BESCHWERDEKAMMERN
Entscheidungen des Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten
Entscheidung der Beschwerdekammer in Disziplinarangelegenheiten vom 17. März 1997 - D 25/96
(Verfahrenssprache)
Zusammensetzung der Kammer:
Vorsitzender: | W. Moser |
Mitglieder: | R. Teschemacher |
B. Schachenmann | |
E. Klausner | |
Ch. Onn |
Stichwort: Beschäftigungszeit
Artikel: 10 (2) a) der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung für zugelassene Vertreter (VEP)
Leitsatz
Die für die Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung nach Artikel 10 (2) a) VEP nachzuweisende Beschäftigung kann nicht bei einem freiberuflich tätigen deutschen Patentanwalt abgeleistet werden, der nicht in die Liste der zugelassenen Vertreter eingetragen ist.
Sachverhalt und Anträge
I. Der Beschwerdeführer wandte sich mit Schreiben vom 18. Juli 1995 an das Sekretariat der Prüfungskommission für die europäische Eignungsprüfung. Er schilderte, daß er am 30. September 1995 seine Ausbildung zum deutschen Patentanwalt abschließen werde. Zu diesem Zeitpunkt werde er 2 Jahre und 11 Monate bei zwei deutschen Patentanwaltskanzleien B. und H. gearbeitet haben. Diese Tätigkeit habe eine Vielzahl von Anmeldungen und Patenten vor dem nationalen und dem Europäischen Patentamt umfaßt. Diese würden im einzelnen bei der Anmeldung zur Prüfung nachgewiesen. Zum 1. Oktober 1995 sei er für das "Amtsjahr" beim Deutschen Patentamt (DPA) zugelassen worden. Er fragte an, ob er zur europäischen Eignungsprüfung im März 1996 zugelassen werde, obwohl die Amtszeit erst mit Zulassung zur Patentanwaltsprüfung bestätigt werde. Für den Fall, daß die Frage zu verneinen sei, fragte er weiter an, ob Bescheinigungen des DPA akzeptiert würden, in denen Tätigkeiten für einen bestimmten Zeitraum bestätigt werden, und ob Kollegenarbeit unter der Leitung eines zugelassenen Vertreters anerkannt werde.
II. In seiner Antwort vom 8. August 1995 teilte das Prüfungssekretariat dem Beschwerdeführer mit, er könne sich zur Eignungsprüfung 1996 anmelden. Ihm fehlten zwar, wie in seinem Brief erwähnt, vier Wochen, um die Voraussetzungen nach Artikel 10 (2) a) der Vorschriften über die europäische Eignungsprüfung (VEP, veröffentlicht in ABl. EPA 1994, 7) zu erfüllen. Nach sorgfältiger Prüfung seiner beruflichen Laufbahn könnte jedoch ausnahmsweise als Ausgleich hierfür seine Tätigkeit beim DPA anerkannt werden. Er werde gebeten, zusammen mit seinen Unterlagen und spätestens einen Monat vor Abhaltung der Prüfung eine entsprechende Bescheinigung des DPA vorzulegen.
III. Am 30. August 1995 gingen ein Scheck über die Prüfungsgebühr und Ausbildungsnachweise ein. Darunter befand sich eine "Bescheinigung des Ausbilders oder Arbeitgebers nach Artikel 10 (2) a), 21 (2) b) VEP" auf dem hierfür vorgesehenen Formblatt (ABl. EPA 1995, 446). Sie war von Patentanwalt B. unterschrieben und bestätigte eine Ausbildung von 23. November 1992 bis 31. März 1994. Eine ebensolche Bestätigung von Patentanwalt K. wurde für den Zeitraum von 1. April 1994 bis 30. September 1995 vorgelegt.
IV. Am 2. November 1995 wurde der Beschwerdeführer unter Hinweis auf die am 10. November 1995 ablaufende Anmeldefrist davon unterrichtet, daß die Akte noch kein Anmeldeformular enthalte. Hierauf meldete er sich unter Verwendung des vorgeschriebenen Formulars (ABl. EPA 1995, 444) zur europäischen Eignungsprüfung 1996 mit dem Hinweis an, dies geschehe vorsorglich, da er den Antrag bereits am 28. August 1995 eingereicht habe.
V. Am 6. Dezember 1995 teilte das Prüfungssekretariat dem Beschwerdeführer mit, er könne nicht zur Prüfung zugelassen werden. Nach Artikel 10 (2) a) VEP sei hierfür eine Ausbildungszeit von drei Jahren unter Leitung einer in der Liste der zugelassenen Vertreter eingetragenen Person notwendig. Patentanwalt B. gehöre nicht zu diesem Personenkreis, daher sei nur eine Ausbildungszeit von 6 Monaten nachgewiesen. In seiner Erwiderung vom 11. Dezember 1995 trug der Beschwerdeführer vor, er habe nie behauptet, Patentanwalt B. sei ein zugelassener Vertreter. Seine Tätigkeit bei diesem erfülle jedoch die Voraussetzungen nach Artikel 10 (2) a) iii) in Verbindung mit Artikel 10 (2) a) ii) VEP.
VI. Mit Entscheidung des Prüfungssekretariats vom 20. Februar 1996, zur Post gegeben am 22. Februar 1996, wurde der Antrag auf Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung abgelehnt. In der Begründung ist ausgeführt, die Ausbildung bei Patentanwalt B. erfülle keine der in Artikel 10 (2) a) i) und iii) VEP vorgesehenen Alternativen. Für Artikel 10 (2) a) i) VEP fehle es an der Zulassung von Patentanwalt B. nach Artikel 134 (1) EPÜ. Artikel 10 (2) a) iii) VEP setze andererseits voraus, daß das Praktikum bei einer Person im Sinne von Artikel 10 (2) a) ii) VEP abgeleistet werde. Dies bedeute, daß die Person, unter deren Aufsicht das Praktikum stattfinde, selbst für ihren Arbeitgeber nach Artikel 133 (3) EPÜ tätig sein müsse. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt, da Patentanwalt B. freiberuflich und nicht in einem Anstellungsverhältnis tätig geworden sei.
VII. Am 18. April 1996 legte der Antragsteller unter gleichzeitiger Zahlung der Beschwerdegebühr Beschwerde ein, die er am 15. Mai 1996 schriftlich begründete. Er beantragte zuletzt, die angegriffene Entscheidung aufzuheben und seine Ausbildungszeit bei Patentanwalt B. voll, hilfsweise zur Hälfte, weiter hilfsweise mit 5 Monaten, anzuerkennen. Ferner beantragte er, die Beschwerdegebühr zurückzuzahlen.
VIII. Dem Präsidenten des Europäischen Patentamts und der Präsidentin des Instituts der beim Europäischen Patentamt zugelassenen Vertreter wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben; sie haben hiervon keinen Gebrauch gemacht.
Entscheidungsgründe
1. Die nach Artikel 27 VEP zulässige Beschwerde ist unbegründet.
2. Der Beschwerdeführer ist der Auffassung, er habe schon deswegen zur Prüfung zugelassen werden müssen, weil ihm das Prüfungssekretariat mit Schreiben vom 8. August 1995 mitgeteilt habe, er erfülle die zur Zulassung erforderlichen Voraussetzungen, wenn er eine Bescheinigung des DPA beibringe, die die Anrechnung der fehlenden vier Wochen rechtfertige. Er sei von Patentanwalt B. und vom Prüfungssekretariat nahezu 3 Jahre im Glauben gelassen worden, sein abgeleistetes Praktikum entspreche den Vorschriften. Dem kann die Kammer nicht folgen.
2.1 Zugunsten des Beschwerdeführers kann davon ausgegangen werden, daß der allgemein in Verfahren vor dem EPA geltende Grundsatz des Vertrauensschutzes (G 5/88, ABl. EPA 1991, 137, Gründe Nr. 3.2) auch im Verfahren für die Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung Anwendung findet. Der vorliegende Sachverhalt läßt jedoch nicht erkennen, daß dem Beschwerdeführer in Aussicht gestellt wurde, die Ausbildung bei Patentanwalt B. werde nach Artikel 10 (2) a) VEP anerkannt werden.
2.2 Zunächst kommt es hierfür in keiner Weise darauf an, welche Informationen der Beschwerdeführer von Patentanwalt B. erhalten hat. Wer sich zu einer Prüfung anmeldet, hat sich in erster Linie selbst darüber zu vergewissern, welche Voraussetzungen für die Ablegung der Prüfung gelten. Bestehen berechtigte Zweifel hierüber, so können diese ggf. durch die Prüfungsbehörde geklärt werden. Nur diese ist legitimiert, verbindliche Aussagen hierüber zu machen. Sollte Patentanwalt B. beim Beschwerdführer den Eindruck erweckt haben, er sei berechtigt, für die europäische Eignungsprüfung auszubilden, so mag dies Folgen für die vertraglichen Beziehungen in dem Ausbildungsverhältnis haben, es kann aber nichts an den geltenden Zulassungsbedingungen ändern.
Im übrigen hat der Beschwerdeführer nur vorgetragen, er habe bei Patentanwalt B. die Ausbildung zum Patentanwalt begonnen. Sollte dies möglicherweise das einzige Ausbildungsziel gewesen sein, bestand für Patentanwalt B. auch keine Veranlassung, den Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, daß die Ausbildung zum Patentanwalt im vorliegenden Fall nicht für die Zulassung zur europäischen Eignungsprüfung nach Artikel 10 (2) a) VEP angerechnet werden konnte.
2.3 Unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes ist das Schreiben des Prüfungssekretariats vom 8. August 1995 wie folgt zu beurteilen:
2.3.1 In diesem Schreiben wird mitgeteilt, daß dem Beschwerdeführer als Ausgleich für vier fehlende Wochen Ausbildungszeit seine Tätigkeit beim DPA anerkannt werden könne. Hieraus konnte der Beschwerdeführer nicht schließen, daß seine Ausbildungszeit im übrigen, d. h. bis auf die fehlenden vier Wochen, geprüft und anerkannt worden war. Das Prüfungssekretariat nimmt nämlich in dieser Hinsicht ausdrücklich Bezug auf die eigenen Angaben des Beschwerdeführers, wenn es sagt, "Wie in Ihrem Brief erwähnt, fehlen Ihnen aber vier Wochen ...". Das zeigt, daß es hierüber keine eigenen Feststellungen traf, sondern sich auf die Richtigkeit der Angaben des Beschwerdeführers verließ.
2.3.2 Der Beschwerdeführer konnte auch nicht erwarten, daß das Prüfungssekretariat die Voraussetzungen von Artikel 10 (2) a) VEP in jeder Hinsicht geprüft und bejaht hatte. Das Schreiben vom 8. August 1995 ist eine Antwort auf eine vom Anmelder gestellte Frage, die ausdrücklich daran anknüpft, daß er zum Prüfungsbeginn die erforderlichen Nachweise für eine bereits absolvierte Ausbildung von 2 Jahren und 11 Monaten erbringen kann. Die Frage zielt lediglich darauf, ob und wie die darüber hinaus noch fehlende Zeit anerkannt werden konnte. Daher war es verständlich, daß das Prüfungssekretariat sich auf eine Antwort zu dieser Frage beschränkte.
Das wird nur bestätigt durch den Hinweis in dem Schreiben, die erforderliche Bescheinigung des DPA sei "zusammen mit (den) Unterlagen" des Beschwerdeführers und spätestens einen Monat vor Abhaltung der Prüfung vorzulegen. Dies deutet darauf hin, daß solche Unterlagen noch nicht geprüft worden waren.
2.3.3 In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob die Ausbildungsnachweise bereits mit der Anfrage vom 18. Juli 1995 vorgelegt wurden, wie der Beschwerdeführer behauptet, oder erst am 30. August 1995. Für letzteres könnte einiges nach dem Inhalt der beigezogenen Prüfungsakten sprechen. Das Schreiben vom 18. Juli 1995 nimmt weder ausdrücklich noch inhaltlich auf Anlagen Bezug. Im Gegenteil wird angekündigt, daß die angefallenen Tätigkeiten bei der Anmeldung zur Prüfung nachgewiesen würden. Der einzige in den Akten vorhandene Satz Ausbildungsnachweise ist mit dem 30. August 1995 als Eingangstag perforiert. Waren die Nachweise bereits am 18. Juli 1995 eingereicht worden, bestand kein Anlaß, sie am 30. August nochmals einzureichen. Unabhängig hiervon war jedenfalls im Zeitpunkt des Schreibens vom 8. August 1995 kein Antrag auf Zulassung zur Prüfung gestellt. Solange dies nicht der Fall war, hatte das Prüfungssekretariat auch keinen Anlaß, sich abschließend zur Erfüllung der Voraussetzungen der Zulassung zu äußern, sondern konnte sich auf die Beantwortung der spezifischen Frage des Beschwerdeführers beschränken.
2.3.4 Der Beschwerdeführer kann auch nichts aus der Passage der Antwort des Prüfungssekretariats herleiten, in dem dieses die Anerkennung als Ausgleich für die fehlenden vier Wochen "nach sorgfältiger Prüfung (der) beruflichen Laufbahn" in Aussicht stellt. Hier wollte das Prüfungssekretariat ersichtlich eine Ermessensentscheidung treffen (s. u. 3.3.3). Diese setzte eine Bewertung der Gesamtumstände voraus, d. h. der gesamten Ausbildung, die der Beschwerdeführer gemäß seiner Anfrage bis zum damaligen Zeitpunkt absolviert hatte und die er bis zum Prüfungstermin noch absolvieren wollte. Das bedeutete aber nicht, daß das Sekretariat die Richtigkeit der Angaben im Schreiben des Beschwerdeführers vom 18. Juli 1995 überprüft hatte.
2.3.5 Im Ergebnis hat daher weder das Prüfungssekretariat die Ausbildung bei Patentanwalt B. anerkannt, noch bestand Anlaß für den Beschwerdeführer, aufgrund der Umstände anzunehmen, das Prüfungssekretariat wolle die Anerkennung dieser Ausbildung in Aussicht stellen. Daher bedarf es keiner weiteren Prüfung der Frage, unter welchen konkreten Umständen aufgrund des Grundsatzes des Vertrauensschutzes von zwingenden Zulassungsvoraussetzungen abgesehen werden könnte.
3. Der Beschwerdeführer wendet sich auch ohne Erfolg gegen die Begründung in der angegriffenen Entscheidung, mit der das Vorliegen der Voraussetzungen des Artikels 10 (2) a) VEP verneint wurde.
3.1 Nach dieser Bestimmung kann die erforderliche praktische Erfahrung in dreifacher Weise erworben werden:
- durch Praktikum als Assistent eines zugelassenen Vertreters (Unterabsatz i)),
- als Angestellter, der für seinen Arbeitgeber nach Artikel 133 (3) EPÜ handelt (Unterabsatz ii)),
- als Assistent eines Angestellten, der für seinen Arbeitgeber nach Artikel 133 (3) EPÜ handelt (Unterabsatz iii)).
3.2 Der Beschwerdeführer hat seine in der ersten Instanz vorgetragene Auffassung, er habe als Angestellter von Patentanwalt B. die Kriterien nach Artikel 10 (2) a) iii) in Verbindung mit ii) VEP erfüllt, im Beschwerdeverfahren nicht mehr vertreten. Für die dort geregelten Voraussetzungen fehlte es daran, daß weder der Beschwerdeführer noch Patentanwalt B. Angestellter eines Arbeitgebers waren, der von der in Artikel 133 (3) Satz 1 EPÜ für in den Vertragsstaaten ansässige Parteien eröffneten Möglichkeit Gebrauch machte, durch Angestellte vor dem EPA zu handeln.
3.3 Der Beschwerdeführer trägt nunmehr vor, Artikel 10 (2) VEP enthalte eine vom Prüfungssekretariat und der Beschwerdekammer zu schließende Regelungslücke, da die Vorschrift widersprüchlich sei. Es müsse auf Art und Ausführung der Ausbildung abgestellt werden, am Wortlaut des Artikels 10 (2) VEP dürfe nicht unabrückbar festgehalten werden. Bei der Zulassung bestehe ein Ermessen, andere Formen der Ausbildung anzuerkennen, wenn der Nachweis gleichwertiger Kenntnisse erbracht werde. Dem kann sich die Kammer nicht anschließen.
3.3.1 Welche Kenntnisse ein Antragsteller tatsächlich erworben hat, kann erst nach Ablegung der europäischen Eignungsprüfung festgestellt werden. Der Nachweis praktischer Ausbildung dient dem Zweck, nur solche Bewerber zur Prüfung zuzulassen, bei denen aufgrund ihrer Erfahrungen angenommen werden kann, daß sie Aussicht haben, die Prüfung zu bestehen. Bei der Bewertung dieser Erfahrungen ist eine typisierende Betrachtung notwendig, da im Zulassungsverfahren die Qualität der Ausbildung im Einzelfall nicht nachvollzogen werden kann. Der Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, eine praktische Erfahrung als Zulassungsvoraussetzung im Grundsatz dann anzuerkennen, wenn sie im Rahmen einer zulässigen eigenverantwortlichen Tätigkeit in Verfahren vor dem EPA gewonnen wird. Daher stehen die in Artikel 10 (2) a) VEP zugelassenen Formen der Ausbildung in Zusammenhang mit den in Artikel 133, 134 EPÜ zugelassenen Formen des Handelns vor dem EPA. Vor dem EPA können nur zugelassene Vertreter nach Artikel 134 EPÜ und innerhalb der Vertragsstaaten ansässige Beteiligte nach Artikel 133 (3) EPÜ durch ihre Angestellten handeln. Demgemäß werden Ausbildungszeiten in diesen Bereichen, d. h. in der Praxis in der Kanzlei eines zugelassenen Vertreters oder in der Patentabteilung eines in den Vertragsstaaten ansässigen Unternehmens, anerkannt. Auf die besondere Situation der Rechtsanwälte, deren Vertretungsbefugnis in Artikel 134 (7) EPÜ geregelt ist, braucht hier nicht eingegangen zu werden, da ein solcher Fall nicht vorliegt.
3.3.2 Es ist nicht ersichtlich, daß der Gesetzgeber hiermit den ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraum überschritten hätte. Die Sachdienlichkeit der getroffenen Regelung ergibt sich daraus, daß sich bei den zugelassenen Vertretern und in den Patentabteilungen der Industrie aus den Vertragsstaaten die praktische Arbeit in Zusammenhang mit europäischen Anmeldungen und Patenten konzentriert und daher entsprechende Erfahrungen am ehesten dort gewonnen werden können.
Es kann selbstverständlich nicht ausgeschlossen werden, daß auch andere Personen im Einzelfall geeignet sein könnten, qualifizierte Kenntnisse in der Bearbeitung von europäischen Patentanmeldungen und Patenten zu vermitteln. Bei der im Zulassungsverfahren gerechtfertigten typisierenden Betrachtungsweise ist es aber nicht möglich, eine einzelne Ausbildungsstätte daraufhin zu überprüfen, ob dort eine prüfungsgerechte Ausbildung erwartet werden kann. Insbesondere war der Gesetzgeber nicht gehalten, auch eine Ausbildung bei Vertretern anzuerkennen, die nur vor dem nationalen Patentamt auftreten dürfen, da diese sich typischerweise eher mit nationalen Patenten befassen. In der Praxis wird zwar von den Bewerbern nicht der Nachweis verlangt, daß ihre Ausbildungstätigkeit sich speziell auf europäische Patentanmeldungen und Patente bezogen hat; vielmehr wird der Nachweis von Tätigkeiten im Zusammenhang mit nationalen Patentanmeldungen und Patenten als ausreichend angesehen (vgl. Artikel 10 (4) VEP und die Mitteilung "Europäische Eignungsprüfung 1996", ABl. EPA 1995, 438, Nr. 2.2 a). Demgemäß unterscheidet das Formblatt für die Bescheinigung des Ausbilders nach Artikel 10 (2) a) VEP (ABl. EPA 1995, 446) auch nicht zwischen Tätigkeiten betreffend nationale Anmeldungen und Patente einerseits und europäische Anmeldungen und Patente andererseits. Diese Zulassungspraxis ändert aber nichts daran, daß nach Artikel 10 (2) a) VEP Inhalt der Ausbildung eine Tätigkeit im Zusammenhang mit europäischen Patentanmeldungen und Patenten ist, die der Gesetzgeber am ehesten durch Personen gewährleistet sah, die berechtigt sind, in Verfahren vor dem EPA zu handeln (vgl. zum Umfang dieser Tätigkeiten im vorliegenden Fall den Ausbildungsplan von Patentanwalt B. vom 16. Mai 1995 unter II.A.2).
Der geschilderte Gesetzeszweck kann auch nicht mit dem Hinweis auf die Zulassungspraxis in Frage gestellt werden, nach der es als ausreichend angesehen wird, wenn der Ausbilder zum Zeitpunkt der Anmeldung des Bewerbers zur Prüfung in der Liste der zugelassenen Vertreter eingetragen ist ("Europäische Eignungsprüfung 1996", a. a. O., Nr. 2.2 b). Damit sind zwar Fallgestaltungen möglich, in denen die gesamte Ausbildung des Bewerbers abgeschlossen ist, bevor der Ausbilder die Berechtigung zur Vertretung vor dem EPA erlangt hat. Diese Regelung ist aber insofern nicht ohne Rechtfertigung, weil die Erlangung der Qualifikation nach Artikel 134 (1) EPÜ nach Beginn der Ausbildung als Grenzfall im Sinne von Artikel 10 (2) a) i) VEP angesehen werden kann, der nach der Zulassungspraxis in der liberalsten Weise gehandhabt wird. Dies begründet noch keine Verpflichtung, die Ausbildung auch dann anzuerkennen, wenn der Ausbilder die Qualifikation nach Artikel 134 (1) EPÜ überhaupt nicht erlangt hat.
3.3.3 Aus der Tatsache, daß ihm für vier fehlende Wochen seine Tätigkeit beim DPA angerechnet werden sollte, leitet der Beschwerdeführer her, daß das Prüfungssekretariat generell ein Ermessen ausübe, welche Tätigkeiten als Ausbildung im Sinne von Artikel 10 (2) a) VEP anerkannt würden. Auch hierin kann die Kammer dem Beschwerdeführer nicht folgen. Mit der angekündigten Handhabung wollte sich das Prüfungssekretariat, ohne diese Vorschriften ausdrücklich zu erwähnen, ersichtlich im Rahmen von Artikel 11 VEP in Verbindung mit Artikel 10 des Beschlusses der Prüfungskommmission vom 19. Mai 1994 (ABl. EPA 1994, 599) halten, die unter dort näher geregelten Voraussetzungen eine Verkürzung der Ausbildung nach Artikel 10 (2) a) VEP bis zu einem Jahr erlauben.
4. Gegenstand der angegriffenen Entscheidung und damit auch dieses Beschwerdeverfahrens ist lediglich die Frage, ob der Antrag auf Zulassung für die europäische Eignungsprüfung 1996 zu Recht abgelehnt wurde. Für diesen Termin konnte der Beschwerdeführer im übrigen nur die Ausbildung bei Patentanwalt K. von 6 Monaten vorweisen. Daher kommt es für die Entscheidung über die Beschwerde nicht auf die Hilfsanträge des Beschwerdeführers an, mit denen begehrt wird, die Ausbildung bei Patentanwalt B. zur Hälfte oder mit 5 Monaten anzuerkennen. Auch wenn den Hilfsanträgen stattzugeben wäre, würde insgesamt die notwendige Ausbildungsdauer von 3 Jahren für diesen Prüfungstermin nicht erreicht. Ob zwischenzeitlich die Zulassungsvoraussetzungen für einen späteren Termin erfüllt worden sind, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens und dieser Entscheidung.
5. Da die Beschwerde zurückzuweisen ist, sind die Voraussetzungen für die Rückzahlung der Beschwerdegebühr nach Artikel 27 (4) Satz 3 VEP nicht erfüllt.
Entscheidungsformel
Aus diesen Gründen wird entschieden:
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.