MITTEILUNGEN DES EPA
Die Lissabonner Gemeinschaftspatentkonferenz 1992
1. In der Zeit vom 4. bis 5. Mai 1992 hat die "Lissabonner Gemeinschaftspatentkonferenz 1992" der Mitgliedstaaten der EG stattgefunden, zu der Portugal als im ersten Halbjahr 1992 amtierende Präsidentschaft im Rat der EG eingeladen hatte. Nachdem am 31. Dezember 1991 feststand, daß bisher weder die Vereinbarung über Gemeinschaftspatente (VGP)1 noch das besondere "Protokoll über eine etwaige Änderung der Bedingungen für dasInkrafttreten der VGP"2 in Kraft getreten war, hatte Portugal die notwendigen Vorbereitungen getroffen, um entsprechend der am 15. Dezember 1989 angenommenen "Erklärung über eine etwaigeÄnderung der Bedingungen für das Inkrafttreten der VGP"einstimmig Mittel und Wege zu finden, damit das Gemeinschaftspatentsystem zum Zeitpunkt der Vollendung des Binnenmarktes angewendet werden kann.
2. Der von Portugal vorgelegte Basistext sah im wesentlichen vor, daß zehn namentlich benannte Unterzeichnerstaaten3 (BE, DE, ES, FR, GB, GR, IT, LU, NL und PT) die VGP für deren Inkraftsetzen ratifizieren müssen; die VGP sollte danach in einem "ersten Schritt" ohne Dänemark und Irland in Kraft treten können. Dänemark und Irland sollten in einem "zweiten Schritt" folgen, wenn die dort bislang bestehenden verfassungsrechtlichen oder politischen Schwierigkeiten überwunden sind. Ferner sah der Basistext vor, daß sich Spanien und Portugal bei der Hinterlegung ihrer Ratifikationsurkunden vorbehalten können, die VGP erst zum1. Januar 1996 für sich gelten zu lassen. Im Ergebnis hätte dies bedeutet, daß die VGP zunächst für acht, ab 1. Januar 1996 für zehn und, nach Überwinden der Schwierigkeiten in Dänemark und Irland, für alle derzeit zwölf Mitgliedstaaten der EG gelten würde.
3. Dieser Basistext fand jedoch keine einstimmige Zustimmung auf der Konferenz, woraufhin Portugal weitere Kompromißvorschläge vorlegte.
Ein erster Vorschlag sah vor, daß die VGP am 1. Januar 1996 für Spanien und Portugal nur unter der Voraussetzung wirksam werden sollte, daß sie zu diesem Zeitpunkt bereits für alle übrigen zehn Unterzeichnerstaaten in Kraft ist, also auch für Dänemark und Irland. Für Spanien und Portugal sollte die VGP "auf jeden Fall" aber am 1. Januar 1998 wirksam werden, das heißt zu diesem Zeitpunkt gegebenenfalls auch ohne Dänemark und Irland. Dieser Vorschlag fand ebenfalls keine einstimmige Zustimmung.
Der zweite Kompromißvorschlag sah vor, den konkreten Zeitpunkt für das Wirksamwerden der VGP für Spanien und Portugal nichtfestzuschreiben. Die Regierungen sollten sich aber in einer gemeinsamen Erklärung darauf verständigen, daß eine Regierungskonferenz erneut versuchen sollte, "einstimmig Mittel und Wege zu finden, um das Gemeinschaftspatentsystem so bald wie möglich für alle Unterzeichnerstaaten in Kraft setzen zu können, wenn dies bis zum 31. Dezember 1995 noch nicht geschehen sein sollte." Auch dieser Vorschlag wurde nicht einstimmig gebilligt.
4. Als Ergebnis der Lissabonner Gemeinschaftspatentkonferenz 1992 kann daher nur festgehalten werden, daß kein Konsens gefunden werden konnte, das Gemeinschaftspatentsystem zum Zeitpunkt der Vollendung des Binnenmarkts, das heißt am 1. Januar 1993, in Kraft zu setzen. Auf der Konferenz ist lediglich beschlossen worden, dem Ministerrat für seine Sitzung als Binnenmarktrat vom 18. bis 19. Juni 1992 einen Bericht über das Ergebnis der Konferenz vorzulegen. Zusätzlich wird in diesem Bericht der Wunsch der Konferenz zum Ausdruck gebracht, daß eine der nächsten Präsidentschaften im Rat der EG zu geeigneter Zeit eine neue Initiative ergreifen solle, um die Arbeiten zur Inkraftsetzung der VGP fortzusetzen.
5. Ein Inkrafttreten der VGP zum 1. Januar 1993 scheint aus heutiger Sicht nicht mehr erreichbar. Eine Prognose, wann die VGP in Kraft treten wird, kann nach dem Ergebnis der Lissabonner Gemeinschaftspatentkonferenz 1992 nicht gegeben werden.
1 Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 30. Dezember 1989 Nr. L 401
2 Vgl. ABl. EPA 1990, 224 (228 ff.)
3 Vgl. ABl. EPA 1990, 224 und 1991, 623