtigt wurden, der Anspruch aber nach Artikel 52 (2) EPÜ zurückgewiesen wurde, wenn der Beitrag zum Stand der Technik nur durch Gegenstände auf der Ausschlussliste geleistet wurde. Um ein Beispiel zu nennen (in G 3/08 angeführt): ein Anspruch auf eine mit einem Bild verzierte Tasse (vorausgesetzt, dem Bild wird keine über die Ästhetik oder die Wiedergabe von Informationen hinausgehende Wirkung zugeschrieben) würde nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ zurückgewiesen. Tassen sind bekannt, es gibt also keinen technischen Beitrag zum Stand der Technik.
Dies bedeutete jedoch nicht, dass ein Anspruch auf keinen Fall gewährbar war, wenn alle kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs auf der Ausschlussliste standen ("nicht-technische Merkmale" waren). Bei der Anwendung des Beitragsansatzes maßen die Beschwerdekammern die Patentierbarkeit an der technischen Wirkung der beanspruchten Erfindung verglichen mit derjenigen des Stands der Technik und nicht daran, ob die kennzeichnenden Merkmale "nicht-technisch" waren. Die technische Wirkung einer beanspruchten Erfindung erwuchs aus der Kombination aller angegebenen Merkmale. So unterschieden sich in T 208/84die gewährbaren Ansprüche vom Stand der Technik nur darin, dass eine neue mathematische Methode in einem Computerprogramm implementiert wurde, und in T 26/86 bestand der einzige ersichtliche Beitrag, was die Merkmale anbelangte, in einem neuen Steuerungsprogramm. Dennoch wurde in beidenFällen eine technische Wirkung erzielt (verbesserte Bildqualität, längere Wartungsintervalle), weswegen der Anspruchsgegenstand nicht dem Patentierungsverbot unterlag.
Brachte der Gegenstand eines Anspruchs jedoch keine technische Wirkung hervor, die sich von derjenigen des Stands der Technik unterschied, so gab es keinen "technischen Beitrag", und der Anspruch war nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, d. h., die europäische Patentanmeldung oder das europäische Patent bezog sich nach Auffassung der Kammern auf die in Artikel 52 (2) genannten Gegenstände oder Tätigkeiten als solche. Beispiele für solche Fälle sind T 52/85, Auflistung semantisch verwandter sprachlicher Ausdrücke/IBM, T 158/88, Siemens und T 603/89, Beattie.
Der vorstehend beschriebene Beitragsansatz erfordert einen Vergleich mit dem Stand der Technik. Dieser wurde jedoch nicht völlig einheitlich durchgeführt. Häufig wurde die technische Wirkung der Erfindung ohne Bezug auf einen bestimmten (zumindest ausdrücklich genannten) Stand der Technik erörtert.
2.4 In Fällen, in denen laut Kammer ein technischer Beitrag vorlag, waren Ansprüche gewährbar, die auf ein Verfahren zum Betrieb eines Computers oder auf einen Computer gerichtet waren, der so angepasst war, dass er das Verfahren ausführen konnte, d. h. in den ein geeignetes Programm geladen war. Dies bedeutete insbesondere, dass die Kammern zumindest bei Vorliegen eines "technischen Beitrags" einen Computer, in den ein neues Programm geladen war, als neue Maschine erachteten.
Obwohl es nie zu einer grundsätzlichen Entscheidung kam, gingen die Kammern (und die Anmelder) offenbar davon aus, dass Ansprüche auf ein Computerprogramm, sei es "auf einem computerlesbaren Medium" gespeichert oder nicht, nicht gewährbar waren, auch wenn das entsprechende Verfahren und die jeweilige Vorrichtung einen "technischen Beitrag" leisteten.
2.5 Abschließend sei noch erwähnt, dass die Kammern in einigen wenigen Fällen (s. T 38/86 und T 65/86, beide Textverarbeitung/IBM) zu dem Schluss gelangten, dass ein erfinderischer Beitrag auf einem nicht vom Patentschutz ausgeschlossenen Gebiet vorliegen müsse, damit der Anspruch nicht wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückzuweisen sei. Diese Argumentation wurde lange Jahre nicht weiterverfolgt, erlangte später aber große Bedeutung.
3. Neuere Rechtsprechung
3.1 T 1173/97, Computerprogrammprodukt/IBM
Wahrscheinlich in Reaktion auf Entwicklungen in den USA, wo das USPTO auf ein Urteil des CAFC hin begonnen hatte, sogenannte "Beauregard-Ansprüche" auf Programme zu gewähren, die auf einem computerlesbaren Medium gespeichert sind, wurden den Beschwerdekammern zwei Testfälle vorgelegt. Dies waren T 935/97 und T 1173/97, beide Computerprogrammprodukt/IBM. Die Begründungen dieser Entscheidungen sind weitgehend identisch. In diesen zwei Fällen gelangte die Kammer zu einer Reihe wichtiger Schlussfolgerungen.
3.1.1 Sie entschied, dass Programmansprüche in manchen Fällen patentierbar seien und es kein Erfordernis gebe, in solchen Fällen ein Speichermedium anzugeben. (Die Kammer stellte sogar ausdrücklich fest, dass es im Hinblick auf das Patentierungsverbot gemäß Artikel 52 (2) und (3) EPÜ keinen Unterschied mache, ob das Programm allein beansprucht werde oder auf einem Medium. Diese Feststellung war später für G 3/08 relevant.)
3.1.2 Wie bereits in der früheren Rechtsprechung (T 208/84, T 26/86 usw.) waren solche Ansprüche patentierbar, wenn das Programm bei seiner Ausführung eine technische Wirkung verursachte.
3.1.3 Mit Blick auf die bisher fehlende Einheitlichkeit und gestützt auf verschiedene theoretische Begründungen gelangte die Kammer dann jedoch zu dem Schluss, dass die technische Wirkung des Anspruchsgegenstands nicht anhand eines Vergleichs mit dem Stand der Technik ermittelt werden sollte. Ob eine technische Wirkung vorliegt, sollte a priori entschieden werden.
3.1.4 Daraus ergab sich ein Problem, denn die Kammer räumte ein, dass jedes Computerprogramm bei seiner Ausführung auf dem Computer, auf dem es läuft, technische Wirkungen auslöst, wie das Fließen elektrischen Stroms, eine Neuverteilung der elektrischen Ladung im Speicher usw. Die Kammer kam deshalb zu dem Schluss, dass die erforderliche technischen Wirkung über diese allen Programmen gemeinsamen Wirkungen hinausgehen müsse. Dieses Erfordernis wurde unter der vielleicht irreführenden Bezeichnung der "weiteren technischen Wirkung" bekannt. "Weiter" bezieht sich nicht auf einen Vergleich mit dem Stand der Technik, sondern darauf, dass die Wirkung über diejenige hinausgehen muss, die bei der Ausführung jedes Computerprogramms eintritt.
3.1.5 Die Kammer, die für die Entscheidung der Frage, ob das Patentierungsverbot nach Artikel 52 (2) und (3) EPÜ greift, von jeglichem Vergleich mit dem Stand der Technik abgerückt war, merkte an, dieser Vergleich, also die Ermittlung des "technischen Beitrags", gehöre vielmehr zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit.
3.2 T 1194/97, Philips
3.2.1 In diesem Fall ging es um Videodaten auf einer Speicherplatte. Einige dieser Daten waren insoweit funktionell, als sie die Synchronisation von Bildzeilen, Zeilennummern usw. definierten. Die Kammer befand, dass strukturelle digitale Daten insoweit potenziell patentierbar sind, und verwies auf eine frühere Entscheidung, bei der für ein analoges Fernsehsignal derselbe Schluss gezogen worden war (T 163/85, Farbfernsehsignal/BBC). Mit dieser Entscheidung wurde also das Hauptergebnis von T 1173/97, die potenzielle Patentierbarkeit von Programmen, auf funktionelle Daten im Allgemeinen erweitert.
3.3 Kriterium des "technischen Mittels"
3.3.1 Drei Entscheidungen befassten sich mit den Konsequenzen einer Abkehr vom "Beitragsansatz" für das Patentierungsverbot gemäß Artikel 52 (2) und (3) EPÜ. In T 931/95, Pension Benefit Systems, entschied die Kammer, dass ein Computer, der so vorbereitet ist, dass er ein Programm ausführt, nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist, und zwar unabhängig davon, ob das Programm patentierbar ist. Diese Schlussfolgerung wurde in T 258/03, Hitachi, auf Verfahren zum Betrieb eines Computers ausgedehnt (und die gegenteilige Feststellung in T 931/95 wurde damit verworfen), was damit begründet wurde, dass das Verfahren die Verwendung technischer Mittel (Computer) umfasste. Mit der Entscheidung T 424/03, Microsoft, wurde schließlich der logische Schluss ergänzt, dass ein Anspruch auf ein Programm auf einem Datenträger dem Patentierungsverbot nach Artikel 52 (2) zwingend entgeht, weil darin der Datenträger beansprucht wird, auch wenn damit zugleich das Programm beansprucht wird.
3.4 "COMVIK/Hitachi"-Ansatz bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit
3.4.1 Das Kriterium des "jeglichen technischen Mittels" hatte eindeutig zur Folge, dass durch die Aufnahme eines Verweises auf eine Vorrichtung, z. B. die Angabe, dass eine Berechnung auf einem Computer durchgeführt wird, viele Ansprüche, die bisher als nicht patentierbar galten, das Patentierungsverbot gemäß Artikel 52 (2) EPÜ umgehen konnten. In T 1173/97 war bereits die Auffassung vertreten worden, dass die Ermittlung des "technischen Beitrags" zur Prüfung der erfinderischen Tätigkeit gehörte. Dies entsprach der (oben genanntten) Schlussfolgerung aus einigen der frühen Entscheidungen, dass ein erfinderischer Beitrag auf einem nicht vom Patentschutz ausgeschlossenen Gebiet vorliegen müsse, damit der Anspruch nicht wegen mangelnder erfinderischer Tätigkeit zurückzuweisen sei. Dies wurde also zur maßgeblichen Testfrage: leistet eine beanspruchte Innovation einen nicht naheliegenden Beitrag auf einem "technischen" Gebiet, oder war ein technischer Beitrag zum Stand der Technik lediglich die Folge einer Umsetzung einer nicht technischen Idee? Ein hypothetisches Beispiel: wenn ein Jazz-Schlagzeuger sein Schlagzeug neu anordnet und diese neue Anordnung zur Erzeugung eines neuen Schlagmusters nutzt, sind dann die neue Anordnung des Schlagzeugs und das neue Schlagmuster patentierbare Erfindungen?
3.4.2 In einer Reihe von Entscheidungen, insbesondere T 641/00, COMVIK, und T 258/03, Hitachi, prüften die Kammern (oder vielmehr die Kammer 3.5.01), wie der sogenannte "Aufgabe-Lösungs-Ansatz" zur Beantwortung dieser Frage angewandt werden könne. Dieser Ansatz wird normalerweise von den Beschwerdekammern verfolgt, um zu ermitteln, ob eine beanspruchte Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht. Die Schlussfolgerung lautete, dass nur Anspruchsmerkmale, die zum technischen Charakter des beanspruchten Gegenstands beitragen, bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen seien, und nicht-technische Zielsetzung der Erfindung bei der Formulierung der Aufgabe aufgegriffen werden könnte. Dieser Ansatz wurde in T 154/04, Duns, ausführlich dargelegt und begründet.
4. G 3/08
Im Oktober 2008 legte die Präsidentin des EPA der Großen Beschwerdekammer (GBK) nach Artikel 112 (1) b) vier Fragen vor. Im Mai 2010 gab die GBK ihre Stellungnahme bekannt. Sie befand die Fragen für unzulässig. Dabei analysierte sie die Fragen und gelangte zu einer Reihe von Schlussfolgerungen.
4.1 Analyse der Vorlagebefugnis des Präsidenten und der Rolle der GBK in solchen Vorlageverfahren.
4.1.1 Die Vorlagebefugnis ist nicht dadurch verbraucht, dass früher einmal entschieden wurde, eine Frage nicht vorzulegen.
4.1.2 Die "abweichenden Entscheidungen" können von derselben Kammer im Sinne einer Organisationseinheit stammen.
4.1.3 Es muss eine "Divergenz" in der Rechtsprechung vorliegen - eine Entwicklung in der Rechtsprechung allein reicht nicht aus, selbst wenn sie widersprüchlich ist.
4.1.4 Divergenz kann sich auch aus unterschiedlichen Begründungen ergeben und nicht nur aus unterschiedlichen Schlussfolgerungen - eine wichtige Frage im vorliegenden Fall, in dem es wesentlich darum geht, nicht ob, sondern aufgrund welcher Bestimmung des EPÜ Anmeldungen zurückzuweisen sind.
4.2 Prüfung der Fragen
4.2.1 In den Fragen 1 und 2 wurde das aus der Entscheidung T 424/03 stammende Kriterium des "jeglichen technischen Mittel" infrage gestellt. Die GBK konnte eine einzige Meinungsänderung zwischen T 1173/97 und T 424/03 finden; laut T 1173/97 ist es für das Patentierungsverbot nach Artikel 52 (2) EPÜ ohne Belang, ob in einem Anspruch ein Computerprogramm mit oder ohne Datenträger angegeben wird, wohingegen in T 424/03 befunden wurde, dass ein Anspruch dem Patentierungsverbot entgeht, sobald darin ein Datenträger angegeben wird. Die GBK urteilte jedoch, dass dies nicht als Divergenz zu werten sei, weil die in T 1173/97 vertretene Ansicht mit anderen Standpunkten in derselben Entscheidung nicht in Einklang stand und in späteren Entscheidungen nicht weiterverfolgt wurde. Die übrigen in der Vorlage vorgebrachten Argumente wurden nicht akzeptiert - insbesondere widersprach die GBK der Behauptung, dass ein Programmanspruch und ein Anspruch auf ein Verfahren für den Betrieb eines Computers denselben Umfang hätten.
4.2.2 Frage 3 lautete, ob ein Anspruchsmerkmal "eine technische Wirkung auf einen physischen Gegenstand in der realen Welt hervorrufen müsse, um einen Beitrag zum technischen Charakter des Anspruchs zu leisten". In einer Anschlussfrage ging es darum, ob eine nicht näher bestimmte Datenverarbeitungsanlage einen physikalischen Gegenstand darstellte. Die GBK wies diese Frage sofort als unzulässig zurück, weil die angeblich voneinander abweichenden Entscheidungen sich nicht auf einzelne Merkmale bezogen und mitnichten verlangten, dass die Gesamtheit der Merkmale "eine technische Wirkung auf einen physikalischen Gegenstand in der realen Welt" hervorrufen müsse. Ohne dieses mögliche Kriterium näher zu prüfen, wies die GBK auch darauf hin, dass einzelne Merkmale, die sich auf ausgeschlossene Gegenstände bezögen, sehr wohl einen Beitrag zum technischen Charakter eines Anspruchs leisten könnten (T 208/84, VICOM).
4.2.3 In Frage 4 ging es darum, ob die Tätigkeit des Programmierens einer Datenverarbeitungsanlage notwendigerweise technische Überlegungen erfordere. Die GBK legte das "Programmieren einer Datenverarbeitungsanlage" in dieser Frage so aus, dass es sich mehr auf eine geistige als auf eine physische Tätigkeit beziehe, und stimmte zu, dass bestimmte Entscheidungen offenbar davon ausgingen, dass Programmieren immer technische Überlegungen erfordere. In der Vorlage wurde geltend gemacht, dass dies im Widerspruch zu anderen Entscheidungen stehe, in denen Programmieren als gedankliche Tätigkeit aufgefasst werde, die nach Art. 52 (2) von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sei. Die GBK ließ dies nicht als Widerspruch gelten, weil ein Anspruch auf eine gedankliche Tätigkeit selbst dann zurückgewiesen werden könne, wenn diese gedankliche Tätigkeit mit technischen Überlegungen einhergehe. Die Frage sei daher ebenfalls unzulässig. Die GBK merkte allerdings an, dass es in diesem Bereich eine gewisse Verwirrung geben könnte, weil einige Entscheidungen (z. B. T 769/92, Sohei) könnten vielleicht den Eindruck vermitteln, dass technische Überlegungen des Anmelders ausreichten, um den technischen Charakter eines Anspruchs als Ergebnis dieser Überlegungen zu gewährleisten. Die GBK stellte sich auf den Standpunkt, dass die Frage, ob das Programmieren von Datenverarbeitungsanlagen immer technische Überlegungen erfordere, so oder so beantwortet werden könne; man müsse aber in Einklang mit T 1173/97 und eingedenk der Absichten der Autoren des Übereinkommens wohl sagen, dass ein Anspruch auf ein Computerprogramm nur dann technischen Charakter habe, wenn "weitere" technische Überlegungen erforderlich seien, d. h. Überlegungen, die über die Formulierung eines Algorithmus hinausgehen, der auf einer nicht näher bestimmten Datenverarbeitungsanlage ausgeführt werden kann.