EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
IP5-Pilotprojekt zur Zusammenarbeit bei der PCT-Recherche und -Prüfung
I. Konzept
1. Nach den ersten beiden Pilotprojekten zur Zusammenarbeit bei der PCT-Recherche und -Prüfung (CS&E), die vom Europäischen Patentamt (EPA), dem Amt für geistiges Eigentum der Republik Korea (KIPO) und dem Patent- und Markenamt der Vereinigten Staaten (USPTO) in den Jahren 2010 bzw. 2011 - 2012 durchgeführt wurden, starten das EPA, das Japanische Patentamt (JPO), das KIPO, das Staatliche Amt für geistiges Eigentum der Volksrepublik China (SIPO) und das USPTO (die IP5-Ämter) demnächst die operative Phase eines dritten CS&E-Pilotprojekts. Dieses hat zum Ziel, das CS&E-Konzept in den IP5-Ämtern weiterzuentwickeln und zu testen sowie zu ermitteln, inwiefern die Nutzer an CS&E-Produkten interessiert sind und die Ämter mit Effizienzgewinnen rechnen können.
2. Beim CS&E-Konzept nach dem PCT geht es darum, dass Prüfer verschiedener internationaler Behörden in verschiedenen Regionen und mit unterschiedlichen Arbeitssprachen ein und dieselbe internationale Anmeldung bearbeiten, um einen internationalen Recherchenbericht und schriftlichen Bescheid nach Kapitel I PCT zu erstellen, der ein Bescheid der ausgewählten Internationalen Recherchenbehörde bleibt, auch wenn er auf den Beiträgen der teilnehmenden Ämter basiert.
3. Im Pilotprojekt führt der Prüfer des IP5-Amts, das als zuständige Internationale Recherchenbehörde nach Regel 35 PCT für eine bestimmte internationale Anmeldung tätig ist, als sogenannter "Hauptprüfer" Recherche und Prüfung wie für jede andere internationale Anmeldung durch und erstellt einen vorläufigen internationalen Recherchenbericht und schriftlichen Bescheid. Diese vorläufigen Arbeitsergebnisse werden an Prüferkollegen in den anderen teilnehmenden IP5-Ämtern in ihrer Eigenschaft als Internationale Recherchenbehörden übermittelt. Die Prüferkollegen erstellen unter Berücksichtigung des vorläufigen internationalen Recherchenberichts und schriftlichen Bescheids ihre Beiträge und senden diese an den Hauptprüfer, der wiederum unter Berücksichtigung dieser Beiträge den endgültigen internationalen Recherchenbericht und schriftlichen Bescheid erstellt. Weitere Einzelheiten zur Umsetzung des CS&E-Konzepts im Rahmen des Pilotprojekts werden nachstehend erläutert.
II. Rahmen
4. Um das Interesse der Nutzer an CS&E-Produkten zu ermitteln, sollen in diesem Pilotprojekt die Anmelder auswählen, welche internationalen Anmeldungen im Rahmen dieser Zusammenarbeit bearbeitet werden – im Gegensatz dazu wurden bei den zwei Vorgängerprojekten die Anmeldungen von den Ämtern ausgewählt.
5. Anmelder, die an dem Pilotprojekt teilnehmen möchten, müssen das Standardformblatt ausfüllen und zusammen mit der internationalen Anmeldung beim Anmeldeamt eines der IP5-Ämter oder beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) einreichen. Das Teilnahmeformblatt ist in allen Amtssprachen der IP5-Ämter auf der Website der WIPO unter www.wipo.int/pct/en/filing/cse.html abrufbar. Eine Kopie des Formblatts ist dieser Mitteilung beigefügt.
6. Für in englischer Sprache abgefasste internationale Anmeldungen kann ab 1. Juli 2018 die Teilnahme am Pilotprojekt beantragt werden. Jeder Anmelder kann nur eine begrenzte Zahl internationaler Anmeldungen auswählen.
7. Bis zum 31. Dezember 2018 werden nur in englischer Sprache abgefasste Anmeldungen in das Pilotprojekt zugelassen. Danach kann die zuständige Internationale Recherchenbehörde nach Regel 35 PCT ("hauptsächlich zuständige Internationale Recherchenbehörde" (Haupt-ISA)) auch in einer anderen Sprache abgefasste Anmeldungen akzeptieren. Wenn eine Haupt-ISA dies beschließt, veröffentlicht sie auf ihrer Website eine entsprechende Mitteilung, der zu entnehmen ist, welche Sprachen zusätzlich akzeptiert werden, ab wann in diesen Sprachen Teilnahmeanträge gestellt werden können und wie die Zulassung und Bearbeitung solcher Anträge genau erfolgt.
8. Das Anmeldeamt übermittelt das Teilnahmeformblatt zusammen mit dem Aktenexemplar bzw. dem Recherchenexemplar an das Internationale Büro und die Haupt-ISA. Diese prüft nach Erhalt des Recherchenexemplars, ob die nachstehend in Teil III erläuterten Voraussetzungen erfüllt sind und teilt dem Anmelder und dem Internationalen Büro auf Formblatt PCT/ISA/224 (Mitteilung, für die kein besonderes Formblatt vorgesehen ist) mit, ob sie dem Antrag auf Teilnahme am Pilotprojekt stattgibt.
9. Die Haupt-ISA führt Recherche und Prüfung genauso durch wie für internationale Anmeldungen, die nicht im Rahmen dieses Pilotprojekts bearbeitet werden. Sie erstellt einen vorläufigen internationalen Recherchenbericht (Formblatt PCT/ISA/210) (oder ggf. eine Erklärung über die Nichterstellung eines Recherchenberichts (Formblatt PCT/ISA/203)) und schriftlichen Bescheid (Formblatt PCT/ISA/237) sowie ggf. ein Protokoll der Recherchenstrategie. Form und Inhalt des Protokolls der Recherchenstrategie basieren auf der Praxis der jeweiligen Internationalen Recherchenbehörde.
10. Die Haupt-ISA übermittelt diese vorläufigen Arbeitsergebnisse an die anderen Internationalen Recherchenbehörden (ISAs), in denen Prüferkollegen unter Berücksichtigung der vorläufigen Arbeitsergebnisse der Haupt-ISA einen Beitrag zum endgültigen Recherchenergebnis erarbeiten. Sofern sie dies für notwendig erachten, führen sie dabei auch zusätzliche Recherchen durch.
11. Bei Fällen, in denen Nichteinheitlichkeit vorliegt, folgen die anderen ISAs dem Grundsatz der ersten Erfindung. Demnach wendet zwar jede Haupt-ISA ihr eigenes Standardverfahren bei Nichteinheitlichkeit an, aber die vorläufigen Arbeitsergebnisse, die den anderen ISAs übermittelt werden, basieren nur auf der in den Ansprüchen zuerst genannten Erfindung. Die Prüferkollegen fokussieren ihre Recherchen auf die Erfindung, die sie für die erste halten, unabhängig davon, ob die vorläufigen Arbeitsergebnisse ihrer Ansicht nach eine oder mehrere Erfindungen zum Gegenstand haben.
12. Jede der anderen ISAs übermittelt der Haupt-ISA ihren Beitrag auf dem dafür vorgesehenen Beitragsformblatt. Entweder wird der Beitrag direkt auf dem Beitragsformblatt verfasst oder dieses wird als Deckblatt für die Standardformblätter PCT/ISA/210 und PCT/ISA/237 verwendet. Die von den anderen ISAs übermittelten Beitragsformblätter und etwaige beigefügte Beiträge werden als gesonderte Dokumente in PatentScope zur Verfügung gestellt.
13. Die Haupt-ISA erstellt unter Berücksichtigung der Beiträge der anderen ISAs den endgültigen internationalen Recherchenbericht (Formblatt PCT/ISA/210) (oder ggf. eine Erklärung über die Nichterstellung eines Recherchenberichts (Formblatt PCT/ISA/203)) und schriftlichen Bescheid (Formblatt PCT/ISA/237). Dabei ist sie bestrebt, diese endgültigen Arbeitsergebnisse innerhalb der Frist gemäß Regel 42.1 PCT fertigzustellen. Allerdings kann die Einhaltung dieser Frist nicht garantiert werden, da das Projekt ein Zusammenarbeitsprojekt ist und daher zwangsläufig mit zusätzlichem Verwaltungsaufwand einhergeht. Die endgültigen Arbeitsergebnisse werden dem Anmelder und dem Internationalen Büro übermittelt.
14. Die endgültigen CS&E-Arbeitsergebnisse werden in Feld Nr. V des Formblatts PCT/ISA/237 bzw. oben auf dem dort genannten Zusatzblatt angegeben als Ergebnis der Zusammenarbeit im Rahmen des Pilotprojekts, das nicht unbedingt die Meinungen aller IP5-Ämter wiedergibt. Die Teilnahme am Pilotprogramm "Patent Prosecution Highway" (PPH) kann nur auf der Grundlage endgültiger CS&E-Arbeitsergebnisse beantragt werden.
15. Der Austausch von Dokumenten und Informationen zwischen den Ämtern erfolgt über eine ePCT-basierte Plattform, wodurch eine sichere und vertrauliche Datenübermittlung gewährleistet ist. Für die Bereitstellung und Wartung der Plattform ist das Internationale Büro zuständig.
16. Im Pilotprojekt bleibt die Höhe der von jedem IP5-Amt erhobenen internationalen Recherchengebühren unverändert. Die teilnehmenden Anmelder entrichten daher nur die Standardgebühr für eine Recherche nach Kapitel I PCT an die zuständige Internationale Recherchenbehörde. Wird jedoch nach Abschluss dieses Pilotprojekts das CS&E-Produkt als reguläres Produkt nach dem PCT eingeführt, müssen die Anmelder eine spezielle CS&E-Gebühr entrichten. Der voraussichtliche Höchstbetrag der CS&E-Gebühr ist die Summe der Recherchengebühren der teilnehmenden Internationalen Recherchenbehörden zuzüglich einer Verwaltungsgebühr zur Deckung der Zusammenarbeitskosten.
17. Gegen Ende des Pilotprojekts werden die beteiligten Anmelder gebeten, einen Fragebogen auszufüllen und anzugeben, inwiefern sie an einem regulären CS&E-Produkt nach dem PCT interessiert sind. Die Antworten finden Eingang in die Bewertung des Pilotprojekts durch die IP5-Ämter.
III. Teilnahmevoraussetzungen
18. Die Teilnahme der Anmelder an dem Pilotprojekt unterliegt zweierlei Beschränkungen: den Teilnahmevoraussetzungen, die erfüllt sein müssen und den Auflagen der Ämter.
A. Teilnahmevoraussetzungen für Anmelder
19. Anmelder, die an dem Pilotprojekt teilnehmen wollen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllen:
a) Der Antrag auf Teilnahme an dem Pilotprojekt muss auf dem dafür vorgesehenen Teilnahmeformblatt und zusammen mit der internationalen Anmeldung eingereicht werden.
b) Das Teilnahmeformblatt und die internationale Anmeldung müssen beim Anmeldeamt eines IP5-Amts oder beim Internationalen Büro als Anmeldeamt eingereicht werden.
c) Werden das Teilnahmeformblatt und die internationale Anmeldung beim EPA eingereicht, muss die Einreichung elektronisch mit einem der folgenden Anmeldetools erfolgen: EPA-Software für die Online-Einreichung (Update für PCT zum 1. April 2018 (Build 3.51.257)), Version 3.51.081.257 der PCT-SAFE Client Software (1. April 2018) oder ePCT.
d) Solange im Rahmen des Pilotprojekts keine anderen Sprachen als Englisch akzeptiert werden (siehe Absatz 7), müssen das Teilnahmeformblatt und die internationale Anmeldung in englischer Sprache abgefasst sein.
B. Auflagen der Ämter
20. Folgende Auflagen in Bezug auf organisatorische Aspekte des Pilotprojekts müssen erfüllt sein, damit die Haupt-ISA dem Antrag auf Teilnahme am Pilotprojekt stattgibt:
a) Der Anmelder darf nicht bereits zehn internationale Anmeldungen bei derselben Haupt-ISA für das Pilotprojekt eingereicht haben – im Pilotprojekt sind pro Anmelder maximal zehn Anmeldungen bei derselben Haupt-ISA erlaubt.
b) Jede Haupt-ISA hat das Ziel, innerhalb von zwei Jahren 100 internationale Anmeldungen in das Pilotprojekt zuzulassen. Die Haupt-ISA wird Anmeldungen auf der Basis dieser Zielvorgabe zulassen.
c) Die Haupt-ISA darf auf dem technischen Gebiet der Anmeldung, für die die Teilnahme beantragt wird, noch nicht die von ihr für sinnvoll erachtete Höchstzahl von Anmeldungen in das Pilotprojekt zugelassen haben. Mit dieser Auflage soll sichergestellt werden, dass im Pilotprojekt Anmeldungen aus vielen verschiedenen Gebieten der Technik bearbeitet werden.
d) Die Haupt-ISA darf nicht zu der Auffassung gelangt sein, dass die Bearbeitung der Anmeldung aus einem bestimmten Grund (z. B. Mängel in der Anmeldung, Fehlen eines dem WIPO-Standard ST.25 entsprechenden Sequenzprotokolls im Textformat) innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens nicht möglich ist.
IV. Zeitlicher Ablauf
21. Das Pilotprojekt gliedert sich in zwei Phasen: eine Vorbereitungsphase und eine operative Phase. Die Vorbereitungsphase läuft seit dem 2. Juni 2016 und umfasste die administrativen und praktischen Vorbereitungen, die für einen reibungslosen Projektablauf erforderlich waren. Die operative Phase beginnt am 1. Juli 2018 und läuft bis 1. Juni 2021. In dieser Phase werden die Anmeldungen in Zusammenarbeit bearbeitet und für Bewertungszwecke überwacht, und das Ergebnis des Pilotprojekts wird ausgewertet. Außerdem wird in dieser Phase geprüft, wie sich die Zusammenarbeit auf die anschließende nationale/regionale Phase auswirkt.