Nationales Recht zum EPÜ, IV. Übersetzungserfordernisse nach Erteilung
1. Rechtsgrundlage
Nach Artikel 65 (1) des Europäischen Patentübereinkommens kann jeder Vertragsstaat für den Fall, dass das vom Europäischen Patentamt erteilte, in geänderter Fassung aufrechterhaltene oder beschränkte europäische Patent nicht in einer seiner Amtssprachen abgefasst ist, vorschreiben, dass der Patentinhaber bei seiner Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz eine Übersetzung des Patents in der erteilten, geänderten oder beschränkten Fassung nach seiner Wahl in einer der Amtssprachen dieses Staats, oder, soweit der betreffende Staat die Verwendung einer bestimmten Amtssprache vorgeschrieben hat, in dieser Amtssprache einzureichen hat.
Nach Artikel 1 (1) des sogenannten Londoner Übereinkommens * verzichtet jedoch ein Vertragsstaat des Londoner Übereinkommens, der eine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des EPA gemein hat, auf die in Artikel 65 (1) EPÜ vorgesehenen Übersetzungserfordernisse.
Nach Artikel 1 (2) des Londoner Übereinkommens verzichtet ein Vertragsstaat des Londoner Übereinkommens, der keine Amtssprache mit einer der Amtssprachen des EPA gemein hat auf die in
Artikel 65 (1) EPÜ vorgesehenen Übersetzungserfordernisse, wenn das europäische Patent
- in der von diesem Staat vorgeschriebenen Amtssprache des EPA erteilt oder
- in diese Sprache übersetzt und nach Maßgabe des Artikel 65 (1) EPÜ eingereicht worden ist.
Nach Artikel 1 (3) des Londoner Übereinkommens kann ein solcher Vertragsstaat allerdings vorsehen, dass eine Übersetzung der Patentansprüche in einer seiner Amtssprachen nach Maßgabe des Artikels 65 (1) EPÜ eingereicht wird.
Nach Artikel 65 (2) EPÜ kann jeder Vertragsstaat, der eine Vorschrift nach Artikel 65 (1) EPÜ erlassen hat, vorschreiben, dass der Patentinhaber innerhalb einer von diesem Staat bestimmten Frist die Kosten für eine Veröffentlichung der Übersetzung ganz oder teilweise zu entrichten hat.
In allen EPÜ-Vertragsstaaten ist in Übereinstimmung mit Artikel 65 (3) EPÜ vorgesehen, dass bei Nichtbeachtung der entsprechenden nationalen Bestimmungen die Wirkungen des europäischen Patents als von Anfang an nicht eingetreten gelten. Unter welchen Voraussetzungen im Einzelnen dieser Rechtsverlust eintritt, bestimmt sich nach dem nationalen Recht dieser Vertragsstaaten. In den meisten Vertragsstaaten ist die Frist zur Einreichung der Übersetzung nicht verlängerbar.
Die nachstehende Tabelle enthält auch für die Erstreckungs- und Validierungsstaaten Angaben zu den Unterlagen oder Übersetzungen, die der Patentinhaber bei der Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz für ein erteiltes, geändertes oder beschränktes Patent einzureichen hat.
2. Wirkung des europäischen Patents als nationales Patent
Nach Artikel 64 (1) EPÜ (bzw. dem nationalen Recht der Erstreckungs- oder Validierungsstaaten) gewährt ein europäisches Patent seinem Inhaber automatisch ab dem Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf seine Erteilung im Europäischen Patentblatt in jedem Vertragsstaat, für den es erteilt ist, dieselben Rechte, die ihm ein in diesem Staat erteiltes nationales Patent gewähren würde.
Dies bedeutet, dass der Patentinhaber mit Bezug auf europäische Patente, die für Belgien, Deutschland, Frankreich, Irland, Luxemburg, Monaco, die Schweiz/Liechtenstein oder das Vereinigte Königreich erteilt worden sind, keine besonderen Handlungen vor der jeweiligen Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz vornehmen muss. Vorbehaltlich des Artikels 68 EPÜ tritt die Wirkung eines europäischen Patents als ein nationales Patent am Tag der Bekanntmachung des Hinweises auf die Patenterteilung im Europäischen Patentblatt ein.
Zur Zahlung von nationalen Jahresgebühren an die Zentralbehörden für den gewerblichen Rechtsschutz siehe Tabelle VI.
3. Gesonderte Anspruchssätze
Enthält das europäische Patent aufgrund älterer nationaler Rechte für verschiedene Staaten gesonderte Reihen von Patentansprüchen (Regel 138 EPÜ), so muss nur eine Übersetzung desjenigen Anspruchssatzes eingereicht werden, mit dem das europäische Patent in dem betreffenden Staat wirksam werden soll.
4. Erläuterungen zur Tabelle
Die nachstehende Tabelle enthält für jeden der EPÜ‑Vertragsstaaten und Erstreckungs- bzw. Validierungsstaaten Angaben, die es Anmeldern erleichtern zu überprüfen, welche Anforderungen und Verpflichtungen für die Einreichung von Übersetzungen bei der jeweiligen Zentralbehörde für den gewerblichen Rechtsschutz gelten.
* Übereinkommen über die Anwendung des Artikels 65 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (vgl. ABl. EPA 2001, 549 und 2008, 123).