ERÖFFNUNG DES SYMPOSIUMS UND BEGRÜßUNGSANSPRACHEN
Alberto MARTINS
Justizminister von Portugal
Sehr geehrter Herr Präsident des Obersten Gerichtshofs,
sehr geehrte Richterinnen und Richter,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
mit großer Freude heiße ich Sie in Lissabon zu diesem 15. Symposium europäischer Patentrichter willkommen. Es freut mich, feststellen zu können, dass hier 32 Länder durch 132 Teilnehmer aus Europa und der ganzen Welt vertreten sind.
Es ist ein Privileg für uns, heute Gastgeber für eine der größten Zusammenkünfte von Richtern zu sein, die den Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen Richtern aus unterschiedlichen Rechtstraditionen zum Ziel hat. Nicht nur stehen hier Themen von unstrittiger Tragweite auf der Tagesordnung, sondern das Symposium bietet auch eine wichtige Gelegenheit, Experten aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen und die Fragestellungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu beleuchten.
Auf diesem 15. Symposium wird ein breites Spektrum von Vorträgen zu hören sein, die Anlass zu Diskussionen über wichtige Fragen des Erfindungsschutzes geben werden, von den jüngsten Gerichtsentscheidungen über den rechtlichen Rahmen einer künftigen EU-weiten Patentgerichtsbarkeit bis zur Zukunft des EU-Patents. Ich freue mich auf Beiträge von hoher Qualität und einen Gedankenaustausch auf dem in diesem Forum üblichen hohen Niveau.
Wir setzen uns sehr dafür ein, dass Europa zum wettbewerbsfähigsten Wirtschaftsraum der Welt wird; hierfür bedarf es natürlich einer Stärkung des Systems des gewerblichen Rechtsschutzes und der Patente.
Der gewerbliche Rechtsschutz spielt eine zunehmende Rolle in den Geschäftsstrategien der weltweiten wissensbasierten Wirtschaft, die durch Globalisierung und die Virtualität der Wettbewerbsfaktoren gekennzeichnet ist. Dies ist eine unstrittige Tatsache, und die portugiesische Regierung bemüht sich nach Kräften, das nationale Innovationssystem zu verbessern. So hat die Regierung das Patentwesen zu einer der Prioritäten ihres Programms gemacht und sich ehrgeizige Ziele gesetzt, nämlich die öffentlichen Investitionen in F&E zu verdoppeln und die privaten Investitionen sowie die Zahl der Patente zu verdreifachen.
Es wurden gute Ergebnisse erzielt, und wir stellen mit großer Zufriedenheit fest, dass es ermutigende Hinweise auf eine verstärkte Nutzung des gewerblichen Rechtsschutzes gibt. Die Regierung fördert die Innovation mit einem Maßnahmenpaket und schafft Investitionsanreize für Unternehmen in so wichtigen Bereichen wie der Wissenschaft und der Technologie, der Informationsgesellschaft und der wissensbasierten Wirtschaft.
Alle Strategien zur Verbesserung der Innovationskapazität auf nationaler oder europäischer Ebene führen natürlich zu einer Zunahme der geschützten Erfindungen und damit einhergehend einer höhereren Zahl von Streitfällen, was den Druck auf das Gerichtssystem erhöht. Das Rechtssystem muss deshalb für diese Herausforderungen gerüstet werden. Nur ein Gesetzeswerk, das von Streitigkeiten abhält, kann zusammen mit effizienten Gerichten dem System des gewerblichen Rechtsschutzes Glaubwürdigkeit verleihen, das Land attraktiver machen und die Unternehmen dazu anregen, weiter in Innovation und F&E zu investieren.
Heute besteht eine große Herausforderung für die Gerichte und insbesondere die Richter in der Verletzung gewerblicher Schutzrechte mit ernsthaftem Schaden für die Wirtschaft. Diese Situation bereitet uns große Sorge, und wir haben deshalb intensive Überlegungen dazu angestellt, wie das System glaubwürdiger und attraktiver für diejenigen gemacht werden kann, die in Kreativität und die Entwicklung neuer Produkte und technischer Lösungen investieren. Die Regierung ist der Auffassung, dass zu einer Lösung die Schaffung spezialisierter Gerichte gehören muss.
In diesem Zusammenhang verweise ich auf einen sehr wichtigen Schritt, der kürzlich in Portugal unternommen wurde, um neue Gerichte zu schaffen, die sich speziell mit dem geistigen Eigentum befassen. Ich bin sicher, dass diese neuen Gerichte die notwendige Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewährleisten und Streitigkeiten mit der gebotenen Schnelligkeit regeln werden.
Unserer Ansicht nach ist eine solche Entwicklung auch auf europäischer Ebene notwendig. Neben der Schaffung eines einheitlichen Patents sollten wir auch ein zentralisiertes System für die Streitregelung einführen, das die bestehende Spaltung überwindet, für einheitliche richterliche Entscheidungen sorgt und Rechtssicherheit für die Bürger und die Wirtschaft herstellt.
Sei es im Kontext eines künftigen einheitlichen Gerichtssystems oder innerhalb der einzelstaatlichen Gerichtssysteme auf dem Gebiet der Patente - die Rolle der Richter ist entscheidend. Es bedarf deshalb nicht nur guter Gesetze bzw. auf europäischer Ebene harmonisierter Gesetze, es muss bei den Entscheidungen auch die richtige Anwendung des Rechts gewährleistet sein und das bei Patenten stets erforderliche Gleichgewicht zwischen dem durch das Patent gewährte Ausschlussrecht einerseits und dem öffentlichen Interesse an zugänglicher technologischer Information andererseits gewahrt werden.
Vor diesem Hintergrund haben wir uns bemüht, auf diesem dreitägigen Symposium wichtige aktuelle Themen zur Diskussion zu stellen. Es handelt sich um Fragen von hoher technischer Komplexität, deren Umsetzung mitunter Anlass zu Kontroversen gibt. Hier denke ich natürlich an Themen wie das Patentierungsverbot für Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers oder auch die Frage der Patentierbarkeit von Computerprogrammen, die hier auf der Tagesordnung stehen werden.
Die diesbezügliche Rechtsanwendung ist keine einfache Aufgabe und verlangt den Richtern ab, sich in diesen sehr technischen Fragen ständig auf dem Laufenden zu halten. Die Aus- und Weiterbildung in diesem Bereich, der bekanntlich eine laufende Überwachung der Entwicklungen auf verschiedenen Gebieten der Technik erfordert, ist eine anspruchsvolle und nicht zu vernachlässigende Herausforderung.
Die Richterausbildung ist denn auch einer der Schwerpunkte des aktuellen Programms der portugiesischen Regierung:
Zum einen gilt es, die Rolle des Zentrums für Rechtsstudien (CEJ) zu stärken, um ein dauerhaftes Ausbildungsangebot zu gewährleisten, und andere Einrichtungen, wie Universitäten, stärker in die Grundausbildung von Richtern einzubeziehen.
Zum anderen muss für eine vielfältige Ausbildung mit Lehrkräften aus unterschiedlichen Fachgebieten gesorgt sowie eine stärkere Spezialisierung unserer Richter erreicht werden, um sie für ihre Aufgabe zu rüsten.
Ich bin überzeugt, dass die kommenden drei Tage wieder einmal Gelegenheit bieten werden, unsere Kenntnisse auf diesem komplexen, aber faszinierenden Gebiet weiter auszubauen.
Im Namen der Regierung der Portugiesischen Republik wünsche ich Ihnen allen eine lohnende Veranstaltung, einen angenehmen Aufenthalt in Portugal und ein kurzweiliges Rahmenprogramm.
Viel Erfolg und gutes Gelingen!
Besten Dank.