ANHANG
Fallstudie "Klappbare Dachbodentreppe"
5. Folding Attic Stairs Ltd. v. The Loft Stairs Company Ltd., High Court of Justice - Patents courts - [2009] EWHC 1221 (Pat)
Neutrale Zitierungsnummer: [2009] EWHC 1221 (Pat) |
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| Verfahrensnummer: HC06C03530 | |
VOR DEM HIGH COURT OF JUSTICE CHANCERY DIVISION PATENTS COURT |
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Royal Courts of Justice Strand, London, WC2A 2LL 9. Juni 2009 |
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Unter Vorsitz von:
Peter Prescott QC (Deputy Judge)
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Verfahren zwischen:
FOLDING ATTIC STAIRS LIMITED
Kläger
- und -
THE LOFT STAIRS COMPANY LIMITED MICHAEL HERAGHTY
Beklagte
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James Mellor QC und James Whyte (im Auftrag von Kuit, Steinart Levy LLP) für den Kläger
Richard Davis (im Auftrag von Shakespeare Putsman LLP) für die Beklagten
Verhandlungstage: 23.-25. und 27. Februar 2009
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HTML-VERSION DES URTEILS
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Crown Copyright ©
Peter Prescott QC:
1. Dieser Fall betrifft ein Patent, und er ist nicht einfach zu lösen. Zwei schwierige Punkte hierbei sind: Was geschieht, wenn ein Hersteller ausgewählten Personen des öffentlichen Lebens ohne Hinweis auf die Geheimhaltung Zutritt zu seinem Firmengelände gewährt, wo sie ein Produkt sehen können, das sich noch in der Entwicklungsphase befindet, diese Personen aber keine Experten sind und die Bedeutung des Produkts nicht verstehen – könnte dies die Gültigkeit eines danach angemeldeten Patents außer Kraft setzen? Und wie ist die im Patentanspruch benutzte Formulierung "in einem vorgegebenen Abstand … versetzt" zu verstehen – ist die Verwendung von Begriffen zulässig, die eine Absicht zum Ausdruck bringen?
2. In diesem Fall geht es um so genannte klappbare Dachbodentreppen und das zu ihrer Herstellung angewandte Verfahren. Zunächst werde ich die einschlägige Technik allgemein beschreiben - sie ist nicht kompliziert.
Klappbare Treppen
3. Auf den Britischen Inseln verfügen viele der älteren Häuser über Leerflächen unter dem Dach, die nicht zu Wohnzwecken genutzt werden dürfen, sich aber als Lagerraum eignen. Daher wird recht häufig eine Dachbodenleiter eingebaut, um diesen Raum zugänglich zu machen. In den meisten Fällen sind solche Leitern in Gleit- oder Teleskoptechnik ausgeführt und bestehen aus Aluminium.
4. Wir haben es hier mit einer anderen Ausführung zu tun, nämlich einer klappbaren Treppe, die typischerweise aus Holz besteht und etwas teurer ist. Eine solche Treppe wird bei Nichtverwendung hochgeklappt und direkt über der Falltür in der Deckenöffnung verstaut. Übrigens ist der im Englischen gebrauchte Ausdruck 'ope' durchaus korrekt, wenn auch unüblich, und bedeutet Öffnung in der Stützkonstruktion eines Gebäudes.
5. Das Grundprinzip wird durch das oben stehende Bild veranschaulicht1. Die Konstruktion besteht aus drei2 Leitern oder Treppenteilen, deren Enden mittels Scharnieren miteinander verbunden sind. Dadurch kann die Treppe nach der Verwendung nach oben geklappt werden. Die oberste Leiter trägt die Falltür zum Verschluss der Deckenöffnung und ist über Scharniere fest mit einem Trägerrahmen in der Deckenöffnung verbunden. Ferner zu erkennen ist ein Paar klappbarer Stützarme aus Metall, die unter Federwirkung vorgespannt sind, um die Treppe in der hochgeklappten Stellung zu halten; sie verhindern zudem, dass die Treppe beim Herablassen jäh herunterfällt.
6. Die Metallarme sind an beiden Enden schwenkbar gelagert; das eine Ende ist am Rahmen in der Deckenöffnung und das andere seitlich an der obersten Leiter montiert. Beim genaueren Hinsehen ist zu erkennen, dass die unteren Enden der Metallarme an Befestigungswinkeln angebracht sind. Diese Befestigungswinkel wiederum sind an den Seiten der obersten Leiter montiert sowie an Führungsschienen, die Bestandteil der Falltür sind. Ich möchte betonen, dass obiges Beispiel lediglich als Erklärung für diesen Fall gilt: Möglicherweise gehörte es zum Stand der Technik, doch davon gehe ich nicht aus.
Die Parteien
7. Die klägerische Partei ist ein Betrieb in der Grafschaft Galway, Irland. Treibende Kraft der Firma ist Herr Michael Burke. Vor etwa 25 Jahren wurde Herr Burke von einem Landsmann angesprochen, der in Amerika gelebt und von dort eine klappbare Treppe mitgebracht hatte; diese wollte er reparieren lassen. Im Laufe seiner Nachforschungen stellte Herr Burke fest, dass es keine irische und vielleicht nur eine englische Firma gab, die klappbare Dachbodentreppen herstellte. Hier erkannte er eine Marktlücke und gründete daraufhin die nunmehr klagende Firma. Diese produziert und vertreibt klappbare Treppen unter dem Markennamen "Stira". Die Firma macht geltend, sie sei insofern etwas Besonderes, als sie diese Treppen auch selbst einbaue, oder zumindest einen großen Teil davon. Das ab Werk ausgelieferte "Komplettpaket" beinhaltet die klappbare Treppe, die klappbaren Metallarme, den Rahmen zur Montage in der Deckenöffnung einschließlich Federn und die Falltür.
8. Für den aktuellen Fall relevant sind zwei Versionen der Stira. Die erste, hier "alte Stira" genannt, wurde über viele Jahre hinweg in großer Stückzahl verkauft. In diesem Fall wird sie dem Patent als Stand der Technik entgegengehalten. Dem oben beschriebenen Produkt war sie nicht unähnlich. Die neue Version soll Gegenstand des strittigen Patents sein. Nach meiner Kenntnis wurden rund 18 000 der alten Stiras verkauft, bevor das strittige Patent am 5. November 1996 angemeldet wurde.
9. Die beklagte Firma unterhielt früher Geschäftsbeziehungen zum klägerischen Betrieb. Sie kaufte Stiras, importierte sie nach Großbritannien und baute sie vor Ort ein. Inhaber der beklagten Firma sind Herr Michael Heraghty (zweiter Beklagter) und seine Ehefrau, die Entscheidungen trifft jedoch Herr Heraghty allein. Die Parteien entzweiten sich aus geschäftlichen Gründen, wie sie häufig vorkommen. Herr Heraghty meinte, seine Firma müsse zu viel bezahlen und könne daher keinen ordentlichen Gewinn machen. Herr Burke wiederum bemängelte deren angeblich schlechte Zahlungsmoral. Eines Tages jedenfalls stellte die beklagte Firma den Zukauf der Stiras ein und produzierte stattdessen eine eigene Version. Der Kläger reichte Klage wegen Patentverletzung sowie Verletzung eines nicht eingetragenen Geschmacksmusters ein. Die letztgenannte Klage wurde im aktuellen Verfahren nicht weiterverfolgt.
Entstehungsgeschichte der neuen Stira
10. Anders als sonst üblich soll zunächst nicht die im Patent beanspruchte Erfindung beschrieben werden, sondern die Art und Weise, wie der Kläger nach eigener Aussage zu der neuen Produktidee gekommen war. Natürlich ist das nicht unbedingt das Gleiche. Einige der wichtigsten Punkte in diesem Fall werden sich dadurch jedoch leichter erklären lassen. Von der Aufgabe, die Erfindung nach dem Wortlaut des Patents zu identifizieren, entbindet mich dies allerdings nicht, sodass ich dies später nachholen werde.
Die Problemstellung
11. Auf den Britischen Inseln gibt es sehr viele alte Häuser, bei denen der Abstand zwischen den Deckenbalken von Haus zu Haus sehr stark variieren kann, möglicherweise je nach Lust und Laune des ursprünglichen Erbauers. Daher können Deckenöffnungen ganz unterschiedliche Breiten aufweisen. (Die Länge spielt keine so große Rolle. Der Deckenputz lässt sich je nach Bedarf einfach abtragen oder neu aufbringen.) Daher muss der Trägerrahmen für eine klappbare Treppe an die tragenden Deckenbalken angepasst werden, die die Deckenöffnung begrenzen.
12. Bei der Beschäftigung mit diesem Problem stellte Herr Burke fest, dass er Trägerrahmen in fünf verschiedenen Breiten (22 bis 30 Zoll, gemessen an der Falltür zum Verschluss der Deckenöffnung3) würde herstellen müssen. Es wäre zu teuer gewesen, auch Leitern in fünf verschiedenen Breiten herzustellen. Daher entschied sich Herr Burke für eine einzige Leiter in der Standardbreite von 16 Zoll und glich den Unterschied durch Biegen der Stützarme aus Metall aus.
13. War der Unterschied gering, mussten die Stützarme nur wenig gebogen werden. Bei großen Unterschieden hingegen war ein starkes Verbiegen erforderlich.
14. Das Biegen der Arme zum Ausgleich dieses Unterschieds mag im Nachhinein betrachtet etwas stümperhaft wirken. Wenn ein Hersteller mit der Produktion solcher klappbarer Treppen beginnt, weiß er aber vielleicht noch nicht, welcher Belastung die Stützarme bei einigen Kunden ausgesetzt sein werden. Einige Leute gehen vielleicht einmal im Jahr auf ihren Dachboden, um dort verschiedenen Krempel zu verstauen. Meiner Ansicht nach sind für Dachböden, die in Wohnraum umgewandelt wurden, nicht fest eingebaute Treppen unzulässig, doch in der Praxis mag es hier eine Grauzone geben. Einige Leute gehen vielleicht jeden Tag hoch – möglicherweise haben sie dort einen Computer stehen und nutzen den Raum als eine Art Arbeitszimmer oder als Hobbyraum z. B. für junge Leute etc. Einige steigen vorsichtig, andere dagegen forsch nach oben. Es ist denkbar, dass sich die Baubestimmungen im Laufe der Zeit geändert haben oder dass ihre Anwendung nicht mehr so streng gehandhabt wird.
15. Da die klagende Firma diese klappbaren Treppen nicht nur herstellte, sondern sie auch einbaute, erhielt sie von ihren Kunden auch Rückmeldungen. Nach einiger Zeit stellte man fest, dass Kunden das Versagen der Metallarme reklamierten. Grund hierfür war die übermäßige Belastung der Gelenke. (Die Arme sind mit Gelenken ausgestattet, da sie ja einklappen müssen.) Bei schmaleren Ausführungen trat dieses Problem nicht auf.
16. Das Problem lag darin begründet, dass sich die Arme bei den breiteren Ausführungen nach innen "neigen". (Ein Beispiel: Das Tragen zweier schwerer Koffer ist viel anstrengender, wenn man die Arme anwinkelt.)
17. Herr Burke erzählte mir, seine Firma sei in der einzigartigen Lage, dieses Problem richtig einschätzen zu können, da sie, im Gegensatz zu anderen, auch den Einbau des Produkts vornehme und zahlreiche Rückmeldungen erhalte.
Die Lösung
18. Um 1995 herum beantragte die klagende Firma die Zertifizierung gemäß ISO 9002. Hierbei handelte es sich um eine internationale Norm, die auf das Unternehmen angewandt wurde und nicht auf das Produkt. Um die Zertifizierung zu bestehen, musste die Firma ihre Herstellverfahren im Hinblick auf Effizienz, ordnungsgemäße Dokumentation und regelmäßige Kontrollen bezüglich Mängel, Korrekturmaßnahmen und Verbesserungen überprüfen. In diesem Zusammenhang wurde ermittelt, dass die meisten Reklamationen auf das Versagen der Metallarme oder der Gelenke zurückzuführen waren. (Ich muss sagen, ich bin etwas erstaunt, dass es einer ISO-Zertifizierung bedurfte, um dies ans Tageslicht zu bringen. Ich hätte gedacht, dass Monteure zur Reparatur der schadhaften Stützarme geschickt werden und ihren Vorgesetzten anschließend Rückmeldung geben. Ich nehme an, ein Ziel der ISO-Zertifizierung ist es, gegebenenfalls aufzuräumen mit der in Firmen weit verbreiteten Gewohnheit, den Kopf in den Sand zu stecken.)
19. Ein weiteres ermitteltes Problem betraf einen Produktionsengpass bei der Herstellung der alten Stiras. Auf den Engpass brauche ich nicht im Detail einzugehen, weil das alte Verfahren (im Gegensatz zum fertigen Produkt selbst) nicht als Stand der Technik geltend gemacht wurde, und es wurde auch nicht nachgewiesen, dass es der Öffentlichkeit zugänglich gemacht oder irgendwo sonst angewandt wurde. Die Beseitigung des Engpasses führte jedoch zu einer konstruktiven Produktänderung. Da dem strittigen Patent die alte Stira als Stand der Technik entgegengehalten wird, muss ich diesen Aspekt beschreiben.
20. Eine einfache Falltür zum Verschluss einer Deckenöffnung besteht aus einer Sperrholzplatte4, auf deren Rückseite ein flacher Holzrahmen angebracht ist, um ein Verziehen zu verhindern. Bei der alten Stira war dieser flache Rahmen stirnseitig an der Treppe befestigt, war also zwischen Treppe und Sperrholzplatte angeordnet. Aus meiner Sicht hatte dieser Rahmen keine große lasttragende Funktion, sondern diente lediglich als Abstandshalter, um zusätzlichen Raum für die Füße des Benutzers zu schaffen. Auf beiden Seiten der Treppe befand sich ein L-förmiger Befestigungswinkel, an dem zum einen das jeweilige Seitenteil der Leiter, zum anderen dieser Rahmen montiert war. (Das untere Ende des jeweiligen Stützarms aus Metall war über Gelenke mit dem Befestigungswinkel verbunden.) Der Engpass bei der Herstellung kam folgendermaßen zustande: Da der Rahmen flach und relativ dünn war, wurden seine vier Teile erst beim Zusammenbau der Treppe verleimt oder verschraubt und nicht an einem separaten Arbeitsplatz.
21. Dies hielt man für ineffizient, und so wurde der Rahmen umkonstruiert. Die beiden Längselemente bestanden nicht mehr aus flachen, sondern aus dickeren (d. h. weiter hervorragenden) Holzstücken, die mit Falzen versehen werden konnten, um die Verbindung mit den Querelementen herzustellen. Dies ermöglichte den getrennten Zusammenbau des Rahmens. Diesen neuen Rahmen werde ich den "Innenrahmen" nennen, um ihn vom Außenrahmen zu unterscheiden, also dem Rahmen in der Deckenöffnung, in und über dem die Vorrichtung bei Nichtverwendung verstaut wurde.
22. Auch entschied man sich, die Enden der Stützarme aus Metall über Gelenke an den nunmehr tragenden Längsseiten (Längsträgern) des Innenrahmens zu befestigen und nicht mehr an Befestigungswinkeln, die zuvor an den Seitenteilen der Leiter angebracht gewesen waren.
23. Diese neue Konstruktion hatte einen weiteren Vorteil – obwohl sich Herr Burke dessen eine Zeit lang nicht bewusst war. Dieser Vorteil lag darin, dass die Breite dieses Innenrahmens im Laufe des Herstellungsprozesses einfach verändert und so an die Breite der Deckenöffnung im Haus des Kunden angepasst werden konnte, was ein Verbiegen der Metallarme unnötig machte. Man brauchte nur die Länge der Querträger des Innenrahmens zu verändern. Anders ausgedrückt, das Problem des Breitenunterschieds, dem man zuvor durch Biegen der Metallarme beizukommen versucht hatte, wurde auf einen anderen Teil der Vorrichtung verlagert, wo es im Zuge des Herstellungsprozesses ohne großen Aufwand gelöst werden konnte und auch keinen Schaden verursachte.
Das Patent
24. Das Streitpatent (GB 2319051) betrifft ein Verfahren zur Herstellung einer klappbaren Treppe. Ich zitiere aus dem einleitenden Teil:
"Bekannt ist eine klappbare Dachbodentreppe bestehend aus mehreren, mittels Scharnieren miteinander verbundenen Treppenteilen, die an einer Deckenöffnung montiert ist. Die Treppenteile können zusammengeklappt und bei Nichtverwendung in der Öffnung verstaut werden, bei Bedarf lassen sie sich aus der Öffnung herunterklappen, um Zugang zum Bodenraum zu erhalten. An beiden Seiten der Treppe sind in der Regel klappbare, schwenkbar gelagerte Stützarme angebracht, die vom obersten Treppenteil bis zu einem in der Öffnung montierten Rahmen reichen. Diese Arme können unter Federwirkung in Richtung der Schließstellung vorgespannt sein, um die Treppe bei Nichtverwendung in zusammengeklappter Stellung in der Öffnung zu halten und beim Ein- und Ausklappen der Treppe als Gegengewicht zu wirken. Da zwischen Treppe und Öffnung ein seitlicher Zwischenraum besteht, werden die Stützarme zur Überbrückung dieses Zwischenraums zwischen ihren jeweiligen Enden gebogen."
25. Dies ist in allgemeinen Worten eine Beschreibung der "alten Stira". Dann wird das Problem beschrieben wie folgt:
"Die tolerierbare Größe des Zwischenraums ist jedoch begrenzt. Bei einem zu großen Zwischenraum ist ein ungehinderter und fehlerfreier Betrieb der Arme nicht möglich. Zudem erhöht sich mit zunehmendem Zwischenraum die Belastung der Gelenkhalterungen an den Armenden. Diese Belastung führt letztlich zum Versagen der Zapfengelenke. Die Größe des seitlichen Zwischenraums zwischen Treppe und Öffnung hängt von der Größe der Öffnung ab. Um Öffnungen unterschiedlicher Größe ausstatten zu können, müssen Treppen in unterschiedlichen Breiten hergestellt werden. Dies erhöht die Produktionskosten und –zeiten.
Ziel dieser Erfindung ist es, diese Schwierigkeiten zu lösen und ein Verfahren zur kostengünstigen Herstellung einer hochwertigen, zuverlässig arbeitenden klappbaren Treppe bereitzustellen."
26. Figur 4 der Patentschrift zeigt, wie die oberste Leiter 30 der Treppe am Außenrahmen 6 in der Deckenöffnung montiert ist. Getragen wird sie vom Innenrahmen. Dieser Innenrahmen besteht aus den Querträgern 16, 17 sowie aus Längsträgern, wobei nur der Längsträger 14 dargestellt ist. Erkennbar ist einer der Metallarme 19, der über die Gelenkhalterung 20 am Längsträger montiert ist. Das andere Ende ist über die Gelenkhalterung 21 am Außenrahmen 6 in der Deckenöffnung montiert. Man achte auf den Abstand zwischen Leiter und Längsträger.
27. Auf Seite 7 der Patentschrift werden die Vorteile hervorgehoben wie folgt:
"Besonders vorteilhaft ist die Verwendung eines Innenrahmens zur Montage der Treppe am Außenrahmen. Es können Treppen in Standardgröße hergestellt werden, die sich in Deckenöffnungen unterschiedlicher Größe montieren lassen. Dazu wird einfach der Außenrahmen entsprechend der Öffnungsgröße und dann der dazu passende Innenrahmen angefertigt. Die Treppe [bestehend aus den drei "Leitern"] kann praktischerweise in Einheitsbreite hergestellt werden, was unter fertigungstechnischen Aspekten natürlich günstiger und effizienter ist. Dadurch, dass der Abstand zwischen den Längsträgern des Innenrahmens an unterschiedliche Breiten des Außenrahmens angepasst werden kann, lassen sich die Stützarme in der optimalen Position anbringen, sodass die Zapfen an den Armenden keine übermäßige Belastung erfahren, die zum Bruch der Zapfengelenke führen könnte."
28. Anspruch 1 des Patents bezieht sich nicht auf eine klappbare Treppe, sondern auf "Ein Verfahren zur Herstellung einer klappbaren Treppe …". Ein Patent ist mit den Augen eines Fachmanns und im Lichte dessen zu lesen, was zum jeweiligen Zeitpunkt als allgemeines Fachwissen galt. Daher werde ich diese Punkte beleuchten, bevor ich auf Anspruch 1 im Einzelnen eingehe.
Der fachkundige Adressat und das allgemeine Fachwissen
29. Die im Patent beschriebenen Holzarbeiten könnte wahrscheinlich auch ein erfahrener Hobbyschreiner problemlos durchführen, doch an ihn richtet sich das Dokument nicht. Nach meinem Dafürhalten ist es an jemanden gerichtet, der eine Fabrik oder Werkstatt mit Kapazität für ein größeres Auftragsvolumen hat. Den Heimwerker würde das Problem, das mit der patentgemäßen Erfindung gelöst werden soll, nicht interessieren. Er braucht sich kein Kopfzerbrechen darüber zu machen, dass die Abstände zwischen den Deckenbalken von Haus zu Haus variieren können; ihn interessiert nur sein eigenes Haus, und er würde die Breite seiner Leiter an den Balkenabstand in seiner Decke anpassen. Das Patent richtet sich an einen Betrieb, der sich diesen Luxus nicht leisten kann oder will, weil die Herstellung von Leitern unterschiedlicher Breite zu teuer wäre.
30. Kurz gesagt bin ich der Ansicht, dass dieses Patent sich nicht nur auf ein Verfahren zur Herstellung klappbarer Treppen bezieht, sondern auch auf die wiederholte Anwendung dieses Verfahrens5http://www.bailii.org/cgi-bin/markup.cgi?doc=/ew/cases/EWHC/Patents/2009/1221.html&query=title+(+Folding+)+and+title+(+Attic+)&method=boolean - note5#note5. Dies schließe ich aus dem Problem, das im Patent dargestellt wird (siehe Absatz 25 oben), sowie aus der vorgeschlagenen Lösung (siehe Absatz 27). Sobald dieser Punkt klar ist, werden sich einige Probleme dieses Falls erübrigen.
31. Der Stand der Technik sind alle weltweit vorhandenen Kenntnisse, die der Öffentlichkeit vor einem bestimmten Tag zugänglich gemacht wurden. Kenntnisse gelten dann als der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, wenn auch nur eine Person rechtmäßig in deren Besitz gelangen und nach eigenem Belieben Gebrauch davon machen konnte. Kenntnisse können in einem Dokument, mündlich oder durch Vorführung offenbart werden.
32. Daraus folgt, und dies ist für einen weiter unten anzusprechenden Punkt von Bedeutung, dass bei Auslage eines Dokuments im Regal einer öffentlichen Bibliothek der gesamte Inhalt dieses Dokuments als Stand der Technik gilt. Dies ist auch dann der Fall, wenn das Dokument völlig obskur ist und von niemandem wirklich eingesehen wird. Das Gesetz lässt hier keinen Zweifel zu. Das hört sich nach einem sehr strengen Grundsatz an, aber es muss unmissverständliche Rechtsvorschriften geben. Der springende Punkt dabei ist, dass die Öffentlichkeit zur Einsichtnahme in das Dokument berechtigt war. Gleiches gilt, wenn ein Produkt an einem öffentlichen Ort, z. B. auf der Straße, fremden Blicken ausgesetzt wird, wo ein Fachmann es untersuchen und seine Funktionsweise verstehen könnte; die Aussage "Unseres Wissens wurde es von keinem Fachmann tatsächlich untersucht" hilft dann nichts. Die Kenntnisse gehören von diesem Augenblick an zum Stand der Technik.
33. Ganz anders liegen die Dinge beim allgemeinen Fachwissen. Es umfasst die Kenntnisse, die ein Fachmann tatsächlich hat oder haben sollte, vorausgesetzt diese Kenntnisse sind als richtig anerkannt. Die Formulierung "Allgemeines Fachwissen" wird weder im Patents Act noch im Europäischen Patentübereinkommen verwendet. Was im vorliegenden Fall einen Fachmann oder das allgemeine Fachwissen ausmacht, ließe sich nur schwer festlegen, denn nach meinem Kenntnisstand gibt es für die Konstruktion von klappbaren Dachbodentreppen keinen anerkannten Beruf und auch kein Gewerbe. Zum Zeitpunkt der Patentanmeldung hat sich auf den Britischen Inseln offenbar niemand außer dem Kläger und vielleicht einer anderen Firma damit beschäftigt. In Amerika muss es wohl eine oder mehrere entsprechende Firmen gegeben haben. Eine zu enge Eingrenzung einer Technik ist unfair, denn sonst wären solche absurden Fälle denkbar wie "Entwicklung von blauen venezolanischen Rasierklingen mit zwei Löchern", um den verstorbenen T. A. Blanco White sinngemäß zu zitieren. Dann könnte man das "allgemeine Fachwissen" der kleinen Personengruppe zuschreiben, die diese Produkte entwickelt hat, und ihr Wissen als "allgemeines Fachwissen" auf dem "Fachgebiet" bezeichnen. Unzulässigerweise könnte dann jede Vorbenutzung, wie undurchsichtig sie auch sein mag, die Zugehörigkeit zum Stand der Technik begründen, was mit Sicherheit nicht dem Gesetz entspricht.
34. Im vorliegenden Fall hat dies allerdings keine große Bedeutung, denn zum Verständnis des strittigen Patents sind keine großen Fachkenntnisse erforderlich. Als einen Fachmann würde ich jemanden bezeichnen, der praktische Erfahrung als Schreiner in der Fertigung sowie in der Metallverarbeitung hat. Zum Zeitpunkt der Patentanmeldung (1996) hätte eine solche Person oder ein solches Team höchstens vage Kenntnisse von klappbaren Treppen im Allgemeinen gehabt. Nach meinem Dafürhalten gehörte die damalige Konstruktion der alten Stira, die zwar vielen Kunden bekannt war, nicht zum allgemeinen Fachwissen.
Die Sachverständigen
35. Als Sachverständige traten auf: Herr Paul Thorneycroft für den Kläger und Herr Roger Galpin für die Beklagten.
36. In Alan Nuttall Ltd v. Fri-Jado UK Ltd [2008] EWHC 1311 (Pat) habe ich gesagt und dabei weitgehend Jacob LJ zitiert:
[27] Es sei noch einmal an die wahre Aufgabe von Sachverständigen in einem Patentverfahren erinnert. Sie besteht nicht etwa darin, wie ein Sir Bernard Spilsbury der heutigen Zeit aufzutreten. Was ihre wahre Aufgabe ist und wodurch ihre Aussage stichhaltig wird, hat Jacob LJ in SmithKline Beecham Plc v. Apotex Europe Ltd [2004] EWCA Civ 1568 erläutert.
"[51] Bevor ich jedoch fortfahre, möchte ich daran erinnern, was im Wesentlichen die Aufgabe von Sachverständigen in einem Patentverfahren ausmacht; dies hatte ich bereits in Rockwater (Abs. 12) dargelegt:
'Ihre Hauptaufgabe ist es, dem Gericht die Technik zu vermitteln – sie kommen als Lehrer, als Schneider des Mantels [des Fachmanns], den sich das Gericht dann überziehen kann. Zu diesem Zweck spielt es keine Rolle, ob sie dem Fachmann wirklich nahekommen. Wichtig ist allein, wie gut sie die Dinge erklären können.'
[52] Folgendes möchte ich hinzufügen: Wenn ein Sachverständiger nach seinem Verständnis der Lehre eines früheren Dokuments befragt wird, so wird er zwangsläufig als Individuum antworten, doch diese Antwort ist als solche nicht sehr hilfreich. Entscheidend ist, was der Durchschnittsfachmann dem Dokument entnehmen würde. Daher steht nicht die persönliche Auffassung des Sachverständigen im Vordergrund, sondern seine Gründe hierfür - diese kann das Gericht prüfen und sich dabei am Standard des durchschnittlichen, nicht phantasiebegabten Fachmanns orientieren. Hier gibt es eine Analogie zum bekannten Bolam-Test im Hinblick auf die Verletzung der beruflichen Pflichten: Wenn der einzelne Sachverständige sagt, er persönlich hätte dieses oder jenes getan, so spielt dies keine Rolle; entscheidend ist allein, ob das angeblich pflichtverletzende Verhalten hinter dem zurückbleibt, was ein Fachmann vernünftigerweise getan hätte.
[53] Wenn ein Richter die Auffassungen gegnerischer Sachverständiger darüber, welche Lehre vermittelt wird oder was in naheliegender Weise hieraus zu schließen ist, zu beurteilen hat, sollte er also sorgsam unterscheiden zwischen seiner Einschätzung, ob sie gute Zeugen oder gute Lehrer sind - gut in dem Sinne, dass sie ausschließlich die gestellten Fragen beantworten und auch nur in sachlicher Weise etc. -, und grundsätzlicheren Gründen für ihre Meinungen. Letztendlich zählt nur der letzte Punkt – wären diese Gründe für den Fachmann nachvollziehbar?
[28] Im Zusammenhang mit dem Thema Aussage von Sachverständigen möchte ich das Zitat aus dem Fall Rockwater zu Ende führen, obwohl es hier genau genommen vorrangig um die erfinderische Tätigkeit geht. In Rockwater Ltd v. Technip France SA [2004] EWCA Civ 381 fuhr Jacob LJ fort wie folgt:
[13] Die Meinungsäußerung eines Sachverständigen ist allerdings zulässig, wenn diese eine "grundlegende Frage" ohne rechtliche Relevanz betrifft. So befand ich in Routestone v Minories Finance [1997] BCC 180, siehe auch Abschnitt 3 des Civil Evidence Act 1972. Was die erfinderische Tätigkeit eines Patents angeht, so hat Sir Donald Nicholls V-C in seinem Urteil im Beschwerdeverfahren Mölnlycke v Proctor & Gamble [1994] RPC 49 (S. 113) diesen Punkt ganz deutlich gemacht:
"Bei Anwendung der Rechtsvorschriften [d. h. bezüglich der Frage, ob eine beanspruchte erfinderische Tätigkeit naheliegend ist] und bei der entsprechenden Prüfung [d. h. bezüglich des Naheliegens] wird das Gericht fast ausnahmslos die Unterstützung von Sachverständigen benötigen. Zur Beweisaufnahme wird es sich in erster Linie auf die Aussage qualifizierter Sachverständiger stützen, ob sich die jeweilige erfinderische Tätigkeit nach ihrem Dafürhalten für den Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben hätte."
[14] Aber nur weil die Meinungsäußerung zulässig ist,
"bedeutet dies noch lange nicht, dass das Gericht ihr auch folgen muss. Für sich genommen (außer wenn sie unbestritten ist) wäre sie "lediglich leere Rhetorik" (Wigmore, Evidence (Chadbourn rev) Abs. 1920). In den meisten Fällen zählt allein, wie diese Meinung begründet wird. Praktischerweise legt ein gut aufgebautes Sachverständigengutachten, das auf einer Meinung beruhende Beweise enthält, diese Meinung sowie die Gründe hierfür dar. Sind die Gründe stichhaltig, so ist es auch die Meinung. Eine Beweisaufnahme, die Beweise aufgrund von Meinungen ausschließt, dient keinem praktischen Zweck. Wenn solche Beweise als unzulässig angesehen werden, werden die Sachverständigen in ihren Gutachten ganz einfach versuchen, ihre Meinung nicht offen heraus, sondern unterschwellig kundzutun. Sie deuten dann nur an, anstatt zu erklären" (Minories, S. 188).
[15] Da die an sich zulässige Schlussfolgerung des Sachverständigen (z. B. Erfindung liegt nahe oder nicht) als solche wenig Wert hat, spielen die tatsächlichen Merkmale des realen Sachverständigen in der Praxis keine große Rolle. Von Bedeutung sind allein die Gründe für seine Meinung. Und diese Gründe hängen nicht davon ab, wie nahe der Sachverständige dem Fachmann kommt.
29. Die persönlichen Merkmale und Voreingenommenheiten, die diese Zeugen (wie wir alle) zwangsläufig haben, wurden bei der Beurteilung der Beweise im vorliegenden Fall berücksichtigt.
37. Zur Technik in diesem Fall sind im Großen und Ganzen keine ausführlichen Erklärungen durch einen Sachverständigen erforderlich.
38. Leider musste ich feststellen, dass die Aussage von Herrn Galpin sehr stark durch Erkenntnisse beeinflusst war, die im Nachhinein gewonnen wurden. Dafür mag er persönlich nicht verantwortlich sein; vielleicht ist er aufgrund seiner Anweisungen auf einen Weg geraten, wo dies mehr oder weniger unvermeidlich war.
Auslegung von Anspruch 1
39. Anspruch 1 des Patents lautet wie folgt (die Hervorhebungen habe ich vorgenommen):
"Ein Herstellungsverfahren zur Herstellung einer klappbaren Treppe [bestehend] aus folgenden Schritten:
Anfertigung eines rechteckigen äußeren Montagerahmens, der in eine entsprechende Deckenöffnung gegebener Größe eingepasst und montiert wird, wobei der Außenrahmen aus zwei beabstandeten Längselementen und zwei Querelementen besteht, welche die jeweiligen Enden der Längselemente miteinander verbinden.
Anfertigung eines Innenrahmens zur Montage einer Treppe, der am Außenrahmen schwenkbar befestigt wird, um das Einfahren in den Außenrahmen und das Ausfahren in die Gebrauchsstellung, in der er vom Außenrahmen herunterhängt, zu ermöglichen, wobei der Innenrahmen aus zwei beabstandeten Längsträgern und zwei Querträgern besteht, welche die jeweiligen Enden der Längsträger miteinander verbinden, sodass die Längsträger zu den Längselementen des Außenrahmens in einem vorgegebenen Abstand nach innen versetzt sind, wenn der Innenrahmen in der geschlossenen Stellung im Außenrahmen sitzt.
Vorbereitung einer Ausziehtreppe, welche in die Lagerstellung im Außenrahmen zusammen- und in die Gebrauchsstellung auseinandergeklappt werden kann.
Montage des Innenrahmens im Außenrahmen durch Anbringung eines Scharniers zwischen einem Querelement des Außenrahmens und einem Querträger des Innenrahmens, wodurch der Innenrahmen schwenkbar am Außenrahmen befestigt wird.
Montage eines klappbaren Stützarms jeweils zwischen den Längsträgern des Innenrahmens und den entsprechenden Längselementen des Außenrahmens, wobei jeder Arm an beiden Rahmen schwenkbar befestigt ist und zwischen seinen Endpunkten aus der aufgeklappten Stellung, die der nach unten ausgefahrenen Stellung des Innenrahmens bei Gebrauch entspricht, in die zugeklappte Stellung, die der eingefahrenen Stellung des Innenrahmens entspricht, gebracht werden kann, wobei
jeder Arm mit einer Vorspanneinrichtung ausgestattet ist, um den Arm in die eingeklappte Stellung zu zwingen und damit den Innenrahmen in der eingefahrenen Stellung im Außenrahmen zu halten, und
ein Ende der Treppe zwischen den Querträgern auf dem Innenrahmen montiert wird, sodass die Treppe bei ausgefahrenem Innenrahmen auseinander- und zusammengeklappt werden kann."
40. Das ist ein sehr langer Anspruch, aber zum besseren Verständnis kann ich ihn zusammenfassen. Beansprucht wird ein Verfahren zur Herstellung einer klappbaren Treppe, das sich folgendermaßen zusammensetzt:
- Herstellung eines Außenrahmens, der später "in eine entsprechende Deckenöffnung eingepasst und montiert wird"
- Herstellung eines Innenrahmens (zur Aufnahme der Treppe) durch Verbindung von Längs- und Querträgern mit solchen Abmessungen, "dass die Längsträger zu den Längselementen des Außenrahmens in einem vorgegebenen Abstand nach innen versetzt sind",
- Herstellung einer klappbaren Treppe, die im Außenrahmen verstaut werden kann
- Anbringung eines Scharniers zwischen einem Ende des Innenrahmens und einem Ende des Außenrahmens
- Montage unter Federwirkung vorgespannter klappbarer Stützarme, wobei jeder Arm zwischen dem Längsträger des Innenrahmens und dem entsprechenden Längselement des Außenrahmens schwenkbar befestigt wird
- Montage eines Endes der Treppe zwischen den Querträgern auf dem Innenrahmen, sodass die Treppe in die Gebrauchsstellung aufgeklappt werden kann.
41. Nach meinem Dafürhalten ergibt sich das einzige wirklich diskussionswürdige Konstruktionsdetail aus den Formulierungen, die ich in dem oben zitierten Anspruch durch Kursivdruck hervorgehoben habe.
42. Herr James Mellor QC als Vertreter des Klägers erklärte, es gehe dabei um Folgendes. Im Herstellungsverfahren werde der Abstand zwischen den Längselementen des äußeren und den Längsträgern des inneren Rahmens jeweils so gewählt, dass die klappbaren Arme und insbesondere die Gelenke nicht zu sehr belastet werden. Er sagte, dies ergebe sich aus dem Zweck der Erfindung, wie er im Text offenbar werde (siehe oben Abs. 25 und 27). Zugegebenermaßen müssten die Arme nicht in einer vertikalen Ebene liegen, und in der bevorzugten Ausführung gemäß Figur 4 (siehe oben) wiesen die unteren Armteile tatsächlich eine deutliche Biegung auf, um einen Toleranzausgleich zu ermöglichen. Aber dies habe auf sein Argument keinen Einfluss.
43. Herr Richard Davis als Vertreter der Beklagten machte geltend, die Formulierung "in einem vorgegebenen Abstand" führe keineswegs zu einer Beschränkung. Er berief sich auf das Urteil von Jacob LJ in Nikken Kosakusho Works v. Pioneer Trading Company [2005] EWCA Civ 906:
"2. Mann J fasste die patentgegenständliche Erfindung in Absatz 2 - 6 zusammen. Sie betrifft ein schnell drehendes Werkzeugfutter. Der Patentinhaber hatte vorgeschlagen, einen Flansch mit einer Nut zu versehen, wie der Zeichnung im richterlichen Urteil zu entnehmen ist. Der Richter legte die entsprechende Passage aus Anspruch 1 in seinem Absatz 7 dar. Die strittige Formulierung, die zu diesem Verfahren geführt hatte, lautete "eine Ringnut vorgegebener Tiefe" und wurde vom Richter bei der Darlegung des Anspruchs unterstrichen.
3. In meinen Augen ist es unbegreiflich, dass ein Patentvertreter einen Anspruch so formulieren konnte und dass das Patentamt das auch noch akzeptieren würde. "Vorgegebene Tiefe" schreit förmlich nach der Frage "von wem?" Und was bedeutet das? Das hat auch Auswirkungen auf die strittigen Punkte in diesem Verfahren, denn hier hätte frühzeitig die Möglichkeit der Änderung angesprochen werden können oder müssen.
4. Mann J musste aus dieser Formulierung das Beste machen. Er entschied sich für die Auslegung "eine Nut, deren Tiefe der Hersteller im Voraus festgelegt hat" (Absatz 29 seines Urteils). Auf dieser Grundlage wurde die Beschwerde abgewiesen."
44. Zugegebenermaßen hat mir dieser Punkt großes Kopfzerbrechen bereitet. Schlussendlich kann ich aber weder der einen noch der anderen Seite voll zustimmen.
45. Was den Fall Nikken angeht, so war es schwer oder besser gesagt unmöglich, durch Lesen des strittigen Patents herauszufinden, welchen Zweck eine Nut "vorgegebener Tiefe" hätte und nach welchem Kriterium die Tiefe vorbestimmt werden sollte. In diesem Zusammenhang hat Jacob LJ wohl die Bemerkung gemacht, dass sich hier die Fragen "vorgegeben von wem?" und "was bedeutet das?" förmlich aufdrängten.
46. Die Ausdrücke "vorgegeben" und "vorbestimmt" habe ich in erteilten Patentansprüchen so oft gesehen, dass ich mich daran schon nicht mehr erinnern kann, und die Erfahrung, die Jacob LJ in Patentverfahren gemacht hat, bestätigt dies. Daher glaube ich nicht, dass seine Kritik dem Ausdruck "vorgegeben" als solchem gilt. Leider steht mir kein geeignetes Mittel zur Verfügung, um die Ansprüche in erteilten europäischen Patenten zu recherchieren, doch der Übung halber habe ich in der Online-Datenbank des United States Patent Office nachgeschaut, wo der Text aller Ansprüche, die seit 1975 erteilt wurden, elektronisch recherchierbar ist. Ich hatte zwar erwartet, viele Patente mit dem Ausdruck "predetermined" (vorgegeben) in einem oder mehreren Ansprüchen zu finden. Dennoch war ich überrascht, denn es gibt über 658 000 solcher Patente.
47. Ähnliches konnte ich für das Europäische Patentamt zwar nicht durchführen, doch hege ich keinen Zweifel, dass es gängige Praxis im EPA ist, die Verwendung dieses Ausdrucks zuzulassen, wenn das Kriterium für sein Verständnis hinreichend klar ist. Es gibt zahllose Entscheidungen der Beschwerdekammer, in denen der Ausdruck "vorgegeben" in den Ansprüchen verwendet wurde, ohne dass es einen Einwand dagegen gegeben hätte, vorausgesetzt die Intention war klar. (Die Zahl der Entscheidungen ist einfach zu groß, um sie alle zu lesen, doch als Beispiele seien T 1241/04 und T 0463/01 genannt.) Der auf der EPA-Website verfügbare Leitfaden für Anmelder (Ausgabe 2007) enthält in Anhang III ein Beispiel für eine Patentanmeldung (nach dem Motto "Nun wollen wir Ihnen zeigen, wie es richtig geht"), das in Anspruch 1 den Ausdruck "vorbestimmt" enthält. Auch in der Anleitung zur Vorbereitung auf die Europäische Eignungsprüfung, die ebenfalls auf dieser Website veröffentlicht wird, ist er bei den zulässigen Prüfungsantworten zu finden.
48. Die Behauptung, dass "vorgegeben" oder "vorbestimmt" im Zusammenhang mit diesem Patent ohne Bedeutung sei und keinerlei Auswirkungen habe, kann ich nicht gelten lassen. Ein fachkundiger Leser würde denken, dass der Patentinhaber ihm damit etwas Bestimmtes sagen will; und er würde das Patent als Ganzes lesen, um den Zweck herauszufinden.
49. Andererseits kann ich auch die Erklärung von Herrn Mellor nicht voll gelten lassen. Denn damit ein Dritthersteller feststellen kann, ob sein beabsichtigtes Verfahren unter die Ansprüche dieses Patent fällt oder nicht, müsste er objektiv entscheiden, ob die Metallarme "übermäßig" belastet würden. Einen Industriestandard oder ein anerkanntes Worst-case-Szenario hierzu gibt es meines Wissens jedoch nicht. Zudem würde das bedeuten, dass er vor Herstellungsbeginn irgendwie Kenntnis von den Gewohnheiten des jeweiligen Kunden erlangen müsste. Wie oft wird das Produkt genutzt: einmal pro Jahr oder täglich? Wer benutzt die Treppe: eine Person mit geringem Körpergewicht, die sich vorsichtig bewegt, oder ein ungestümer Mann von 90 kg? Ein Dritthersteller ist berechtigt, mit hinreichender Sicherheit zu erfahren, ob ein beabsichtigtes Vorgehen ein Patent verletzen würde. So sieht es die Gesetzgebung vor, und das Protokoll zu Artikel 69 des Europäischen Patentübereinkommens bestätigt dies. Auf jeden Fall geht es in dem Anspruch nicht um die Vermeidung einer "übermäßigen" Belastung, wie Herr Davis ganz richtig bemerkte. Ich glaube nicht, dass das Patentamt ihn sonst für zulässig erklärt hätte. Das würde keinem bekannten Standard entsprechen, auf den man sich berufen könnte.
50. Was dieses Merkmal in Anspruch 1 tatsächlich bedeutet, rein sprachlich gesehen und in Bezug auf den in der Beschreibung des Patents dargestellten Zweck, lässt sich nach meinem Dafürhalten aber dennoch ermitteln. Entscheidend ist die Feststellung, dass dieser Anspruch ein Verfahren zur wiederholten Herstellung klappbarer Treppen betrifft und dass zweimal auf etwas Bezug genommen wird, das vorgegeben ist.
51. An der ersten Stelle heißt es, dass der Außenrahmen in eine entsprechende Deckenöffnung "gegebener Größe" eingepasst und montiert wird. Was bedeutet das? Es kann doch nur so sein, dass die Abmessungen des Außenrahmens im Zuge des Herstellungsverfahrens an die Deckenöffnung des Hauses, in dem die Treppe installiert werden soll, angepasst werden6http://www.bailii.org/cgi-bin/markup.cgi?doc=/ew/cases/EWHC/Patents/2009/1221.html&query=title+(+Folding+)+and+title+(+Attic+)&method=boolean - note6#note6. (Genauer gesagt entspricht die Größe möglicherweise dem Abstand zwischen den Deckenbalken, aber das habe ich nicht zu entscheiden.) Ein philosophisch veranlagter Beobachter wird feststellen, dass die Größe durch den Erbauer des Hauses vorgegeben wurde, und der liegt vielleicht schon seit einem Jahrhundert unter der Erde. Nach meinem Dafürhalten ist der Ausdruck nicht zu beanstanden.
52. An der zweiten Stelle heißt es, dass die Längsträger des Innenrahmens mit den Querträgern verbunden werden, "sodass die Längsträger zu den Längselementen des Außenrahmens in einem vorgegebenen Abstand nach innen versetzt sind, wenn der Innenrahmen in der geschlossenen Stellung im Außenrahmen sitzt". Dies gibt Anlass zu der Frage: vorgegeben durch wen? Und vernünftigerweise kann die Antwort nur lauten: durch den Hersteller oder jemanden, dem er die Entscheidung überlässt.
53. Die nächste Frage lautet: Nach welchem Kriterium legt er diesen Abstand fest? Aller Vernunft nach wird er nicht irgendeinen schon früher verwendeten Abstand wählen, denn dann würde der Ausdruck "vorgegeben" keinen Zweck verfolgen und wäre damit wirkungslos. Wie bei jedem anderen Dokument muss auch hier der Sinn aus dem Zusammenhang heraus ermittelt werden. In Kirin-Amgen Inc v. Hoechst Marion Rousell Ltd [2004] UKHL 45 sagte Lord Hoffmann in §19:
"In diesem Fall maßgeblich ist Artikel 69 EPÜ, der auch bei Verletzungsklagen vor den nationalen Gerichten aller Vertragsstaaten anzuwenden ist:
'Der Schutzbereich des europäischen Patents und der europäischen Patentanmeldung wird durch die Patentansprüche bestimmt. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind jedoch zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen.'"
54. Und in § 30:
"Es wurde anerkannt, dass der Verfasser eines Dokuments, z. B. eines Vertrags oder einer Patentschrift, Sprache einsetzt, um etwas zu einem bestimmten praktischen Zweck mitzuteilen, und dass eine Auslegung, die seinen Formulierungen eine andere Bedeutung gibt als nach der Auslegung der ursprünglichen Adressaten, möglicherweise seinen Absichten zuwiderläuft. Vor diesem Hintergrund ist die bekannte Passage in der Rede von Lord Diplock in Catnic Components Ltd v Hill & Smith Ltd [1982] RPC 183, 243 zu lesen, wo er sagte, dass der neue Ansatz auch auf die Auslegung von Patentansprüchen angewandt werden sollte:
'Eine Patentschrift soll zweckorientiert ausgelegt werden und nicht rein buchstäblich wie bei der akribischen Wortanalyse, der sich Anwälte von Berufs wegen nur allzu gerne hingeben.'"
Und in § 48:
"Nach meinem Dafürhalten entspricht die Auslegung im Fall Catnic daher genau dem Protokoll. Damit soll dem Patentinhaber in vollem Umfang, aber nicht darüber hinaus, das Monopolrecht zugesprochen werden, das ein normaler Fachmann, wenn er die Ansprüche im Zusammenhang liest, als Ziel des Patentbegehrens identifizieren würde."
55. Wie würde der Adressat des Patents die Formulierung "in einem vorgegebenen Abstand … versetzt" verstehen? Meiner Auffassung nach würde er das Patent als Ganzes lesen, um herauszufinden, zu welchem Zweck der Abstand vorgegeben sein muss. Dieser Zweck erklärt sich aus den Passagen, die ich in Absatz 25 und 27 zitiert habe. Ziel ist es zu vermeiden, dass die Metallarme zu stark gebogen werden müssen.
56. Nach meinem Dafürhalten bedeutet "in einem vorgegebenen Abstand … versetzt", dass der Abstand zwischen den Längsträgern vom Hersteller (oder von jemandem, dem er die Entscheidung darüber überlässt) festgelegt wird mit dem Ziel, den Einbau der Treppe in Deckenöffnungen unterschiedlicher Breiten zu ermöglichen und gleichzeitig ein übermäßiges Verbiegen oder Verdrehen der Metallarme zu vermeiden.
57. Der Unterschied zwischen dieser Auslegung und der von Herrn Mellor QC vorgeschlagenen Variante ist folgender: In diesem Fall kann der Dritthersteller mit Sicherheit sagen, ob er innerhalb des Anspruchs agiert. Er weiß, ob er den Abstand vorgibt, um die Arme nicht zu stark zu belasten, weil er es selbst tut. Das hängt von seinen eigenen Absichten ab. Wie Bowen LJ in seinem bekannten Urteil in Edgington v. Fitzmaurice (1885) 29 Ch D 459, 483 bemerkte,
"[sind] die Absichten eines Menschen genauso eine Tatsache wie der Zustand seiner Verdauung. Natürlich sind die Absichten, die ein Mensch zu einem bestimmten Zeitpunkt hegt, schwer zu bestimmen, doch wenn sie sich feststellen lassen, haben sie durchaus als Tatsache zu gelten."
58. Auch wenn es schwer sein mag, die Absicht nachzuweisen, hat zumindest diese Last der Patentinhaber zu tragen und nicht der Dritthersteller.
59. Natürlich kann es sein, dass ein Dritter wie etwa ein Zwischenhändler die Absicht des Herstellers, von dem er eine dieser klappbaren Treppen kaufen möchte, nicht ergründen kann. Aber ich glaube nicht, dass dies häufig vorkommt, und überhaupt ist es keineswegs ungewöhnlich in einem Product-by-Process-Fall, dass ein Zwischenhändler keine Kenntnis von dem Verfahren hat, nach dem das von ihm vertriebene Produkt hergestellt wurde.
60. Dieser Patentanspruch ist ziemlich eng gefasst. Eine versehentliche Abweichung vom vorgegebenen Abstand würde nicht mehr darunter fallen. Gleiches würde gelten, wenn der Hersteller das Problem beispielsweise durch Verwendung von Leitern unterschiedlicher Breite zu lösen versuchte.
61. Im Patentrecht gibt es seit langem die vorgefasste Meinung oder die Tradition, dass Formulierungen, die eine Absicht ausdrücken, in Patentansprüchen nicht verwendet werden sollten (siehe Eli Lilly & Co's Application [1975] RPC 438, 444). Sie soll7 auf das frühe 19. Jahrhundert zurückgehen; aber ob dies heute unter dem Patents Act von 1977 und dem Europäischen Patentübereinkommen rechtens ist, darf bezweifelt werden. Ein Abrücken von dieser Praxis ist bei vielen pharmazeutischen Patenten zu erleben, deren Ansprüche in der so genannten "schweizerischen" Form abgefasst sind. In Wirklichkeit bedeuten sie (und niemand hält mehr an einer anderen Auslegung fest) "Die Verwendung eines bekannten Inhaltsstoffs X für die Herstellung eines Medikaments zur Behandlung der Krankheit Y" im Sinne von zum Zweck oder mit der Absicht, die Krankheit Y zu behandeln. In diesem Fall hat sich das Recht zweifellos weiterentwickelt. In einem kürzlich ergangenen Urteil des Beschwerdegerichts ging es bei der Schlüsselfrage nicht einmal mehr um die Absicht, eine andere Krankheit zu behandeln, sondern um die Absicht, bei der Therapie auch noch eine andere Medikamentendosis einzusetzen (Actavis UK Ltd v. Merck & Co Inc [2008] EWCA Civ 444). Der wahre Grund für die Zulässigkeit solcher Patentansprüche liegt darin, dass der Erfinder sonst kaum in der Lage wäre, seine Erfindung in irgendeiner Weise zu schützen. Dies bedeutet allerdings immer eine Überprüfung, ob der Hersteller tatsächlich einen Zweck oder eine Absicht verfolgt. Wenn das auf dem Gebiet der Pharmazie zulässig ist, sehe ich nicht ein, warum dies nicht auch in anderen Industriezweigen so sein kann. Nach meiner Auffassung verwenden die Verfasser von Patentschriften schon lange die Ausdrücke "vorgegeben" und "vorbestimmt", um eine Absicht anzuzeigen, auch wenn dies nur andeutungsweise geschieht. Warum sollte man dies nicht offen zugeben dürfen?
62. Spricht irgendetwas in der Patentgesetzgebung gegen eine solche Praxis? Weder der Patents Act noch das Patentübereinkommen enthalten eine derartige Bestimmung, es sei denn solche Ansprüche beziehen sich auf "Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten … als solche" (Patents Act 1977, Abschnitt 1 (2) c) und Art. 52 (2) EPÜ). Ich kann aber nicht erkennen, dass die Herstellung von klappbaren Treppen gemäß Anspruch 1 und damit die Festlegung des Abstands zwischen den Längsträgern mit dem Ziel, ein übermäßiges Verbiegen der Stützarme zu vermeiden, als solche einen Plan, eine Regel oder ein Verfahren für eine gedankliche Tätigkeit darstellen würde.
Vorwegnahme oder erfinderische Tätigkeit gegenüber der alten Stira
63. Nach der Auslegung des Anspruchs 1 muss ich nun darüber befinden, ob die darin beanspruchte Erfindung durch die alte Stira vorweggenommen wurde oder ob die Erfindung für einen Fachmann naheliegend gewesen wäre, wenn er ein Exemplar der alten Stira untersucht hätte. Zweifellos gehörte die alte Stira, wenn nicht zum allgemeinen Fachwissen (wie ich oben dargelegt habe), so doch zum Stand der Technik, denn es wurden Exemplare an zahlreiche Kunden ausgeliefert und tatsächlich in der Öffentlichkeit vorgeführt.
64. Die Bestimmungen zur Vorwegnahme sind zu bekannt, als dass sie hier dargelegt werden müssten. Kurz gesagt muss etwas, das unter den angefochtenen Patentanspruch fallen würde, vor dem Anmeldetag, in diesem Fall vor dem 5. November 1996 offenbart worden sein.
65. Für mich steht fest, dass Anspruch 1 des strittigen Patents durch die alte Stira nicht vorweggenommen wurde. Dies war nicht möglich, denn der Anspruch bezieht sich nicht auf ein Produkt, sondern auf ein Herstellungsverfahren. Ich habe oben festgestellt, dass das Verfahren zur Herstellung der alten Stira nicht als Stand der Technik angezogen wurde, und es wurde auch kein Nachweis erbracht, dass es der Öffentlichkeit offenbart oder anderswo angewandt wurde. Noch grundsätzlicher betrachtet war aber auch das Verfahren zur Herstellung der alten Stiras keine Vorwegnahme. Zwischen den Längsträgern des Innenrahmens und den Längselementen des Außenrahmens gab es keinen vorbestimmten Abstand, der den Zweck gehabt hätte, ein übermäßiges Verbiegen der Stützarme zu vermeiden. Der Abstand variierte ganz im Gegenteil von Exemplar zu Exemplar, je nachdem wie groß die Deckenöffnung im Haus des Kunden war. Zudem wurden die ersten Exemplare produziert, ohne dass man gewusst oder sich darum gekümmert hätte, dass die Stützarme versagen würden. Als man später das Versagen der Arme bemerkte, wurde die Herstellung nach der alten Konstruktion fortgesetzt, zumindest was den Abstand zwischen den besagten Längsträgern und –elementen angeht. Erst als die neue Konstruktion (zu der man aus anderen Gründen gelangt war) einige Zeit im Werk getestet wurde, erkannte man, dass zur Vermeidung des Problems der Abstand vorgegeben werden sollte, oder anders gesagt, dass der Abstand zwischen den Längsträgern des Innenrahmens und den Seiten der obersten "Leiter" variabel sein sollte.
66. Bezüglich der erfinderischen Tätigkeit gelten folgende Bestimmungen. Eine Erfindung kann nicht wirksam patentiert werden, wenn sie sich für einen Fachmann in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik zum jeweiligen Zeitpunkt ergeben hätte. Wie ich dargelegt habe, umfasst der Stand der Technik alles, was der Öffentlichkeit – und das kann auch eine Einzelperson sein, wenn sie berechtigt ist, von der Information nach eigenem Belieben Gebrauch zu machen – zugänglich gemacht wurde, sei es durch Beschreibung in einem Dokument, durch Vorführung oder mündlich. Da der Umfang dessen, was weltweit zum Stand der Technik gehört, so riesig ist, ist die Verbindung zweier unabhängiger Bestandteile des Stands der Technik unzulässig, es sei denn, dies läge für einen Fachmann aus irgendeinem Grund nahe.
67. Bei der Beurteilung, ob eine Erfindung naheliegend gewesen wäre, kann man sich leicht täuschen, wenn z. B. im Nachhinein gewonnene Erkenntnisse einbezogen werden. Daher hat sich die Praxis durchgesetzt, die Frage schrittweise anzugehen, wie dies zuerst im Fall Windsurfing [1985] FSR 59, 73 beschrieben wurde. In jüngerer Zeit wurde dies vom Beschwerdegericht in Pozzoli Spa v. BDMO SA [2007] EWCA Civ 588 in § 23 aufgegriffen. In den Worten von Jacob LJ:
"Die Fragen im Fall Windsurfing würde ich folgendermaßen umformulieren:
(1)
a) Welche Merkmale hat der "Durchschnittsfachmann"?
b) Über welches einschlägige allgemeine Fachwissen verfügt diese Person?
(2) Welche erfinderische Idee liegt dem Anspruch zugrunde? Lässt sich diese nicht ohne Weiteres ermitteln, ist der Wortlaut zu analysieren.
(3) Gibt es Unterschiede zwischen den Merkmalen, die als zum Stand der Technik gehörend zitiert werden, und der erfinderischen Idee, die dem Anspruch, gegebenenfalls dem Wortlaut nach, zugrunde liegt? Wenn ja, welche?
(4) Stellen diese Unterschiede für sich alleine betrachtet, d. h. ohne Kenntnis von der beanspruchten Erfindung, Schritte dar, die für den Fachmann naheliegend gewesen wären, oder erfordern sie irgendeine erfinderische Tätigkeit?
68. Was bedeutet "Welche erfinderische Idee liegt dem Anspruch zugrunde"? Im selben Verfahren erklärte Jacob LJ in §§ 17 und 18:
'Auf Schritt (2), die Identifizierung der erfinderischen Idee, muss näher eingegangen werden. Wie ich in Unilever v Chefaro [1994] RPC 567, S. 580 dargelegt habe:
Zu betrachten ist die erfinderische Idee, die dem jeweiligen Anspruch zugrunde liegt, und nicht irgendeine allgemeine Idee, die aus der Patentschrift insgesamt herzuleiten ist. Unterschiedlichen Ansprüchen liegen im Allgemeinen auch unterschiedliche erfinderische Ideen zugrunde. Der erste Schritt zur Identifizierung der erfinderischen Idee wird wahrscheinlich die Auslegung sein: Was bedeutet der Anspruch? Nun könnte man vielleicht meinen, ein zweiter Schritt sei nicht erforderlich - die Idee ist einfach das, was der Anspruch abdeckt. Dies ist aber zu hölzern und entspricht nicht der Art und Weise, wie Gerichte im Anschluss an Schritt 1 gemäß Windsurfing vorgegangen sind. Zu hölzern ist es deshalb, weil bei reiner Auslegung des Anspruchs kein Unterschied gemacht wird zwischen wichtigen Teilen und Teilen, die den Bereich des Anspruchs zwar einschränken, aber unwichtig sind. Hier geht es darum, den wesentlichen Gehalt des Anspruchs zu ermitteln.
Man versucht also, unnötige Phrasen zu eliminieren und wie von Mummery LJ beschrieben eine Zusammenfassung zu erstellen'.
69. Allerdings sollte man nach Jacob LJ auf die Feststellung der erfinderischen Idee nicht zu viel Zeit verschwenden, wenn dies zu einer komplexen Nebendiskussion führen würde: In diesem Fall sollte man den Anspruch nach dem Wortlaut auslegen. Dies spiegelt sich in der Formulierung von Schritt (2) des Pozzoli-Ansatzes wider.
70. Bei Anwendung dieses Ansatzes auf die Frage, ob Anspruch 1 des strittigen Patents eine erfinderische Tätigkeit gegenüber der alten Stira begründet, komme ich zu folgendem Urteil:
Der Durchschnittsfachmann: Ein auf dem Gebiet der Fertigung arbeitender Schreiner, der einen Metallbauer beschäftigt oder dessen Leistungen in Anspruch nehmen kann.
Sein einschlägiges allgemeines Fachwissen: Er verfügt über gute Kenntnisse auf dem Gebiet der Schreinerei. Möglicherweise hat er vage Vorstellungen von klappbaren Dachbodentreppen im Allgemeinen, Einzelheiten sind ihm jedoch nicht gegenwärtig.
Die erfinderische Idee gemäß Anspruch 1: Ich habe sie bereits in Absatz 40 oben dargelegt, kann hier aber noch einmal darauf eingehen. Bei der Herstellung klappbarer Dachbodentreppen in größeren Stückzahlen ist ein Innenrahmen anzufertigen, der später die Treppe trägt und an dem die unteren Enden der Stützarme schwenkbar montiert werden; bei der Herstellung des Innenrahmens ist die Länge seiner Querträger so zu wählen, dass seine Längsträger in einem vorgegebenen Abstand zu den Längselementen des Außenrahmens versetzt sind, der an die Deckenöffnung beim Kunden angepasst ist. Der Abstand ist insbesondere im Hinblick darauf vorzugeben, dass die Stützarme nicht zu stark gebogen werden müssen.
Die Unterschiede zur alten Stira: Die Idee, dass der Abstand zwischen den Seitenteilen der Leiter und dem Innenrahmen variiert werden sollte, um den gerade beschriebenen vorgegebenen Abstand zu erreichen, wird bei Untersuchung eines Exemplars der alten Stira nicht offenbar.
Hätten die Unterschiede für den Fachmann zum damaligen Zeitpunkt nahegelegen? Nach meinem Dafürhalten wäre dies nicht der Fall gewesen. Bei der alten Stira waren die Seiten des Innenrahmens jeweils über einen Befestigungswinkel mit den Seiten der Leiter fest verschraubt. Dies weist dem Fachmann genau die entgegengesetzte Richtung. Es würde ihn nicht auf die Idee bringen, die Seiten des Innenrahmens (in diesem Sinne) freizugeben und bei dessen Herstellung Querträger unterschiedlicher Länge zu verwenden, sodass die Seiten wie beschrieben im vorgegebenen Abstand versetzt wären.
71. Daher weise ich die Anfechtung der Gültigkeit wegen Vorwegnahme durch die alte Stira zurück.
72. Nun komme ich zur Anfechtung der Gültigkeit wegen eines Erprobungsmusters der neuen Stira, die sich damals noch in der Entwicklungsphase befand.
Der Minister und der Fotograf
73. Nachdem Herr Burke seine ISO-Zertifizierung erhalten hatte, beschloss er, dies öffentlich zu machen, denn er glaubte, damit Architekten, Bauunternehmer etc. beeindrucken zu können. Zu diesem Zweck lud er den irischen Minister für Tourismus und Handel sowie einen Fotografen der Irish Times zu einem Besuch des klägerischen Betriebs ein. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein Exemplar der neuen Stira in einem bestimmten Bereich des Betriebs auf ihre Widerstandsfähigkeit getestet. Am Tag des Besuchs fanden jedoch keine Tests statt, und natürlich wurde die neue Stira auch noch nicht produziert. Ich werde sie "das Erprobungsmuster" nennen. Bei dem Besuch sollte nicht die neue Konstruktion, sondern die ISO-Zertifizierung bekannt gemacht werden.
74. Herr Burke erzählte mir, zu diesem Zeitpunkt habe er den Vorteil der neuen Konstruktion noch nicht erkannt, der darin begründet liege, dass der Abstand zwischen den Längsträgern im Zuge der Herstellung einfach verändert werden könne, sodass die Metallarme kaum gebogen werden müssten. Diese Erklärung akzeptiere ich, denn Herr Burke hatte keinerlei Sicherheitsmaßnahmen getroffen; seiner Zeugenaussage zufolge erhielt der Fotograf die Erlaubnis, "alles zu fotografieren, was er wollte". Hätte man die wahren Vorteile der neuen Konstruktion erkannt, so hätte der Kläger sie wohl abgedeckt oder die Besucher nicht in diesen Teil des Betriebs eingeladen, oder er hätte um Patentschutz nachgesucht. Er hätte es dem Fotografen nicht gestattet, ihn vor dem Erprobungsmuster stehend zu fotografieren, wie dies tatsächlich der Fall war. Die Patentanmeldung wurde erst am 5. November 1996 eingereicht.
75. Irgendwann vor dem 18. Januar 1996 besuchten der Minister und der Fotograf tatsächlich den Betrieb. Wir wissen dies, weil das Ereignis in einer Ausgabe der Irish Times vom diesem Tag beschrieben wurde. Es wurden mehrere Fotos veröffentlicht. Eines zeigt Herrn Burke selbst vor dem Erprobungsmuster stehend, das der Fotograf lediglich als passenden Hintergrund gewählt hatte.
76. Hieraus ergeben sich mehrere Fragen. Ist die Erfindung des strittigen Patents
- aufgrund des in der Irish Times veröffentlichten Fotos oder
- aufgrund der Offenbarung des Erprobungsmusters gegenüber dem Minister und dem Fotografen selbst
(1) vorweggenommen oder (2) naheliegend?
Offenbarung durch das in der Zeitung veröffentlichte Foto
77. Das Foto zeigt nicht den kompletten Prototypen, sondern nur die unteren Teile. Auf dem Foto sollte Herr Burke selbst abgelichtet werden, und der Prototyp war lediglich ein passender Hintergrund. Es existieren weitere Fotos, die jedoch nichts mit dem Prototypen zu tun haben, und im Text des Artikels wird er auch nicht erwähnt. Meiner Auffassung nach wäre dies der Fall gewesen, wenn Herr Burke den Wunsch gehabt hätte, den Prototypen bekannt zu machen oder die Aufmerksamkeit auf ihn zu lenken.
78. Ein Foto muss von einem Fachmann interpretiert werden. Ich habe dargelegt, dass die Konstruktion der alten Stira nicht zum allgemeinen Fachwissen gehörte. Ein Fachmann hätte das Foto durchaus in der Irish Times sehen können. Bei der Beantwortung der Frage, was er darauf erkannt hätte, sind zwei Punkte zu berücksichtigen. Zunächst einmal ist der Durchschnittsfachmann ein in der Fertigung arbeitender Schreiner und nicht ein Hersteller klappbarer Dachbodentreppen, wie ich bereits oben festgestellt habe. Zweitens darf man sich nicht durch nachträglich erworbenes Wissen in die Irre führen lassen. Wir wissen natürlich, dass diese Vorrichtung, wenn vielleicht noch kein Prototyp, dann aber sicher ein Vorläufer des Produkts war, das nun nach dem patentgegenständlichen Verfahren hergestellt wird. Auf jeden Fall wissen wir, dass es eine Vorrichtung zur Simulation einer klappbaren Dachbodentreppe war. Der durchschnittliche fachlich versierte Betrachter des Fotos hätte über dieses Wissen nicht verfügen können. Trotz seines Fachwissens hätte er vielleicht nur eine Leiter wahrgenommen, die zu irgendeinem Zweck aufgestellt wurde, vielleicht um Zugang zu einem nicht weiter benannten Bereich des Betriebs zu erhalten.
79. Nach meinem Dafürhalten hätte der fachlich versierte Betrachter Folgendes erkannt. Dargestellt war eine Art von Leiter, vielleicht eine klappbare Leiter. Natürlich hätte er die beiden Arme erkannt. Am oberen Rand des Fotos gibt es einen dunklen Bereich, die Nachbildung einer Deckenöffnung, wie wir heute wissen, doch wo die oberen Enden dieser Arme montiert waren, war nach meinem Urteil ohne nachträglich erworbenes Wissen nicht ersichtlich. Auf dem Foto ist einer der Längsträger des Innenrahmens zu erkennen, aber ich bezweifle, dass seine Funktion für den Fachmann offensichtlich gewesen wäre. Nicht zu sehen ist allerdings der Abstand zwischen dem Längsträger und der entsprechenden Seite der Leiter. Auf jeden Fall hat das Foto den zentralen Punkt nicht offenbart, nämlich die Anpassung der Breite des Innenrahmens an die Breite des Außenrahmens, die wiederum durch die Breite der jeweiligen Deckenöffnung vorgegeben ist. Daher bin ich der Meinung, dass die Erfindung gemäß Anspruch 1 durch das Foto nicht vorweggenommen wurde.
80. Was die erfinderische Tätigkeit angeht, so erübrigt sich eine Wiederholung der ersten drei Pozzoli-Fragen. Nach sorgfältiger Prüfung der Aussagen der Sachverständigen stelle ich fest, dass die Konstruktion des Erprobungsmusters für einen Fachmann, der das Foto in der Irish Times betrachtet hätte, ohne nachträglich erworbenes Wissen nicht naheliegend gewesen wäre. Die Idee des "vorgegebenen" Abstands wurde ihm durch das Foto jedoch auf keinen Fall nahegelegt.
Offenbarung gegenüber dem Minister oder dem Fotografen selbst
81. Die Beklagten berufen sich allerdings auf die Offenbarung des Erprobungsmusters selbst gegenüber dem Minister und dem Fotografen, unabhängig davon, was auf dem später veröffentlichten Foto zu sehen war. Ich stelle fest, dass der Fotograf alle Teile des Erprobungsmusters hätte betrachten können, wenn er dies gewollt hätte, und dass er auch die Erlaubnis dazu hatte. Dies galt übrigens auch für den Minister, obwohl er zu diesem Zeitpunkt gerade im Zentralbereich der Fabrik mit den Angestellten plauderte – sie waren potenzielle Wähler. Ferner stelle ich fest, dass es keine Geheimhaltungspflicht gab, sodass Fotograf und Minister berechtigt waren, anderen mitzuteilen, was immer sie tatsächlich erkannt und im Gedächtnis behalten hatten. Allerdings stelle ich ebenfalls fest, dass es keinen Beleg dafür gibt, dass der Fotograf oder der Minister das Erprobungsmuster tatsächlich in Augenschein genommen hätten, und sei es auch nur ansatzweise, und mir erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass sie irgendeine Motivation oder irgendein Interesse daran gehabt hätten. (Möglicherweise hätten auch andere gelegentliche Besucher das Erprobungsmuster begutachten können, für derartige Besucher gibt es jedoch keine Belege.)
82. Ist nun aufgrund dieser Faktenlage davon auszugehen, dass die Konstruktion des Erprobungsmusters vor dem Prioritätstag der Anmeldung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde? Ich sage ganz bewusst "vor dem Prioritätstag", denn erst später erkannte Herr Burke den wahren Wert der neuen Konstruktion und meldete daraufhin ein Patent an.
83. Wäre dieses Erprobungsmuster an einem öffentlichen Ort wie z. B. auf der Straße aufgestellt gewesen, wo jeder es hätte untersuchen können, wäre nach der Rechtsprechung eindeutig davon auszugehen, dass seine Konstruktion der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. In Lux Traffic Controls Ltd v. Pike Signals Ltd [1993] RPC 107, 132-135 ging es um Feldversuche mit dem Prototypen einer Verkehrsampel. Es konnte nicht nachgewiesen werden, dass irgendein Mitglied der Öffentlichkeit – geschweige denn ein Fachmann für Verkehrsampeln – stehen geblieben wäre, um Schlüsse auf die neuartige Funktionsweise zu ziehen. Dennoch war das Gericht der Auffassung, dass die neue Idee der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Das Prinzip ist das gleiche wie bei dem obskuren Buch im Regal einer öffentlichen Bibliothek, das niemand tatsächlich eingesehen hat. Irgendwo muss rechtlich eine Grenze gezogen werden, in diesem Fall ist es die Bestimmung, dass die Öffentlichkeit, wenn sie zum Aufenthalt an diesem Ort berechtigt war, auch das Recht hatte, auf die Informationen zuzugreifen. Gleiches gilt, wenn nachweislich alle möglichen Mitglieder der Öffentlichkeit private Bereiche eines Betriebs betreten konnten, ohne zur Geheimhaltung verpflichtet worden zu sein; nach dem Gesetz zählt dann alles, was dort zu sehen war, ab diesem Zeitpunkt zum Stand der Technik. Unter diesen Umständen sind Spekulationen darüber, wer die Vorrichtung tatsächlich gesehen hat, unzulässig.
84. Im vorliegenden Fall befand sich das Erprobungsmuster keineswegs an einem öffentlichen Ort, und es konnte nur von einer kleinen, eng umrissenen Gruppe bestehend aus dem Minister und dem Fotografen in Augenschein genommen werden. Sie waren keine Fachleute, und es gibt keinen Beleg dafür, dass sie an der Herstellung klappbarer Dachbodentreppen interessiert gewesen wären, was zumindest unwahrscheinlich erscheint, oder dass sie irgendein Interesse an dem Erprobungsmuster bekundet hätten (dieses befand sich nicht im Zentralbereich des Betriebs). Dennoch, so argumentiert Herr Davis in Vertretung der Beklagten, habe es ihnen frei gestanden, die Vorrichtung gegebenenfalls zu untersuchen und einer x-beliebigen Person irgendwelche ihnen im Gedächtnis gebliebenen Details mitzuteilen, und daher habe zu gelten, dass die Konstruktion der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.
85. Das ist ein interessanter, wenn auch schwieriger Punkt. Zu berücksichtigen ist dabei, dass eine Entscheidung unter Umständen ein zweischneidiges Schwert sein kann. Der Kläger und Herr Burke wären nicht sehr erfreut, wenn ein Konkurrent im Nachhinein die Erfindung als seine eigene präsentiert und eine Patentanmeldung eingereicht hätte, obwohl die am Tag des Ministerbesuchs nach außen gedrungenen Informationen dem Patent von Rechts wegen nicht als frühere Offenbarung entgegengehalten werden können.
86. Artikel 54 der Europäischen Patentübereinkunft bezieht sich auf alles, was in irgendeiner Weise 'der Öffentlichkeit zugänglich gemacht' wurde, und dies kommt in der deutschen und der französischen Fassung deutlich zum Ausdruck. Doch damit Informationen, die auf privatem Betriebsgelände einer kleinen, eng umrissenen Besuchergruppe zugänglich gemacht werden, auch außerhalb einer juristischen Fiktion zum Stand der Technik gezählt werden können, müssen diese Informationen nach meinem Dafürhalten zumindest einem Menschen tatsächlich vermittelt worden sein, der berechtigt ist, diese Informationen nach seinem Belieben weiterzugeben. Die Tatsache, dass sie hätten vermittelt werden können, aber nicht vermittelt wurden, sollte nicht ausreichend sein.
87. Als Argument wurden mehrere Beispiele angeführt, die ich anpassen und ergänzen möchte. Wenn eine abstruse chemische Formel auf Privatgelände offengelegt wird, gilt sie dann als "der Öffentlichkeit zugänglich gemacht", wenn nur ein Kind anwesend ist, das die Formel nicht verstehen kann, oder eine Frau ohne ihre Brille oder ein Mann, der seine ganze Aufmerksamkeit dem Weltmeisterschaftsendspiel im Fernsehen widmet? Bekanntermaßen hatte Dr. Watson nicht bemerkt, dass die Treppe, die er schon viele Hundert Mal hinaufgestiegen war, aus 17 Stufen bestand, weil, wie Sherlock Holmes sagte, "wir sehen, aber nicht wahrnehmen"8. Aus dem Blickwinkel der etablierten modernen Kognitionswissenschaft ist das menschliche Auge-Gehirn-System keine Filmkamera, die alles aufnimmt – wenn es dies könnte, wäre es mit der notwendigen Datenverarbeitung völlig überfordert. Stattdessen kann nur ein winziger Bruchteil des Gesichtsfelds scharf wahrgenommen werden (foveale Sicht); und dazu muss der Augapfel so gedreht werden, dass er genau auf einen bestimmten Bereich gerichtet ist; dies wiederum setzt voraus, dass das Gehirn motiviert ist, dies zu veranlassen, ein Prozess, der weitgehend unbewusst abläuft. Dass wir ein großes Sichtfeld "wahrnehmen", ist eine optische Täuschung9. Deshalb müssen Kampfpiloten lernen, ihre Augäpfel auf das Absuchen des ganzen Himmels abzurichten, eine Aufgabe, die allem Vernehmen nach erhebliche Willenskraft erfordert. Allein durch Interesse wird unser Gehirn motiviert, das Drehen unserer Augäpfel zu veranlassen, um einen bestimmten Punkt zu fokussieren. Anders würde ich die Dinge beurteilen, wenn eine der anwesenden Personen an der Konstruktion klappbarer Dachbodentreppen interessiert gewesen wäre.
88. Die Vermutung, dass Dinge, die von Personen auf Privatgelände prinzipiell wahrgenommen werden können, von diesen tatsächlich auch gesehen werden, ist also nicht unwiderlegbar, wenn ein Interesse dieser Personen am fraglichen Gegenstand aufgrund der Umstände unwahrscheinlich erscheint. Dazu müsste man ohne Not eine juristische Fiktion schaffen.
89. Weder der Minister noch der Fotograf haben eine Aussage gemacht. Dennoch würde ich nach Abwägung der Wahrscheinlichkeiten schlussfolgern, dass, wenn irgendeine aufdringliche Person sie beim Hinausgehen aufgehalten und um Beschreibung des Erprobungsmusters gebeten hätte, sie wahrscheinlich nicht hätten sagen können, dass es da einen Innenrahmen gab, dessen Längsträger zu den Seiten der Leiter versetzt waren. Ich sage das, weil es keinen Grund gibt, warum ein normaler Menschen ohne Interesse an der Herstellung klappbarer Leitern sich in irgendeiner Weise darum kümmern würde.
90. Allerdings bin ich mir bewusst, dass meine Auffassung unter rechtlichen Gesichtspunkten falsch sein könnte; daher werde ich diesen Bereich des Falls auf Grundlage der Theorie weiterverfolgen, dass das, was die beiden Besucher gesehen hatten, ausreichend war, um die eigentliche Konstruktion des Erprobungsmusters dem 'Stand der Technik' zuzurechnen. Das Erprobungsmuster war allerdings kein universeller Prototyp des Herstellungsverfahrens. Anhand des Erprobungsmusters war für diese Besucher nicht zu erkennen, dass es darum ging, die Länge der Querträger des Innenrahmens so anzupassen, dass die Längsträger im 'vorgegebenen Abstand' zu den entsprechenden Längsträgern des Außenrahmens versetzt sind, wie dies in Anspruch 1 des Patents beschrieben ist. Daher wurde Anspruch 1 durch das Erprobungsmuster nicht vorweggenommen.
91. War das Verfahren dadurch jedoch für den Fachmann naheliegend? Dies hängt von der Antwort auf die letzte Pozzoli-Frage ab. Der Fachmann müsste zu dem Entschluss kommen, zu dem im vorherigen Absatz geschilderten Zweck die Länge der Querträger während des Herstellungsprozesses anzupassen. Herr Burke und seine Männer brauchten einige Zeit, nach seiner Aussage mindestens 6 Monate, um auf diesen Gedanken zu kommen. (Ich räume allerdings ein, dass dies an sich nicht sehr überzeugend ist, denn manchmal übersieht man das Offensichtliche ganz einfach.) Ich bin jedoch zu der Einschätzung gelangt, dass der Unterschied nicht naheliegend war. Folgende Erwägungen haben mich dabei beeinflusst, wenn auch unterschiedlich stark.
- Das Erprobungsmuster war zufälligerweise 24 Zoll breit. Daher wurden seine Metallarme ohnehin sehr wenig nach innen gebogen. Daher hätte der Fachmann angesichts dieses Erprobungsmusters nicht daran gedacht, etwas im "vorgegebenen Abstand" zu montieren.
- Obwohl der Abstand zwischen den Längsträgern ohne Weiteres hätte variiert werden können, wenn man daran gedacht hätte, bei der Herstellung die Länge der Querträger entsprechend zu verändern, war es immer noch so, dass eben diese Längsträger fest mit den Querträgern verbunden waren. Der menschliche Verstand hätte immer noch begreifen müssen, dass an der scheinbar festen Länge der Querträger nicht unbedingt festgehalten werden musste. In meinen Augen hätte man - vielleicht im Wortsinn - querdenken müssen, um zu erkennen, dass die Querträger gewissermaßen "flexibel" und nicht fest waren.
- Es ist unklug, etwas als naheliegend zu beanspruchen, wenn eine hinreichend zwingende Sachverständigenaussage fehlt (Panduit Corp v. Band-It Co Ltd [2002] EWCA Civ 465). Leider haben mich die vom Sachverständigen des Beklagten angeführten Gründe in dieser Hinsicht nicht überzeugt. In seinem Gutachten wurde nicht oder in meinen Augen nicht ausreichend erklärt, warum das Erprobungsmuster den Fachmann zum Verfahren gemäß Anspruch 1 hingeführt haben sollte. Und wie bereits angesprochen habe ich festgestellt, dass seine Aussage erheblich durch nachträglich erworbenes Wissen gefärbt war.
- Mit Beginn der Serienproduktion der neuen Konstruktion wäre wohl der Groschen gefallen, doch ich bin nur mäßig überzeugt, dass dies der richtige Weg ist, um die erfinderische Tätigkeit zu prüfen.
- Ein Fachmann könnte ohne Weiteres auf den Gedanken kommen, alle möglichen Hilfsmittel auszuprobieren, um das Versagen der Metallarme zu verhindern, z. B. stärkere Arme, bessere Schmierung etc. Das hatte auch der Kläger versucht, allerdings am Ende ohne Erfolg. Ein weiteres Hilfsmittel wäre vielleicht eine horizontal durch die Leiter geführte Metallachse ausreichender Länge gewesen, die das Verbiegen nach innen verhindert hätte (wie im Fall Lundh, siehe unten).
92. Daher weise ich das vorgebrachte Argument zurück, dass die Erfindung gemäß Anspruch 1 durch die Anwesenheit des Ministers und des Fotografen vorweggenommen worden oder naheliegend gewesen sei.
Lundh
93. WO 83/01638 (Lundh) wurde am 11. Mai 1983 veröffentlicht. Die beanspruchte Erfindung gehört zu der Art von klappbaren Dachbodentreppen, mit denen wir uns befasst haben, aber hier sind die unteren Enden der Stützarme aus Metall über eine Achse starr miteinander verbunden, die durch die Seitenteile der obersten Leiter hindurch geführt ist. Auf den Fall Lundh brauche ich nicht näher einzugehen, denn wenn sich die Beklagten nicht auf die alte Stira berufen können, die dem Stand der Technik näherliegt, werden sie mit Lundh ebenfalls keinen Erfolg haben. Insbesondere gibt es bei Lundh keinen Innenrahmen; um zu einem Produkt zu kommen, das nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 des strittigen Patents hergestellt werden könnte, wären weitere Modifikationen erforderlich, und in diesem Zuge müssten einige der von Lundh angestrebten speziellen Vorteile aufgegeben werden. Ich weise die Behauptung zurück, dass Lundh die Erfindung vorwegnimmt oder sie für einen Fachmann nahelegen würde.
Patentverletzung
94. Es wurde kaum versucht, die Patentverletzung zu bestreiten. Die von den Herren Burke und Heraghty vorgelegten Beweise haben mich davon überzeugt, dass Letzterer die neue Ausführung der Stira in allen hier entscheidenden Punkten kopiert hat. Gegen die dahin gehende Zeugenaussage von Herrn Burke hat Herr Heraghty keinen Einwand erhoben. Insbesondere war es Herrn Heraghty bewusst, dass das Verbiegen der Arme nach innen nicht mehr erforderlich ist, wenn die unteren Enden der klappbaren Stützarme mit den Längsträgern des Innenrahmens verbunden sind.
95. Die beklagte Firma hat offenbar Dachbodentreppen in zwei Ausführungen hergestellt. Die eine (hier als "schmale Treppe" bezeichnet) wies eine Breite von 22 Zoll auf, gemessen an der Deckenöffnung. Diese Treppe verletzt das Patent nicht. Die Metallarme sind direkt an den Seiten der Leiter montiert.
96. Die andere Ausführung (hier als "breite Treppe" bezeichnet) wurde in mehreren Breiten (24, 26, 28 und 30 Zoll) hergestellt, und die Metallarme waren über Gelenke am Innenrahmen montiert. Bei den Exemplaren, die dem klägerischen Sachverständigen Thorneycroft zwecks Untersuchung zur Verfügung gestellt wurden, waren die Längsträger des Innenrahmens zu denen des Außenrahmens in einem solchen Abstand versetzt, dass die Metallarme (wie er es ausdrückte) "in einer Linie" gehalten wurden. In Absatz 24 seiner Zeugenaussage hat Herr Heraghty angegeben, er habe bei einer Reihe von Herstellern angefragt, ob sie die Metallteile liefern könnten, die seine Firma zur Herstellung von "gleichartigen" schmalen und breiten Dachbodentreppen benötigte, und in Absatz 25 hat er gesagt, seine Firma habe "eine gleichartige schmale und eine gleichartige breite Dachbodentreppe" realisiert.
97. Nach Abwägung der Wahrscheinlichkeiten komme ich zu dem Schluss, dass die erste Beklagte, also die von Herrn Heraghty geleitete Firma, die gleiche Konstruktion zum gleichen Zweck übernommen und damit Anspruch 1 des Patents verletzt hat, außer im Fall der 22 Zoll breiten Ausführung. Daraus folgt, dass der Vertrieb von Treppen, die nach dem Verfahren gemäß Anspruch 1 hergestellt wurden, nach dem Patents Act, Abschnitt 60 (1) c) (bzw. Artikel 64 (2) EPÜ) ebenfalls eine Patentverletzung darstellt. Die Product-by-Process-Ansprüche in diesem Patent waren nicht erforderlich, daher habe ich sie nicht berücksichtigt.
98. Bei einer kurzen Anhörung am 8. Juni 2009 zur Durchsprache des Urteilsentwurfs vertraten die Beklagten die Auffassung, es sei nicht nachgewiesen worden, dass bei allen Leiterbreiten eine Patentverletzung vorliege. Herr Davis erklärte, die Frage sollte der Untersuchung im Hinblick auf Schadenersatzzahlungen überlassen werden. Ich hielt es für verhältnismäßiger, seinen Mandanten die Möglichkeit einzuräumen, den Sachverhalt gegebenenfalls in einer eidesstattlichen Versicherung zu bestreiten. Bei Nichtbestreitung des Sachverhalts würde er wie oben festgestellt zur Urteilsfindung herangezogen. Bei Bestreitung des Sachverhalts könnte die Diskussion fortgesetzt werden. Die Abgabe einer solchen eidesstattlichen Erklärung lehnte Herr Heraghty am Ende vernünftiger- und ehrlicherweise ab. Daraus folgt das Ergebnis wie angegeben.
99. Es war unstrittig, dass, wenn der erste Beklagte für die Patentverletzung haftbar gemacht wird, der zweite Beklagte als Leiter der Firma ebenfalls haftbar ist. Hierfür gibt es eine breite Rechtsgrundlage, auch wenn die Grenzen dieses Grundsatzes nicht ganz klar sein mögen. Darüber habe ich hier nicht zu befinden.
Schlussfolgerung
Das strittige Patent ist, auch wenn es eng ausgelegt sein mag, gültig und wurde verletzt, außer durch die 22 Zoll breite Ausführung des ersten Beklagten. Der Klage ist stattzugegeben.
1 Dieses Bild habe ich von der Website eines amerikanischen Herstellers (Memphis Folding Stairs, Inc., of 2727 Faxon Ave., Memphis, TN 38182-0305) unter Absatz 45 des Copyright, Designs and Patents Act 1988 heruntergeladen, und ich danke dieser Firma für ihr sehr anschauliches Bild.
2 Die Hauptansprüche des strittigen Patents sind nicht auf eine bestimmte Anzahl dieser Leitern beschränkt, doch dies ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.
3 30 Zoll scheint sehr breit zu sein, doch weil bei einigen Häusern die Deckenbalken ca. 15 Zoll auseinander liegen, wäre dies für die Aufnahme der Treppe zu schmal. In diesen Fällen muss daher ein Deckenbalken durchgesägt (und fachgerecht überbrückt) werden, wodurch ein Durchbruch von ca. 30 Zoll entsteht.
4 Außer an sehr kalten Orten, z. B. in Skandinavien, wo die Leute im Winter nicht frieren wollen. Das in diesem Fall zitierte Lundh-Patent wurde in Schweden eingereicht.
5 Ich räume ein, dass Anspruch 1 ein “Verfahren zur Herstellung einer klappbaren Treppe” [Einzahl] betrifft, aber nach meinem Dafürhalten ist diese wörtliche Auslegung abzulehnen, da sie im Widerspruch zum allgemeinen Sinn des Patents insgesamt steht.
6 Oder möglicherweise einer Reihe von Häusern mit Deckenöffnungen ähnlicher Größe.
7 Ich konnte nicht herausfinden, ob dies tatsächlich so war. Der alte Fall Stead v. Anderson (1847) 4 C.B. 806, 2 WPC 151, zitiert in Eli Lilly, stützt diese Annahme nicht. In diesem Fall hatte der Patentinhaber nicht versucht, seine Erfindung im Hinblick auf die Absicht des Nutzers zu definieren.
8 Conan Doyle, Ein Skandal in Böhmen.
9 Das Gehirn "ergänzt" oder anders gesagt fälscht die Teile der Szene, die nicht durch das Auge erfasst werden.