VERWALTUNGSRAT
Beschlüsse des Verwaltungsrats
Beschluß des Verwaltungsrats vom 12. Dezember 2002 zur Genehmigung von Änderungen der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern des Europäischen Patentamts
DER VERWALTUNGSRAT DER EUROPÄISCHEN PATENTORGANISATION -
gestützt auf das Europäische Patentübereinkommen, insbesondere auf Artikel 23 Absatz 4,
gestützt auf die am 28. Oktober 2002 nach Regel 10 Absatz 3 der Ausführungsordnung zum Europäischen Patentübereinkommen erlassenen Änderungen der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern,
BESCHLIESST:
Artikel 1
Die Änderungen der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern im Anhang zu diesem Beschluß werden genehmigt.
Artikel 2
Dieser Beschluß tritt am 1. Mai 2003 in Kraft.
Geschehen zu München, am 12. Dezember 2002
Für den Verwaltungsrat
Der Präsident
Roland GROSSENBACHER
BESCHLUSS
Änderungen der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern, ABl. EPA 1980, 171 in der Fassung von ABl. EPA 1983, 7, ABl. EPA 1989, 361 und ABl. EPA 2000, 3161
Gemäß Regel 10 Absatz 3 der Ausführungsordnung zum Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente erläßt das in Regel 10 Absatz 1 dieser Ausführungsordnung genannte Präsidium hiermit folgende Änderungen der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern:
Artikel 1
(1) Artikel 1 Absatz 1 erhält folgende Fassung:
"Vor Beginn eines jeden Geschäftsjahres stellt das in Regel 10 Absatz 4 EPÜ erwähnte Präsidium einen Plan auf, nach dem alle Beschwerden, die im Laufe des Jahres eingereicht werden, auf die Beschwerdekammern verteilt und die Mitglieder und deren Vertreter bestimmt werden, die in den einzelnen Kammern tätig werden können. Der Plan kann im Laufe des Jahres geändert werden."
(2) Folgender Artikel 3a wird in die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern neu
aufgenommen:
"Artikel 3a
Kontrolle des Verfahrens
(1) Der Vorsitzende bestimmt für jede Beschwerde ein Mitglied der Kammer oder sich selbst für die Prüfung, ob die Beschwerde zulässig ist.
(2) Der Vorsitzende oder ein von ihm bestimmtes Mitglied stellt sicher, daß die Beteiligten diese Verfahrensordnung und die Anweisungen der Kammer befolgen und schlägt hierfür geeignete Maßnahmen vor."
(3) Artikel 5 Absatz 2 erhält folgende Fassung:
"(2) Das in Regel 10 Absatz 1 EPÜ erwähnte Präsidium kann den Geschäftsstellenbeamten Aufgaben übertragen, die technisch und rechtlich keine Schwierigkeiten bereiten, wie insbesondere Aufgaben betreffend Akteneinsicht, Ladung, Zustellung oder Gewährung von Weiterbehandlung."
(4) Folgender Artikel 10a wird in die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern neu
aufgenommen:
"Artikel 10a
Grundlage des Verfahrens
(1) Dem Beschwerdeverfahren liegen zugrunde
a) die Beschwerde und die Beschwerdebegründung nach Artikel 108 EPÜ;
b) in Fällen mit mehr als einem Beteiligten alle schriftlichen Erwiderungen des bzw. der anderen Beteiligten, die innerhalb von vier Monaten nach Zustellung der Beschwerdebegründung einzureichen sind;
c) Mitteilungen der Kammer und Antworten hierauf, die gemäß den Anweisungen der Kammer eingereicht worden sind.
(2) Die Beschwerdebegründung und die Erwiderung müssen den vollständigen Fachvortrag eines Beteiligten enthalten. Sie müssen deutlich und knapp angeben, aus welchen Gründen die Entscheidung angefochten oder verteidigt wird, und sollen ausdrücklich oder durch eine genaue Bezugnahme auf im erstinstanzlichen Verfahren eingereichte Unterlagen alle Tatsachen, Argumente und Beweismittel sowie alle Anträge enthalten. Sofern die Kammer keine Ausnahme erlaubt, sind Kopien der in Bezug genommenen Unterlagen als Anlagen beizufügen.
(3) Vorbehaltlich der Artikel 113 und 116 EPÜ kann die Kammer nach Einreichung der Beschwerdebegründung bzw. in Fällen mit mehr als einem Beteiligten nach Ablauf der Frist nach Absatz 1 Buchstabe b jederzeit über die Sache entscheiden.
(4) Unbeschadet der Befugnis der Kammer, Tatsachen, Beweismittel oder Anträge nicht zuzulassen, die bereits im erstinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können oder dort nicht zugelassen worden sind, wird das gesamte Vorbringen der Beteiligten nach Absatz 1 von der Kammer berücksichtigt, wenn und soweit es sich auf die Beschwerdesache bezieht und die Erfordernisse nach Absatz 2 erfüllt.
(5) Fristen können nach dem Ermessen der Kammer nach Eingang eines schriftlichen und begründeten Antrags ausnahmsweise verlängert werden."
(5) Folgender Artikel 10b wird in die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern neu
aufgenommen:
"Artikel 10b
Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten
(1) Es steht im Ermessen der Kammer, Änderungen des Vorbringens eines Beteiligten nach Einreichung seiner Beschwerdebegründung oder Erwiderung zuzulassen und zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des Ermessens werden insbesondere die Komplexität des neuen Vorbringens, der Stand des Verfahrens und die gebotene Verfahrensökonomie berücksichtigt.
(2) Die anderen Beteiligten sind berechtigt, zu geändertem Vorbringen Stellung zu nehmen, das von der Kammer nicht von Amts wegen als unzulässig erachtet worden ist.
(3) Änderungen des Vorbringens werden nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung nicht zugelassen, wenn sie Fragen aufwerfen, deren Behandlung der Kammer oder dem bzw. den anderen Beteiligten ohne Verlegung der mündlichen Verhandlung nicht zuzumuten ist."
(6) Folgender Artikel 10c wird in die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern neu
aufgenommen:
"Artikel 10c
Beitritte
Die Artikel 10a und 10b gelten entsprechend für Beitritte, die während eines anhängigen Beschwerdeverfahrens erklärt werden."
(7) Artikel 11 erhält folgende Fassung:
"Artikel 11
Mündliche Verhandlungen
(1) Ist eine mündliche Verhandlung vorgesehen, so kann die Kammer eine Mitteilung erlassen, in der auf Punkte, die von besonderer Bedeutung zu sein scheinen, oder auf die Tatsache hingewiesen wird, daß bestimmte Fragen offenbar nicht mehr strittig sind; die Mitteilung kann auch andere Bemerkungen enthalten, die es erleichtern, die mündliche Verhandlung auf das Wesentliche zu konzentrieren.
(2) Eine mündliche Verhandlung kann nach dem Ermessen der Kammer nach Eingang eines schriftlichen und begründeten Antrags ausnahmsweise verlegt werden; der Antrag ist so früh wie möglich vor dem anberaumten Termin zu stellen und in Kopie den anderen Beteiligten zu übersenden, die der Kammer so schnell wie möglich mitzuteilen haben, ob sie damit einverstanden sind.
(3) Die Kammer ist nicht verpflichtet, einen Verfahrensschritt einschließlich ihrer Entscheidung aufzuschieben, nur weil ein ordnungsgemäß geladener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht anwesend ist; dieser kann dann so behandelt werden, als stütze er sich lediglich auf sein schriftliches Vorbringen.
(4) Der Vorsitzende leitet die mündliche Verhandlung und stellt ihre faire, ordnungsgemäße und effiziente Durchführung sicher.
(5) Ist eine Sache in der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif, so stellt der Vorsitzende die abschließenden Anträge der Beteiligten fest und erklärt die sachliche Debatte für beendet. Nach Beendigung der sachlichen Debatte können die Beteiligten nichts mehr vorbringen, es sei denn, die Kammer beschließt, die Debatte wieder zu eröffnen.
(6) Die Kammer stellt sicher, daß die Sache am Ende der mündlichen Verhandlung entscheidungsreif ist, sofern nicht besondere Umstände vorliegen. Vor dem Ende der mündlichen Verhandlung kann der Vorsitzende die Entscheidung der Kammer verkünden."
(8) Folgender Artikel 11a wird in die Verfahrensordnung der Beschwerdekammern neu
aufgenommen:
"Artikel 11a
Kosten
(1) Vorbehaltlich Artikel 104 (1) EPÜ kann die Kammer auf Antrag anordnen, daß ein Beteiligter die Kosten eines anderen Beteiligten teilweise oder ganz zu tragen hat. Unbeschadet des Ermessens der Kammer gehören hierzu die Kosten, die entstanden sind durch
a) Änderungen gemäß Artikel 10b am Vorbringen eines Beteiligten gemäß Artikel 10a (1);
b) Fristverlängerung;
c) Handlungen oder Unterlassungen, die die rechtzeitige und effiziente Durchführung der mündlichen Verhandlung beeinträchtigen;
d) Nichtbeachtung einer Anweisung der Kammer;
e) Verfahrensmißbrauch.
(2) Bei den Kosten, deren Erstattung angeordnet wird, kann es sich um die Gesamtheit oder einen Teil der dem Berechtigten erwachsenen Kosten handeln; sie können unter anderem als Prozentsatz oder als bestimmter Betrag angegeben werden. In letzterem Fall ist die Entscheidung der Kammer unanfechtbar im Sinne des Artikels 104 (3) EPÜ. Zu den Kosten, deren Erstattung angeordnet werden kann, gehören Kosten, die einem Beteiligten von seinem zugelassenen Vertreter in Rechnung gestellt worden sind, Kosten, die einem Beteiligten selbst unabhängig davon erwachsen sind, ob er durch einen zugelassenen Vertreter vertreten wurde, und Kosten für Zeugen oder Sachverständige, die ein Beteiligter getragen hat; die Erstattung beschränkt sich auf notwendige und angemessene Aufwendungen."
(9) In Artikel 12 wird folgender neuer Absatz 1 aufgenommen:
"(1) Im schriftlichen Abschnitt des Verfahrens erfolgen Antworten auf Anträge und Anweisungen zu Verfahrensfragen in Form von Mitteilungen."
(10) Artikel 12 Absatz 1 wird zu Absatz 2.
Artikel 2
Die Artikel 10a, 10b, 10c und 11a (1) a) gelten für Verfahren, in denen die Beschwerde nach Inkrafttreten dieser Änderungen beim Europäischen Patentamt eingegangen ist.
Artikel 3
Die in Artikel 1 enthaltenen Änderungen der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern treten am selben Tag in Kraft wie der Beschluß des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation zur Genehmigung dieser Änderungen.
Geschehen zu München am 28.10.2002
Für das Präsidium
der Vorsitzende
P. Messerli
Vizepräsident GD 3
1 Eine konsolidierte Fassung der Verfahrensordnung der Beschwerdekammern wird in ABl. EPA 3/2003 veröffentlicht.