INTERNATIONALE VERTRÄGE
Europäische Union
Mitteilung der Kommission vom 5. Februar 1999 an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß - (KOM (1999)42)
Förderung der Innovation durch Patente - Folgemaßnahmen zum Grünbuch über das Gemeinschaftspatent und das Patentschutzsystem in Europa
Zusammenfassung der Vorhaben und Empfehlungen
1. Einführung
1.1 Das Grünbuch über das Gemeinschaftspatent und das Patentschutzsystem in Europa
1.2 Konsultation der interessierten Wirtschaftsbeteiligten und der Organe der Gemeinschaft
1.3 Ziel dieser Mitteilung
2. Das Gemeinschaftspatent
2.1 Die Rolle des Patents im Innovationsprozeß: Neue Prioritäten setzen
2.2 Notwendigkeit eines einheitlichen Patentschutzes
2.3 Die wesentlichen Merkmale des Gemeinschaftspatents
2.4 Vorhaben der Kommission
3. Weitere Harmonisierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften
3.1 Notwendigkeit einer weiteren Harmonisierung des Patentrechts
3.2 Computerprogramme
3.2.1 Schwierigkeiten aufgrund der derzeitigen Rechtslage
3.2.2 Vorhaben der Kommission
3.3 Arbeitnehmererfindungen
3.3.1 Derzeitige Rechtslage
3.3.2 Vorhaben der Kommission
3.4 Formvorschriften
3.5 Patentvertreter und Anerkennung der beruflichen efähigungs nachweise
3.5.1 Derzeitige Rechtslage
3.5.2 Vorhaben der Kommission
3.6 Umfang der Patentschutzansprüche in bestimmten Sektoren
3.7 Zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Anziehungskraft des Patentsystems
3.7.1 Für kleine und mittlere Unternehmen
3.7.2 Rechtsschutzversicherung für Patentrechtsstreitigkeiten
3.7.3 Neuheitsschonfrist
4. Das Europäische Patent
4.1 Allgemeines
4.2 Das Kostenproblem
4.2.1 Die Gebühren
4.2.2 Verteilungsschlüssel für die Verlängerungsgebühren
4.2.3 Übersetzungen
5. Aufgabe der nationalen Patentämter
5.1 Ergebnis der Konsultation
5.2 Vorhaben der Kommission
6. Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft
Zusammenfassung der Vorhaben und Empfehlungen
Prioritäre Vorhaben auf Gemeinschaftsebene
Gemeinschaftspatent: Ausarbeitung eines Verordnungsvorschlags auf der Grundlage von Artikel 235 EG-Vertrag
Patentierbarkeit von Computerprogrammen: Ausarbeitung eines Richtlinienvorschlags auf der Grundlage von Artikel 100 a EG-Vertrag
Patentvertreter: Ausarbeitung einer Mitteilung zu Auslegungsfragen
Nationale Patentämter: Start eines Pilotprojekts zur Unterstützung der Innovationsförderung durch die Patentämter
Rechtsschutzversicherung für Patentrechtsstreitigkeiten: Organisation einer europäischen Konferenz
Europäisches Patentübereinkommen: Einleitung des Verfahrens zum Beitritt der Europäischen Gemeinschaft
Bessere Patentrechtsinformationen für Erfinder, Forscher und KMU: Ausarbeitung einer Mitteilung der Kommission
Mittelfristige Vorhaben auf Gemeinschaftsebene
Arbeitnehmererfindungen: Durchführung einer Studie unter anderem zu Standardklauseln in Arbeitsverträgen und Schiedsverfahren
Patentrecht in Sektoren, in denen für das Inverkehrbringen von Erzeugnissen eine vorherige Genehmigung erforderlich ist: Harmonisierung der Ausnahmeregelungen Empfehlungen
Europäisches Patentamt: Unterstützung der Vorschläge zur Senkung der Verfahrensgebühren
Europäisches Patentamt: Unterstützung der Vorhaben zur Verringerung der Übersetzungskosten für europäische Patente
Mitgliedstaaten: Unterstützung der Revision des Europäischen Patentübereinkommens, insbesondere im Hinblick auf dessen Anpassung an die technische Entwicklung, um den Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft und den einschlägigen internationalen Übereinkünften Rechnung zu tragen und um den Beitritt der Gemeinschaft zu diesem Übereinkommen vorzubereiten
Förderung der beruflichen Weiterbildung der Patentvertreter
1. Einführung
Der vom Europäischen Rat von Amsterdam im Juni 1997 angenommene Aktionsplan für den Binnenmarkt weist den gewerblichen Rechtsschutz als einen Bereich aus, der leistungsfähiger und für die Wirtschaftsbeteiligten zugänglicher werden muß, damit das Potential des Binnenmarkts für innovative Produkte und Dienstleistungen voll ausgeschöpft werden kann. Mit ihrer Aktion im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes will die Gemeinschaft deutlich machen, daß sie der Bedeutung des Zusammenspiels von Innovation, Wachstum und Beschäftigung in vollem Umfang Rechnung trägt.
Das Grünbuch über das Gemeinschaftspatent und das Patentschutzsystem in Europa hat sowohl auf seiten der Wirtschaft als auch auf seiten der Mitgliedstaaten große Erwartungen geweckt.
Die Einführung eines einheitlichen Patents für die gesamte Europäische Gemeinschaft hat politisch inzwischen Vorrang erhalten. Sie ist Teil der Gemeinschaftsmaßnahmen, mit denen der ordnungspolitische Rahmen, in dem sich die in Europa aktiven Unternehmen bewegen, angepaßt und vereinfacht werden soll. Ein Gemeinschaftspatent ist auch notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit innovativer Unternehmen in der Gemeinschaft zu erhalten. Auf diese Weise könnten Forschungsergebnisse besser geschützt werden, was sich positiv auf den Abschluß der Forschungsprojekte und die gewerbliche Verwertung der Ergebnisse auswirken dürfte.
Computerprogramme spielen für die Entwicklung zahlreicher Wirtschaftstätigkeiten eine wichtige Rolle und tragen unmittelbar zum Aufbau der Informationsgesellschaft bei. Die Patentschutzvoraussetzungen für Software müssen auf Gemeinschaftsebene präziser bestimmt und angeglichen werden.
Patentvertreter sind als Berater für innovative Unternehmen und Erfinder unverzichtbar. Hier muß dafür gesorgt werden, daß dieser Berufsstand die Freiheiten des EG-Vertrags in vollem Umfang nutzen kann.
Im Laufe des Konsultationsprozesses kamen mehrere Themen zur Sprache, die im Grünbuch nicht behandelt worden sind, wie z. B. die Neuheitsschonfrist und der Umfang der Patentschutzansprüche in bestimmten reglementierten Sektoren. Je weiter die wirtschaftliche Integration in der Gemeinschaft dank des Binnenmarkts voranschreitet, desto aufmerksamer nehmen die Wirtschaftsbeteiligten demnach die rechtlichen Rahmenbedingungen wahr, mit denen sie arbeiten müssen.
Es ist sehr wichtig, daß die Kohärenz des Patentschutzsystems in Europa, insbesondere durch eine bessere Koordinierung zwischen der Gemeinschaft und der Europäischen Patentorganisation, sichergestellt wird.
Die nationalen Patentämter erfüllen für viele europäische Unternehmen wichtige Aufgaben, die einer Bestätigung und Unterstützung bedürfen.
1.1 Das Grünbuch über das Gemeinschaftspatent und das Patentschutzsystem in Europa
Am 24. Juni 1997 legte die Kommission ein Grünbuch über das Gemeinschaftspatent und das Patentschutzsystem in Europa vor1. Mit diesem Grünbuch, das Teil des umfassenden Ersten Aktionsplans für Innovation in Europa2 war, sollte eine breit angelegte Diskussion mit allen Interessierten über die Notwendigkeit neuer Initiativen im Patentrecht angeregt und über deren Form und Inhalt nachgedacht werden.
Der Erfolg dieser Initiative übertraf die Erwartungen der Kommission bei weitem. Schon kurz nach seiner Annahme stieß das Grünbuch auf großes Interesse: Überall in der Gemeinschaft wurden Konferenzen und Sitzungen veranstaltet, und es wurden zahlreiche Stellungnahmen an die Kommission gerichtet. Hieran zeigt sich, daß das Grünbuch einem echten Bedürfnis nach Modernisierung und Verbesserung des Patentsystems in Europa entsprach.
Die allgemeine Botschaft, die in allen Debatten durchklang, ist die Notwendigkeit, die praxisbezogenen Aspekte des Patentsystems stärker zu betonen und die Bedürfnisse der Benutzer dabei in vollem Umfang zu berücksichtigen. Patente sind für die Innovationsförderung, Kreativität und Beschäftigung von großer Bedeutung. Sie müssen zum festen Bestandteil des Wirtschaftsalltags der Unternehmen, Erfinder und KMU werden und ihnen zu tragbaren Kosten einen angemessenen Schutz durch optimale Rechtssicherheit gewähren. Patente dürfen Innovationen keinesfalls behindern.
Die Benutzer sind übereinstimmend der Ansicht, daß das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts ein Vorgehen auf zwei Ebenen erfordert: zum einen die Einführung eines einheitlichen Patentschutzsystems und zum anderen verschiedene ergänzende Harmonisierungsmaßnahmen, um das System transparenter und effizienter zu gestalten.
Das Patentsystem muß nicht zuletzt auch angepaßt werden, um Forschungsergebnisse besser zu schützen und so mehr Forschungsprojekte erfolgreich zum Abschluß zu bringen und die gewerbliche Verwertung der Ergebnisse zu fördern. Auf diese Weise könnten auch Investitionen der öffentlichen Hand (auf Gemeinschaftsebene und innerstaatlich) im Bereich der Forschung optimiert werden. Unter Berücksichtigung dieses allgemein geäußerten Wunsches nach einem Patentsystem im Dienst der Innovation hat die Kommission die Schwerpunkte ihrer in diesem Bereich zu treffenden Maßnahmen gesetzt.
1.2 Konsultation der interessierten Wirtschaftsbeteiligten und der Organe der Gemeinschaft
Die Konsultation der interessierten Wirtschaftsbeteiligten begann mit der Annahme des Grünbuchs und setzte sich in der zweiten Hälfte des Jahres 1997 fort. Bei den Dienststellen der Kommission gingen sehr viele Stellungnahmen ein (über 150 Stellungnahmen von insgesamt mehr als 1 200 Seiten), in denen die verschiedenen im Grünbuch behandelten Themen sehr gründlich beleuchtet wurden. Zum Abschluß der Konsultation veranstaltete die Kommission zusammen mit der luxemburgischen Präsidentschaft ein offenes Hearing für alle Benutzer des Patentsystems (Unternehmen, Erfinder, Patentvertreter). Dieses Hearing fand am 25. und 26. November 1997 in Luxemburg statt. Mehr als 220 Personen nahmen daran teil. Die Anhörung ging mit der Annahme einer Reihe von "Schlußfolgerungen" zu Ende, die einem sehr breiten Kreis zugänglich gemacht wurden.
Der Wirtschafts- und Sozialausschuß nahm am 25. Februar 1998 ausführlich zum Grünbuch Stellung. Der Ausschuß schloß sich der Analyse der Kommission weitgehend an. Das Problem des Gemeinschaftspatents bedürfe seiner Ansicht nach dringend einer Lösung und müsse aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen, sowohl was die Wettbewerbsfähigkeit als auch die technische und industrielle Entwicklung in einem globalen Markt anbelangt, absoluten Vorrang erhalten. Die Kommission wurde aufgefordert, 1999 so früh wie möglich einen Vorschlag für eine Verordnung über das Gemeinschaftspatent vorzulegen.
Die Kommission veranstaltete am 26. Januar 1998 eine Sitzung mit Sachverständigen der Mitgliedstaaten, um die Vorstellungen und Vorschläge der Mitgliedstaaten zur Verbesserung des Patentschutzsystems in Europa eingehender zu erörtern. Die Vertreter der Mitgliedstaaten forderten die Kommission mit sehr großer Mehrheit auf, den größten Teil der Grünbuchvorschläge auf den Weg zu bringen, um ein einheitliches Patentschutzsystem einzuführen und die Patentrechtssysteme in Europa zu vereinfachen.
Die Stellungnahme des Europäischen Parlaments folgte am 19. November 1998. Das Parlament hält eine kohärente, effiziente Gemeinschaftsregelung im Bereich der Patente für eine wesentliche Voraussetzung zur Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Europäischen Union. Aus diesem Grund reicht nach seiner Ansicht eine Harmonisierung der innerstaatlichen Patentgesetze nicht mehr aus. Statt dessen bedürfe es einer EG-Verordnung auf der Grundlage von Artikel 235 EG-Vertrag. Das künftige Gemeinschaftspatent sollte auf der Basis einer vergleichenden Analyse der Patentrechtssysteme in den Vereinigten Staaten und Japan entwickelt werden und sowohl die Kosten für die Anmeldung des Patents und für dessen Verwaltung berücksichtigen als auch die potentielle wirtschaftliche Entwicklung der Europäischen Union.
Hervorzuheben ist auch, daß die Kommission während des gesamten Konsultationsprozesses mit dem Europäischen Patentamt konstruktiv zusammengearbeitet hat.
1.3 Ziel dieser Mitteilung
Nach dieser umfassenden Konsultation ist es nun an der Zeit, in der vorliegenden Mitteilung Bilanz zu ziehen und die neuen Maßnahmen und Initiativen anzukündigen, die die Kommission vorschlagen oder auf den Weg bringen will, um das Patentschutzsystem im Interesse der Innovationsförderung in Europa attraktiver zu machen. Diese Mitteilung folgt unmittelbar aus dem Ersten Aktionsplan für Innovation in Europa und soll verschiedene Lösungswege konkretisieren, die damals angedacht worden sind.
Die Mitteilung betrifft nicht nur das Patentrecht im engeren Sinn, sondern behandelt auch andere für die Innovationsförderung sehr wichtige Fragen wie die Aufgaben der Patentvertreter, die Rolle der Patentämter, die Rechtsschutzversicherung usw.
Da sich das Grünbuch sehr unterschiedlichen Themen angenommen hat, ist es nur normal, wenn auch die für die einzelnen Bereiche geplanten Maßnahmen unterschiedlich sind. Während bestimmte Fragestellungen einer gesetzlichen Lösung bedürfen, handelt es sich bei anderen eher darum, daß die Kommission Impulse gibt oder dafür sorgt, daß mancherorts bereits bewährte Praktiken allgemein verbreitet werden.
Im Laufe der Konsultation haben sich drei vorrangige Themenkomplexe herausgebildet, für die die Kommission möglichst schnell Vorschläge unterbreiten soll:
- das Gemeinschaftspatent;
- die Patentierbarkeit von Computerprogrammen;
- die Rolle der Patentvertreter.
Bei allen anderen in der Mitteilung behandelten Fragen versteht die Kommission ihre Aufgabe eher darin, Hilfestellungen zu geben, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken können.
2. Das Gemeinschaftspatent
2.1 Die Rolle des Patents im Innovationsprozeß: Neue Prioritäten setzen
Die meisten Kommentare unterstreichen die Notwendigkeit, die Prioritäten neu zu bestimmen. Das Patentschutzsystem darf nicht ohne Bezug zur wirtschaftlichen Realität, in der es sich konkretisiert, gestaltet werden. Die Frage des Gemeinschaftspatents muß dringend von einer anderen Seite aus angegangen werden. Angesichts der wirtschaftlichen Folgen des Gemeinschaftspatents und seiner Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen muß dem Gemeinschaftspatent eine neue Priorität eingeräumt werden. Das Patentsystem muß überarbeitet und auf einer soliden Grundlage auf den Weg gebracht werden, damit es noch vor der Erweiterung der Union zur Anwendung gelangt. Den Wünschen des Europäischen Parlaments entsprechend muß das reformierte Patentsystem "einfach, rasch funktionierend, rechtlich sicher, zugänglich und wirtschaftlich sein (...), ohne daß übermäßige Kosten anfallen", um die Probleme der derzeitigen Patentsysteme zu überwinden und zur Förderung der Innovation beizutragen.
Die Konsultation hat deutlich gemacht, wie wichtig Patente zur Förderung von Investitionen in Forschung und Technologie sind. Eine kohärente, effiziente Patentregelung auf Gemeinschaftsebene ist daher eine wesentliche Voraussetzung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen in der Union. Ein europäischer Markt, der auch im Bereich der Innovation voll integriert ist, braucht einen europäischen gewerblichen Rechtsschutz, der vor allem den hochtechnologischen innovativen Betrieben des Mittelstands einen unkomplizierten Patentschutz bietet. Mit einem einheitlichen Patentschutzsystem kann den Benutzern und Verbrauchern in allen Mitgliedstaaten der Union in gleicher Weise Zugang zu den neuen Technologien gewährleistet werden. Gleichzeitig werden so die Wettbewerbsbedingungen für innovative Unternehmen transparenter.
2.2 Notwendigkeit eines einheitlichen Patentschutzes
Aus der Konsultation geht klar hervor, daß es einen realen Bedarf für ein einheitliches Gemeinschaftspatent gibt, das im gesamten Gebiet der Europäischen Gemeinschaft gilt. Ein solches Patent wird die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts verbessern und die Verwaltung und Wahrnehmung patentrechtlicher Ansprüche erheblich erleichtern. Es ist an der Zeit, heute eine Patentregelung einzuführen, die sich durch eine größere Kohärenz auszeichnet als das Patentschutzsystem des Luxemburger Übereinkommens von 1975, das 1989 überarbeitet wurde. Immer mehr Unternehmen gehen dazu über, den Binnenmarkt der Gemeinschaft als ihren "natürlichen" Markt anzusehen, was nicht ohne Folgen für die Rechtsinstrumente bleiben kann, die ihnen zur Verfügung gestellt werden müssen. Die Anwender des Patentschutzsystems sind einhellig der Meinung, daß das Luxemburger Übereinkommen solche Unzulänglichkeiten aufweist (übermäßige Kosten, Rechtsunsicherheit), daß es nicht mehr in der Lage ist, den angestrebten einheitlichen Schutz sicherzustellen.
Beim jetzigen Stand der Binnenmarkt-Integration muß das Gemeinschaftspatent den Konsultationsergebnissen zufolge im Wege einer EG-Verordnung auf der Grundlage von Artikel 235 EG-Vertrag eingeführt werden. Diesem Rechtsinstrument wurde wegen seiner besonderen Eigenschaften (einfachere Integration in den "acquis communautaire" im Zusammenhang mit der Erweiterung der EU, Direktwirkung in allen Mitgliedstaaten usw.) eindeutig der Vorzug vor einer internationalen Übereinkunft gegeben.
In einem Binnenmarkt, in dem sich die große Mehrheit der Wirtschaftsteilnehmer bald einer einheitlichen Währung bedienen wird, erscheint es nur natürlich, heute die Schaffung eines einheitlichen Patents ins Auge zu fassen. Die Einführung eines europäischen Patentschutzsystems mit einem Gemeinschaftspatent ist unerläßlich, damit Forschungsergebnisse und neue technische und wissenschaftliche Kenntnisse auch wirtschaftlich Erfolg haben und dem "europäischen Paradox" ein Ende bereitet wird bei gleichzeitiger Stimulierung privater FTE-Investitionen, die heute in der Europäischen Union sehr viel niedriger sind als in den USA oder Japan.
2.3 Die wesentlichen Merkmale eines Gemeinschaftspatents
Das Gemeinschaftspatent muß für die gesamte Gemeinschaft einheitlich sein, wirtschaftlich sein, Rechtssicherheit garantieren und die geltenden Patentschutzsysteme unberührt lassen.
Das Gemeinschaftspatent muß für die Gemeinschaft einheitlich sein, d. h. es muß überall in der Gemeinschaft dieselben Wirkungen entfalten. Es darf nur für das gesamte Gebiet der Gemeinschaft beantragt, erteilt und widerrufen werden und darf ebenfalls nur mit Wirkung für das gesamte Gemeinschaftsgebiet enden. Umgekehrt bedeutet dies, daß die Vorschläge der Kommission für ein Gemeinschaftspatent "à lacarte", mit dem ein einheitlicher Schutz nur in bestimmten Mitgliedstaaten erlangt oder aufrechterhalten werden kann, bei der Konsultation auf Ablehnung stieß.
Das Gemeinschaftspatent muß wirtschaftlich sein, d. h. seine Kosten müssen denen eines europäischen Patents, das nur für bestimmte Länder gilt, vergleichbar sein. Die Kosten des Patentschutzes in Europa werden von vielen als ein wesentlicher Grundangesehen, warum innovative Unternehmen und insbesondere KMU so schwer Zugang zum Patentschutz erhalten. Es müssen besondere Anstrengungen unternommen werden, um diese Kosten so weit wie möglich zu reduzieren. Dies hat Konsequenzen unter anderem für die Übersetzung der Patentschrift. Aus der Konsultation ging eindeutig hervor, daß die Beibehaltung des Status quo, d. h. den Patentinhaber zu verpflichten, die gesamte Patentschrift in alle Sprachen der Gemeinschaft übersetzen zu lassen, für das Gemeinschaftspatent unhaltbar wäre, da dies Übersetzungskosten in einer Größenordnung von 12 000 ECU zur Folge hätte. Würde diese Regelung, die für das europäische Patent gilt, beibehalten, hätte das Gemeinschaftspatent keine Zukunft.
Im Grünbuch wurden verschiedene Lösungen vorgeschlagen. Mehrere Wirtschaftsvertreter haben sich für eine Radikallösung ausgesprochen, die darin besteht, daß für das Patenterteilungsverfahren nur noch eine Sprache verwendet wird ohne spätere Übersetzung des erteilten Patents. Andere Stimmen befürworten weniger einschneidende Lösungen, und in einigen Fällen wurde auch die Verwendung aller Amtssprachen der Gemeinschaft gefordert.
Die Kommission wird eine Lösung für das Übersetzungsproblem vorschlagen und dabei versuchen, folgende Ziele miteinander in Einklang zu bringen: Erleichterung des Zugangs zum Patentschutzsystem für alle Anwender, Gewährleistung der Verbreitung relevanter technischer Informationen zum geeigneten Zeitpunkt und Sicherstellung eines vernünftigen Kostenniveaus. Der diesbezügliche Vorschlag des Europäischen Parlaments bietet hier gewisse Vorteile und wird eingehend geprüft werden. Das Parlament hatte vorgeschlagen, die Sprachenvielfalt bei der Anmeldung und Erteilung des Patents beizubehalten und gleichzeitig für eine effiziente Recherche und Prüfung durch das Europäische Patentamt zu sorgen. Die Kommission wird darauf achten, daß ihr Vorschlag in einigen Punkten die Regelungen des europäischen Patents (beispielsweise in bezug auf die Verfahrenssprachen) beibehält, in anderen Punkten aber eine deutliche Verbesserung gegenüber der heutigen Situation bringt. Die Lösung des Übersetzungsproblems muß sich an einer wesentlichen Funktion des Patents orientieren, nämlich an der Gewährleistung ausschließlicher Abwehrrechte gegenüber Dritten. So kann der Patentschutz gegen eine Verletzung des Patents nur dann geltend gemacht werden, wenn die betreffende Person über eine Übersetzung der Patentschrift verfügt. Vorgesehen ist überdies auch eine zentrale Hinterlegungsstelle für Übersetzungen (welcher Art auch immer)beim Europäischen Patentamt.
Das Gemeinschaftspatent muß Rechtssicherheit garantieren. Die Beibehaltung der Regelung im Luxemburger Übereinkommen, wonach jedes innerstaatliche Gericht auf entsprechenden Antrag hin ein Gemeinschaftspatent mit Wirkung für das gesamte Gemeinschaftsgebiet für nichtig erklären kann, wird als beträchtliches Risiko und als Quelle der Rechtsunsicherheit empfunden. Auf diesem Weg ist eine Lösung nicht möglich. Statt dessen muß dafür gesorgt werden, daß Patentverletzungsverfahren und Fragen im Zusammenhang mit der Gültigkeit von Patenten gemeinschaftsweit einheitlich und vorhersehbar geregelt werden. Entscheidungen müssen innerhalb einerangemessenen Frist ergehen. Die Kosten für gemeinschaftsweit geltende einstweilige Anordnungen müssen sich in einem angemessenen Rahmen halten. Die Zahl der innerstaatlichen Gerichte, die mit solchen Fragen befaßt werden können, muß daher weitgehend reduziert werden: Die beste Lösung wäre, in jedem Mitgliedstaat nur einem erstinstanzlichen Gericht die Zuständigkeit für Gemeinschaftspatentangelegenheiten zu übertragen. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß hat hierzu interessante Vorschläge gemacht. So könnte beispielsweise vorgesehen werden, daß das Gericht, das über die Patentverletzung befindet, auch über die Gültigkeit entscheidet. Gleichzeitig könnte dieser Entscheidung nur eine begrenzte Geltung verliehen werden (entweder "inter partes" oder mit aufschiebender Wirkung), um im Falle einer schlecht begründeten Entscheidung irreparable Schäden zu vermeiden. Diese Vorschläge verdienen sicher, näher geprüft zu werden.
Das Europäische Parlament empfiehlt seinerseits, den nationalen Gerichten die Zuständigkeit für Patentverletzungs- und Nichtigkeitsklagen zu übertragen. Zwei nationale Gerichte sollen danach über den Inhalt der Klage entscheiden, während der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Revisionsinstanz wäre. Das Rechtssystem für das Gemeinschaftspatent müßte bereits in einem möglichst frühen Stadium eine gewisse Harmonisierung der Rechtsprechung auf Gemeinschaftsebene durch die Intervention des Gerichtshofs ermöglichen. Selbstverständlich hat dies im Rahmen der im EG-Vertrag geregelten Gerichtsordnung zu erfolgen. Im übrigen hat sich die Mehrzahl der Anwender dagegen ausgesprochen, dem Europäischen Patentamt Zuständigkeiten für Patentverletzungs- oder Nichtigkeitsklagen zu übertragen.
Entsprechend der Forderung des Parlaments sollte das Gemeinschaftspatent zumindest vorläufig parallel zu den nationalen Patenten und dem europäischen Patent, das sich noch verbessern ließe (siehe Abschnitt 4), bestehen. Das Europäische Patentamt muß auch weiterhin das europäische Patent als Zentralstelle für die Patenterteilung verwalten. Angesichts seiner langjährigen Erfahrung und Kompetenz in Fragen des europäischen Patents, ist es wünschenswert, daß das Europäische Patentamt für das künftige Gemeinschaftspatent technisch zuständig ist. Die Übertragung von Zuständigkeiten auf eine Institution, die keine Einrichtung der Gemeinschaft ist, bereitet jedoch in institutioneller Hinsicht Probleme, die zugegebener Zeit gelöst werden müssen. Die Rechtsvorschriften, mit denen die Übertragung der Zuständigkeit für die Verwaltung des Gemeinschaftspatents auf das EPA formalisiert wird, müssen daher inhaltlich besonders sorgfältig geprüft werden.
Um den Wirtschaftsteilnehmern die Möglichkeit zu geben, die Bedeutung ihrer Erfindung noch im Entwicklungsstadium zu überprüfen, ohne daß ihnen übermäßige Kosten entstehen, erscheint es angemessen, dem Anmelder eines Gemeinschaftspatents zu gestatten, seine Anmeldung (bis zum Ende des Erteilungsverfahrens) in eine Anmeldung für ein europäisches Patent umzuwandeln, das nach seiner Erteilung zur Entstehung eines Bündels nationaler Patente führt. Hingegen erscheint es als mit dem Binnenmarkt unvereinbar, die Umwandlung eines bereits erteilten Gemeinschaftspatents in ein europäisches Patent zuzulassen. Die Möglichkeit, die Anmeldung eines europäischen Patents in eine Anmeldung für ein Gemeinschaftspatent umzuwandeln, kommt nur dann in Betracht, wenn im Antrag auf Erteilung eines europäischen Patents alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaftbenannt werden.
Was die Gebühren anbelangt, so sollten die Verlängerungsgebühren für ein Gemeinschaftspatent deutlich niedriger sein als die Verlängerungsgebühren für ein europäisches Patent, in dem alle Mitgliedstaaten der Gemeinschaft benannt sind. Bei einem wirklich einheitlichen Gemeinschaftspatent ist eine Benennungsgebühr fehl am Platz, da das Patent automatisch für das gesamte Gemeinschaftsgebiet gilt. Die Gebühren für das künftige Gemeinschaftspatent werden von der Kommission im Rahmen ihrer Durchführungsbefugnisse festgelegt. Die Gebührenentwicklung muß den besonderen Bedürfnissen der Unternehmen, insbesondere der KMU, Rechnungtragen.
Auch das Problem älterer Nutzungsrechte muß auf Gemeinschaftsebene gelöst werden. Hierzu muß festgelegt werden, unter welchen Voraussetzungen eine Person, die guten Glaubens bereits begonnen hat, eine Erfindung zu nutzen, oder die die notwendigen Vorkehrungen für deren gewerbliche Nutzung getroffen hat, trotz Erteilung des Gemeinschaftspatents an einen Dritten die Erfindung weiter nutzen kann.
Bei der Erörterung des Verordnungsvorschlags für ein Gemeinschaftspatent sollte auch eine Lösung für das Problem der in der Raumfahrt gemachten oder genutzten Erfindungen gefunden werden. Mangels einschlägiger gemeinschaftsweiter Bestimmungen ist die europäische Wirtschaft derzeit in einerschlechteren Position. Wie der Wirtschafts- und Sozialausschuß in seiner Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission über "Die Europäische Union und die Raumfahrt"3 betont hat, muß unbedingt eine entsprechende Regelung für Patente und Lizenzen getroffen werden, wie sie bereits in den USA besteht und in Japan und Rußland zur Zeit ausgearbeitet wird, da sich Europa stark in der Internationalen Weltraumstation engagiert und es an einer einschlägigen europäischen Regelung mangelt, die den Schutz der gewerblichen Rechte für Anwendungstechnologien oder in der Umlaufbahn entwickelte Technologien definiert. Nach Ansicht des Europäischen Parlaments sollte das Gemeinschaftspatent auch Erfindungen schützen, die an Bord von Raumfähren oder Satelliten gemacht oder genutzt werden, da sie von den geltenden europäischen Rechtssystemen nicht erfaßt sind.
2.4 Vorhaben der Kommission
Die Kommission wird 1999 so früh wie möglich einen Verordnungsvorschlag auf der Grundlage von Artikel 235 EG-Vertrag zur Einführung eines Gemeinschaftspatents nach den unter 2.3 beschriebenen Kriterien vorlegen.
3. Weitere Harmonisierung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften
3.1 Notwendigkeit einer weiteren Harmonisierung des Patentrechts
Maßnahmen, die auf Gemeinschaftsebene im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes getroffen werden, wird allgemein ein hoher Mehrwert im Vergleich zu individuellen Maßnahmen der Mitgliedstaaten zugestanden, da auf diese Weise gleichzeitig die Transparenz des Markts, die Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen und die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts gewährleistet werden kann. Wie sich bei der Konsultation gezeigt hat, bestehen große Erwartungen, was neue Maßnahmen in konkreten Bereichen des gewerblichen Rechtsschutzes anbelangt.
3.2 Computerprogramme
3.2.1 Schwierigkeiten aufgrund der derzeitigen Rechtslage
Die derzeitigen Regelungen für Erfindungen im Zusammenhang mit Computerprogrammen garantieren, wie die Konsultation ergeben hat, keine ausreichende Transparenz und müssen daher präziser gefaßt werden.
Während Computerprogramme in den Vereinigten Staaten und Japan patentrechtlich geschützt werden können, behilft man sich in Europa mit einem juristischen Kunstgriff: Programme als solche sind nicht patentfähig,4 doch eine technische Erfindung, die sich auf ein Programm stützt, kann patentiert werden. Der Entwicklung einer im Vergleich zum Wortlaut des Münchner Übereinkommens eherundurchsichtigen Rechtspraxis gesellen sich weitere beträchtliche Hindernisse hinzu wie die unterschiedliche Rechtsprechung der Gerichte. Zum Beispiel bestehenerhebliche Abweichungen zwischen den Rechtsauffassungen des EPA und der deutschen Gerichte einerseits und den britischen Gerichten andererseits. Dies bedeutet, daß dieselbe Erfindung in einigen Mitgliedstaaten geschützt wird und in anderen nicht. Diese Situation ist dem Binnenmarkt abträglich.
So kommt es dazu, daß zwar Computerprogramme als solche nach dem Münchner Übereinkommen und den innerstaatlichen Patentgesetzen der Mitgliedstaaten nicht patentierbar sind, es jedoch trotzdem etwa 13 000 europäische Software-Patente gibt! Weil zudem die Rechtspraxis in Europa weitgehend verkannt wird, sind rund 75 % dieser Patente im Besitz außereuropäischer Großunternehmen. Dabei ist die europäische Wirtschaft an dieser Art des Rechtsschutzes sehr interessiert. Die meisten KMU aus dem Software-Bereich wissen jedoch schlichtweg nicht, daß es möglich ist, für solche Erfindungen Patentschutz zu erlangen, wenn nämlich die Patentanmeldung in einer bestimmten Weise abgefaßt ist. Mit fast 40 Mrd. Dollar, die jährlich in die Entwicklung von Informationstechnologien und Computerprogrammen investiert werden, liegt die wirtschaftliche Bedeutung dieses Sektors auf der Hand.
Nach der vom EPA entwickelten Praxis ist eine Erfindung patentfähig, wenn sie einen "technischen Beitrag" zum Stand der Technik leistet. Dieses Konzept hat jedoch seine Grenzen. Ein Buchführungsprogramm oder ein Programm für den An-und Verkauf von Devisen, das wirtschaftlich von großem Wert ist, aber keinen "technischen Beitrag" leistet, kann anders als in den USA und Japan in Europa derzeit nicht patentiert werden.
Aus diesen Schutzunterschieden folgt ein ebenfalls unterschiedlicher Schutzanspruch und ein unterschiedlicher Rechtsschutz: In den Vereinigten Staaten kann der Inhaber eines Software-Patents direkt gegen einen Vertriebshändler vorgehen, der ein rechtswidrig kopiertes Programm auf einer Diskette anbietet ("direct infringement"), während der Vertreiber einer Diskette in Europa wegen des begrenzten Schutzes für technische Erfindungen, die sich auf ein Computerprogramm stützen, nur als Gehilfe, nicht aber als Patentverletzer selbst haftbar gemacht werden kann ("contributory infringement"). Nur der Nutzer, der ein Programm auf der Diskette verwendet, gilt als Patentverletzer und kann deshalb belangt werden. Eine Harmonisierung der einschlägigen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften muß gewährleisten, daß die Rechteüberall in der Gemeinschaft effektiv durchgesetzt werden können.
In den USA hat diese Entwicklung Ende der 80er Jahre eingesetzt, als die Möglichkeit geschaffen wurde, Ansprüche aus einem Computerprogramm als solchem geltend zu machen ("program product claim"). Dies hat sich sehr positiv auf die Software-Industrie ausgewirkt. Microsoft besitzt beispielsweise heute etwa 400 amerikanische Patente für Computerprogramme, und jedes Jahr werden rund 12 000 Patentanmeldungen für solche Programme eingereicht (das sind 6 % aller Anmeldungen gegenüber weniger als 2 % in Europa). In Japan werden jährlich ca. 20 000 Patentanmeldungen für Software eingereicht. Die 1997 erlassenen Leitlinien des japanischen Patentamts folgen der liberaleren Praxis der USA.
In Europa wissen derzeit die meisten Unternehmen, die in der Software-Produktiontätig sind, noch zu wenig über die Möglichkeiten, die ihnen das Patentsystem bietet. Parallel zu der im folgenden dargestellten Rechtsanpassung muß eine Informationskampagne gestartet werden, um die Unternehmen der Branche besser über das Patentsystem, seine Funktion und die wirtschaftlichen Vorteile zu informieren, die sich insbesondere im Hinblick auf die Durchdringung ausländischer Märkte und die Möglichkeiten zum Abschluß von Lizenzvereinbarungen ergeben. Die nationalen Patentämter können hier eine große Hilfe sein.
3.2.2 Vorhaben der Kommission
Das Europäische Parlament hat sich für die Patentierbarkeit von Computerprogrammen ausgesprochen, sofern das betreffende Produkt den an eine technische Erfindung gestellten Anforderungen der Neuheit und der gewerblichen Anwendbarkeit genügt, wie dies auf internationaler Ebene bei unseren Wirtschaftspartnern der Fall ist. Die Kommission teilt diese Auffassung und schlägt ein Vorgehen auf zwei Ebenen vor.
Um die Verwirklichung des Binnenmarkts und dessen Funktionsfähigkeit in diesem Bereich in vollem Umfang zu gewährleisten, wird die Kommission so schnell wie möglich einen Richtlinienvorschlag auf der Grundlage von Artikel 100 a EG-Vertragvorlegen, um die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Patentfähigkeit von Computerprogrammen zu harmonisieren. Die Richtlinie wird überall in der Gemeinschaft für eine einheitliche Anwendung und Auslegung der neuen Vorschriften über die Patentierbarkeit von Computerprogrammen sorgen. Die gleichzeitige Anwendung des Urheberrechts5 und des Patentrechts auf Computerprogramme bereitet wegen der speziellen Materie, die von diesen beiden Rechtsarten erfaßt wird, keine besonderen Probleme.6 Der Richtlinienvorschlag wird sich allerdings eingehend mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie die Ausnahmen von den allgemeinen Bestimmungen über die Patentierbarkeit von Computerprogrammen zu regeln sind.
Parallel zu dieser Rechtsetzungsarbeit müssen die Vertragsstaaten des Münchner Übereinkommens eine Änderung des Artikels 52 (2) (c) des Europäischen Patentübereinkommens vornehmen und Computerprogramme aus der Liste der nicht patentfähigen Erfindungen streichen. Dies ist notwendig, um die Arbeiten auf Gemeinschaftsebene und jene im Rahmen des Münchner Übereinkommens aufeinander abzustimmen.
Alle Patentämter sollten darüber hinaus ihre Informationen für Software-Unternehmen, insbesondere für KMU, verbessern, um sie auf die wirtschaftlichen Vorteile aufmerksam zu machen, die sie aus einer adäquaten Nutzung des Patentsystems erzielen können.
3.3 Arbeitnehmererfindungen
3.3.1 Derzeitige Rechtslage
Im Grünbuch wurde die Frage gestellt, ob sich die derzeitigen Unterschiede zwischenden Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Arbeitnehmererfindungen auf die Innovation und die Beschäftigungsbedingungen, den freien Dienstleistungsverkehr oder die Wettbewerbsbedingungen auswirken. Den Ergebnissen der Konsultation zufolge wird allgemein die Auffassung vertreten, daß die Frage der Arbeitnehmererfindungen im wesentlichen auf einzelstaatlicher Ebene angegangenwerden sollte. Die Unterschiede, die zwischen den nationalen Rechtsvorschriften festgestellt worden sind, rechtfertigen keine Harmonisierung auf Gemeinschaftsebene. Unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsgrundsatzes beabsichtigt die Kommission daher, von einer Rechtsetzungsinitiative in diesem Bereich abzusehen. Sie regt jedoch an, daß die Mitgliedstaaten, die über besondere Vorschriften für Arbeitnehmererfindungen verfügen, regelmäßig deren. Funktionsweise überprüfen und die Verwaltungsverfahren vereinfachen, soweit diesmöglich ist.
Unterschiede bestehen anscheinend bei der Anwendung der einzelstaatlichen Vorschriften für Arbeitnehmererfindungen. Um eine transparentere Anwendung dieser Vorschriften zu gewährleisten, sollten Standardklauseln für Arbeitnehmererfindungen, die in Arbeitsverträgen aufgenommen werden könnten, erarbeitet und einheitliche Schiedsverfahren entwickelt werden.
3.3.2 Vorhaben der Kommission
Die Kommission wird eine Studie in Auftrag geben, die zum einen untersuchen soll, inwieweit Vertragsklauseln für Arbeitnehmererfindungen Innovationen behindern können, und zum anderen Schiedsverfahren für Konflikte in diesem Bereichausarbeiten soll.
3.4 Formvorschriften
Was die Formvorschriften (hauptsächlich für nationale Patente) anbelangt, so hat die Konsultation ergeben, daß die Betroffenen auf eine Angleichung insbesondere der Formulare, Fristen usw. auf Gemeinschaftsebene warten. Den Benutzern zufolge sollten unnötige administrative Hemmnisse beseitigt werden. In einigen Stellungnahmen wurde der Wunsch nach einer weiterreichenden Lösung und einer Harmonisierung geäußert, die auch wichtige Elemente der Gerichtsverfahren in den Mitgliedstaaten umfaßt wie einstweilige Anordnungen, die Beweisführung (auf der Grundlage der französischen "saisie-description", d. h. Beschlagnahme einer Raubkopie zur späteren Verwendung als Beweismittel), die Schadensbewertungsregeln usw. Einige dieser Fragen werden im Grünbuch zur Bekämpfung von Nachahmungen und Produkt- und Dienstleistungspiraterie im Binnenmarkt behandelt.7
Um diesen Anliegen zu entsprechen, wird sich die Kommission weiterhin aktiv an den Arbeiten der Weltorganisation für geistiges Eigentum in Genf beteiligen, die die Aussichten für den raschen Abschluß eines internationalen Übereinkommens zur Vereinfachung der patentrechtlichen Formalitäten prüft. Bei ihren Kontakten mit den Mitgliedstaaten wird sie sich außerdem weiter um die Klärung der Frage bemühen, ob zusätzliche Harmonisierungsvorschriften auf Gemeinschaftsebene erforderlich sind.
3.5 Patentvertreter und Anerkennung der beruflichen Befähigungsnachweise
3.5.1 Derzeitige Rechtslage
Wie die Konsultation gezeigt hat, spielen Patentvertreter als Berater der Unternehmen eine wichtige Rolle. Ihre Kenntnis der verschiedenen Rechte des gewerblichen Eigentums und der häufig sehr komplexen Verfahren ist ein nicht unerheblicher Vorteil, dessen Wert gebührend gewürdigt werden sollte. Allerdings scheinen sich Patentvertreter häufig weitgehend an den Gegebenheiten in ihrem Land zu orientieren, ohne den Blick auf die anderen Mitgliedstaaten zu richten. Nach Ansicht der Kommission müssen die Grundsätze der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit auch auf diesen Berufsstand voll anwendbar sein. Wie das Europäische Parlament hervorgehoben hat, ist die gegenseitige Anerkennung der Patentvertreter durch die zuständigen Einrichtungen eine unerläßliche Voraussetzung für die Vereinfachung der Verfahren.
Um die Einhaltung dieser Grundsätze zu wahren, sah sich die Kommission in letzter Zeit mehrfach gezwungen, Mahnschreiben an die Mitgliedstaaten zu richten, weil deren innerstaatliche Anforderungen den Bestimmungen des EG-Vertrags nicht zu entsprechen scheinen. Dabei handelt es sich um die Verpflichtung, einen Wohnsitz oder eine Zustellungsanschrift in dem betreffenden Land nachzuweisen und einen zugelassenen Vertreter einzuschalten, der als Zustellungsbevollmächtigter des Anmelders auftritt. Die Verfahren sind zur Zeit unterschiedlich weit fortgeschritten.
In diesem Zusammenhang sei an die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften erinnert, der sich zu einigen Anforderungen der Mitgliedstaaten an Patentvertreter bereits geäußert hat.8
Auch die Kommission hat sich bereits aus wettbewerbsrechtlicher Sicht mit den Berufsstands regeln der Patentvertreter befaßt.
Die Stellungnahmen zu den beruflichen Befähigungsnachweisen unterstrichen die Notwendigkeit einer effektiven, einheitlichen Anwendung der Richtlinie 89/48/EWG, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an den Eignungstest, der eine Voraussetzung für die Anwendung des Gegenseitigkeitsprinzips ist. Allgemein sollte die europäische Eignungsprüfung (Artikel 134 (2) (c) EPÜ) für das Patentrecht als ausreichende Qualifikation angesehen werden, um vor den verschiedenen nationalen Patentämtern auftreten zu können. Die in der Rechtssache Gebhard9 entwickelten Grundsätze, die die Bedingungen für die Aufnahme oder Ausübung einer spezifischen Tätigkeit betreffen, müssen im übrigen von allen Mitgliedstaaten angewandt werden.
Bei der Konsultation hat sich gezeigt, daß sowohl die Behörden der Mitgliedstaaten als auch der Berufsstand der Patentvertreter eine bessere Information über die Anwendung der EG-Vorschriften in diesem Bereich wünschen.
Die Kommission wird dementsprechend eine Mitteilung zu Auslegungsfragen ausarbeiten, die die Anwendung der EG-Vorschriften auf den Berufsstand der Patentvertreter betreffen. Dabei wird im Zusammenhang mit den verschiedenen Unterlagen, die im Laufe eines Patentanmeldungsverfahrens einzureichen sind, insbesondere auch das Erfordernis einer Zustellungsanschrift zu prüfen sein sowie die Verpflichtung, sich von einem Patentanwalt vertreten zu lassen.
Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes allgemein und im Patentrecht im besonderen ist heute zweierlei zu beobachten. Zum einen nimmt die Zahl der Streitigkeiten und Klagen zu, und zum anderen gewinnt der Patentvertreter sowohl in rechtlicher Hinsicht als auch als Beteiligter einer Wirtschaftsstrategie an Bedeutung, während die traditionell eher technische Funktion in den Hintergrund tritt. Die Patentvertreter in allen Teilen der Gemeinschaft müssen in den Genuß einer beruflichen Weiterbildung gelangen, die diesen neuen Tendenzen, die Auswirkungen auf die berufliche Praxis haben, in vollem Umfang gerecht wird. In den Mitgliedstaaten wurden bereits einige Initiativen ergriffen, die als Orientierung dienen könnten.
Um den heutigen Anforderungen an diesen Berufsstand zu entsprechen, wäre zu prüfen, ob den Patentvertretern in der Gemeinschaft nicht ebenso wie der Rechtsanwaltschaft und in einigen Mitgliedstaaten auch den Betriebsjuristen die mit dem Berufsgeheimnis verbundenen Rechte und Pflichten ("legal privilege") zugestanden werden sollten. Patentvertreter würden sich so sowohl auf innerstaatlicher Ebene als auch gegenüber den europäischen Instanzen auf die Vertraulichkeit ihrer schriftlichen und mündlichen Äußerungen berufen können. Ohne diese Schweigepflicht geraten Patentanwälte in der Gemeinschaft mitunter in heikle Situationen, in denen es ihnen nicht möglich ist, für ihre Mandanten die Handlungen vorzunehmen, die sie im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes vornehmen könnten.
3.5.2 Vorhaben der Kommission
1999 wird die Kommission eine Mitteilung zu Auslegungsfragen im Bereich der Niederlassungsfreiheit, der Dienstleistungsfreiheit und der Anerkennung der beruflichen Befähigungsnachweise der Patentvertreter herausgeben.
Die Kommission wird die Anstrengungen zur Gewährleistung der beruflichen Weiterbildung der in der Gemeinschaft tätigen Patentvertreter unterstützen. Sie wird die Mitgliedstaaten auffordern, die Möglichkeit zu prüfen, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um das Berufsgeheimnis der Patentvertreter zu schützen.
3.6 Umfang der Patentschutzansprüche in bestimmten Sektoren
Der Umfang der Patentschutzansprüche – sowie der Ansprüche aus den ergänzenden Schutzzertifikaten für Arzneimittel10 und aus den ergänzenden Schutzzertifikaten für Pflanzenschutzmittel11 – bestimmt sich derzeit nach nationalem Recht, das alle einschlägigen Bestimmungen des TRIPS-Übereinkommens enthalten muß, insbesondere dessen Artikel 28.
Außerdem bestehen in den Rechtsvorschriften aller Mitgliedstaaten Ausnahmen, die sich auf Rechte aus Patenten beschränken: beispielsweise bei Handlungen im privaten Umfeld zu nicht gewerblichen Zwecken oder bei Experimenten, die sich auf den Gegenstand der patentierten Erfindung beziehen. Diese Ausnahmen sind für die Sektoren, deren Produkte einer Genehmigung bedürfen, bevor sie in Verkehr gebracht werden dürfen, wegen ihrer Folgen für den Zeitpunkt, zu dem Konkurrenzerzeugnisse auf den Markt gelangen können, von großer Bedeutung.
Mit den Ausnahmen von Patentschutzrechten im pharmazeutischen Bereich hat sich der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bereits in einem Urtei lauseinandergesetzt.12 Einige Fragen, die von großer wirtschaftlicher Bedeutung sind, blieben allerdings ungeklärt. Es wäre daher zu prüfen, ob die noch bestehenden Unterschiede die Funktionsfähigkeit des Binnenmarkts beeinträchtigen und zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten führen können. Hierzu hat die Kommission eine umfassende wirtschaftlich und rechtlich ausgerichtete Studie über Generika in Auftrag gegeben, die sich unter anderem auch mit diesem Aspekt des Patentrechts befaßt. Aus den Ergebnissen dieser Studie wird die Kommission ersehen können, welche Initiativen in diesem Sektor zu ergreifen sind.
Bei allen Sektoren, deren Produkte nur in Verkehr gebracht werden dürfen, wenn die Verwaltung das Inverkehrbringen zuvor genehmigt hat, sollte nach Ansicht der Kommission allgemein unterschieden werden zwischen Tätigkeiten ohne Nutzung des patentierten Erzeugnisses (die während der Laufzeit des Patents genehmigt werden müssen) und Tätigkeiten, die eine "Nutzung"13 des patentierten Erzeugnisses implizieren (die bis zum Ablauf des Patents und etwaiger ergänzender Schutzzertifikate untersagt werden müssen).
Die Kommission beabsichtigt nach einer eingehenden Analyse der Rechtslage eine Harmonisierung der einschlägigen innerstaatlichen Rechtsvorschriften.
3.7 Zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Anziehungskraft des Patentsystems
3.7.1 Für kleine und mittlere Unternehmen
Die Kosten für die Erlangung eines Patents in Europa werden vor allem von den kleinen und mittleren Unternehmen eindeutig als erhebliches Hindernis für eine optimale Nutzung des Patentsystems angesehen. Das Europäische Parlament vertritt mit Blick auf die Entwicklung in den USA die Meinung, daß KMU nur 50 % der Patentanmeldegebühren zahlen sollten. Wenn diese Regelung europaweit eingeführt wird, sollte sie nach Ansicht der Kommission für Mittelstandsbetriebe und für Universitäten und Forschungsinstitute ohne Erwerbszweck gelten.
Zu bemerken ist allerdings, daß das Europäische Patentamt nach einem ersten Beschluß im Dezember 1996 zur Senkung der Verfahrensgebühren für alle Unternehmen (siehe 4.2.1) vor kurzem eine erneute Gebührensenkung, und zwar hauptsächlich für Recherchegebühren, beschlossen hat. Dieser Beschluß, der im Laufes des Jahres 1999 in Kraft treten soll, stellt einen neuen wichtigen Vorstoß dar, der den Unternehmen einschließlich den KMU den Zugang zum Patentsystem erleichtern dürfte. Die Kommission kann diese Initiative nur begrüßen, die allerdings Sonderbestimmungen für KMU und Hochschulen keinesfalls ausschließt.
Neben der Senkung der Gebühren sollte auch die Innovationskraft der kleinen und mittleren Unternehmen, insbesondere durch die Benennung eigens hierfür geschulter Berater in den Berufsorganisationen (Handels- und Handwerkskammern, Berufsverbänden usw.) gestärkt und gefördert werden. Diese Berater hätten den Auftrag, die Unternehmen direkt zu informieren und sie bei ihrer Innovationstätigkeit bis hin zum Patent und seiner gewerblichen Verwertung zu begleiten.
Es sei überdies darauf hingewiesen, daß die Kommission unlängst einen Vorschlag für eine Richtlinie über Gebrauchsmuster angenommen hat, ein besonders für technische Erfindungen, die vielfach in kleinen und mittleren Unternehmen ihren Ursprung haben, geeignetes Schutzinstrument.14
3.7.2 Rechtsschutzversicherung für Patentrechtsstreitigkeiten
Die Einführung einer Rechtsschutzversicherung für Patentrechtsstreitigkeiten ist ein Gedanke, der durchaus eine nähere Betrachtung verdient. Nach Ansicht des Europäischen Parlaments würde eine Rechtsschutzversicherung, die die Kosten für die Durchsetzung eines Rechtsanspruchs übernimmt, den Unternehmen (und insbesondere den KMU) eine gerechte Chance zur Verteidigung patentrechtlicher Ansprüche bieten und so ihr Vertrauen in das Patentsystem stärken.
In den Mitgliedstaaten wurden verschiedene Pilotversuche mit sehr unterschiedlichem Ergebnis durchgeführt. Während die in Frankreich und Schweden versuchsweise eingeführte Rechtsschutzversicherung wieder aufgegeben wurde, gibt es nun mehrere britische Versicherungsgesellschaften, die ihren Kunden eine Versicherung anbieten, die die Verfahrenskosten bei Patentrechtsstreitigkeiten abdeckt. Diese Versicherungen übernehmen in der Regel nur die Kosten des Rechtstreits und nicht den Schadenersatz, der nach einer gerichtlichen Entscheidung unter Umständen zu zahlen ist. Die Kommission hat die einzelnen Vertragstypen geprüft und sieht in ihnen ein interessantes Modell, das der überwiegenden Mehrzahl der Wirtschaftsteilnehmer (Versicherer, Unternehmen, Patentanwälte usw.) in den anderen Mitgliedstaaten völlig unbekannt ist. Für KMU könnte ein solcher Rechtsschutz von besonderem Interesse sein.
Die Kommission wird eine europäische Konferenz einberufen, zu der Versicherungsgesellschaften, Wirtschaftsverbände, die insbesondere auch die KMU vertreten, und die Patentämter eingeladen werden, um die neuesten Entwicklungen publik zu machen, die offensichtlich die Zustimmung der Benutzer gefunden haben. Entsprechend den Ergebnissen dieser Konferenz wird die Kommission prüfen, wie eine Rechtsschutzversicherung für Patentrechtsstreitigkeiten am besten auf den Weg gebracht werden kann. Hierzu könnte beispielsweise eine Arbeitsgruppe eingesetzt werden, die mit der Ausarbeitung eines oder mehrerer Vertragstypen für eine Rechtsschutzversicherung, die die Kosten für Rechtsstreitigkeiten deckt, betraut wird.
3.7.3 Neuheitsschonfrist
In allen Mitgliedstaaten der Gemeinschaft gilt heute die Regel, daß eine Erfindung nicht patentfähig ist, wenn das Neuheitserfordernis nicht erfüllt ist, weil die Öffentlichkeit bereits vor der Anmeldung beim zuständigen Patentamt auf die eine oder andere Weise Kenntnis von der Erfindung erhalten hat. Im amerikanischen Patentgesetz hingegen ist eine Neuheitsschonfrist von einem Jahr vorgesehen. Innerhalb dieser Frist kann der Erfinder seine Erfindung zum Patent anmelden, ohne daß ihm die Tatsache entgegengehalten werden kann, daß er seine Erfindung bereitsoffenbart hat.
Einige Stimmen behaupten, daß vor allem innovationsfreudige Kreise wie Wissenschaftler und bestimmte KMU von der fehlenden Neuheitsschonfrist im europäischen Recht betroffen sind. In der Richtlinie über biotechnologische Erfindungen15 ist vorgesehen, daß die Kommission einen Bericht erstellt, in dem geprüft wird, ob die Freiheit des wissenschaftlichen Austausches in der gentechnologischen Grundlagenforschung durch das Unterbleiben oder die Verzögerung einer Veröffentlichung behindert wird, deren Gegenstand patentfähig sein könnte, da die Veröffentlichung den Ausschluß von der Patentfähigkeit wegen mangelnder Neuheit begründet.
Um sich einen Überblick über die aktuelle Lage zu verschaffen und das Ausmaß des Problems zu erfassen, hatte die Kommission am 5. Oktober 1998 zu einer Anhörung zum Thema "Neuheitsschonfrist" eingeladen. Die Vertreter der Erfinder und Forscher wiesen unter anderem darauf hin, daß sich eine Offenbarung vor Einreichung der Patentanmeldung häufig als nützlich erwiesen hat, insbesondere um die Funktionsfähigkeit der Erfindung durch Tests zu überprüfen. Vertreter der Wirtschaft begegneten der möglichen Einführung einer Neuheitsschonfrist auf Gemeinschaftsebene mit Vorbehalten. Die Neuheitsschonfrist sollte, wie alle Teilnehmer der Anhörung feststellten, idealerweise weltweit im Rahmen der Weltorganisation für geistiges Eigentum eingeführt werden. Um eine bessere Verbreitung von Patentinformationen zu gewährleisten, hat die Kommission überdies zugesagt, die bereits unternommenen Bemühungen besser zu strukturieren und zu unterstützen und eine entsprechende Mitteilung auszuarbeiten. Angesprochen wurde auch die Möglichkeit einer "vorläufigen" Patentanmeldung, mit der ohne große Formalitäten und ohne Gebührenzahlung ein Anmeldetag festgesetzt werden könnte. Dies hätte zahlreiche Vorteile und würde den Anliegen der Forscher und der Wirtschaft gleichermaßen Rechnung tragen. Die Kommission wird diese Anregung 1999 möglichst rasch prüfen und gegebenenfalls entsprechende Vorschläge ausarbeiten. Darüber hinaus wurde beschlossen, die beiden Ausnahmen vom Grundsatz der absoluten Neuheit, die es derzeit im europäischen Recht gibt (offensichlicher Mißbrauch zum Nachteil des Anmelders und Präsentation der Erfindung auf anerkannten internationalen Ausstellungen)16 auf eine mögliche Begriffserweiterung hin zu überprüfen.
Soweit Forschungsaufgaben mit Geldern der Gemeinschaft finanziert werden, könnte ein effektiver Innovationsschutz auch durch die Schulung sogenannter Patentberater für die Verwertung von im Rahmen von Gemeinschaftsprojekten gewonnenen Ergebnissen und durch die Einrichtung eines allgemeinen Online-Dienstes für Patentberatung bei den Patentämtern erreicht werden.
4. Das Europäische Patent
4.1 Allgemeines
Aus der Konsultation zum Grünbuch ließ sich bei den Anwendern eindeutig ein hoher Grad an Zufriedenheit mit dem europäischen Patentsystem und dem Europäischen Patentamt ablesen. Nach Ansicht des Europäischen Parlaments ergibt sich aus der derzeitigen Kombination des Europäischen Patentübereinkommens mit den nationalen Patentsystemen ein flexibles Patentrecht, das im Europäischen Wirtschaftsraum gut funktioniert. Das europäische Patent hat seine große Flexibilität für Anmelder unter Beweis gestellt, auch wenn nach deren Ansicht einige Verbesserungen möglich sind. Die meisten Anwender des Patentsystems halten die Fristen für die Einspruchsverfahren - die sich über fünf Jahre hinziehen oder sogar darüber hinausgehen können - für untragbar. Hier bedarf es ihrer Ansicht nach kurzfristig einer Lösung.
Das Europäische Patentamt hat seinerseits im Laufe der Jahre eine technische Kompetenz auf sehr hohem Niveau gezeigt, die es auch in Zukunft in vollem Umfang zu erhalten gilt.
Die Eingliederung des EPA in die Gemeinschaftsinstitutionen (ein rechtlich und technisch sehr aufwendiger und komplizierter Vorgang) dürfte gegenüber der heutigen Situation keinen nennenswerten Vorteil bringen, auch wenn ein solcher Schritt auf sehr lange Sicht nicht auszuschließen ist. Hingegen wurde in allen Stellungnahmen ganz klar der dringende Wunsch nach einer engeren Zusammenarbeit zwischen der Kommission und dem EPA geäußert. Eine Stärkung dieser Zusammenarbeit ist in unterschiedlicher Form denkbar.
Zunächst ist die vor kurzem eingeleitete Revision des Europäischen Patentübereinkommens zu nennen. Bei dieser Gelegenheit müssen einige Artikel geändert werden, um das geltende Gemeinschaftsrecht (z. B. die Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen17 und die einschlägigen Bestimmungen der von der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten geschlossenen internationalen Übereinkünfte (z. B. TRIPS-Übereinkommen) voll zum Ausdruck zubringen. Die EPÜ-Bestimmungen zum Prioritätsrecht18 müssen beispielsweise mit den Anforderungen des TRIPS-Übereinkommens in Einklang gebracht werden. Die Kommission begrüßt und unterstützt die Initiative der französischen Regierung, die im Frühjahr 1999 eine Regierungskonferenz zur Reform des europäischen Patents einberufen wird. Die Kommission ist bereit, im Rahmen der ihr übertragenen Zuständigkeiten aktiv zum Erfolg dieser so wichtigen Initiative beizutragen.
Aufgrund ihres Beobachterstatus im Verwaltungsrat der Europäischen Patentorganisation ist die Kommission in der Lage, sich aktiv an allen wichtigen Debatten in dieser Organisation zu beteiligen, auch wenn sie kein Stimmrecht hat. Dieses System hat dennoch seine Zweckmäßigkeit überzeugend unter Beweisgestellt. Seit kurzem wird die Kommission auch zu den Sitzungen aller Organe der Europäischen Patentorganisation eingeladen, wenn Themen von gemeinsamem Interesse erörtert werden. Die Kommission ist darüber selbstredend sehr erfreut. Um darüber hinaus eine bestmögliche Synergie zwischen der Europäischen Patentorganisation und der Gemeinschaft sicherzustellen und der Zuständigkeit der Gemeinschaft im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und insbesondere des Patentrechts in vollem Umfang Rechnung zu tragen, wäre es wünschenswert, wenn die Gemeinschaft selbst Vertragspartei des Europäischen Patentübereinkommens würde. Mit Blick auf das künftige Gemeinschaftspatent wird die Kommission eine Diskussion über den Beitritt der Gemeinschaft zum Europäischen Patentübereinkommen anregen. Angesprochen wurde dies bereits von Kommissionsmitglied Mario Monti auf der Tagung des Binnenmarkt-Rats am 24. September 1998. Auf der von Frankreich ausgerichteten Regierungskonferenz könnte dieser Gedanke weiterverfolgt werden.
Die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft sind überdies aufgefordert, ihre Positionen, die sie in den Gremien der Europäischen Patentorganisation vertreten, nach Artikel 5 EG-Vertrag stärker untereinander abzustimmen.
4.2 Das Kostenproblem
4.2.1 Die Gebühren
Von den Benutzern ist der Beschluß des Verwaltungsrats vom Dezember 1996, die Verfahrensgebühren um 124 Mio. DEM jährlich zu senken, einhellig begrüßt worden. Der Beschluß ist seit dem 1. Juli 1997 in Kraft. Auch die Kommission hält diesen Beschluß für positiv, der, wie es scheint, bereits zu einer Erhöhung der Zahl der Anmeldungen beim EPA geführt hat.
Unter Hinweis auf die gestiegene Zahl der europäischen Patentanmeldungen und die bestehenden Überschüsse wurde in den Stellungnahmen zum Grünbuch eine weitere Gebührensenkung gefordert, insbesondere bei den in der Anfangsphase des Verfahrens erhobenen Gebühren, weil diese für einen möglichst problemlosen Zugang zum Patentsystem eine besondere Rolle spielen. Diese Anregung wurde von der Europäischen Patentorganisation bereits in einem im Oktober 1998 ergangenen Grundsatzbeschluß aufgegriffen, der eine Reduzierung der vom EPA erhobenen Gebühren für europäische und internationale Recherchen um etwa 85 Mio. DEM pro Jahr vorsieht. Diese zweite bedeutende Gebührensenkung dürfte im Juli 1999 in Kraft treten.
Nach Umsetzung dieser zweiten Gebührensenkung dürfte das EPA seinen budgetären Handlungsspielraum, über den es derzeit noch verfügt, ausgeschöpft haben. Danach wird eine Atempause notwendig sein, um die Entwicklung der Gebühreneinnahmen zu beobachten und gegebenenfalls weitere Gebührensenkungen ins Auge zu fassen.
Ein Aspekt der Gebührenpolitik bedarf jedoch kurzfristig einer Rationalisierung und Harmonisierung. Es handelt sich um die Gebühren, die die nationalen Patentämter für die Validierung der Übersetzung der europäischen Patentschrift und die Veröffentlichung dieser Übersetzung erheben. In einigen Mitgliedstaaten sind diese Gebühren unverhältnismäßig hoch - mitunter über 500 ECU - und kommen einer Innovationsabgabe gleich, der keine entsprechende Leistung gegenübersteht. Diese Gebühren müssen in der Gemeinschaft soweit irgend möglich auf ein einheitlicheres Niveau reduziert werden.
Die Kommission empfiehlt den nationalen Patentämtern der Mitgliedstaaten darüber hinaus, die Höhe der Verlängerungsgebühren für europäische Patente (die auf nationaler Ebene festgesetzt werden) zu überprüfen, um diese Gebühren auf Gemeinschaftsebene auf ein einheitlicheres Niveau zu bringen und eine etwaige Senkung dieser Gebühren im Rahmen einer gemeinsamen Gebührenstrategie für das Patentsystem in Erwägung zu ziehen.
4.2.2 Verteilungsschlüssel für die Verlängerungsgebühren
Die für die Aufrechterhaltung europäischer Patente entrichteten Gebühren werden anhand eines Verteilungsschlüssels zwischen dem EPA und den nationalen Patentämtern aufgeteilt. Der Anteil an den Verlängerungsgebühren, den die Europäische Patentorganisation erhält und der nach dem Patentübereinkommen höchstens 75 % betragen darf, wurde in einem Beschluß des Verwaltungsrats von 1984 auf 50 % gesenkt. Aus der Konsultation ging klar hervor, daß alle interessierten Kreise eine weitere Senkung dieses Anteils ablehnen und sich statt dessen dafür aussprechen, Einnahmenüberschüsse des EPA zur Senkung der Verfahrensgebühren zu verwenden.
In den Stellungnahmen, die bei der Kommission während der Konsultation eingingen, wird eine umfassende Transparenz dieses Finanztransfers gefordert und angeregt, daß die aus diesem Transfer stammenden Mittel für Initiativen eingesetzt werden, die in direktem Zusammenhang mit der Innovationsförderung stehen. Überhaupt ist zu fragen, ob es langfristig sinnvoll ist, ein System beizubehalten, in dem der Teil der Jahresgebühren, der zur Aufrechterhaltung eines europäischen Patents erhoben wird, nicht direkt für die Verwaltung des Patentamts oder für die Innovationsförderung verwandt wird, sondern unmittelbar in den Gesamthaushalt des Staats fließt. Die Kommission wird sich in diesem Sinne bei den Mitgliedstaaten und der Europäischen Patentorganisation verwenden.
4.2.3 Übersetzungen
Das Europäische Patentamt hat im Rahmen des Münchner Patentübereinkommens mehrere Alternativen vorgeschlagen, um die Kosten, die durch die bestehenden Übersetzungserfordernisse verursacht werden, erheblich zu senken. Die große Mehrzahl der Benutzer sowie der Wirtschafts- und Sozialausschuß der Gemeinschaft sind der Ansicht, daß die "Paketlösung"19 die meisten Vorteile im Hinblick auf technische Durchführbarkeit, Kostenreduzierung und Gleichbehandlung der Sprachen bietet. Die Kommission unterstützt alle Bemühungen des EPA, um so schnell wie möglich zu einer ausgewogenen Lösung zu gelangen. Sie weist allerdings darauf hin, daß die Lösung, die letztlich für das europäische Patent beschlossen wird, nicht der für das künftige Gemeinschaftspatent entsprechen könne, da beide Systeme ihre Eigenheiten hätten.
Die Kommission ist darüber hinaus der Ansicht, daß die Möglichkeit einer zentralen Einreichung der Übersetzungen beim EPA eingehender geprüft werden sollte. Auf diese Weise ließen sich die derzeitigen Validierungskosten für europäische Patente, die durch die diversen Formerfordernisse bei den verschiedenen nationalen Patentämtern bedingt sind, reduzieren. Bei einer zentralen Einreichung der Übersetzungen wäre es Aufgabe des EPA, für die Mitteilung der Informationen an diejenigen Patentämter zu sorgen, die von den Übersetzungen, die der Patentinhaber eingereicht hat, betroffen sind.
5. Aufgabe der nationalen Patentämter
5.1 Ergebnis der Konsultation
Die Konsultation hat klar gezeigt, daß die nationalen Patente und die nationalen Patentämter beibehalten werden müssen, da sie auch in Zukunft wichtige Aufgaben zu erfüllen haben. Nach Ansicht des Europäischen Parlaments werden die nationalen Patentämter weiterhin mit denselben Aufgaben und Befugnissen für nationale und europäische Patente wie heute ausgestattet sein. Daneben sollten die Patentämter auch bei der Verbreitung von Informationen und der Förderung des Gemeinschaftspatents, insbesondere im Hinblick auf den Zugang der KMU zu diesem System, eine wesentliche Rolle spielen.
Die nationalen Patentämter müssen aktiv an der Informationsvermittlung und Förderung des gewerblichen Rechtsschutzes sowie des gemeinsamen technischen Wissens mitwirken, insbesondere durch eine engere Zusammenarbeit mit den Vertretern der KMU, des Handwerks, der Berufsverbände und der freien Erfinder sowie der Hochschulen. Die Einnahmen der Patentämter aus den Verlängerungsgebühren für europäische Patente müssen dazu verwandt werden, die nationalen Verfahrenskosten zu senken und innovationsfördernde Aktivitäten zu unterstützen.
Einige Patentämter sehen ihre Zukunft allerdings gefährdet, vor allem im Hinblick auf die Erhaltung eines ausreichenden Arbeitsvolumens, um die Beschäftigung ihres Personals und eine adäquate technische Qualität zu gewährleisten. Die Kommission ist auf diese Bedenken eingegangen und hat im Juni und November 1998 zwei Zusammenkünfte mit den nationalen Patentämtern veranstaltet. Dabei wurde ein Überblick über alle Initiativen gegeben, die die Patentämter bereits zur Förderung von Innovationen unternommen hatten, und es wurde erörtert, welche Vorteile von einer etwaigen Intervention der Kommission zu erwarten sind.
5.2 Vorhaben der Kommission
Die Kommission hält es für zweckmäßig, ihre Vorschläge für das Gemeinschaftspatent mit einer Sonderaktion zu begleiten, die sich an die nationalen Patentämter wendet, die ihre Tätigkeiten stärker auf die Förderung des gewerblichen Rechtsschutzes im weiteren Sinne ausrichten wollen. Im 5. FTE-Rahmenprogramm wird die Kommission eine Pilotaktion starten, mit der solche Aktivitäten unterstützt werden sollen: Stärkung der aktuellen Aufgaben der Patentämter im Bereich der Patentinformation (herkömmliche Recherchen und Recherchen "auf Antrag"20, erste Bewertung der zu schützenden Erfindung und Entwurf einer Schutzstrategie (nationale, europäische oder internationale Anmeldung) mit etwaiger anschließender Konsultation eines Beraters in Patentsachen, Information über Verfahren und Fristen, um diese Schutzstrategie erfolgreich umzusetzen, wirtschaftliche Basisinformationen zum gewerblichen Rechtsschutz usw.
Diese Aktion sollte den gesamten Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes einbeziehen - Patente ebenso wie Marken, Geschmacks- und Gebrauchsmuster - und damit einen echten "Innovationsschutz" anstreben. Diese neue Aufgabe der Patentämter, die an dieser Initiative mitwirken wollen, könnte von einer kleinen multidisziplinären Fachgruppe auf nationaler Ebene übernommen werden, die ein offenes Ohr für die Anliegen der Unternehmen im Bereich des Innovationsschutzes hat und entsprechend darauf eingehen kann. Denkbare Initiativen dieser Gruppen könnten die Veröffentlichung von Broschüren über den gesamten Bereich des Innovationsschutzes sein, die Einrichtung von Web-Seiten gleichen Inhalts, die Veranstaltung von Ausstellungen und Konferenzen bei den Industrie- und Handelskammern, Hochschulen und technischen Instituten zum Thema "Innovation".
Einige Patentämter haben bereits Initiativen der oben beschriebenen Art ergriffen. Sie müssen in der Fortführung ihrer Arbeit bestätigt werden. Patentämter, die sich noch weitgehend auf die herkömmliche Recherche und Prüfung nationaler Anmeldungen konzentrieren, müssen angeregt werden, sich mit der neuen Aufgabenstellung auseinanderzusetzen und entsprechende Projekte zu entwickeln.
Patentämter, die sich für die Förderung des gewerblichen Rechtsschutzes einsetzen oder bereits eingeleitete Initiativen vertiefen wollen, sollten der Kommission ein detailliertes Projekt auf der Grundlage einer von der Kommission erstellten Leistungsbeschreibung vorlegen. Diese Projekte werden von unabhängigen Sachverständigen geprüft. Die Kommission könnte dann für bestimmte Projekte eine finanzielle Unterstützung gewähren. Das Pilotprojekt kann sich über einen Zeitraum von 18 Monaten erstrecken und, falls es sich als erfolgreich erwiesen hat, in ein spezifisches Programm mit längerer Laufzeit umgewandelt werden. Die Kommission wird die Einrichtung eines Netzwerks für solche Initiativen auf europäischer Ebene, den Erfahrungsaustausch und die Ausarbeitung guter Arbeitsmethoden unterstützen, um Innovationen durch bessere Schutzstrategien zu fördern.
6. Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft
Keine Initiative auf Gemeinschaftsebene kann heute geplant werden, ohne die künftige Erweiterung der Europäischen Gemeinschaft in Betracht zu ziehen. Die Erweiterung ist nun zum zentralen Thema der Unionsarbeit geworden. Dies wird sich auf alle Bereiche der Gemeinschaftstätigkeit auswirken. Im Patentrecht sind zwei Aspekte hervorzuheben.
Zunächst ist festzustellen, daß das Patentrecht in den meisten MOEL bereits modernisiert und angepaßt worden ist, was sehr erfreulich ist. Dieser Rechtsbereich ist für die Innovationsentwicklung in den MOEL von großer Bedeutung. Sechs MOEL, die durch Europa-Abkommen mit der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten verbunden sind, haben sich außerdem verpflichtet, innerhalb einer bestimmten Frist Antrag auf Beitritt zum Europäischen Patentübereinkommen zustellen (Tschechische Republik, Slowakei, Polen, Ungarn, Bulgarien und Rumänien). Estland und Slowenien haben Assoziierungsabkommen mit der Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten geschlossen, in denen ihr Beitritt zu allen wichtigen internationalen Übereinkommen im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes vorgesehen ist. Bislang haben acht Länder den Beitritt zum Europäischen Patentübereinkommen beantragt. Es handelt sich in chronologischer Reihenfolge um: die Tschechische Republik, Polen, Ungarn, Slowakei, Slowenien, Estland, Rumänien und Bulgarien. Diese Länder verfügen im Verwaltungsrat der Patentorganisation über einen Beobachterstatus. Slowenien und Rumänien haben bereits Kooperations- und Erstreckungsabkommen mit der Europäischen Patentorganisation geschlossen. Die Kommission hält den Beitritt zum EPÜ für einen wichtigen Schritt auf dem Weg zur Integration in den Binnenmarkt der Union. Sobald die technischen Voraussetzungen im Rahmen des Münchner Patentübereinkommens erfüllt sind, steht deshalb einer Einladung der Beitrittskandidaten, sich dem EPÜ anzuschließen, nichtsmehr im Weg.
Das Gemeinschaftspatent wird seinerseits, sobald es eingeführt ist, einheitlich für die gesamte Gemeinschaft gelten, unabhängig von deren Zusammensetzung. Wird die Verordnung über das Gemeinschaftspatent vor dem Beitritt der MOEL zur Gemeinschaft erlassen, müssen geeignete Verfahren vorhanden sein, die sicherstellen, daß sich die Wirkungen des Gemeinschaftspatents im gesamten Gebiet der Gemeinschaft entfalten können und so einen echten Binnenmarkt schaffen.
1 KOM (97) 314 endg., 24.6.1997
2 KOM (96) 589 endg., 20.11.1996.
3 Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament "Die Europäische Union und die Raumfahrt: Förderung von Anwendungen, Märkten und industrieller Wettbewerbsfähigkeit", KOM (96) 617 endg.
4 Artikel 52 Absatz 2 Buchstabe c EPÜ.
5 Richtlinie 91/250/EWG des Rates vom 14. Mai 1991 über den Rechtsschutz von Computerprogrammen.
6 Das Urheberrecht schützt eine bestimmte Ausdrucksform eines Computerprogramms, indem es diese Ausdrucksform einem literarischen Werk gleichstellt, während das Patentrecht die neuartige Idee schützt, die der durch das Computerprogramm vermittelten technischen Lösung für ein technisches Problem zugrunde liegt.
7 KOM (98) 569 endg. vom 15. Oktober 1998.
8 EuGH vom 25. Juli 1991, (Saeger/Dennemeyer), Rs. C-76/90, Slg. 1991, I-4221.
9 EuGH vom 30. November 1995, Rs. C-55/94, Slg. 1995, I-4165. Unterliegt die Aufnahme oder Ausübung einer spezifischen Tätigkeit bestimmten Bedingungen, wie der Verpflichtung, bestimmte Diplome zu besitzen, so müssen diese Bedingungen folgende Voraussetzungen erfüllen: keine diskriminierende Anwendung, Rechtfertigung aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, Eignung, die Verwirklichung des verfolgten Ziels zu gewährleisten, und Beschränkung auf das, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit).
10 Verordnung (EWG) Nr. 1768/92 des Rates vom 18. Juni 1992 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arzneimittel, ABl. L 182 vom 2.7.1992, S. 1.
11 Verordnung (EG) Nr. 1610/96 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996 über die Schaffung eines ergänzenden Schutzzertifikats für Pflanzenschutzmittel, ABl. L 198 vom 8.8.1996, S. 30.
12 EuGH vom 9. Juli 1997, Rs. C-316/95, Generics BV/Smith Kline & French Laboratories Ltd.
13 Hierzu zählen insbesondere die Herstellung von Mustern, die Ausführung klinischer Tests an der patentierten Substanz, die Einfuhr der Substanz sowie die Hinterlegung von Mustern bei den zuständigen Behörden. Diese Handlungen sind alle auf das Inverkehrbringen eines Erzeugnisses gerichtet. Es handelt sich demnach weder um Handlungen, die im privaten Kreis und zu nichtgewerblichen Zwecken vorgenommen werden, noch um Handungen, die Versuchszwecken dienen.
14 Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Angleichung der Rechtsvorschriften betreffend den Schutz von Erfindungen durch Gebrauchsmuster, 12.12.1997,KOM (97) 691 endg., ABl. C 36 vom 3.2.1998, S. 13.
15 Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, ABl. L 213 vom 30.7.1998, S. 13.
16 Artikel 55 Absatz 1 Buchstabe a und b EPÜ.
17 Dem AETR-Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften zufolge sind die Mitgliedstaaten, wenn die Gemeinschaft gemeinsame Rechtsnormen erlassen hat, weder einzeln noch gemeinsam handelnd berechtigt, mit dritten Staaten Verpflichtungen einzugehen, die diese Normenbeeinträchtigen oder die deren Tragweite verändern (Urteil vom 31.3.1971, Slg. 1971, 263).
19 Diese Lösung stützt sich auf drei Kernelemente: eine verbesserte Zusammenfassung in der Verfahrenssprache und eine spätere Übersetzung in alle Sprachen; eine Übersetzung der Patentansprüche zum Zeitpunkt der Patenterteilung und vollständige Übersetzung der Patentschrift, wenn das Patent Dritten gegenüber durchgesetzt werden soll.
20 Es handelt sich um Recherchetätigkeiten, die nicht direkt mit der Prüfung der Patentanmeldung zusammenhängen: Sie können vor der Patentanmeldung auf Antrag eines Unternehmens durchgeführt werden oder vor einem Einspruchs- oder Widerrufsverfahren oder zur Evaluierung des Patents eines Konkurrenten oder des Schutzniveaus in einem bestimmten technischen Bereich.