N. BESONDERE ÜBEREINKOMMEN
N.1 Londoner Übereinkommen
Übereinkommen vom 17. Oktober 2000 über die Anwendung des Artikels 65 EPÜ
Bei dem am 17. Oktober 2000 in London abgeschlossenen Übereinkommen über die Anwendung von Artikel 65 EPÜ geht es um die Schaffung sachgerechter Übersetzungserfordernisse für europäische Patente. Das Übereinkommen ist Ergebnis der von der französischen Regierungskonferenz 19991 initiierten Arbeiten zur Kostensenkung im europäischen Patentwesen.
Mit dem nachstehend wiedergegebenen Übereinkommen verpflichten sich die Vertragsparteien, auf die Einreichung von Übersetzungen europäischer Patente in ihrer Landessprache ganz oder weitgehend zu verzichten. Für die Praxis bedeutet dies, dass Inhaber europäischer Patente künftig keine Übersetzung der europäischen Patentschrift vorlegen müssen, wenn das Patent für dem Londoner Übereinkommen angehörende EPÜ-Vertragsstaaten erteilt ist, in denen eine der EPA-Sprachen Amtssprache ist. Wo dies nicht der Fall ist, muss der Anmelder eine vollständige Übersetzung der Patentschrift in die Landessprache nur vorlegen, wenn das Patent nicht in der von dem betreffenden Staat bestimmten EPA-Sprache vorliegt. Wegen der Einzelheiten wird auf Artikel 1 und 2 des Übereinkommens verwiesen. Damit ist ein Durchbruch in der Sprachenfrage erzielt worden, der das europäische Patent künftig deutlich kostengünstiger machen wird.
10 Vertragsstaaten haben das Übereinkommen unterzeichnet2. Für sein Inkrafttreten ist die Ratifikation durch mindestens 8 Vertragsstaaten erforderlich, darunter die drei Staaten, in denen 1999 die meisten europäischen Patente wirksam geworden sind3 (Artikel 6 des Übereinkommens).
ÜBEREINKOMMEN ÜBER DIE ANWENDUNG DES ARTIKELS 65 DES ÜBEREINKOMMENS ÜBER DIE ERTEILUNG EUROPÄISCHER PATENTE
Die Vertragsstaaten dieses Übereinkommens
IN IHRER EIGENSCHAFT als Vertragsstaaten des Übereinkommens vom 5. Oktober 1973 über die Erteilung europäischer Patente (Europäisches Patentübereinkommen),
IN BEKRÄFTIGUNG ihres Bestrebens, die Zusammenarbeit zwischen den europäischen Staaten auf dem Gebiet des Schutzes der Erfindungen zu verstärken,
GESTÜTZT AUF Artikel 65 des Europäischen Patentübereinkommens,
IN ANERKENNUNG der Bedeutung des Ziels, die im Zusammenhang mit der Übersetzung europäischer Patente entstehenden Kosten zu senken,
UNTER HINWEIS auf die Notwendigkeit, dieses Ziel umfassend zu verfolgen,
ENTSCHLOSSEN, wirksam zu einer solchen Kostensenkung beizutragen
SIND WIE FOLGT ÜBEREINGEKOMMEN:
Artikel 1
Verzicht auf Übersetzungserfordernisse
(1) Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens, der eine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des Europäischen Patentamts gemein hat, verzichtet auf die in Artikel 65 Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens vorgesehenen Übersetzungserfordernisse.
(2) Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens, der keine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des Europäischen Patentamts gemein hat, verzichtet auf die in Artikel 65 Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens vorgesehenen Übersetzungserfordernisse, wenn das europäische Patent in der von diesem Staat vorgeschriebenen Amtssprache des Europäischen Patentamts erteilt oder in diese Sprache übersetzt und nach Maßgabe des Artikels 65 Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens eingereicht worden ist.
(3) Die in Absatz 2 genannten Staaten behalten das Recht zu verlangen, dass eine Übersetzung der Patentansprüche in eine ihrer Amtssprachen nach Maßgabe des Artikels 65 Absatz 1 des Europäischen Patentübereinkommens eingereicht wird.
(4) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als schränke es das Recht der Vertragsstaaten dieses Übereinkommens ein, auf ein Übersetzungserfordernis ganz zu verzichten oder großzügigere Übersetzungserfordernisse festzulegen, als sie in den Absätzen 2 und 3 angeführt sind.
Artikel 2
Übersetzungen im Fall von Streitigkeiten
Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen, als schränke es das Recht der Vertragsstaaten dieses Übereinkommens ein, den Patentinhaber im Fall von Streitigkeiten über ein europäisches Patent zu verpflichten, auf eigene Kosten
a) auf Antrag eines vermeintlichen Patentverletzers eine vollständige Übersetzung in eine Amtssprache des Staates vorzulegen, in dem die vermeintliche Patentverletzung stattgefunden hat,
b) auf Verlangen des zuständigen Gerichts oder einer gerichtsähnlichen Behörde im Rahmen eines Verfahrens eine vollständige Übersetzung in eine Amtssprache des betreffenden Staates vorzulegen.
Artikel 3
Unterzeichnung - Ratifikation
(1) Dieses Übereinkommen liegt für die Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens bis zum 30. Juni 2001 zur Unterzeichnung auf.
(2) Dieses Übereinkommen bedarf der Ratifikation. Die Ratifikationsurkunden werden bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland hinterlegt.
Artikel 4
Beitritt
Dieses Übereinkommen steht nach Ablauf der Unterzeichnungsfrist nach Artikel 3 Absatz 1 den Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens und den Staaten zum Beitritt offen, die zum Beitritt zu jenem Übereinkommen berechtigt sind. Die Beitrittsurkunden werden bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland hinterlegt.
Artikel 5
Ausschluss von Vorbehalten
Kein Vertragsstaat kann Vorbehalte zu diesem Übereinkommen machen.
Artikel 6
Inkrafttreten
(1) Dieses Übereinkommen tritt am ersten Tag des vierten Monats nach Hinterlegung der letzten Ratifikations- oder Beitrittsurkunde von acht Vertragsstaaten des Europäischen Patentübereinkommens einschließlich der drei Staaten, in denen 1999 die meisten europäischen Patente wirksam wurden, in Kraft.
(2) Jede Ratifikation oder jeder Beitritt nach Inkrafttreten dieses Übereinkommens wird am ersten Tag des vierten Monats nach der Hinterlegung der Ratifikations- oder Beitrittsurkunde wirksam.
Artikel 7
Geltungsdauer des Übereinkommens
Dieses Übereinkommen wird auf unbegrenzte Zeit geschlossen.
Artikel 8
Kündigung
Jeder Vertragsstaat dieses Übereinkommens kann es jederzeit kündigen, nachdem es drei Jahre in Kraft war. Die Kündigung wird der Regierung der Bundesrepublik Deutschland notifiziert. Sie wird ein Jahr nach dem Tag der Notifikation wirksam. Vor dem Wirksamwerden der Kündigung erworbene Rechte werden davon nicht berührt.
Artikel 9
Anwendungsbereich
Dieses Übereinkommen gilt für europäische Patente, für die der Hinweis auf die Erteilung nach dem Inkrafttreten des Übereinkommens für den betreffenden Staat im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht worden ist.
Artikel 10
Sprachen des Übereinkommens
Dieses Übereinkommen ist in einer Urschrift in deutscher, englischer und französischer Sprache abgefasst, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, und wird bei der Regierung der Bundesrepublik Deutschland hinterlegt.
Artikel 11
Übermittlungen und Notifikationen
(1) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland stellt beglaubigte Abschriften des Übereinkommens her und übermittelt sie den Regierungen aller anderen Staaten, die das Übereinkommen unterzeichnet haben oder ihm beigetreten sind.
(2) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland notifiziert den in Absatz 1 genannten Regierungen
a) jede Unterzeichnung,
b) die Hinterlegung jeder Ratifikations- oder Beitrittsurkunde,
c) den Zeitpunkt des lnkrafttretens dieses Übereinkommens,
d) jede Kündigung nach Artikel 8 und den Zeitpunkt ihres Wirksamwerdens.
3) Die Regierung der Bundesrepublik Deutschland lässt dieses Übereinkommen beim Sekretariat der Vereinten Nationen registrieren.
ZU URKUND DESSEN haben die hierzu ernannten Bevollmächtigten nach Vorlage ihrer in guter und gehöriger Form befundenen Vollmachten dieses Übereinkommen unterschrieben.
Geschehen zu London am 17. Oktober 2000 in einer Urschrift in deutscher, englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist.
1 Vgl. ABl. EPA 1999, 545.
2 Dänemark, Deutschland, Frankreich, Liechtenstein, Luxemburg, Monaco, Niederlande, Schweden, Schweiz, Vereinigtes Königreich.
3 Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich.