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Neues Gebrauchsmustergesetz - Änderung des Patentgesetzes
Am 1. April 1994 ist in Österreich das Bundesgesetz über den Schutz von Gebrauchsmustern (Gebrauchsmustergesetz-GMG)1 in Kraft getreten. Mit dem Gebrauchsmuster steht eine Schutzmöglichkeit für technische Entwicklungen zur Verfügung, die nicht den für eine Patenterteilung erforderlichen hohen Erfindungsgehalt aufweisen müssen. Ein einfaches Anmeldeverfahren stellt sicher, daß der Anmelder rasch in den Genuß des Schutzrechts kommt.
1. Gegenstand des Gebrauchsmusters sind Erfindungen, die neu sind, auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind. Die Anforderungen an die Erfindungshöhe sind damit geringer als bei patentfähigen Erfindungen. Eine Besonderheit des österreichischen Gebrauchsmusterrechts ist der Schutz für die Programmlogik, die Programmen für Datenverarbeitungsanlagen zugrunde liegt; damit soll der derzeit nur durch Urheberrecht mögliche Schutz für Software wesentlich verbessert werden.
Dem Gebrauchsmusterschutz zugänglich sind auch Verfahren und chemische Stoffe. Vom Gebrauchsmusterschutz ausgenommen sind Pflanzensorten und Tierarten (Tierrassen) einschließlich Mikroorganismen sowie im wesentlichen biologische Verfahren zu deren Züchtung. Das gleiche gilt für Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung von Menschen und Diagnostizierverfahren an Menschen.
2. Die Anforderungen an die Gebrauchsmusteranmeldung entsprechen grundsätzlich denen einer Patentanmeldung. Für eine Gebrauchsmusteranmeldung kann die Priorität einer Patentanmeldung beansprucht werden und umgekehrt. Die Prioritätsfrist beträgt 12 Monate. Ferner besteht für Gebrauchsmusteranmeldungen (nicht für Patentanmeldungen!) eine Schonfrist, wonach auch eine Offenbarung der Erfindung durch den Anmelder oder seinen Rechtsvorgänger nicht neuheitsschädlich ist, wenn sie nicht früher als 6 Monate vor dem Anmeldetag erfolgt ist.
3. Jede Gebrauchsmusteranmeldung wird vom Österreichischen Patentamt auf Gesetzmäßigkeit geprüft. Eine Prüfung auf Neuheit, erfinderischen Schritt, gewerbliche Anwendbarkeit sowie darauf, ob der Anmelder Anspruch auf Gebrauchsmusterschutz hat, erfolgt im Anmeldeverfahren jedoch nicht. Bestehen gegen die Veröffentlichung und Registrierung des Gebrauchsmusters keine Bedenken, so erstellt das Österreichische Patentamt innerhalb von 6 Monaten ab dem Anmeldetag einen Recherchenbericht. Nach Erhalt des Recherchenberichts kann der Anmelder die Ansprüche noch ändern. Sobald die Zahlung der vorgesehenen Gebühren nachgewiesen ist, wird das Gebrauchsmuster registriert und veröffentlicht.
Der Anmelder kann schon bei der Anmeldung die sofortige Veröffentlichung und Registrierung des Gebrauchsmusters beantragen (beschleunigtes Verfahren), die dann innerhalb kürzester Zeit (1 bis 3 Monate) erfolgt, sofern aufgrund der Gesetzmäßigkeitsprüfung keine Bedenken bestehen und die Zahlung der Gebühren nachgewiesen wurde.
Der Recherchenbericht ist grundsätzlich Bestandteil der Gebrauchsmusterschrift. Ist der Recherchenbericht im beschleunigten Verfahren zum Zeitpunkt der Veröffentlichung und Registrierung des Gebrauchsmusters noch nicht fertiggestellt, wird er gesondert veröffentlicht.
4. Während des Anmeldeverfahrens kann eine Gebrauchsmusteranmeldung in eine Patentanmeldung umgewandelt werden und umgekehrt. Die Umwandlungsmöglichkeit besteht bis zur Fassung des Bekanntmachungsbeschlusses auch für Patentanmeldungen, die vor Inkrafttreten des GMG eingereicht wurden und noch anhängig sind. Eine europäische Patentanmeldung, die nach Artikel 77 (5) EPÜ als zurückgenommen gilt, kann nun auch in eine österreichische Gebrauchsmusteranmeldung umgewandelt werden.
5. Der Schutz beginnt mit der Veröffentlichung und Registrierung des Gebrauchsmusters, die gleichzeitig erfolgen. Die maximal mögliche Schutzdauer des Gebrauchsmusters beträgt zehn Jahre ab Ende des Anmeldemonats. Für das Gebrauchsmuster sind für das zweite und jedes weitere Jahr Jahresgebühren zu entrichten.
Die Wirkung des Gebrauchsmusters entspricht der eines österreichischen Patents, d.h. der Inhaber eines Gebrauchsmusters kann gegen Verletzer sowohl zivilrechtlich als auch strafrechtlich vorgehen.
Auf begründeten Antrag wird das Gebrauchsmuster vom Österreichischen Patentamt für nichtig erklärt, soweit die sachlichen Schutzvorraussetzungen wie insbesondere Neuheit und erfinderischer Schritt nicht gegeben waren.
6. Da in Österreich kein Doppelschutzverbot besteht, kann für dieselbe Erfindung sowohl ein Patent erteilt als auch ein Gebrauchsmuster registriert werden.
7. Gleichzeitig mit dem GMG ist auch eine Novelle zum Patentgesetz 1970 und zum Gebührengesetz 19572 in Kraft getreten. Damit wurden u.a. die Vertretungsregelung bezüglich Service- und Informationsleistungen des Patentamts liberalisiert und die Bestimmungen über die Übersetzungen nationaler Patentanmeldungen, die in englischer oder französischer Sprache eingereicht werden, vereinfacht.
8. Weitere Einzelheiten zum Gebrauchsmusterschutz in Österreich sind im Österreichischen Patentblatt 1994, 41 ff. veröffentlicht. Das GMG und das Bundesgesetz, mit dem das Patentgesetz 1970 und das Gebührengesetz 1957 geändert werden, sind dem Österreichischen Patentblatt Nr. 4/1994 als Anlage beigefügt.