MITTEILUNGEN DES EPA
Mitteilung des Europäischen Patentamts vom 22. Dezember 2004 über die Einführung der elektronischen Veröffentlichung europäischer Patentanmeldungen (A-Schriften) und europäischer Patentschriften (B-Schriften) sowie über die Änderung der Regeln 51 (4), 54 und 108 EPÜ
Mit Beschluß vom 9. Dezember 20041 hat der Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation die Ausführungsordnung zum EPÜ geändert und Änderungen im Verfahren zur Veröffentlichung europäischer Patentdokumente genehmigt.
Diese Mitteilung enthält nähere Angaben zu den Änderungen und den anzuwendenden Übergangsbestimmungen.
I. Elektronische Veröffentlichung
1. Seit Einführung der ESPACE®-Technologie in den 90er Jahren ist die Zahl der pro Patentschrift gedruckten Exemplare stetig und rapide zurückgegangen. Die Patentämter nutzen heutzutage in erster Linie das Internet und magneto-optische Speichermedien, um ihrer Veröffentlichungspflicht nachzukommen.
Seit 1. Januar 2005 verfügt das EPA über einen Veröffentlichungsserver, auf dem jede Woche alle vom Amt veröffentlichten europäischen Patentanmeldungen (EP-A) und europäischen Patentschriften (EP-B) bereitgestellt werden. Die Dokumente sind im SGML/XML- sowie im PDF-Format vollständig herunterladbar.2
Zugänglich ist der Veröffentlichungsserver über ein dediziertes Portal auf der EPA-Homepage oder direkt über:
https://publications.european-patent-office.org
Dieser Dienst ist gebührenfrei.
Es wurde daher beschlossen, die genannten Dokumente nicht mehr in Papierform zu veröffentlichen (siehe Beschluß des Präsidenten des EPA vom 22. Dezember 2004 über die Form der Veröffentlichung von europäischen Patentanmeldungen, europäischen Recherchenberichten und europäischen Patentschriften3). Ab 1. April 2005 erhalten die Anmelder die Patentanmeldung nicht mehr als Papierexemplar. An Patentinhaber wird nur noch dann automatisch eine Abschrift der Patentschrift versandt, wenn die Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ vor dem 1. April 2005 ergangen ist (siehe unten). In diesem Zusammenhang war eine Änderung der Regel 54 EPÜ erforderlich.
Die Abonnements von Papierkopien der kompletten Sammlung oder einzelner IPC-Klassen sind Ende 2004 ausgelaufen.
2. Nach der geltenden Regel 54 (1) EPÜ stellt das EPA dem Patentinhaber die Urkunde über das europäische Patent aus, der als Anlage die Patentschrift beigefügt ist. Nach Einstellung der Papierveröffentlichung werden Patentschriften nicht mehr systematisch in Papierform ausgegeben. Somit wird der Urkunde über ein europäisches Patent keine Patentschrift mehr als Anlage beigefügt.
Nach Regel 54 EPÜ in der geänderten Fassung und dem Beschluß des Präsidenten des EPA vom 22. Dezember 2004 über Inhalt, Form und Verfahren der Übermittlung der Urkunde über das europäische Patent4 wird die Urkunde über das europäische Patent dem Patentinhaber auch künftig in Papierform übermittelt. Gibt es mehrere Patentinhaber, so wird jedem von ihnen eine Urkunde ausgestellt. Auf besonderen Antrag hin erhält jeder Patentinhaber die Urkunde über das europäische Patent zusammen mit einer Kopie der Patentschrift. Dieser Antrag ist gebührenfrei, wenn er innerhalb der Frist nach Regel 51 (4) bzw. Regel 58 (5) oder (6) EPÜ eingereicht wird. Der Patentinhaber kann außerdem beantragen, daß ihm gegen Entrichtung einer Verwaltungsgebühr eine zusätzliche Ausfertigung der Urkunde über das europäische Patent mit beigefügter Patentschrift oder eine beglaubigte Kopie der Patentschrift übermittelt wird. Weitere Kopien der europäischen Patentschrift können auf Antrag und gegen Zahlung der vorgeschriebenen Gebühr von der Dienststelle Wien bezogen werden.
Der neue Text der Urkunde über das europäische Patent weist die Nummer des europäischen Patents aus und nimmt auf die in der Patentschrift beschriebene Erfindung und die darin bezeichneten Vertragsstaaten Bezug. Daran schließen sich Name und Anschrift des Patentinhabers an. Gibt es mehrere Patentinhaber, so werden sie alle namentlich genannt. Der Verweis auf die beigefügte Patentschrift entfällt.
Dasselbe gilt für die Urkunde über das europäische Patent in geänderter Fassung.
3. Die geänderte Regel 54 EPÜ und die diesbezüglichen Beschlüsse des Präsidenten des EPA treten am 1. April 2005 in Kraft. Die neue Regel gilt für alle Patentanmeldungen und Patente, für die bis zu diesem Tag noch keine Mitteilung nach Regel 51 (4) oder 58 (5) EPÜ ergangen ist.
4. Die Anmelder werden darauf hingewiesen, daß die obigen Änderungen keine Auswirkung auf den Zeitpunkt haben, zu dem die technischen Vorbereitungen für die Veröffentlichung der Patentanmeldung (Regel 48 (1) EPÜ) oder der Patentschrift (Regel 53 EPÜ) als abgeschlossen gelten. Sie werden ferner darauf aufmerksam gemacht, daß Änderungen, die nach Abschluß der technischen Vorbereitungen vorgenommen werden (z. B. Rechtsübergänge, Rücknahme von Benennungen), anders als nach dem bisherigen Verfahren nicht mehr von Hand auf der der Urkunde beigefügten Patentschrift vermerkt werden, sondern zur Ausstellung einer korrigierten Titelseite der Patentschrift führen. Dieses neue Verfahren gilt für alle am oder nach dem 1. April 2005 erteilten Patente, unabhängig vom Datum der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ.
II. Änderung der Regel 51 (4) EPÜ
Nach Regel 51 (4) EPÜ in der geänderten Fassung beträgt die in der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ gesetzte Frist für alle Anmeldungen vier Monate und ist nicht verlängerbar.
Gegenwärtig hat der Anmelder vier Monate Zeit, um die in Regel 51 (4) EPÜ genannten Erfordernisse zu erfüllen. Diese Frist kann ohne Angabe von Gründen auf bis zu sechs Monate verlängert werden. Nach Ablauf der sechs Monate kann der Anmelder die Frist im Zuge der Weiterbehandlung nach Artikel 121 EPÜ nochmals verlängern.
Eine lange Frist mag in bestimmten Situationen gerechtfertigt sein, etwa wenn der Anmelder oder Vertreter sich mit Einwänden der Prüfungsabteilung auseinandersetzen und nach Lösungen zur Ausräumung dieser Einwände suchen muß, die unter Umständen Beratungen mit verschiedenen Beteiligten an verschiedenen Orten erforderlich machen. Nach Erlaß der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ ist solch eine lange Frist jedoch nicht erforderlich. Zudem haben in diesem Stadium Dritte, die inzwischen wissen, daß ein Patent erteilt werden kann, ein Interesse daran, möglichst früh zu erfahren, in welchen Staaten dieses Patent validiert wird, und das EPA ist daran interessiert, die Akte zu schließen.
Eine Verkürzung der maximal verfügbaren Frist ist daher gerechtfertigt, denn die genannten Aufgaben können auch kurz nach Erhalt der Mitteilung nach Regel 51 (4) EPÜ erledigt werden.
Da es sich immer noch um eine vom Amt festgesetzte Frist handelt, kann nach wie vor die Weiterbehandlung in Anspruch genommen werden. Wenn ein Anmelder also tatsächlich Probleme hat, die Frist einzuhalten, könnte er immer noch eine Mitteilung über einen Rechtsverlust abwarten und Weiterbehandlung beantragen.
Unter Umständen muß in einigen Fällen innerhalb der Frist nach Regel 51 (4) EPÜ eine Übersetzung der Prioritätsunterlage eingereicht werden. Anmelder sollten die Übersetzung der Prioritätsunterlage jedoch nicht bis zu diesem Verfahrensstadium aufschieben. Geht die Übersetzung der Prioritätsunterlage nicht innerhalb der Frist nach Regel 51 (4) EPÜ ein, so erhält der Anmelder auch weiterhin eine Mitteilung nach Regel 41 (1) EPÜ.
Regel 51 (4) EPÜ in der geänderten Fassung tritt am 1. April 2005 in Kraft und gilt für alle Patentanmeldungen, für die bis zu diesem Tag keine Mitteilung nach der geltenden Regel 51 (4) EPÜ ergangen ist.
III. Änderung der Regel 108 EPÜ
Ziel der Regel 108 EPÜ in der geänderten Fassung ist es, für Euro-PCT-Anmeldungen, die in die europäische Phase eintreten, wieder eine Zweimonatsfrist für die Entrichtung von Benennungsgebühren nebst Zuschlagsgebühr einzuführen, die der Nachfrist gemäß Regel 85a (2) EPÜ entspricht.
Die Benennungsgebühren für Euro-PCT-Anmeldungen, die in die europäische Phase eintreten, sind innerhalb der in Regel 107 (1) d) EPÜ festgelegten Frist zu entrichten. Diese Frist endet entweder 31 Monate nach dem Anmeldetag (bzw., wenn eine Priorität in Anspruch genommen wurde, nach dem Prioritätstag) oder sechs Monate nach dem Tag der Veröffentlichung des internationalen Recherchenberichts, wenn diese Frist später abläuft. Wird innerhalb dieser Frist eine Benennungsgebühr nicht entrichtet oder überhaupt keine Benennungsgebühr entrichtet, so gilt die Benennung bzw. die Anmeldung als zurückgenommen, und der Anmelder erhält gemäß Regel 108 (3) EPÜ eine Mitteilung über den Rechtsverlust. Zahlt der Anmelder innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Mitteilung über den Rechtsverlust die Benennungsgebühren und eine Zuschlagsgebühr, so gilt der Rechtsverlust als nicht eingetreten (siehe Regel 108 (3) EPÜ). Eine Mitteilung über den Rechtsverlust ergeht jedoch nicht, wenn der Anmelder auf sie verzichtet hat. Dies geschieht in der Regel durch eine vorgedruckte Erklärung (EPA Form 1200 - Eintritt in die europäische Phase), und zwar in den Fällen, in denen der Anmelder beabsichtigt, weniger als sieben Benennungsgebühren zu entrichten. Wurde diese Erklärung abgegeben, so kann der Rechtsverlust nicht mehr abgewendet werden, da es hier keine Frist gibt, die der Nachfrist gemäß Regel 85a (2) EPÜ entspricht. Ausgeschlossen sind ferner die Weiterbehandlung und die Wiedereinsetzung in die Frist nach Regel 107 (1) d) EPÜ.
Das bedeutet in der Praxis, daß Anmelder, die nach Abgabe der Erklärung in EPA Form 1200 bis zum Ablauf der jeweiligen Frist weniger als sieben Benennungsgebühren entrichten, keine Gelegenheit haben, innerhalb einer Nachfrist weitere Benennungen hinzuzufügen. Bei europäischen Anmeldungen hingegen ist diese Möglichkeit nach Regel 85a (2) EPÜ gegeben.
Die Gleichbehandlung von europäischen und Euro-PCT-Anmeldungen wird nun durch die Aufnahme eines neuen Absatzes 4 in die Regel 108 EPÜ gewährleistet. Hat der Anmelder auf die Mitteilung eines Rechtsverlusts nach Regel 108 (3) EPÜ verzichtet, so bleibt ihm immer noch eine Frist von zwei Monaten nach Ablauf der Frist gemäß Regel 107 (1) d) EPÜ, innerhalb deren er den Rechtsverlust durch die Entrichtung der Benennungsgebühren und einer Zuschlagsgebühr abwenden kann. Diese Frist entspricht der Nachfrist gemäß Regel 85a (2) EPÜ.
Regel 108 EPÜ in der geänderten Fassung gilt für alle in die europäische Phase eintretenden internationalen Anmeldungen, für die am 1. April 2005 noch nicht alle in Regel 107 (1) d) EPÜ vorgeschriebenen Benennungsgebühren wirksam entrichtet wurden und für die die Frist gemäß dieser Regel noch nicht abgelaufen ist.
2 Siehe jedoch: Beschluß des Präsidenten des EPA vom 9. Juni 2000 über die Veröffentlichung von europäischen Patentanmeldungen (ABl. EPA 2000, 367) und die Mitteilung vom 14. Juni 2000 zum Beschluß des Präsidenten des EPA vom 9. Juni 2000 über die Veröffentlichung von europäischen Patentanmeldungen (ABl. EPA 2000, 368).