Auswirkungen des Europäischen Patentübereinkommens auf das nationale Recht
Seit 1. Juli 2009 ist San Marino Vertragsstaat des EPÜ. Vorschriften zur Anpassung des nationalen Patentrechts an das EPÜ und zur Durchführung des EPÜ sind in der Gesetzesverordnung Nr. 76 vom 22. Juni 2009 ("Vorschriften für die Durchführung des Europäischen Patentübereinkommens") und in der konsolidierten Fassung des Gesetzes über das gewerbliche Eigentum (Gesetz Nr. 79 vom 25. Mai 2005, zuletzt geändert durch das Gesetz vom 20. Juli 2005) enthalten. Weitere Änderungen an den nationalen Vorschriften über das Funktionieren des EPÜ-Systems erfolgten 2010 durch die Delegierte Verordnung Nr. 78 vom 20. April 2010 ("Gebühren für Patente, Marken und Muster").
A. Nationale Rechtsgrundlagen
1. Gesetz Nr. 79 vom 25. Mai 2005 (konsolidierte Fassung des Gesetzes über das gewerbliche Eigentum), veröffentlicht im Amtsblatt 2005, Nr. 5, Teil 2 (nachfolgend PatG genannt)
2. Gesetz Nr. 114 vom 20. Juli 2005 (Änderungen zum Gesetz Nr. 79 vom 25. Mai 2005), veröffentlicht im Amtsblatt 2005, Nr. 7, Teil 1 (nachfolgend Gesetz Nr. 114/2005 genannt)
3. Delegierte Verordnung Nr. 78 vom 20. April 2010 (Gebühren für Patente, Marken und Muster), veröffentlicht im Amtsblatt 2010, Nr. 4 (nachfolgend GebV genannt)
4. Gesetzesverordnung Nr. 76 vom 22. Juni 2009 (Vorschriften für die Durchführung des Europäischen Patentübereinkommens), veröffentlicht im Amtsblatt 2009, Nr. 3 (nachfolgend GesV Nr. 76/2009 genannt)
B. Durchführung des EPÜ in San Marino
Nachstehend sind die wichtigsten Bestimmungen über die Durchführung des EPÜ in San Marino zusammengefasst.
Die Übersicht ist nach demselben Schema aufgebaut wie die vom EPA herausgegebene Informationsbroschüre "Nationales Recht zum EPÜ".
I. Einreichung europäischer Patentanmeldungen (Artikel 75 EPÜ, Artikel 3 GesV Nr. 76/2009)
Europäische Patentanmeldungen mit Ausnahme europäischer Teilanmeldungen können beim EPA oder beim Staatsamt für Marken und Patente (USBM) der Republik San Marino eingereicht werden:
Ufficio di Stato Brevetti e Marchi (USBM)
Repubblica di San Marino
Via 28 Luglio, 196
47893 Borgo Maggiore B4
Rep. San Marino
Tel. +378 88 29 82
Fax +378 88 38 56
Europäische Patentanmeldungen können beim USBM in jeder der Sprachen nach Artikel 14 (2) EPÜ eingereicht werden. Die Einreichung per Fax ist zulässig.
II. A. Rechte aus der europäischen Patentanmeldung nach Veröffentlichung (Artikel 67 und 93 EPÜ, Artikel 4 (2) GesV Nr. 76/2009, Artikel 21 (7) PatG)
Nach Artikel 4 (2) GesV Nr. 76/2009 gewährt eine veröffentlichte europäische Patentanmeldung, in der die Republik San Marino benannt ist, dem Anmelder den einstweiligen Schutz, der auch für nationale Patentanmeldungen gemäß Artikel 21 (7) PatG vorgesehen ist - d. h. dieselben Rechte wie aus einem nationalen Patent (Anspruch auf Unterlassung der Verletzung, Beseitigung ihrer Folgen, Herausgabe der ungerechtfertigt erlangten Vorteile und Schadensersatz nach Artikel 118 und 121 PatG) -, sobald der Anmelder dem angeblichen Verletzer eine italienische Übersetzung der veröffentlichten Ansprüche übermittelt hat.
II. B. Übersetzungen zur Erlangung vorläufigen Schutzes (Artikel 67 (3) und 70 (4) b) EPÜ, Artikel 4 (2) und 6 (5) GesV Nr. 76/2009)
Es ist eine italienische Übersetzung der Patentansprüche zu erstellen und dem angeblichen Verletzer zuzuleiten.
Der Anmelder oder Inhaber eines europäischen Patents kann die Übersetzung jederzeit berichtigen und diese dem angeblichen Verletzer übermitteln. Bei der Berichtigung einer Übersetzung sieht Artikel 6 (5) der GesV Nr. 76/2009 für Rechte von Vorbenutzern Absicherungen vor, die den in Artikel 70 (4) b) EPÜ genannten entsprechen.
III. Übersetzungserfordernisse nach Erteilung (Artikel 65 EPÜ, Artikel 5 GesV Nr. 76/2009, GebV Tabelle 1)
Ein europäisches Patent wird in der Republik San Marino nur dann wirksam, wenn der Patentinhaber innerhalb von sechs Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem der Hinweis auf die Erteilung im Europäischen Patentblatt bekannt gemacht worden ist, beim USBM eine italienische Übersetzung der Beschreibung und der Ansprüche des Patents in der vom EPA erteilten Fassung einreicht (Artikel 5 (2) GesV Nr. 76/2009).
Wird das europäische Patent infolge eines beim EPA eingelegten Einspruchs oder Antrags auf Beschränkung in geänderter Fassung aufrechterhalten, so hat der Patentinhaber innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung der Entscheidung des EPA beim USBM eine italienische Übersetzung der geänderten Ansprüche einzureichen (Artikel 5 (4) GesV Nr. 76/2009).
Die Übersetzung ist vom zugelassenen Vertreter zu unterzeichnen und muss eine vom Patentinhaber oder vom Vertreter unterzeichnete Erklärung enthalten, dass die Übersetzung mit dem Original übereinstimmt (Artikel 5 (2) GesV Nr. 76/2009).
Unterlagen, die den Formerfordernissen der Regel 49 (2) bis (12) EPÜ entsprechen, werden angenommen.
Die Übersetzung (bestehend aus der Bezeichnung der Erfindung, der Beschreibung, etwaigen Zeichnungen und den Patentansprüchen) ist in vierfacher Ausfertigung unter Entrichtung der Gebühr für die Veröffentlichung der Übersetzung einzureichen. Laut GebV Tabelle 1 hat der Patentinhaber 100 EUR sowie 15 EUR für die 21. und jede weitere Seite der Übersetzung zu entrichten. Der Gesamtbetrag ist innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt zu entrichten, an dem der Hinweis auf die Erteilung des europäischen Patents im Europäischen Patentblatt veröffentlicht wird. Das USBM stellt die Übersetzung zur Einsichtnahme in seinem Lesesaal bereit und macht einen Hinweis auf die Übersetzung im Amtsblatt bekannt (Artikel 5 (5) GesV Nr. 76/2009).
Der Patentinhaber kann jederzeit unter Entrichtung der genannten Veröffentlichungsgebühr eine berichtigte Übersetzung (in zweifacher Ausfertigung) einreichen (Artikel 5 (4) GesV Nr. 76/2009).
Anmelder ohne Wohnsitz oder Sitz in der Republik San Marino müssen einen zugelassenen Vertreter bestellen, der in die vom USBM geführte Liste von Vertretern eingetragen ist. Eine Zustellanschrift in der Republik San Marino ist anzugeben (Artikel 92 PatG in der durch das Gesetz Nr. 114/2005 geänderten Fassung, Artikel 8 GesV Nr. 76/2009).
Wird beim USBM keine italienische Übersetzung der Beschreibung und der Patentansprüche eingereicht oder wird die vorgeschriebene Veröffentlichungsgebühr nicht entrichtet, so gelten die Wirkungen des Patents in der Republik San Marino als von Anfang an nicht eingetreten (Artikel 5 (6) GesV Nr. 76/2009).
IV. Verbindliche Fassung einer europäischen Patentanmeldung oder eines europäischen Patents (Artikel 70 EPÜ, Artikel 6 GesV Nr. 76/2009)
Die Übersetzung stellt die verbindliche Fassung einer europäischen Patentanmeldung oder eines europäischen Patents dar, falls ihr Schutzbereich enger ist als der Schutzbereich in der Verfahrenssprache (Artikel 6 (2) GesV Nr. 76/2009); dies gilt jedoch nicht für das Nichtigkeitsverfahren (Artikel 6 (3) GesV Nr. 76/2009).
Der Anmelder oder Inhaber eines europäischen Patents kann jederzeit eine berichtigte Übersetzung (in zweifacher Ausfertigung) einreichen. Die berichtigte Übersetzung ist Dritten gegenüber ab dem Zeitpunkt wirksam, an dem sie vom USBM öffentlich zugänglich gemacht oder an dem sie dem angeblichen Verletzer zugestellt worden ist (Artikel 6 (4) GesV Nr. 76/2009). Bei Berichtigung einer Übersetzung sieht Artikel 6 (5) GesV Nr. 76/2009 für die Rechte von Vorbenutzern Absicherungen vor, die den in Artikel 70 (4) b) EPÜ genannten entsprechen.
V. Zahlung von Jahresgebühren für europäische Patente (Artikel 141 EPÜ, Artikel 33 (3) PatG, Artikel 7 GesV Nr. 76/2009, GebV Tabelle 1)
Jahresgebühren für europäische Patente, die in der Republik San Marino Schutz beanspruchen, sind beim USBM für jedes Patentjahr nach dem Jahr zu entrichten, in dem das EPA den Hinweis auf die Erteilung des europäischen Patents bekannt macht. Jedes Patentjahr beginnt am dem Anmeldetag entsprechenden Tag. Die Jahresgebühren für jedes weitere Patentjahr sind am letzten Tag des Monats fällig, in dem das vorhergehende Patentjahr abläuft (Artikel 33 (3) PatG).
Bei Versäumnis der oben genannten Frist versendet das USBM eine Zahlungsaufforderung, und die Jahresgebühren können auch noch innerhalb einer Nachfrist von sechs Monaten ab dem Fälligkeitstag entrichtet werden, sofern gleichzeitig ein Zuschlag in Höhe von 25 % der ausstehenden Gebühr bezahlt wird. Wird eine Jahresgebühr nicht innerhalb der Nachfrist entrichtet, so setzt das USBM den Patentinhaber davon in Kenntnis und trägt diese Tatsache in das Patentregister ein, mit dem Hinweis, dass das Patent wegen Nichtentrichtung der Jahresgebühr erloschen ist. Dieser Hinweis auf das Erlöschen des Patents wird anschließend im Amtsblatt veröffentlicht (Artikel 33 (3) PatG).
Der Patentinhaber kann für die oben genannten Fristen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen, sofern er diesen Antrag innerhalb von zwei Monaten nach der Mitteilung des USBM über den Ablauf der Frist, spätestens jedoch innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf der versäumten Frist stellt (Artikel 89 (2) PatG).
Anmelder ohne Wohnsitz oder Sitz in der Republik San Marino müssen einen zugelassenen Vertreter bestellen, der in die vom USBM geführte Liste von Vertretern eingetragen ist. Eine Zustellanschrift in der Republik San Marino ist anzugeben (Artikel 92 PatG in der durch das Gesetz Nr. 114/2005 geänderten Fassung, Artikel 8 GesV Nr. 76/2009).
Derzeit gelten folgende Jahresgebührensätze (GebV Tabelle 1):
Jahr | EUR |
---|---|
4. |
70 |
5. |
70 |
6. |
70 |
7. |
70 |
8. |
140 |
9. |
140 |
10. |
140 |
11. |
140 |
12. |
270 |
13. |
270 |
14. |
270 |
15. |
270 |
16. |
400 |
17. |
460 |
18. |
530 |
19. |
600 |
20. |
650 |
zuzüglich etwaiger Bankgebühren
VI. Umwandlung europäischer Patentanmeldungen in nationale Patentanmeldungen (Artikel 135 und 137 EPÜ, Artikel 9 GesV Nr. 76/2009, GebV Tabelle 1)
Nach san-marinesischem Recht erfolgt eine Umwandlung in eine nationale Patentanmeldung, wenn die Frist nach Artikel 14 (2) EPÜ in Verbindung mit Regel 6 (1) EPÜ nicht eingehalten wird oder wenn die europäische Patentanmeldung nach Artikel 77 (3) EPÜ als zurückgenommen gilt. Der Anmelder muss innerhalb von zwei Monaten ab Zustellung der Aufforderung des USBM die Anmeldegebühr entrichten, eine Zustellanschrift in San Marino angeben (falls noch nicht erfolgt) und eine italienische Übersetzung der europäischen Patentanmeldung einreichen, und zwar der ursprünglichen Fassung der Anmeldung und gegebenenfalls der im Verfahren vor dem EPA geänderten Fassung.
Anmelder ohne Wohnsitz oder Sitz in der Republik San Marino müssen für diese Verfahrenshandlungen einen zugelassenen Vertreter bestellen, der in die vom USBM geführte Liste von Vertretern eingetragen ist. Eine Zustellanschrift in der Republik San Marino ist anzugeben (Artikel 92 PatG in der durch das Gesetz Nr. 114/2005 geänderten Fassung, Artikel 8 GesV Nr. 76/2009).
VII. Zahlung von Gebühren (GebV)
Alle Gebührenzahlungen können per Überweisung oder Einzahlung auf ein Girokonto vorgenommen werden.
Das USBM unterhält drei solche Konten:
(1) Banca di San Marino – Agenzia Città 1
Kontonr. 5500419
IBAN: SM91 R 08540 09804 000550041910
SWIFT: ICRAITRR
(2) BANCA AGRICOLA COMMERCIALE – Filiale Tavolucci
Kontonr. 703262
IBAN: SM95 C030 3409 809 000020703262
SWIFT: BASMSMSMAEIBDEFX
(3) Girokonto (CCP) Nr. 11751294
IBAN: IT87 I 07601 13200 000011751294
SWIFT: BPPIITRRXXX
Im Fall einer Überweisung gilt die Zahlung an dem Tag als bewirkt, an dem der Betrag auf dem betreffenden Konto gutgeschrieben wird. Im Fall der Einzahlung auf das Konto ist der maßgebliche Zahlungstag das Datum des Tagesstempels der Post auf dem Zahlschein.
Die Gebühren können auch bar beim USBM entrichtet werden; als maßgeblicher Zahlungstag gilt in diesem Fall das Datum des Tagesstempels auf dem beim USBM eingereichten Zahlschein. Außerdem ist auch die Zahlung per Postanweisung möglich; hier ist der maßgebliche Zahlungstag das Datum des Tagesstempels der Post (eines italienischen Postamts) auf der Postanweisung.
VIII. Eintragung von Rechtsübergängen, Lizenzen und anderen Rechten an europäischen Patenten in das nationale Patentregister (Artikel 93 und 94 PatG, GebV Tabelle 4)
Um Rechtsübergänge oder Lizenzen in Bezug auf europäische Patente eintragen zu lassen, muss der Beteiligte die Urkunde, aus der sich der Rechtsübergang ergibt, bzw. den Lizenzvertrag (Original oder ordnungsgemäß beglaubigte Abschrift) beim Registeramt von San Marino einreichen und eine Stempelgebühr sowie eine Registrierungsgebühr entrichten.
Danach muss der Beteiligte beim USBM einen schriftlichen Antrag einreichen und das Schriftstück vorlegen, auf dessen Grundlage das USBM über eine Eintragung in sein Register entscheiden kann (Artikel 93 und 94 PatG). Für den Antrag brauchen die Anmelder kein spezielles Formblatt zu verwenden. Es ist jedoch eine spezielle Gebühr in Höhe von 120 EUR (GebV Tabelle 4) zu entrichten. Außerdem müssen alle ausländischen Unterlagen mit einer Apostille nach dem Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 versehen sein und mit einer von einem beeidigten Übersetzer bestätigten Übersetzung eingereicht werden.
Anmelder ohne Wohnsitz oder Sitz im Hoheitsgebiet von San Marino können Handlungen vor dem USBM nur durch einen zugelassenen Vertreter vornehmen, der in die vom USBM geführte Liste von Vertretern eingetragen ist. Eine Zustellanschrift in der Republik San Marino ist anzugeben (Artikel 92 PatG in der durch das Gesetz Nr. 114/2005 geänderten Fassung, Artikel 8 GesV Nr. 76/2009).
Folgende Einträge und Angaben werden vom USBM im Register erfasst: Rechtsübergänge durch Rechtsgeschäft oder kraft Gesetzes und Lizenzen. Die Eintragung von Rechtsübergängen und Lizenzen hat gegenüber Dritten deklaratorische Wirkung.
Ein vom EPA nach Regel 85 EPÜ eingetragener Rechtsübergang wird nicht anerkannt.
IX. Verschiedenes
1. Doppelschutz (Artikel 139 (3) und 140 EPÜ)
Der Doppelschutz durch nationale Patente nach Artikel 139 (3) EPÜ ist ausgeschlossen. Insoweit es dieselbe Erfindung schützt, wird das nationale Patent an dem Tag unwirksam, an dem
a) die Frist für die Einlegung eines Einspruchs gegen das europäische Patent abgelaufen ist, ohne dass ein Einspruch eingelegt wurde;
b) das Einspruchsverfahren mit der Entscheidung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents abgeschlossen wird.
2. Räumlicher Anwendungsbereich des EPÜ (Artikel 168 EPÜ)
Das EPÜ gilt im Hoheitsgebiet der Republik San Marino.
C. Andere internationale Verträge
San Marino ist seit 4. März 1960 Verbandsland der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums und seit 26. Juni 1991 an die Stockholmer Fassung dieser Übereinkunft gebunden.
Am 26. Juni 1991 ist San Marino dem Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum beigetreten.
Der Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens ist für San Marino am 14. Dezember 2004 in Kraft getreten.
Schließlich hat San Marino am 10. Oktober 2000 das Patentrechtsabkommen unterzeichnet.