EUROPÄISCHES PATENTAMT
Mitteilungen des EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 23. Juli 2020 über das Pilotprojekt zur Zustellung per E-Mail im Prüfungsverfahren gemäß Beschluss des Vizepräsidenten Generaldirektion Rechtsfragen und internationale Angelegenheiten (Generaldirektion 5) des Europäischen Patentamts vom 23. Juli 2020
Seit 2012 bietet das EPA Nutzern zunehmend die Möglichkeit, unter bestimmten Umständen Schriftstücke per E-Mail einzureichen.1 Um mit den Anmeldern in der kritischen Phase des Erteilungsverfahrens unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung wirkungsvoller kommunizieren zu können und um den Papierverbrauch zu reduzieren, hat das EPA ein Pilotprojekt beschlossen, in dessen Rahmen Prüfungsabteilungen wichtige Informationen über mündliche Verhandlungen per E-Mail zustellen können (siehe Beschluss des Vizepräsidenten Generaldirektion Rechtsfragen und internationale Angelegenheiten (Generaldirektion 5) des Europäischen Patentamts vom 23. Juli 2020). Mit diesem Pilotprojekt soll in erster Linie getestet werden, ob sich die Nutzung von E-Mail statt Fax in diesen Fällen eignet und zuverlässig ist.
Diese Mitteilung enthält nähere Informationen über das Pilotprojekt.
1. Umfang des Pilotprojekts
Das Pilotprojekt beschränkt sich auf Bescheide und Mitteilungen, durch die keine Frist in Lauf gesetzt wird. Diese Bescheide oder Mitteilungen ergehen normalerweise, um Anmeldern eine Entscheidung der Prüfungsabteilung über die Beibehaltung, Terminverlegung oder Absage der mündlichen Verhandlung nebst Begründung (d. h. Formblatt 2008A und ggf. Formblatt 2906) mitzuteilen oder die vorläufige Beurteilung von Schriftsätzen zu übermitteln, die bis zu dem nach Regel 116 (1) EPÜ festgelegten Datum eingereicht wurden.
Die Anmelder erhalten ihrerseits die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen (siehe Nr. 3 dieser Mitteilung) auf derartige Bescheide oder Mitteilungen per E-Mail zu erwidern.
2. Rahmen für die Zustellung per E-Mail
Die Einwilligung des Anmelders in den Erhalt von Bescheiden oder Mitteilungen per E-Mail ist eine wesentliche Voraussetzung für eine Zustellung in dieser Form. Die am Pilotprojekt teilnehmenden Prüfungsabteilungen ersuchen deshalb den Anmelder entweder in der Anlage zur Ladung zur mündlichen Verhandlung oder in einer eigenen Mitteilung um diese Einwilligung.
Um in die Teilnahme am Pilotprojekt und damit die Zustellung per E-Mail einzuwilligen, muss der Anmelder lediglich dem EPA eine E-Mail-Adresse mitteilen, an die er Bescheide oder Mitteilungen im Rahmen des Pilotprojekts zugestellt bekommen möchte (nachstehend "Haupt-E-Mail-Adresse"). Diese Haupt-E-Mail-Adresse muss spätestens zu dem Zeitpunkt mitgeteilt werden, bis zu dem nach Regel 116 (1) EPÜ Schriftsätze eingereicht werden können. Das EPA kann nicht garantieren, dass eine nach diesem Datum angegebene E-Mail-Adresse rechtzeitig berücksichtigt wird. Neben der Haupt-E-Mail-Adresse kann der Anmelder auch eine zweite E-Mail-Adresse angeben, z. B. die des für die Anmeldung zuständigen Mitarbeiters oder Vertreters, an die das EPA den Bescheid oder die Mitteilung als Serviceleistung gleichzeitig in Kopie übermittelt.
Die per E-Mail zugestellten Bescheide und Mitteilungen werden von einem zentralen E-Mail-Konto (nachstehend "zentrales E-Mail-Konto") versandt; dieses wird von der teilnehmenden Direktion verwaltet, der die betreffende Prüfungsabteilung angehört. Der Versand erfolgt als Anhang im PDF-Format. Wurden Schriftsätze nach Regel 116 EPÜ eingereicht und hält die Prüfungsabteilung es für angebracht, dem Anmelder vor der mündlichen Verhandlung ihre vorläufige Beurteilung dieser Schriftsätze einschließlich etwaiger Angaben zu neuem einschlägigem Stand der Technik zu übermitteln, wird eine Kopie der betreffenden Dokumente im PDF-Format an die E-Mail angehängt.
Das EPA prüft, ob die vom Anmelder angegebene Haupt-E-Mail-Adresse ordnungsgemäß funktioniert, bevor es Bescheide oder Mitteilungen per E-Mail im Rahmen des Pilotprojekts versendet.
Die Anmelder sind aufgefordert, den Empfang von Bescheiden oder Mitteilungen, die die Prüfungsabteilung per E-Mail zugestellt hat, unverzüglich durch Beantwortung dieser E-Mail zu bestätigen. Die in den meisten E-Mail-Anwendungen angebotene Funktion "Zustellbestätigung anfordern" gilt nicht als zuverlässig, da die Empfängerorganisation die Ausgabe eines Zustellberichts oft nicht zulässt. Geht innerhalb von 24 Stunden nach dem E-Mail-Versand keine Empfangsbestätigung ein, kontaktiert die Prüfungsabteilung den Anmelder. Es wird kein Mechanismus eingerichtet, um den Empfang an der zweiten E-Mail-Adresse zu überprüfen.
Die Übermittlung von Bescheiden oder Mitteilungen per E-Mail im Rahmen des Pilotprojekts hat die Wirkung einer Zustellung durch Einrichtungen zur elektronischen Nachrichtenübermittlung nach Regel 127 EPÜ. Es werden keine Papierexemplare parallel zugestellt. Zur Ausräumung von Zweifeln im Sinne der Regel 127 (2) zweiter Halbsatz EPÜ wird der gesamte Inhalt der E-Mail einschließlich der Haupt-E-Mail-Adresse in der öffentlichen Akte zur Einsicht zugänglich gemacht.
3. Bedingungen für Schriftsätze, die vom Anmelder per E-Mail eingereicht werden
Schriftsätze per E-Mail in Erwiderung auf Bescheide oder Mitteilungen, die von der Prüfungsabteilung per E-Mail zugestellt wurden, haben nur dann rechtliche Wirkung, wenn sie an das zentrale E-Mail-Konto gesendet werden.
Das EPA bestätigt den Eingang unverzüglich mittels einer Empfangsbestätigung per E-Mail. Geht diese Empfangsbestätigung beim Anmelder nicht innerhalb eines Arbeitstages ein oder stellt er fest, dass die von ihm per E-Mail eingereichten Schriftsätze nicht in die öffentliche Akte hochgeladen wurden, kann er sich über das auf der EPA-Website verfügbare Online-Kontaktformular bei der Kundenbetreuung erkundigen, ob das EPA seine E-Mail erhalten hat.
Die Erfordernisse für die Unterzeichnung und das Format von per E-Mail eingereichten Unterlagen, die im Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 13. Mai 2020 über die Einreichung von Unterlagen bei telefonischen Rücksprachen und als Videokonferenz durchgeführten Rücksprachen und mündlichen Verhandlungen (ABl. EPA 2020, A71) festgelegt sind, gelten entsprechend. Insbesondere bei nicht lesbaren oder unvollständigen Anlagen fordert das EPA den Anmelder unverzüglich per E-Mail auf, den Mangel zu beheben.
Das EPA bemüht sich sicherzustellen, dass E-Mails, die von den vom Anmelder angegebenen Adressen abgeschickt werden, nur dann von Spam- oder Malware-Filtern abgefangen werden, wenn sie mit einem Computervirus infiziert sind oder andere schädliche Software enthalten.
Der gesamte im Rahmen des Pilotprojekts per E-Mail geführte Schriftverkehr wird als solcher in die Akte aufgenommen und der Öffentlichkeit zur Einsicht zugänglich gemacht.
4. Dauer des Pilotprojekts und weitere Schritte
Das Pilotprojekt beginnt am 1. September 2020 und läuft für ein Jahr. Sein Umfang kann während dieser Laufzeit jederzeit geändert oder eingeschränkt werden. Das Pilotprojekt kann auch verlängert oder eingestellt werden. Am Ende der Pilotphase wird das EPA die gesammelten Erfahrungen auswerten und entscheiden, ob und wie die Zustellung per E-Mail vollständig umgesetzt werden soll.
1 Siehe Mitteilung vom 12. September 2000 zur Korrespondenz mit dem Amt via E-Mail (ABl. EPA 2000, 458) und Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 20. April 2012 über die Einreichung von Unterlagen per E-Mail bei der Durchführung von Rücksprachen und mündlichen Verhandlungen als Videokonferenz (ABl. EPA 2012, 348), später ersetzt durch den Beschluss des Präsidenten des Europäischen Patentamts vom 13. Mai 2020 über die Einreichung von Unterlagen bei telefonischen Rücksprachen und als Videokonferenz durchgeführten Rücksprachen und mündlichen Verhandlungen (ABl. EPA 2020, A71).