BESCHWERDEKAMMERN
Entscheidungen der Technische Beschwerdekammern
Entscheidung der Technischen Beschwerdekammer 3.3.02 vom 27. Oktober 2010 - T 1635/09
(Verfahrenssprache)
Zusammensetzung der Kammer:
Vorsitzender:
U. Oswald
Mitglieder:
A. Lindner, L. Bühler
Patentinhaber/Beschwerdeführer:
Bayer Schering Pharma Aktiengesellschaft
Einsprechender 01/Beschwerdeführer:
STRAGEN PHARMA SA
Einsprechender 02/Beschwerdeführer:
Laboratorios Léon Farma, S.A.
Einsprechender 03/Beschwerdeführer:
Sandoz AG
Einsprechender 04/Verfahrensbeteiligter:
Helm AG
Stichwort:
Zusammensetzung für Empfängnisverhütung/BAYER SCHERING PHARMA AG
Relevante Rechtsnormen:
Artikel: 53 c), 64 (2), 83, 84, 123 (3) EPÜ
Schlagwort:
"Hauptantrag, Hilfsanträge 1, 4, 5, 7, 8, 11, 12, 14, 15, 18, 19, 21, 22: therapeutisches Verfahren - (ja): Vermeidung bzw. Reduzierung von pathologischen Nebenwirkungen" - "Hilfsanträge 2, 3, 6, 9, 10, 13: ausreichende Offenbarung - (nein): Erfindung nicht über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar, unzumutbarer Aufwand" - "Hilfsanträge 16, 17, 20: ausreichende Offenbarung - (nein): unzumutbarer Aufwand" - "Hilfsantrag 23: Erweiterung des Schutzbereichs - (ja): Umwandlung eines Verwendungsanspruchs zur sog. schweizerischen Anspruchsform" - "Hilfsantrag 24: Erweiterung des Schutzbereichs - (ja): Umwandlung eines Verwendungsanspruchs zu einem zweckgebundenen Stoffanspruch"
Leitsätze
I. Die Verwendung eines Stoffgemisches für die orale Empfängnisverhütung, bei der die beanspruchten Konzentrationen der darin enthaltenen Hormone so niedrig gewählt sind, dass die bei der oralen Empfängnisverhütung zu erwartenden pathologischen Nebenwirkungen vermieden bzw. reduziert werden, stellt ein gemäß Artikel 53 c) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgenommenes therapeutisches Verfahren dar.
II. Da die Frage, ob eine beanspruchte Verwendung therapeutischer oder nicht therapeutischer Natur ist, ausschließlich auf der Grundlage der bei dieser Verwendung durchgeführten Aktivitäten und/oder der dabei erzielten Effekte zu entscheiden ist, lässt sich die Ausnahme von der Patentierbarkeit gemäß Artikel 53 c) EPÜ bei einem therapeutischen Verfahren, bei dem eine nicht therapeutische Verwendung in Form der Empfängnisverhütung untrennbar mit einer therapeutischen Verwendung in Form der Vermeidung bzw. Reduzierung der pathologischen Nebenwirkungen verknüpft ist, nicht durch die Beschränkung auf eine "nicht-therapeutische Verwendung" aufheben.
III. Die Umwandlung eines Anspruchs betreffend die Verwendung eines Stoffes oder Stoffgemisches zu einem bestimmten Zweck zur schweizerischen Anspruchsform oder zu einem zweckgebundenen Produktanspruch gemäß Artikel 54 (5) EPÜ führt zu einer Erweiterung des Schutzbereichs.
IV. Bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von zur Nacharbeitung erforderlichen Versuchsreihen ist auch deren Vermeidbarkeit zu berücksichtigen. Zeitaufwendige und ethisch bedenkliche Versuchsreihen sind nicht zumutbar, wenn es möglich gewesen wäre, die beanspruchte Erfindung ohne irgendwelche Einschränkungen bezüglich ihres Umfanges über Merkmale zu definieren, die die besagten Versuchsreihen zwecks Nacharbeitung durch den Fachmann überflüssig gemacht hätten.
Sachverhalt und Anträge
I. Auf die Patentanmeldung Nr. 95 905 574.0 wurde das europäische Patent Nr. 0 735 883 mit 19 Ansprüchen erteilt.
Die erteilten unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:
"1. Verwendung einer oralen Dosierungsform umfassend ein Estrogen ausgewählt aus
2,0 bis 6,0 mg 17ß-Estradiol, und
0,015 bis 0,020 mg Ethinylestradiol;
und ein Gestagen ausgewählt aus
0,05 bis 0,075 mg Gestoden,
0,075 bis 0,125 mg Levonorgestrel,
0,06 bis 0,15 mg Desogestrel,
0,06 bis 0,15 mg 3-Ketodesogestrel,
0,2 bis 0,3 mg Norgestimat,
>0,35 bis 0,75 mg Norethisteron,
0,1 mg Drospirenon bis zu einer zu 0,075 mg
Gestoden equivalenten Dosis von Drospirenon, und
0,1 mg Cyproteronacetat bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Cyproteronacetat;
für die Empfängsnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Praemenopause noch nicht erreicht hat, durch Verabreichung der Dosierungsform während 23 oder 24 Tagen, beginnend am Tag eins des Menstruationszyklus, gefolgt von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen, während insgesamt 28 Tagen im Verabreichungszyklus.
9. Kombinationsprodukt für die orale Kontrazeption, welches
(a) 23 oder 24 Dosierungseinheiten, jeweils enthaltend ein Estrogen ausgewählt aus >2,0 bis 6,0 mg 17ß-Estradiol, und 0,020 mg Ethinylestradiol;
und ein Gestagen ausgewählt aus
0,25 mg Drospirenon bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Drospirenon, und
0,1 mg Cyproteronacetat bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Cyproteronacetat; und
(b) 5 oder 4 Blindpillen oder andere Indikationen, um anzuzeigen, daß die tägliche Verabreichung der 23 oder 24 Dosierungseinheiten von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen gefolgt sein soll, umfaßt."
II. Gegen die Erteilung des Patents wurden vier Einsprüche eingelegt. Die Einspruchsgründe waren gestützt auf Artikel 100 a), b) und c) EPÜ mit der Begründung, dass der Gegenstand des Patents nach Artikel 52 (1) EPÜ in Verbindung mit den Artikeln 54 und 56 EPÜ im gesamten Umfang wegen fehlender Neuheit und mangelnder erfinderischer Tätigkeit nicht patentfähig sei, dass der Gegenstand des Patents Verfahren betreffe, die gemäß Artikel 52 (4) EPÜ 1973 von der Patentierung ausgenommen und zudem gemäß Artikel 57 EPÜ nicht gewerblich anwendbar seien, dass das europäische Patent die Erfindung nicht so deutlich und vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne und dass der Gegenstand des Patents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinausgehe.
III. In ihrer am 21. April 2009 verkündeten Entscheidung hat die Einspruchsabteilung das Streitpatent auf der Grundlage von Hilfsantrag 10 in geändertem Umfang aufrechterhalten. In der Sache kam sie zu dem Ergebnis, dass der Hauptantrag aufgrund des beanspruchten Dosierungsbereichs für Cyproteronacetat und Drospirenon nicht die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ erfülle. Die Verwendungsansprüche des Hilfsantrags 8 beträfen ein Verfahren gemäß Artikel 53 c) EPÜ, da bei einem nicht unerheblichen Teil der Zielgruppe der Frauen mit dem prämenstruellen Syndrom (PMS) therapeutische und nicht therapeutische Effekte untrennbar miteinander verbunden seien. Die im Hilfsantrag 9 definierte Erfindung erfülle nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ, da der Fachmann nicht in der Lage wäre, die in den Ansprüchen 5 und 6 für Cyproteronacetat und Drospirenon beanspruchte Dosis, die äquivalent zu 0,075 mg Gestoden ist, zu bestimmen.
Was den während der mündlichen Verhandlung vom 20.4. - 21.4.2009 eingereichten Hilfsantrag 10 betrifft, kam die Einspruchsabteilung zu dem Ergebnis, dass die Erfordernisse der Regel 80 EPÜ sowie der Artikel 84, 123 (2) und (3) und 57 EPÜ erfüllt seien. Der Disclaimer "nicht therapeutisch" verstoße nicht gegen die Erfordernisse von Artikel 123 (2) EPÜ, da nicht patentierbare Gegenstände durch Disclaimer ausgeschlossen werden können. Durch die Einführung des Disclaimers sei die beanspruchte Verwendung nunmehr auf die unmittelbare, nicht therapeutische Verhütung beschränkt, sodass keine Verwendung gemäß Artikel 53 c) EPÜ vorläge. Zudem sei die nunmehr beanspruchte Verwendung gewerblich anwendbar, da die Einnahme der oralen Dosierungsform im Gegensatz zu der in der Sache T 74/93 (ABl. EPA 1995, 712) verwendeten Vaginalcreme zeitlich unabhängig vom Geschlechtsverkehr stattfinden könne. Aufgrund der Tatsache, dass der Begriff "Prämenopause" im Stand der Technik hinreichend bekannt sei und zumindest der Arzt in der Lage sei, die Übergänge zwischen den Perioden "vor der Prämenopause" und "Prämenopause" festzustellen, sei die im Hilfsantrag 10 definierte Erfindung zudem ausreichend offenbart. Da dieser Grenzbereich nur eine sehr kleine Gruppe von Frauen betreffe, sei die Unterscheidbarkeit darin unerheblich, da es für die Ausführbarkeit ausreichend sei, dass die Erfindung im Wesentlichen im gesamten beanspruchten Bereich ausgeführt werden könne. Der im Hilfsantrag 10 beanspruchte Gegenstand sei zudem neu gegenüber der Offenbarung der Entgegenhaltung (6) (EP-A-0 253 607), da die Zielgruppe der Frauen im fertilen Alter, die die Prämenopause noch nicht erreicht haben, als unterscheidendes Merkmal gegenüber den in der Entgegenhaltung (6) beschriebenen prämenopausalen Frauen anzuerkennen sei. Was die erfinderische Tätigkeit betrifft, so wurde ausgehend von der Entgegenhaltung (1) (Kuhl H., "Aktuelle Entwicklungen der hormonalen Kontrazeption", Gynäkologe 1992, vol. 25, 231 - 240) als nächstem Stand der Technik die zu lösende Aufgabe in der Bereitstellung einer Verwendung zur Empfängnisverhütung bei fertilen Frauen vor der Prämenopause gesehen, wobei diese Verhütung zu einer verbesserten ovariellen Suppression führen soll. Die Lösung dieser Aufgabe in Form einer Wirkstoffverabreichung über 23 oder 24 Tage sei nicht naheliegend, da mit Ausnahme der Entgegenhaltung (6) keines der vorhandenen Dokumente das anspruchsgemäße Verabreichungsschema für niedrig dosierte orale Empfängnisverhütung offenbare. Wie bereits in Zusammenhang mit der Neuheit erwähnt, betreffe die Entgegenhaltung (6) jedoch eine andere Zielgruppe. Die einnahmefreie Zeit werde dort verkürzt, um das Auftreten von Hormonmangelsymptomen zu vermeiden und nicht wie im Streitpatent, um eine bessere ovarielle Suppression zu erzielen. Daher würde der Fachmann das Dosierungsschema gemäß der Entgegenhaltung (6) nicht auf die Lehre der Entgegenhaltung (1) übertragen, um die oben definierte Aufgabe zu lösen.
IV. Die Patentinhaberin (Beschwerdeführerin-Patentinhaberin) sowie die Einsprechenden 01 - 03 (Beschwerdeführerin-Einsprechende 01, Beschwerdeführerin-Einsprechende 02 und Beschwerdeführerin-Einsprechende 03) haben gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt.
V. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin hat mit der Beschwerdebegründung vom 23. Oktober 2009 einen Hauptantrag und 23 Hilfsanträge eingereicht. Während der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2010 hat sie sodann einen weiteren Hilfsantrag 24 eingereicht. Die unabhängigen Ansprüche lauten wie folgt:
i) Hauptantrag:
"1. Verwendung einer oralen monophasischen Dosierungsform umfassend
0,015 bis 0,020 mg Ethinylestradiol;
und ein Gestagen ausgewählt aus
0,05 bis 0,075 mg Gestoden,
0,075 bis 0,125 mg Levonorgestrel,
0,06 bis 0,15 mg Desogestrel,
0,06 bis 0,15 mg 3-Ketodesogestrel,
0,2 bis 0,3 mg Norgestimat, und
>0,35 bis 0,75 mg Norethisteron;
für die Empfängsnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Praemenopause noch nicht erreicht hat, durch Verabreichung der Dosierungsform während 23 oder 24 Tagen, beginnend am Tag eins des Menstruationszyklus, gefolgt von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen, während insgesamt 28 Tagen im Verabreichungszyklus.
5. Verwendung einer oralen monophasischen, ovulationshemmenden Dosierungsform, umfassend
0,020 mg Ethinylestradiol;
und ein Gestagen ausgewählt aus
0,25 mg Drospirenon bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Drospirenon, und
0,1 mg Cyproteronacetat bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Cyproteronacetat;
für die Empfängsnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Praemenopause noch nicht erreicht hat, durch Verabreichung der Dosierungsform während 23 oder 24 Tagen, beginnend am Tag eins des Menstruationszyklus, gefolgt von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen, während insgesamt 28 Tagen im Verabreichungszyklus.
7. Monophasisches, ovulationshemmendes Kombinations-produkt für die orale Kontrazeption, welches
(a) 23 oder 24 Dosierungseinheiten, jeweils enthaltend 0,020 mg Ethinylestradiol; und
0,25 mg Drospirenon bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Drospirenon
und
(b) 5 oder 4 Blindpillen oder andere Indikationen, um anzuzeigen, dass die tägliche Verabreichung der 23 oder 24 Dosierungseinheiten von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen gefolgt sein soll, umfasst."
ii) Hilfsantrag 1:
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 5 sind identisch mit den Ansprüchen 1 und 5 des Hauptantrags mit Ausnahme der folgenden Änderung: "Verwendung einer oralen…" wurde jeweils durch "Nicht-therapeutische verwendung einer oralen…" ersetzt. Der unabhängige Anspruch 7 ist identisch mit Anspruch 7 des Hauptantrags.
iii) Hilfsantrag 2:
"1. Verwendung einer Zusammensetzung umfassend
0,015 bis 0,020 mg Ethinylestradiol;
und ein Gestagen ausgewählt aus
0,05 bis 0,075 mg Gestoden,
0,075 bis 0,125 mg Levonorgestrel,
0,06 bis 0,15 mg Desogestrel,
0,06 bis 0,15 mg 3-Ketodesogestrel,
0,2 bis 0,3 mg Norgestimat, und
>0,35 bis 0,75 mg Norethisteron;
zur Herstellung einer oralen monophasischen Dosierungsform für die Empfängsnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Praemenopause noch nicht erreicht hat, durch Verabreichung der Dosierungsform während 23 oder 24 Tagen, beginnend am Tag eins des Menstruationszyklus, gefolgt von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen, während insgesamt 28 Tagen im Verabreichungszyklus.
5. Verwendung einer Zusammensetzung umfassend
0,020 mg Ethinylestradiol;
und ein Gestagen ausgewählt aus
0,25 mg Drospirenon bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Drospirenon, und
0,1 mg Cyproteronacetat bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Cyproteronacetat;
zur herstellung einer oralen monophasischen, ovulationshemmenden Dosierungsform für die Empfängsnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Praemenopause noch nicht erreicht hat, durch Verabreichung der Dosierungsform während 23 oder 24 Tagen, beginnend am Tag eins des Menstruationszyklus, gefolgt von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen, während insgesamt 28 Tagen im Verabreichungszyklus"
Der unabhängige Anspruch 7 ist identisch mit Anspruch 7 des Hauptantrags.
iv) Hilfsantrag 3:
Der einzige unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 7 des Hauptantrags.
v) Hilfsantrag 4:
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 sind jeweils identisch mit den Ansprüchen 1 und 5 des Hauptantrags. Der unabhängige Anspruch 7 des Hauptantrags wurde gestrichen.
vi) Hilfsantrag 5:
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 sind jeweils identisch mit den Ansprüchen 1 und 5 des Hilfsantrags 1. Der unabhängige Anspruch 7 des Hilfsantrags 1 wurde gestrichen.
vii) Hilfsantrag 6:
Die unabhängigen Ansprüche 1 und 4 sind jeweils identisch mit den Ansprüchen 1 und 5 des Hilfsantrags 2. Der unabhängige Anspruch 7 des Hilfsantrags 2 wurde gestrichen.
viii) Hilfsantrag 7:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrags.
Der unabhängige Anspruch 5 ist identisch mit Anspruch 5 des Hauptantrags mit Ausnahme der folgenden Änderung: "Verwendung einer oralen monophasischen ovulationshemmenden Dosierungsform, umfassend …" wurde ersetzt durch "Verwendung einer oralen monophasisches Dosierungsform, umfassend …".
Der unabhängige Anspruch 7 ist identisch mit Anspruch 7 des Hauptantrags mit Ausnahme der folgenden Änderung: "Monophasisches, ovulationshemmendes Kombinations-produkt …" wurde ersetzt durch "Monophasisches Kombinationsprodukt …".
ix) Hilfsantrag 8:
Der unabhängige Anspruche 1 ist identisch mit dem Anspruch 1 des Hilfsantrags 1.
Der unabhängige Anspruch 5 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 1 mit Ausnahme der folgenden Änderung: "Nicht-therapeutische verwendung einer oralen monophasischen ovulationshemmenden Dosierungsform, umfassend …" wurde ersetzt durch "Nicht-therapeutische verwendung einer oralen monophasisches Dosierungsform, umfassend …".
Der unabhängige Anspruch 7 ist identisch mit Anspruch 7 des Hilfsantrags 7.
x) Hilfsantrag 9:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 2.
Der unabhängige Anspruch 5 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 2 mit Ausnahme der folgenden Änderung: "Verwendung einer Zusammensetzung umfassend … zur Herstellung einer monophasischen, ovulationshemmenden Dosierungsform …" wurde ersetzt durch "Verwendung einer Zusammensetzung umfassend … zur Herstellung einer monophasisches Dosierungsform …".
Der unabhängige Anspruch 7 ist identisch mit Anspruch 7 des Hilfsantrags 7.
xi) Hilfsantrag 10:
Der einzige unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 7 des Hilfsantrags 7.
xii) Hilfsantrag 11:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrags. Der unabhängige Anspruch 4 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 7.
xiii) Hilfsantrag 12:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 1. Der unabhängige Anspruch 4 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 8.
xiv) Hilfsantrag 13:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 2. Der unabhängige Anspruche 4 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 9.
xv) Hilfsantrag 14:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrags.
Der unabhängige Anspruch 5 lautet wie folgt:
"5. Verwendung einer oralen monophasischen Dosierungsform umfassend 20 µg Ethinylestradiol und ein Gestagen ausgewählt aus einer zu 75 µg Gestoden equivalenten Dosis von Cyproteronacetat, und einer zu 75 µg Gestoden equivalenten Dosis von Drospirenon;
für die Empfängsnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Praemenopause noch nicht erreicht hat, durch Verabreichung der Dosierungsform während 23 oder 24 Tagen, beginnend am Tag eins des Menstruationszyklus, gefolgt von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen, während insgesamt 28 Tagen im Verabreichungszyklus."
Der unabhängige Anspruch 6 ist identisch mit Anspruch 7 des Hilfsantrags 7.
xvi) Hilfsantrag 15:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 1.
Der unabhängige Anspruch 5 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 14 mit Ausnahme der folgenden Änderung:
"Verwendung einer oralen monophasischen Dosierungsform …" wurde ersetzt durch "Nicht-therapeutische verwendung einer oralen monophasischen Dosierungsform …".
Der unabhängige Anspruch 6 ist identisch mit Anspruch 7 des Hilfsantrags 7.
xvii) Hilfsantrag 16:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 2.
Der unabhängige Anspruch 5 lautet wie folgt:
"5. Verwendung einer Zusammensetzung umfassend
20 µg Ethinylestradiol und ein Gestagen ausgewählt aus
einer zu 75 µg Gestoden equivalenten Dosis von Cyproteronacetat, und einer zu 75 µg Gestoden equivalenten Dosis von Drospirenon;
zur Herstellung einer oralen monophasischen Dosierungsform für die Empfängsnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Praemenopause noch nicht erreicht hat, durch Verabreichung der Dosierungsform während 23 oder 24 Tagen, beginnend am Tag eins des Menstruationszyklus, gefolgt von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen, während insgesamt 28 Tagen im Verabreichungszyklus."
Der unabhängige Anspruch 6 ist identisch mit Anspruch 7 des Hilfsantrags 7.
xviii) Hilfsantrag 17:
Der einzige unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 7 des Hilfsantrags 7.
xix) Hilfsantrag 18:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrags.
Der unabhängige Anspruch 4 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 14.
xx) Hilfsantrag 19:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 1.
Der unabhängige Anspruch 4 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 15.
xxi) Hilfsantrag 20:
Der unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 2.
Der unabhängige Anspruch 4 ist identisch mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 16.
xxii) Hilfsantrag 21:
Der einzige unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hauptantrags.
xxiii) Hilfsantrag 22:
Der einzige unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 1.
xxiv) Hilfsantrag 23:
Der einzige unabhängige Anspruch 1 ist identisch mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 2.
xxv) Hilfsantrag 24:
"1. Monophasische Dosierungsform umfassend
0,015 bis 0,020 mg Ethinylestradiol;
und ein Gestagen ausgewählt aus
0,05 bis 0,075 mg Gestoden,
0,075 bis 0,125 mg Levonorgestrel,
0,06 bis 0,15 mg Desogestrel,
0,06 bis 0,15 mg 3-Ketodesogestrel,
0,2 bis 0,3 mg Norgestimat, und
>0,35 bis 0,75 mg Norethisteron;
für die Empfängsnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Praemenopause noch nicht erreicht hat, durch Verabreichung der Dosierungsform während 23 oder 24 Tagen, beginnend am Tag eins des Menstruationszyklus, gefolgt von 5 oder 4 pillenfreien oder Blindpillentagen, während insgesamt 28 Tagen im Verabreichungszyklus."
VI. Die folgenden weiteren Entgegenhaltungen wurden u. a. im Laufe des Einspruchs- und Beschwerdeverfahrens zitiert:
(21a) Oelkers W. et al., "Dihydrospirorenone, a New Progestogen with Antimineralocorticoid Activity: Effects on Ovulation, Electrolyte Excretion, and the Renin-Aldosterone System in Normal Women", J. Clin. Endocrinol. Metab. 1991, vol. 73, no. 4, 837-843
(24) Spona J. and Huber J., "Efficacy of Low-Dose Oral Contraceptives containing Levonorgestrel, Gestoden and Cyproterone Acetate", Gynecol. obstet. Invest. 1987, vol. 23, 184-193
(42) The North American Menopause Society (NAMS), "Menopause Practice: A Clinicians Guide. Section B: Normal Physiology", 2d Ed., 2007, 19-27
(43) Website oralcontraceptives.com
(94) Rebar R.W. and Zeserson K., "Characterization of the new progestogens in combination oral contraceptives", Contraception 1991, vol. 44, no. 1, 1-10
(101) Kopera H. and Huber J., "Hormonelle Therapie für die Frau", Springer, Berlin et al. 1991
(107) Spona J. et al., "Inhibition of ovulation by a triphasic gestodene-containing oral contraceptive", Adv. Contracept. 1993, vol. 9, no. 3, 187-194
(109) Oelkers W., "Effects of oral contraceptives on the renin-aldosterone system: overview and report on a new natriuretic progestogen", Adv. Contracept. 1991, vol. 7, Suppl. 3, 195-206
(111) Spona J. and Huber J., "Pharmacological and endocrine profiles of gestodene", Int. J. Fertil. 1987, 32 Suppl., 6-14 (abstract)
(112) Andreasen E.E. et al., "Progesterone and gestagen treatment. Pharmacologic and clinical aspects", Ugeskrift Laeger 1987, vol. 151, 2021-2026 (abstract)
(113) "Declaration" von Professor Th. Rabe vom 12.10.2009
(120) Düsterberg B. et al., "Pharmacological features of gestodene in laboratory animals and man", in: Breckwoldt and Düsterberg (Hrsg.), "Gestodene, A New Direction in Oral Contraception", Carnforth, Lancs, Parthenon Publishing, 1988, 13-29
(121) Runnebaum B. and Rabe Th., "New progestogens in oral contraceptives", Am J Obstet Gynecol, 1987, vol. 157, no. 4, 1059-1063
(122) Kuhl H., "Pharmacokinetics of oestrogens and progestogens", Maturitas 1990, vol. 12, 171-197
(131) "Joint proposed claim construction" eingereicht beim US District Court of Nevada
(132) E-Mail - Korrespondenz zwischen Sandoz' counsel (Steven Moore) and Bayer Schering Pharma's counsel (Paul Skiermont)
(133) Ausdruck von www.medizin-telegramm.com
(134) Ausdruck von www.fundinguniverse.com
(135) WHO Scientific Group, "Research on the Menopause in the 1990s", WHO Technical Report Series 866, Genf 1996, 12-13
(136) WHO Scientific Group, "Research on the menopause", WHO Technical Report Series 670, Genf 1981, 3-10
VII. Die mündliche Verhandlung, an deren Ende die Entscheidung über die Beschwerde verkündet wurde, fand vom 26. - 27. Oktober 2010 statt.
VIII. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin lassen sich wie folgt zusammenfassen:
In Zusammenhang mit dem Ausschluss der Patentierung gemäß Artikel 53 c) EPÜ wies die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin unter Bezugnahme auf die Entgegenhaltung (43) darauf hin, dass seit Langem bekannt sei, dass hormonelle Empfängnisverhütung neben dem eigentlichen Zweck der Empfängnisverhütung zusätzliche vorteilhafte Wirkungen aufweise, die durchaus therapeutischer Natur seien wie z. B. verringertes Auftreten bestimmter Tumorarten, Reduzierung des LDL-Cholesteringehalts sowie verringertes Auftreten des prämenstruellen Syndroms. Dieses Wissen habe jedoch in der Vergangenheit nicht dazu geführt, Verfahren zur hormonellen Empfängnisverhütung unter Verweis auf Artikel 53 c) EPÜ von der Patentierung auszuschließen. Bei der Frage, ob ein beanspruchtes Verfahren therapeutischer oder nicht therapeutischer Natur sei, käme es in erster Linie auf den im Anspruch formulierten Verwendungszweck an. So sei das der Sache T 820/92 (ABl. EPA 1995, 113) zugrunde liegende Verfahren zur hormonellen Empfängnisverhütung dadurch gekennzeichnet, dass neben der die Empfängnis verhütenden Zugabe von LHRH zusätzlich noch Estrogen- und Gestagensteroide verabreicht würden, um die bei der Applikation von LHRH zu erwartenden Nebenwirkungen zu vermeiden bzw. zu lindern, was eindeutig eine Prophylaxe im Sinne einer Therapie darstelle. Im Gegensatz dazu sei der im vorliegenden Anspruch 1 definierte Verwendungszweck ausschließlich nicht therapeutischer Natur und daher gemäß Artikel 53 c) EPÜ nicht von der Patentierung ausgeschlossen. Vielmehr entspreche der vorliegende Fall der in den Entscheidungen T 144/83 (ABl. EPA 1986, 301) und T 36/83 (ABl. EPA 1986, 295) zugrunde liegenden Situation. So habe die Kammer in der Sache T 144/83 ein Verfahren zur kosmetischen Behandlung zugelassen, obwohl eine klare Unterscheidung zwischen therapeutischer und kosmetischer Wirkung nicht möglich gewesen sei. Insbesondere sei die Entscheidung T 36/83 für den vorliegenden Fall von besonderer Relevanz, weil dort parallel eine therapeutische und eine nicht therapeutische Verwendung vorgelegen habe und ein Anspruch auf eine nicht therapeutische Verwendung anerkannt worden sei, obwohl die anspruchsgemäße kosmetische Verwendung gelegentlich auch eine therapeutische Behandlung miteinschließen konnte. Somit seien zumindest durch Einfügung des Disclaimers gemäß Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 Verfahren gemäß Artikel 53 c) EPÜ vom Anspruchsgegenstand ausgeschlossen. Sollte die Kammer zu der Auffassung gelangen, dass auch der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 auf der Grundlage von Artikel 53 c) EPÜ von der Patentierung ausgeschlossen sei, so sei die Sache gemäß Artikel 112 (1) a) EPÜ der Großen Beschwerdekammer vorzulegen, weil in diesem Fall ein Widerspruch zu der Entscheidung T 36/83 bestünde.
Hinsichtlich der ausreichenden Offenbarung in Zusammenhang mit den beanspruchten Wirkstoffmengen für Drospirenon und Cyproteronacetat führte die Patentinhaberin-Beschwerdeführerin im Wesentlichen aus, dass eine Erfindung im Prinzip dann ausreichend offenbart sei, wenn dem Fachmann mindestens ein Weg zu ihrer Ausführung aufgezeigt werde. Obwohl das Streitpatent selbst keine Angaben enthalte, wie die zu 0,075 mg Gestoden äquivalente Dosis von Drospirenon bzw. Cyproteronacetat zu bestimmen sei, könne diese vom Fachmann ohne Weiteres über die minimale ovulationshemmende Dosis (minimum ovulation-inhibitory dose) definiert werden. In diesem Zusammenhang wurde betont, dass es in der Praxis üblich sei, die minimale ovulationshemmende Dosis für eine Einzelsubstanz, in diesem Fall Drospirenon oder Cyproteronacetat, und nicht für die in der Zusammensetzung vorhandene Kombination, bestehend aus Ethinylestradiol und einem Gestagen, anzugeben. Die minimale ovulationshemmende Dosis für Gestoden sei bekannt, sie betrage 40 µg wie aus den Entgegenhaltungen (24), (94), (107), (111), (112),(120) und (121) hervorgehe. Zwar würden die Entgegenhaltungen (1) und (101) eine andere minimale ovulationshemmende Dosis für Gestoden, nämlich 30 µg offenbaren, doch stützten sich diese beiden Dokumente auf eine einzige Quelle, nämlich auf die Tabelle IV der vom gleichen Autor verfassten Entgegenhaltung (122), wobei sich in besagter Entgegenhaltung (122) keinerlei Angaben fänden, wie dieser Wert von 30 µm erhalten worden sei. Folglich würde der Fachmann zweifelsohne die 40 µg als den korrekten Wert für die minimale ovulationshemmende Dosis für Gestoden identifizieren.
Auch für Drospirenon sei die minimale ovulationshemmende Dosis bekannt. So sei in der Entgegenhaltung (109) eine Pilotstudie offenbart worden, in der die Verabreichung von 2 mg Drospirenon über 21 Tage ovulationshemmende Wirkung zeige, während dieser Effekt bei Applikation von 1 mg Drospirenon nicht eintrete. Dem Argument der Einsprechenden, wonach die minimale ovulationshemmende Dosis irgendwo zwischen 1 und 2 mg liegen könnte, sei entgegenzuhalten, dass derartige Versuche in vivo durchgeführt würden und es aus ethischen Gründen nicht vertretbar sei, zusätzliche für die Testpersonen sehr unangenehme Versuchsreihen nur mit dem Ziel durchzuführen, die minimale ovulationshemmende Dosis noch genauer zu bestimmen. Die Verabreichung von 2 mg Drospirenon sei die niedrigste Dosierung, bei der die ovulationshemmende Wirkung experimentell nachgewiesen worden sei, und sei infolgedessen als minimale ovulationshemmende Dosis zu akzeptieren. In diesem Zusammenhang wurde auch auf die Entgegenhaltung (113) verwiesen. Außerdem sei in der Entgegenhaltung (21a) eine Vergleichsstudie zwischen Drospirenon mit einer Dosierung von 2 mg und Cyproteronacetat mit einer Dosierung von 1 mg durchgeführt worden. Da die minimale ovulationshemmende Dosis für Cyproteronacetat gemäß der Entgegenhaltung (24) 1 mg betrage und Vergleichsstudien in der Regel mit äquivalenten Mengen durchgeführt würden, ließe sich die minimale ovulationshemmende Dosis von 2 mg für Drospirenon auch aus der Entgegenhaltung (21a) ableiten. Somit könne die im Anspruch 5 des Hilfsantrags 2 beanspruchte äquivalente Dosis sehr leicht berechnet werden, indem man zunächst das Verhältnis zwischen 0,075 mg Gestoden und der minimalen ovulationshemmenden Dosis für Gestoden berechnet (0,075 mg: 0,040 mg = 1,875) und den so ermittelten Faktor mit der minimalen ovulationshemmenden Dosis für Drospirenon (2 mg x 1,875 = 3,75 mg) multipliziert. Auf gleiche Weise ließe sich die äquivalente Dosis für Cyproteronacetat berechnen. Der Fachmann könne also ohne erfinderisches Zutun ohne Weiteres bestimmen, welche Wirkstoffmengen zu einen ovulationshemmenden Effekt führen, was für die Frage der ausreichenden Offenbarung entscheidend sei. Die weiteren von den Einsprechenden vorgebrachten Einwände, insbesondere das Argument, dass bestimmte vom Anspruch umfasste Ausführungsformen nicht den gewünschten Effekt ergäben, beträfen nicht die Ausführbarkeit, sondern die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ, die im Einspruchs-/Beschwerdeverfahren jedoch nicht zur Debatte stünden.
Bezüglich der gegenüber Anspruch 1 des Hilfsantrags 23 unter Bezugnahme auf Artikel 123 (3) EPÜ erhobenen Einwände machte die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin geltend, dass sich durch die Umformulierung des Anspruchs von einem Verwendungsanspruch in einen die weitere medizinische Verwendung betreffenden Anspruch die Situation bezüglich einer potenziellen Verletzung in keinster Weise geändert hätte. Infolgedessen sei diese Änderung bezüglich Artikel 123 (3) EPÜ zuzulassen.
Was die Zulässigkeit des Hilfsantrags 24 betreffe, so sei dessen Einreichung während der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2010 als Reaktion auf Einwände der Beschwerdeführerin-Einsprechenden 03 zu werten, die zum ersten Mal in konkreter Form während der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden seien. Was die Erfordernisse von Artikel 123 (3) EPÜ betreffe, so sei es gemäß Artikel 54 (5) EPÜ 2000, der auf alle anhängigen Anmeldungen anwendbar sei, möglich, in der Therapie verwendete Zusammensetzungen in Form von zweckgebundenen Produktansprüchen zu beanspruchen. Diese Anspruchsform sei äquivalent zu den ursprünglichen Verwendungsansprüchen und daher unter Artikel 123 (3) EPÜ gewährbar.
IX. Die wesentlichen Argumente der Beschwerdeführerinnen-Einsprechenden lassen sich wie folgt zusammenfassen:
In Zusammenhang mit dem Ausschluss von der Patentierung gemäß Artikel 53 c) EPÜ wurde darauf hingewiesen, dass das beanspruchte Verfahren zur Empfängnisverhütung untrennbar mit therapeutischen Effekten verknüpft sei. Bei der Frage, ob ein Anspruch unter den Patentierungsausschluss gemäß Artikel 53 c) falle, sei nicht der im Anspruch angegebene Verwendungszweck entscheidend. Vielmehr komme es, wie in der Entscheidung T 820/92 dargelegt, auf den beanspruchten Gegenstand in seiner Gesamtheit an. Da es unmöglich sei, die therapeutischen Effekte von dem Verfahren zur Empfängnisverhütung abzutrennen, könne dem Patentierungsausschluss auch nicht durch Einführung des Disclaimers "Nicht therapeutisch" begegnet werden.
Hinsichtlich der ausreichenden Offenbarung in Zusammenhang mit den beanspruchten Wirkstoffmengen für Drospirenon und Cyproteronacetat führten die Beschwerdeführerinnen-Einsprechenden aus, dass eine Erfindung im Wesentlichen über den gesamten beanspruchten Bereich ausführbar sein müsse, was im vorliegenden Fall nicht zutreffe, da für den unteren Teil der beanspruchten Wirkstoffmengen keine ovulationshemmende Wirkung eintrete. Mangelnde Ausführbarkeit liege auch im oberen Grenzbereich vor, da die im Stand der Technik offenbarten Werte für die minimale ovulationshemmende Dosis im Falle des Ethinyl-Estradiols widersprüchlich und im Falle des Drospirenons nicht vorhanden seien. Folglich müssten die zu 0,075 mg Gestoden äquivalenten Werte durch aufwendige Versuche ermittelt werden, die dem Fachmann nicht zugemutet werden könnten.
Bezüglich der Erfordernisse des Artikels 123 (3) EPÜ wurde betont, dass die Umwandlung eines Verwendungsanspruchs in einen Anspruch betreffend die weitere medizinische Verwendung zu einer Erweiterung des Schutzumfanges führe.
Darüber hinaus sei der während der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2010 eingereichte Hilfsantrag 24 verspätet und somit nicht ins Verfahren zuzulassen, da die Beschwerdeführerin-Einsprechende 03 bereits in ihrem Schriftsatz vom 19. März 2010 Einwände unter Artikel 123 (3) EPÜ vorgebracht habe.
X. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin beantragte die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Patent auf der Grundlage des Hauptantrags oder eines der Hilfsanträge 1 - 23, eingereicht mit der Beschwerdebegründung vom 23. Oktober 2009, oder des Hilfsantrags 24, eingereicht während der mündlichen Verhandlung am 27. Oktober 2010, aufrechtzuerhalten.
Die Beschwerdefürerinnen-Einsprechenden 01-03 beantragten die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das angefochtene Patent zu widerrufen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
2. Zulässigkeit verspäteten Vorbringens:
2.1 Hilfsantrag 24:
Der Hilfsantrag 24 wurde erst am 27. Oktober 2010 zu einem sehr späten Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor der Beschwerdekammer eingereicht. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin begründete dies mit dem Argument, dass der Hilfsantrag 24 eine Reaktion auf Einwände gemäß Artikel 123 (3) EPÜ darstelle, die seitens der Beschwerdeführerin-Einsprechenden 03 zum ersten Mal während der mündlichen Verhandlung vorgebracht worden seien. Die Beschwerdeführerin-Einsprechende 03 bestritt dies und verwies auf ihre Eingabe vom 19. März 2010, in der bereits Einwände unter Artikel 123 (3) EPÜ erhoben worden seien.
In der Tat findet sich im ersten Absatz auf Seite 2 der besagten Eingabe vom 19. März 2010 ein Hinweis auf Artikel 123 (3) EPÜ mit folgendem Wortlaut: "Hinsichtlich der … vorgenommenen Änderungen im Hauptantrag bzw. in den Hilfsanträgen 1 bis 23 wird mit Blick auf Artikel 123 (2) (3) EPÜ auf die bereits in unserer Beschwerdebegründung vom 23. Oktober 2009 vorgebrachten Argumente verwiesen, die analog auf alle Anspruchsversionen zutreffen."
Die zitierte Passage enthält keine konkrete Begründung der Einwände gemäß Artikel 123 (3) EPÜ. Diese werden auch nicht durch den Verweis auf die Eingabe vom 23. Oktober 2009 hinreichend konkretisiert, da in jenem Schriftsatz weder ausdrücklich noch sinngemäß auf Artikel 123 (3) EPÜ eingegangen wurde. Somit wurde die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin während der mündlichen Verhandlung vom 26. - 27. Oktober 2010 zum ersten Mal konkret mit einem Einwand gemäß Artikel 123 (3) EPÜ konfrontiert. Diesen Einwand erachtete die Kammer indessen als zulässig, weil Änderungen der Ansprüche oder anderer Teile eines Patents, die im Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren vorgenommen werden, nach den Entscheidungen der Grossen Beschwerdekammer in den verbundenen Rechtssachen G 9/91 sowie G 10/91 von Amtes wegen in vollem Umfang auf die Erfüllung der Erfordernisse des EPÜ, namentlich auch derjenigen des Artikels 123 (2) und (3) EPÜ, zu prüfen sind (G 9/91, ABl. EPA 1993, 408, sowie G 10/91, ABl. EPA 1993, 420, jeweils Punkt 19 der Entscheidungsgründe). Zudem erhielt die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin ausreichend Gelegenheit, sich mit dem Einwand gemäß Artikel 123 (3) EPÜ auseinanderzusetzen. Vor diesem Hintergrund stellte die Einreichung des Hilfsantrags 24 eine Reaktion auf die erst während der mündlichen Verhandlung konkretisierten Einwände dar. Der Hilfsantrag 24 wurde somit gemäß Artikel 13 (1) und (3) der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern (VOBK; ABl. EPA 2007, 537) in das Verfahren zugelassen.
2.2 Entgegenhaltungen (131) bis (136):
Die Entgegenhaltungen (131) bis (136) wurden erst zu einem sehr späten Zeitpunkt des Beschwerdeverfahrens eingereicht. Da diese Entgegenhaltungen für die nachfolgenden Entscheidungen betreffend die Artikel 53 (c), 83 und 123(3) EPÜ nicht relevant sind, hat die Kammer entschieden, sie nicht in das Verfahren zuzulassen (Artikel 13(3) VOBK).
3. Hauptantrag - Artikel 53 (c):
3.1 Der vorliegende Anspruch 1 betrifft die Verwendung einer oralen monophasischen Dosierungsform, umfassend Ethinylestradiol sowie ein Gestagen, ausgewählt aus einer Liste von sechs spezifischen Verbindungen, für die Empfängnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Menopause noch nicht erreicht hat. Bei der Frage, ob es sich bei der vorliegenden Verwendung um eine Aktivität handelt, die gemäß Artikel 53 c) EPÜ von der Patentierung ausgenommen ist, ist zunächst zu berücksichtigen, dass gemäß ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern die Schwangerschaft keine Krankheit und somit deren Verhütung kein therapeutisches Verfahren, auch nicht im Sinne einer Prävention darstellt (T 820/92, Punkte 5.2 ff. der Entscheidungsgründe, bestätigt durch T 74/93, Punkt 2.2.3 der Entscheidungsgründe). Des Weiteren ist jedoch zu beachten, dass der im Anspruch 1 angegebene Verwendungszweck "für die Empfängnisverhütung für eine Frau im fertilen Alter, die die Menopause noch nicht erreicht hat" nicht das alleinige Kriterium für das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines Patentierungsverbots gemäß Artikel 53 c) EPÜ darstellt. Vielmehr ist zu prüfen, ob der Gegenstand des Anspruchs in seiner Gesamtheit einen oder mehrere therapeutische Schritte und/oder therapeutische Effekte beinhaltet, da, wie in der von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin zitierten Entscheidung T 820/92 zum Ausdruck kommt, ein Patentierungsverbot gemäß Artikel 53 c) EPÜ (bzw. Artikel 52 (4) EPÜ 1973) bereits dann vorliegt, wenn sie auch nur einen Teil des beanspruchten Gegenstands umfassen (siehe Punkt 5.3 der Entscheidungsgründe).
Bei der Analyse von Anspruch 1 ist zu beachten, dass sämtliche Wirkstoffe, sowohl das Ethinylestradiol als auch jedes der sechs Gestagene, durch Konzentrationsangaben gekennzeichnet sind, wobei die gewählten Bereiche das Produkt als niedrig dosiertes Kontrazeptivum identifizieren. Aus der Beschreibung (siehe Absatz [0008] der Patentschrift) geht hervor, dass man sich von der Reduzierung der täglichen Hormondosis eine Verringerung der unerwünschten Nebenwirkungen erhofft und dass epidemiologische Daten den erwünschten Trend zur Verbesserung niedrig dosierter Präparate bezogen auf kardiovaskuläre Komplikationen bestätigen. Darüber hinaus wird im Absatz [0009] der Patenschrift insbesondere ein Zusammenhang zwischen der Höhe der Estrogendosis und der Inzidenz kardiovaskulärer Erkrankungen vermutet. Es ist in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass die Reduktion der Wirkstoff-konzentrationen keinesfalls zur Verbesserung der kontrazeptiven Wirksamkeit, sondern ausschließlich zur Vermeidung bzw. Verringerung der oben genannten Sekundäreffekte dient: so wird im oben genannten Absatz [0009] der Patentschrift unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass eine extreme Verringerung der täglichen Estrogendosis der kontrazeptiven Wirksamkeit entgegensteht und zudem eine zufriedenstellende Zykluskontrolle infrage stellt. Somit wird im vorliegenden Anspruch 1 zwar eine an sich nicht therapeutische Verwendung beansprucht, gleichzeitig erfolgt jedoch durch die Wahl der im Anspruch definierten Wirkstoffkonzentrationen eine Prävention von Sekundäreffekten, die bei Durchführung der an sich nicht therapeutischen Verwendung zu erwarten sind. Diese Prävention, die durch die Angabe der Wirkstoffkonzentrationen im Anspruch 1 verankert ist und die aufgrund der pathologischen Natur der Sekundäreffekte (z. B. kardiovaskuläre oder thrombolytische Komplikationen) eindeutig als therapeutisch einzustufen ist, ist untrennbar mit der Durchführung der an sich nicht therapeutischen Empfängnisverhütung verknüpft, sodass der Gegenstand von Anspruch 1 des vorliegenden Hauptantrags in seiner Gesamtheit ein therapeutisches Verfahren beinhaltet. Da nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ein Patentierungsverbot gemäß Artikel 53 c) EPÜ bereits dann vorliegt, wenn auch nur ein Teil des beanspruchten Gegenstands ein Verfahren zur therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers darstellt (G 1/04, ABl. EPA 2006, 334, Punkt 6.2.1 der Entscheidungsgründe, bestätigt durch G 1/07 vom 15. Februar 2010, Punkt 3.2 der Entscheidungsgründe sowie durch G 1/08, ABl. EPA 2010, 456, Punkt 5.6 der Entscheidungsgründe), ist der Gegenstand von Anspruch 1 des Hauptantrags gemäß Artikel 53 c) EPÜ von der Patentierbarkeit ausgenommen.
3.2 Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin angezogenen Entscheidungen T 144/83 und T 36/83 sind aus folgenden Gründen nicht für den vorliegenden Fall relevant:
3.2.1 T 144/83 (ABl. EPA 1986, 301):
In der Entscheidung T 144/83 kam die Kammer zu dem Schluss, dass der Wortlaut des Hauptanspruchs, der eine Verwendung von Naltrexon zur Verbesserung der körperlichen Erscheinung betrifft, wobei das Naltrexon in einer appetitzügelnden Dosis so lange oral verabreicht wird, bis ein kosmetisch vorteilhafter Gewichtsverlust eintritt, eindeutig ein kosmetisches Verfahren umfasse und mit einer therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers nichts zu tun habe. Dass ein chemischer Stoff sowohl eine kosmetische als auch eine therapeutische Wirkung habe, mache die kosmetische Behandlung nicht unpatentierbar (siehe die Absätze 3 und 4 der Entscheidungsgründe).
Naltrexon gehört zwar zu der Gruppe der Opioidantagonisten und stellt eine pharmakologisch hochwirksame Substanz dar, sodass parallel zu der anspruchsgemäß nicht therapeutischen Verwendung weitere Wirkungen, die durchaus therapeutischer Art sein können, nicht ausgeschlossen sind, was jedoch in Zusammenhang mit Artikel 53 c) EPÜ dann irrelevant ist, wenn diese zusätzlichen, potenziell therapeutischen Wirkungen von der nicht therapeutischen Verwendung eindeutig trennbar sind und sich außerhalb des Anspruchsgegenstandes befinden. Der wesentliche Unterschied zur im vorliegenden Anspruch 1 beanspruchten Verwendung ist somit darin zu sehen, dass in der Sache T 144/83 innerhalb des durch den Anspruchswortlaut gesteckten Rahmens ausschließlich nicht therapeutische Verwendung stattfindet. Das Naltrexon wird an Personen, die nicht an Adipositas leiden, so lange und in solcher Dosierung verabreicht, bis ein kosmetisch vorteilhafter Gewichtsverlust eingetreten ist. Ein solcher Anspruch kann im übrigen bei vernünftigem und sachgerechtem Lesen auch nicht als Prävention der Adipositas gesehen werden.
Im Gegensatz dazu findet bei der im vorliegenden Anspruch 1 innerhalb des durch den Anspruchswortlaut gesteckten Rahmens eine Verwendung statt, bei der ein nicht therapeutischer Teil untrennbar mit einem therapeutischen Teil verknüpft und der präventiv-therapeutische Teil ein wesentlicher Bestandteil des beanspruchten Verfahrens ist (vgl. T 290/86, ABl. EPA 1992, 414, Punkt 3.2 der Entscheidungsgründe).
3.2.2 T 36/83(ABl. EPA 1986, 295):
In der Sache T 36/83 kam die Kammer zu dem Ergebnis, dass die für das Thenoylperoxid offenbarten Verwendungen sowohl therapeutischer (Behandlung der Akne) als auch kosmetischer Natur (komedolytische Wirkung) seien. Für die Zulässigkeit des auf die kosmetische Verwendung ausgerichteten Anspruchs wurde die Frage, ob die kosmetische von der therapeutischen Anwendung unterscheidbar ist, als wesentlich erachtet und aufgrund der Angaben in der Beschreibung bejaht (siehe Punkt 6 der Entscheidungsgründe). Obwohl die kosmetische Behandlung gelegentlich auch eine therapeutische Behandlung miteinschließen könne (siehe Punkt 6.1 der Entscheidungsgründe), werde durch die kosmetische Anwendung die Reinigung der Haut erleichtert, was die Kammer als nicht medikamentöse Körperhygiene einstufte (siehe Punkt 6.2 der Entscheidungsgründe). Somit liegt eine zur Entscheidung T 144/83 analoge Situation vor: Eine ausschließlich kosmetische und somit nicht therapeutische Wirkung ist möglich und wird durch den Anspruchswortlaut auch ausschließlich beansprucht. Die im vorliegenden Anspruch 1 des Hauptantrags festgestellte untrennbare Verknüpfung eines nicht therapeutischen mit einem therapeutischen Schritt ist folglich auch in der Sache T 36/83 nicht gegeben.
3.3 Aufgrund dieses fundamentalen Unterschieds steht die Entscheidung, dass der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 1 des Hauptantrags unter den Patentierungsausschluss gemäß Artikel 53 c) EPÜ fällt, nicht im Widerspruch zu der Entscheidung T 36/83, sodass die seitens der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin beantragte Vorlage an die Große Beschwerdekammer gemäß Artikel 112 (1) a) EPÜ nicht angezeigt ist.
4. Die im Absatz 3 angeführte Begründung trifft in analoger Weise auf die jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 4, 7, 11, 14, 18 und 21 zu, die mit Anspruch 1 des Hauptantrags identisch und somit ebenso gemäß Artikel 53 c) EPÜ von der Patentierung ausgenommen sind.
5. Hilfsantrag 1:
Der Wortlaut des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 1 unterscheidet sich von dem des Anspruchs 1 des Hauptantrags durch die Einführung des Disclaimers "nicht therapeutisch". Mit diesem Disclaimer können von einem Anspruch, der sachlich und somit gegenständlich trennbar sowohl therapeutische als auch nicht therapeutische Verwendungen umfasst, die therapeutischen Verwendungen ausgeschlossen werden, sodass der dann verbleibende Gegenstand nicht mehr unter das Patentierungsverbot gemäß Artikel 53 c) EPÜ fällt. Mit einem solchen Disclaimer ist es jedoch nicht möglich, eine Verwendung, die obligatorisch einen oder mehrere therapeutische Schritte umfasst, als nicht therapeutisch zu definieren, da die Frage, ob eine beanspruchte Verwendung therapeutisch oder nicht therapeutisch ist, ausschließlich auf der Grundlage der in dieser Verwendung durchgeführten Aktivitäten bzw. der dabei erzielten Effekte zu entscheiden ist. Da, wie weiter oben unter Punkt 3.2.1 festgestellt wurde, der Gegenstand des Anspruchs 1 eine Verwendung betrifft, bei der ein nicht-therapeutischer Teil untrennbar mit einem therapeutischen Teil verknüpft ist und der präventiv-therapeutische Teil wesentliche Merkmale der beanspruchten Verwendung betrifft, trifft das Patentierungsverbot gemäß Artikel 53 c) EPÜ trotz Einführung des Disclaimers "nicht therapeutisch" auch auf den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 zu.
Da in diesem Fall der Disclaimer "nicht therapeutisch" in Widerspruch zu der anschließend definierten vom Inhalt her therapeutischen Verwendung steht, erfüllt der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 1 zudem nicht die Erfordernisse von Artikel 84 EPÜ.
6. Die im Punkt 5 angeführte Begründung trifft in analoger Weise auf die jeweiligen Ansprüche 1 der Hilfsanträge 5, 8, 12, 15, 19 und 22 zu, die mit Anspruch 1 des Hilfsantrags identisch und somit ebenso gemäß Artikel 53 c) EPÜ von der Patentierung ausgenommen sind.
7. Hilfsantrag 2 - Artikel 83 EPÜ:
Der Gegenstand des Anspruchs 5 des Hilfsantrags 2 betrifft die Verwendung einer Zusammensetzung zur Herstellung einer oralen monophasischen ovulationshemmenden Dosierungsform, wobei die Wirkstoffmengen für Drospirenon und Cyproteronacetat wie folgt definiert sind:
0,25 mg Drospirenon bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden äquivalenten Dosis von Drospirenon und
0,1 mg Cyproteronacetat bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden äquivalenten Dosis von Cyproteronacetat.
7.1 Gemäß ständiger Rechtssprechung der Beschwerdekammern ist eine Erfindung nur dann ausreichend offenbart, wenn sie im Wesentlichen die Ausführung im gesamten beanspruchten Bereich ermöglicht. Im vorliegenden Fall hat sich im Laufe des Erteilungsverfahrens herausgestellt, dass die ursprünglich für Drospirenon und Cyproteronacetat offenbarten Wirkstoffmengen von 0,1 bis 0,3 mg bzw. 0,1 bis 0,2 mg (siehe Anspruch 1 der ursprünglichen Anmeldung) irrtümlicherweise um eine Zehnerpotenz zu niedrig gewählt wurden (siehe Eingabe der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin und damaligen Anmelderin vom 25. August 2003, Abschnitt "Amendments pursuant to Rule 88 EPC"), woraus zu schließen ist, dass sowohl für Drospirenon als auch für Cyproteronacetat eine ovulationshemmende Wirkung unterhalb einer Dosierung von 1 mg nicht zu erwarten ist. Das bedeutet, dass beträchtliche Bereiche der beanspruchten Verwendung nicht ausführbar sind, da sich im gesamten unteren Konzentrationsbereich (0,25 mg bis ca. 1 mg Drospirenon und 0,1 mg bis ca. 1 mg Cyproteronacetat) keine ovulationshemmende Wirkung erzielen lässt. Allein aus diesem Grund erfüllt der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 5 nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.
7.2 Des Weiteren ist zu beachten, dass der Fachmann ohne die Durchführung von zeitaufwendigen Versuchen nicht in der Lage ist zu bestimmen, ob ein bestimmtes Produkt eine ovulationshemmende Wirkung entfaltet oder nicht. Der Fachmann ist nämlich nicht nur mit der Tatsache konfrontiert, dass sich bei den oralen Dosierungsformen im unteren Bereich der beanspruchten Wirkstoffkonzentrationen keine ovulationshemmende Wirkung einstellt (siehe Punkt 7.1 oben). Er wird vielmehr feststellen, dass auch zur Bestimmung des oberen Grenzwertes die Durchführung von Versuchen unabdingbar ist, da sich, wie nachfolgend dargelegt werden wird, die für Drospirenon und Cyproteronacetat zu 0,075 mg Gestoden äquivalente Dosis nicht, wie von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin dargestellt (siehe Punkt VIII oben), durch einfache Berechnung ermitteln lässt, selbst wenn man zugunsten der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin annimmt, dass sich die zu 0,075 mg Gestoden äquivalente Dosis für die beiden oben genannten Wirkstoffe tatsächlich ausgehend von der minimalen ovulationshemmenden Dosis proportional ermitteln lässt.
7.2.1 Minimale ovulationshemmende Dosis von Gestoden:
Wie von der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin dargelegt (siehe Punkt VIII) werden im Stand der Technik unterschiedliche Werte für die minimale ovulationshemmende Dosis von Gestoden beschrieben, nämlich 40 µg täglich in den Entgegenhaltungen (24), (94), (107), (111), (112), (120) und (121) und 30 µg täglich in den Entgegenhaltungen (1), (101) und (122). Die Kammer kann sich jedoch der Argumentation der Beschwerdeführerin-Patentinhaberin nicht anschließen, wonach der Fachmann unmittelbar erkennen würde, dass, was die minimale ovulationshemmende Dosis von Gestoden betrifft, die erste Reihe von Entgegenhaltungen, die täglich 40 µg Gestoden postuliert, zuverlässiger wäre als die Entgegenhaltungen (1), (101) und (122). Es trifft zwar zu, dass in besagten Entgegenhaltungen (1), (101) und (122) nicht beschrieben ist, auf welche Weise die minimale ovulationshemmende Dosis ermittelt wurde. Andererseits erscheint dies aufgrund der Tatsache, dass, wie die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin ebenfalls geltend gemacht hat, das Verfahren zu deren Bestimmung dem Fachmann wohlbekannt sei, nicht notwendig zu sein. Darüber hinaus dürfte der Fachmann insbesondere der Entgegenhaltung (1) besondere Aufmerksamkeit schenken, da dieses Dokument in der ursprünglichen Anmeldung (siehe Seite 9, letzter Absatz) als Referenz für die Bestimmung von Dosisäquivalenten verschiedener gestagener Wirkstoffe empfohlen wird. Wegen der widersprüchlichen Angaben aus bezüglich der Glaubwürdigkeit gleichwertigen Entgegenhaltungen wird der Fachmann zu dem Schluss kommen, dass die korrekte minimale ovulationshemmende Dosis von Gestoden nur mittels zu diesem Zweck durchzuführender Versuchsreihen in Erfahrung gebracht werden kann.
7.2.2 Minimale ovulationshemmende Dosis von Drospirenon:
Auch die minimale ovulationshemmende Dosis von Drospirenon lässt sich nicht in eindeutiger Weise aus dem Stand der Technik ableiten und muss daher ebenfalls über entsprechende Versuchsreihen experimentell ermittelt werden. Die Patentinhaberin-Beschwerdeführerin stützte sich in ihrer Argumentation insbesondere auf die Entgegenhaltung (109), aus der hervorgeht, dass die Verabreichung von 2 mg Drospirenon über 21 Tage zu einer Ovulationshemmung führte, während dieser Effekt bei Verabreichung von 1 mg über den gleichen Zeitraum nicht eintrat (siehe Seite 200, Mitte). Aus dieser Information lässt sich nicht ableiten, dass die minimale ovulationshemmende Dosis von Drospirenon bei 2 mg liegt, sie lässt lediglich den Schluss zu, dass sich mit einer täglichen Dosis von 2 mg sicher eine Ovulationshemmung erzielen lässt und dass die minimale ovulationshemmende Dosis für Drospirenon irgendwo im Bereich zwischen 1 mg und 2 mg liegt. Diese Schlussfolgerung wird auch nicht durch die in der Entgegenhaltung (109) dargestellten "Study 2" infrage gestellt, in der die Auswirkungen einer über zwei Monatszyklen dauernden Verabreichung von täglich 2 mg Drospirenon mit einer über den gleichen Zeitraum applizierten Dosis von 1 mg Cyproteronacetat verglichen wurden. Die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin argumentierte unter Verweis auf die Entgegenhaltung (113) (siehe Punkt 14), dass die minimale ovulationshemmende Dosis für Cyproteronacetat bei 1 mg liege und eine Vergleichsstudie nur dann sinnvoll sei, wenn Äquivalente miteinander verglichen würden, woraus der Fachmann unmissverständlich schließe, dass die minimale ovulationshemmende Dosis von Drospirenon bei 2 mg liege. Das Gleiche träfe sinngemäß für die in der Entgegenhaltung (21a) dargestellte "Study II" zu.
Die Kammer ist der Auffassung, dass sich weder aus der "Study 2" der Entgegenhaltung (109) noch aus der "Study II" der Entgegenhaltung (21 a) eindeutig ableiten lässt, dass die minimale ovulationshemmende Dosis für Drospirenon 2 mg beträgt. Der Zweck beider Studien (Study 2 und Study II) bestand darin, die Auswirkungen der Verabreichung von Drospirenon als Ovulationshemmer hinsichtlich der Natrium-, Kalium- und Aldosteron-18-glucuronidkonzentration im Urin, der Natrium- und Kaliumkonzentration im Serum sowie der Plasmareninaktivität und Plasmaaldosteronkonzentration zu untersuchen. Zu diesem Zweck war es vernünftig, eine Dosis mit ovulationshemmender Wirkung zu wählen, sodass man die Dosis von 1 mg, die den gewünschten Effekt nicht ergab, ausschloss. Auch wenn der Vergleich mit 1 mg Cyproteronacetat, also der minimalen ovulationshemmenden Dosis für Cyproteronacetat durchgeführt wurde, heißt dies nicht zwangsweise, dass aus Gründen der Äquivalenz die minimale ovulationshemmende Dosis für Dorspirenon 2 mg beträgt. Es ist genau so plausibel, dass man sich bei den beiden oben genannten Studien in Unkenntnis der genauen minimalen ovulationshemmenden Dosis bei Drospirenon für eine Dosierung entschieden hat, bei der mit Sicherheit ein ovulationshemmender Effekt auftritt.
7.3 Daraus folgt, dass sowohl für Gestoden also auch für Drospirenon die minimale ovulationshemmende Dosis experimentell ermittelt werden muss. Lediglich für Cyproteronacetat kann der in verschiedenen Entgegenhaltungen einheitlich definierte Wert von 1 mg (siehe z. B. die Entgegenhaltungen (1), Tabelle 1, Entgegenhaltung (24), Tabelle 3 oder Entgegenhaltung (101), Tabelle 31) übernommen werden.
Was die Durchführung dieser Versuchsreihen betrifft, so hat die Beschwerdeführerin-Patentinhaberin sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch schriftlich (siehe drittletzter Absatz auf Seite 27 der Eingabe vom 21. Mai 2010) darauf hingewiesen, dass die Tests aus ethischen Gründen auf ein Minimum beschränkt werden müssen, sodass sich im vorliegenden Fall die Frage der Zumutbarkeit stellt.
Die Durchführung von Versuchen in Zusammenhang mit der Nacharbeitbarkeit erweist sich häufig dann als notwendig, wenn Ansprüche aufgabenhaft oder über Parameter definiert sind und es ohne ungerechtfertigte Einschränkung des beanspruchten Gegenstandes nicht möglich ist, den Gegenstand durch konkrete strukturelle Merkmale zu definieren. Der Gegenstand des vorliegenden Anspruchs 5 von Hilfsantrag 2 unterscheidet sich jedoch grundlegend von dieser Situation, indem ein konkreter Wirkstoff (Drospirenon) durch einen im Prinzip konkreten Mengenbereich definiert wird. In solch einem Fall besteht für Dritte in aller Regel keine Notwendigkeit zur Durchführung von Versuchen im Rahmen der Nacharbeitbarkeit. Im vorliegenden Anspruch 5 wird jedoch die Obergrenze des Mengenbereichs für Drospirenon nicht durch "x mg Drospirenon", sondern durch "der zu 0,075 mg Gestoden equivalenten Dosis von Drospirenon" definiert. Durch diese indirekte Definition, für die aus Gründen des Schutzumfangs absolut keine Notwendigkeit besteht, da sie den Anspruchsgegenstand im Vergleich zur direkten Definition über "x mg Drospirenon" in keiner Weise ändert, werden Dritte im Rahmen der Nacharbeitbarkeit zur Durchführung von zeitaufwendigen und ethisch bedenklichen Versuchsreihen gezwungen. Die Kammer ist der Auffassung, dass bei der Beurteilung der Zumutbarkeit von zur Nacharbeitung erforderlichen Versuchsreihen auch deren Vermeidbarkeit zu berücksichtigen ist. Zeitaufwendige und ethisch bedenkliche Versuchsreihen sind nicht zumutbar, wenn es, wie im vorliegenden Fall, der Anmelderin möglich gewesen wäre, den Anspruchsgegenstand ohne irgendwelche Einschränkungen bezüglich seines Umfanges über Merkmale zu definieren, die die besagten Versuchsreihen zwecks Nacharbeitung durch den Fachmann überflüssig gemacht hätten. Auch aus diesem Grund erfüllt die im Anspruch 5 von Hilfsantrag 2 definierte Erfindung nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.
8. Hilfsanträge 6, 9 und 13 - Artikel 83 EPÜ:
Die im Punkt 7 angeführte Begründung trifft mutatis mutandis auf die jeweiligen Ansprüche 5 der Hilfsanträge 6 und 9 sowie auf den Anspruch 4 des Hilfsantrags 13 zu. Infolgedessen erfüllt die in diesen Ansprüchen definierte Erfindung nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.
9. Hilfsantrag 3 - Artikel 83 EPÜ:
Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 betrifft ein monophasisches, ovulationshemmendes Kombinationsprodukt, enthaltend 23 oder 24 Dosierungseinheiten, jeweils enthaltend 0,25 mg Drospirenon bis zu einer zu 0,075 mg Gestoden äquivalenten Dosis von Drospirenon und 4 oder 5 Blindpillen.
9.1 Die im Punkt 7.1 angeführte Begründung betreffend die mangelnde Ausführbarkeit trifft mutatis mutandis auf das nunmehr beanspruchte Produkt zu, da es mit einer Dosierung von 0,25 mg Drospirenon nicht möglich ist, ein monophasisches, ovulationshemmendes Kombinationsprodukt, d. h. ein zur Ovulationshemmung geeignetes monophasisches Kombinationsprodukt, herzustellen.
9.2 Die im Punkt 7.2 angeführte Begründung betreffend den oberen Grenzwert des Mengenbereichs für Drospirenon trifft in analoger Weise auf den Gegenstand des Anspruchs 1 des Hilfsantrags 3 zu.
9.3 Infolgedessen erfüllt die im Anspruch 1 des Hilfsantrags 3 definierte Erfindung nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.
10. Die im Punkt 9 angeführte Begründung trifft in analoger Weise auf Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 zu, der identisch ist mit Anspruch 1 des Hilfsantrags 3. Somit erfüllt Anspruch 1 des Hilfsantrags 10 nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ.
11. Hilfsantrag 16:
Anspruch 5 des Hilfsantrags 16 unterscheidet sich von Anspruch 5 des Hilfsantrags 2 dadurch, dass die Wirkstoffmenge für Drospirenon und Cyproteronacetat auf einen einzigen Wert, nämlich auf die zu 75 µg Gestoden äquivalente Dosis beschränkt wurde. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass zur Ermittlung dieser Äquivalentdosis die in den Punkten 7.2 und 7.3 beschriebenen Versuchsreihen notwendig sind, sodass die in den besagten Punkten 7.2 und 7.3 gegebene Begründung auch auf die im Anspruch 5 des Hilfsantrags 16 definierte Erfindung zutrifft. Die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ sind daher nicht erfüllt.
12. Hilfsantrag 20:
Die im Punkt 11 angeführte Begründung trifft in analoger Weise auf Anspruch 4 des Hilfsantrags 20 zu, der identisch ist mit Anspruch 5 des Hilfsantrags 16 und somit ebenso nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ erfüllt.
13. Hilfsantrag 17:
Anspruch 1 des Hilfsantrags 17 unterscheidet sich von Anspruch 5 des Hilfsantrags 16 dadurch, dass Cyproteronacetat aus der Liste der Gestagene gestrichen wurde und somit Drospirenon in einer zu 0,075 mg äquivalenten Dosis als einziger Vertreter der Gestagene übrig bleibt. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass zur Ermittlung dieser Äquivalentdosis die in den Absätzen 7.2 und 7.3 beschriebenen Versuchsreihen notwendig sind, so dass auch die im Anspruch 1 von Hilfsantrag 17 definierte Erfindung nicht die Erfordernisse von Artikel 83 EPÜ erfüllt.
14. Hilfsantrag 23 - Artikel 123(3) EPÜ:
14.1 Anspruch 1 des Hilfsantrags 23 unterscheidet sich von Anspruch 1 in der erteilten Fassung dadurch, dass der ursprünglich erteilte Verwendungsanspruch in die sog. schweizerische Anspruchsform umgewandelt wurde, also in einen Anspruch, der auf die Verwendung eines Stoffes bzw. Stoffgemisches zur Herstellung eines Arzneimittels für eine bestimmte therapeutische Anwendung gerichtet ist. Bei der Prüfung, ob durch diese Änderung der Schutzbereich erweitert wurde, ist nach ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern die Gesamtheit der erteilten Ansprüche zugrunde zu legen. Im vorliegenden Fall umfasst der Anspruchssatz in der erteilten Fassung neben den Verwendungsansprüchen 1 - 8 die Produktansprüche 9 - 19. Der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 23, in dem das Ethinylestradiol in einer Konzentration von 0,015 mg bis 0,020 mg vorliegt, liegt jedoch, was die Konzentration für Ethinylestradiol von 0,015 mg bis < 0,020 mg betrifft, außerhalb des Schutzbereiches der Produktansprüche 9-19 in der erteilten Fassung, in denen der Anteil von Ethinylestradiol auf 0,020 mg beschränkt ist.
14.2 Somit ist zu prüfen, ob die Umformulierung eines Anspruchs, der auf die "Verwendung einer oralen Dosierungsform umfassend … für die Empfängnisverhütung …" gerichtet ist, in einen Anspruch auf die "Verwendung einer Zusammensetzung umfassend … zur Herstellung einer oralen … Dosierungsform für die Empfängnisverhütung …" mit den Erfordernissen von Artikel 123 (3) EPÜ in Einklang steht. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, ob die schweizerische Anspruchsform als Anspruch zu verstehen ist, der a) auf die Verwendung eines Stoffes oder eines Stoffgemisches zu einem bestimmten Zweck oder b) auf die Herstellung eines Arzneimittels gerichtet ist. Eine Deutung als Verwendungsanspruch lässt sich nicht mit der Entscheidung der Großen Beschwerdekammer G 1/83 (ABl. EPA 1985, 60) in Einklang bringen. Nach dieser Entscheidung ist ein Patentanspruch, der auf die "Verwendung eines Stoffes oder Stoffgemisches zur therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers" gerichtet ist, seinem eigentlichen Inhalt nach in keiner Weise verschieden von einem Anspruch auf ein "Verfahren zur ... therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers" mit dem Stoff oder Stoffgemisch (G 1/83, Punkt 13 der Entscheidungsgründe). Die Ansicht, dass ein Verwendungsanspruch die Herstellung eines pharmazeutischen Erzeugnisses mit Anweisungen zu seinem Gebrauch bei der Behandlung einer Krankheit (die "augenfällige Herrichtung") miteinschließe, ein Verfahrensanspruch jedoch nicht, lehnte die Große Beschwerdekammer ab (G 1/83, Punkte 11, 17 und 18 der Entscheidungsgründe). Demgegenüber hielt es die Große Beschwerdekammer für gerechtfertigt, Patentansprüche zuzulassen, die darauf gerichtet sind, dass ein Stoff oder Stoffgemisch für die Herstellung eines Arzneimittels verwendet wird, das auf eine neue und erfinderische therapeutische Anwendung gerichtet ist, selbst wenn das Herstellungsverfahren als solches sich nicht von einem bekannten Verfahren, bei dem der gleiche Wirkstoff verwendet wird, unterscheidet. Zur Begründung heißt es im dritten Absatz des Punktes 21 der Entscheidungsgründe: "Aufgrund des in Artikel 52 (1) EPÜ vorgeschriebenen allgemeinen Patentierungsgebots erscheint es gerechtfertigt, dementsprechend auch die Neuheit der Herstellung eines an sich bekannten Stoffes oder Stoffgemisches aus seinem neuen therapeutischen Gebrauch abzuleiten, und zwar unabhängig davon, ob bereits eine pharmazeutische Verwendung des Stoffes oder Stoffgemisches bekannt ist oder nicht" [Hervorhebung durch die Kammer]. Im Punkt 21 der Entscheidungsgründe wird folglich die schweizerische Anspruchsform als ein Herstellungsverfahren gesehen, bei dem allerdings, ähnlich wie bei der Ausnahmebestimmung für die sogenannte erste medizinische Indikation gemäß Artikel 54 (5) EPÜ 1973, ausnahmsweise der Verwendungszweck des hergestellten Produkts ein neuheitsbegründendes Merkmal für das Herstellungsverfahren darstellt. Nur dank dieser Sichtweise konnte das Patentierungsverbot gemäß Artikel 53 c) EPÜ (oder Artikel 52 (4) EPÜ 1973) durch die schweizerische Anspruchsform als überwunden angesehen werden. Entspräche die schweizerische Anspruchsform ihrem Inhalt nach einem Verwendungsanspruch in dem Sinne, dass ein Stoff oder ein Stoffgemisch zur Erzielung einer bestimmten technischen Wirkung verwendet wird, und nicht einem Herstellungsverfahren, würde sie entsprechend der ratio decidendi der Entscheidung G 1/83 nach wie vor unter das Patentierungsverbot gemäß Artikel 53 c) EPÜ (Artikel 52(4) EPÜ 1973) fallen, weil sie ein Verfahren definiert, bei dem der Kern der Erfindung in der beanspruchten neuen Verwendung, d. h. der therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers, liegen würde, ohne sich auf die vorangehende Herstellung eines Arzneimittels zu richten.
Somit hat mit der im Anspruch 1 von Hilfsantrag 23 durchgeführten Änderung ein Kategoriewechsel von einem Anspruch, der auf eine bestimmte Verwendung eines Produkts beschränkt ist, zu einem Anspruch, der die vorausgegangene Herstellung dieses Produkts einschließt, stattgefunden.
Bei der Prüfung, ob ein Wechsel in der Anspruchskategorie mit den Erfordernissen von Artikel 123 (3) EPÜ in Einklang steht, muss der Schutz, den die Anspruchsart des Patents in der vorherigen Fassung gewährte, dem Schutzbereich der durch die Änderung eingeführten neuen Anspruchsart gegenübergestellt werden (G 2/88, ABl. EPA 1990, 93, Punkt 4.1 der Entscheidungsgründe). Zum Schutzumfang eines Herstellungsanspruchs im Vergleich zu einem Verwendungsanspruch hat die Große Beschwerdekammer in ihrer Entscheidung G 2/88 unter Heranziehung von Artikel 64 (2) EPÜ Folgendes ausgeführt (siehe Punkt 5.1 der Entscheidungsgründe):
"Artikel 64 (2) EPÜ bezieht sich nicht auf ein Patent, in dem die Verwendung eines Erzeugnisses zur Erzielung einer Wirkung beansprucht wird (dies ist üblicherweise Gegenstand eines Verwendungsanspruchs), sondern vielmehr auf ein europäisches Patent, dessen beanspruchter technischer Gegenstand ein Verfahren zur Herstellung eines Erzeugnisses ist. Der Artikel bestimmt, dass bei einem solchen Patent nicht nur Schutz für das beanspruchte Herstellungsverfahren, sondern auch für das durch das Verfahren unmittelbar hergestellte Erzeugnis gewährt wird.
Geht man also davon aus, dass ein Verwendungsanspruch tatsächlich die Verwendung eines bestimmten Gegenstands zur Erzielung einer 'Wirkung' und nicht zur Herstellung eines 'Erzeugnisses' definiert, so ist der Verwendungsanspruch kein Verfahrensanspruch im Sinne des Artikels 64 (2) EPÜ."
Aus dem Vorstehenden folgt, dass das in Anspruch 1 des Hilfsantrags 23 seinem Inhalt nach beanspruchte Herstellungsverfahren über den Schutzbereich der Verwendungsansprüche in der erteilten Fassung hinausgeht: Bei Ansprüchen auf ein Herstellungsverfahren wird gemäß Artikel 64 (2) EPÜ der Schutz auf das (wie auch immer geartete) "Erzeugnis" dieses Verfahrens ausgedehnt, während ein Verwendungsanspruch die Herstellung des pharmazeutischen Erzeugnisses nicht einschließt (G 1/83, Punkt 11 der Entscheidungsgründe), weshalb sich sein Schutzumfang auch nicht auf das unmittelbare Verfahrenserzeugnis erstreckt. Somit sind die Erfordernisse von Artikel 123 (3) EPÜ nicht erfüllt.
15. Hilfsantrag 24:
15.1 Im Hilfsantrag 24 wurde die schweizerische Anspruchsform des Anspruchs 1 von Hilfsantrag 23 unter Bezugnahme auf Artikel 54 (5) EPÜ 2000 in den entsprechenden zweckgebundenen Produktanspruch umgewandelt. Bezüglich der Anwendbarkeit des Artikels 54 (5) EPÜ 2000 auf den vorliegenden Fall ist in Betracht zu ziehen, dass das Streitpatent am 2. November 2006, also vor Inkrafttreten des EPÜ 2000, erteilt wurde. Gemäß den Übergangsbestimmungen zum EPÜ 2000 ist jedoch der Artikel 54 (5) EPÜ 2000 nicht anzuwenden auf europäische Patente, die bei Inkrafttreten des EPÜ 2000 bereits erteilt sind (siehe ABl. EPA 2007, Sonderausgabe Nr. 1, Tabelle auf Seite 217). Abgesehen davon, dass Artikel 54 (5) EPÜ 2000 vorliegend nicht anwendbar ist, sodass eine Anspruchsfassung in der Form des zweckgebundenen Stoffschutzes nur für die erste medizinische Indikation zulässig wäre, stellt die Umwandlung der Verwendungsansprüche 1 - 8 des erteilten Patents in einen zweckgebundenen Stoffanspruch eine nach Artikel 123 (3) EPÜ unzulässige Erweiterung des Schutzbereichs dar. Denn Letzterer ist auf das Erzeugnis selbst gerichtet, sodass die Herstellung des Erzeugnisses in den Schutzbereich dieser Anspruchsform fällt, was bei einem Verwendungsanspruch nicht der Fall ist (siehe Punkt 14.2).
15.2 Was die Bestimmung des Schutzbereichs der Produktansprüche 9 - 19 der erteilten Fassung im Vergleich zu Anspruch 1 des Hilfsantrags 24 zur Beurteilung einer nach Artikel 123 (3) EPÜ unzulässigen Erweiterung betrifft, kann auf die Begründung in Punkt 14.1, die auch auf den Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 24 zutrifft, verwiesen werden.
15.3 Somit erfüllt der Gegenstand von Anspruch 1 des Hilfsantrags 24 nicht die Erfordernisse von Artikel 123 (3) EPÜ.
16. Da keiner der vorliegenden Anträge gewährbar ist, ist die Prüfung der weiteren Einspruchsgründe bzw. der weiteren seitens der Einsprechenden vorgebrachten Einwände nicht erforderlich.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
1. Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben.
2. Das Patent wird widerrufen.