VERWALTUNGSRAT
Berichte über Tagungen des Verwaltungsrats
Bericht über die 44. Tagung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation (2. bis 5. Juni 1992)
Die 44. Tagung des Verwaltungsrats der Europäischen Patentorganisation fand unter dem Vorsitz von Herrn Jean-Claude Combaldieu (FR) vom 2. bis 5. Juni 1992 in Monaco statt. Den stellvertretenden Vorsitz führte Herr Max Engels (NL).
Der Rat wählte einstimmig Herrn José Mota Maia (PT), Präsident des portugiesischen Patentamts und Leiter der portugiesischen Delegation im Rat, zum Vizepräsidenten des Verwaltungsrats; er tritt seine dreijährige Amtszeit am 1. Dezember 1992 an.
Als Nachfolger von Herrn Hans-Peter Dornow (DE) wurde Herr Klaus Marder (DE) mit Wirkung vom 1. Januar 1993 zum Vizepräsidenten des Amts (GD 4) ernannt.
Der Präsident des Amts legte den Jahresbericht für 1991 vor. Er erstattete dem Rat ferner Bericht über die Tätigkeit des Amts im ersten Halbjahr 1992.
Der Präsident des Amts stellte fest, daß die Zahl der Anmeldungen wieder steigt. Von Anfang Januar bis Ende April wurden 15 532 europäische Direktanmeldungen und 7 530 Euro-PCT-Anmeldungen eingereicht (was einer Zunahme um 3,4 % gegenüber demselben Zeitraum des Vorjahres entspricht). Er betonte jedoch, daß die Entwicklung der Geschäftslage weiter beobachtet werden muß und die strenge Stellen- und Mittelbewirtschaftung auf jeden Fall fortgesetzt werden soll.
Der Präsident des Amts ging auch auf das Round-table-Gespräch zur Prüfungspraxis der Ämter ein, das auf Anregung der dänischen und der schwedischen Delegation am 6. und 7. April in München abgehalten worden war. Die Veranstaltung, bei der die nationalen Ämter von 9 Vertragsstaaten, das EPA sowie EPI und IFIA vertreten waren, bot Gelegenheit zu einem offenen, intensiven Meinungsaustausch über verschiedene Themen, darunter auch die Studie von Professor Leberl über die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit und der Klarheit der Ansprüche. Alle Teilnehmer sprachen sich für eine Fortsetzung der Gespräche aus.
Im Rahmen seiner Ausführungen zu internationalen Angelegenheiten wies der Präsident darauf hin, daß die Lissabonner Gemeinschaftspatentkonferenz nicht den erforderlichen politischen Durchbruch für das Inkrafttreten der Vereinbarung über Gemeinschaftspatente gebracht hat, so daß diese Vereinbarung voraussichtlich nicht zum 1. Januar 1993 in Kraft gesetzt werden kann. Er bekräftigte nochmals, daß die mit der Einführung des Gemeinschaftspatentsystems verbundenen Kosten nicht als Argument gegen ein Inkraftreten der Vereinbarung ins Feld geführt werden können, da das Amt alle notwendigen Vorbereitungen getroffen hat, um das GPÜ in die Praxis umzusetzen und gleichzeitig die Kosten möglichst niedrig zu halten.
Die Zusammenarbeit mit den Vertragsstaaten wurde erfolgreich fortgesetzt. Vertieft wurden auch die besonderen Kontakte zum CEIPI in Straßburg, mit dem ein gemeinsames Ausbildungsprogramm ausgearbeitet werden soll. Unter der Leitung eines Bediensteten des Amts, der die internationale Abteilung des CEIPI betreut, wurden zwischenzeitlich bereits mehrere Ausbildungsmaßnahmen - insbesondere für die mittel- und osteuropäischen Länder -durchgeführt. Der Präsident des Amts verwies des weiteren auf die Zusammenarbeit mit dem spanischen Patentamt und der WIPO zur Herstellung einer CD-ROM mit den Titelseiten der Patentanmeldungen aus 18 lateinamerikanischen Ländern und wertete dieses unter der Bezeichnung "DOPALES-PRIMERAS" laufende Projekt sowohl aus technischer als auch aus politischer Sicht als bemerkenswerten Erfolg. Besondere Erwähnung fand schließlich auch die "Patinnova", die auf Einladung der portugiesischen Regierung von der Generaldirektion XIII "Telekommunikation, Informationsindustrie und Innovation" der Kommission der EG ausgerichtet wurde und der Sensibilisierung der mittelständischen Industrie für die Bedeutung des gewerblichen Rechtsschutzes im Wettbewerb gewidmet war. Für die Zukunft ist eine Verstärkung solcher Fördermaßnahmen in Zusammenarbeit mit der GD XIII geplant.
Am 1. August 1992 vergrößert sich der Kreis der Vertragsstaaten durch den Beitritt Irlands, dem langjährige Bemühungen der irischen Regierung vorausgegangen waren. Damit gehören dann alle 12 Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft der EPO an. Eine positive Entwicklung zeichnet sich auch in Norwegen ab, das eine Delegation zu einem Besuch beim Amt entsandt hatte, um die Perspektiven eines künftigen Beitritts dieses Landes zum Übereinkommen zu erörtern und die Möglichkeiten einer engeren Zusammenarbeit mit dem EPA zu sondieren.
Der Verwaltungsrat genehmigte eine Änderung der Ausführungsordnung zum EPÜ, mit der zum einen die Einreichung von Sequenzprotokollen vorgeschrieben wird, um eine standardisierte Darstellung von Nucleotid- und Aminosäuresequenzen in europäischen Patentanmeldungen zu gewährleisten, und zum anderen das in der geänderten Fassung des PCT vorgesehene Widerspruchsverfahren auch im EPÜ verankert wird (s. dieses Heft des ABl. EPA, S. 342). Der Rat beschloß ferner mit Wirkung vom 1. Oktober 1992 eine (etwa 3%ige) Anhebung verschiedener Gebühren im europäischen Erteilungsverfahren, die sich auf die Erteilungs-, die Beschwerde- und die Einspruchsgebühr beschränkt. Beschlossen wurde außerdem eine ebenfalls zum 1. Oktober 1992 in Kraft tretende Erhöhung der Gebühren für die internationale Recherche und die internationale vorläufige Prüfung (s. dieses Heft des ABl. EPA, S. 344).
Auf Vorschlag des Präsidenten des Amts ernannte der Rat einen neuen Vorsitzenden für die Juristische Beschwerdekammer sowie ein weiteres Beschwerdekammermitglied.